Kalecgos nickte und schien ihm zu glauben. „Was war das für eine Vision?“
Thrall schüttelte den Kopf. „Das kann ich Euch nicht sagen, noch nicht. Erst muss Alexstrasza sie hören. Und deshalb glaube ich, dass ich sie vielleicht doch zurückbringen kann. Und mit der Lebensbinderin und ihren roten Drachen an unserer Seite – nun, da denke ich, dass sich Chromatus doch ein bisschen unwohl fühlen sollte.“
Und sie grinsten einander an.
Die Mitglieder des Schattenhammerkults hatten pausenlos zu tun. Chromatus hatte den Funken des Lebens erhalten, obwohl sein Körper immer noch abscheulich war und verweste. Jetzt lag er völlig ausgehungert auf dem Schnee vor dem Tempel und sie brachten ihm Fleisch, um ihn zu füttern. Jeder Kopf schlemmte gefräßig.
Der Vater des Zwielichts stand neben ihm und war fast euphorisch über den Sieg. Todesschwinge würde keinen Fehler entdecken können bei all dem, was an diesem Tag geschehen war. Schwarzmoor hatte die Enttäuschung namens Arygos vernichtet und das seltene Blut des Drachen benutzt, der Sache auf einer Art und Weise zu helfen, die der blaue Drache zu Lebzeiten versäumt hatte. Außerdem hatte einer der Zwielichtdrachen berichtet, dass Thrall von Kalecs Rücken gefallen war. Schwarzmoor war ihm gefolgt, für den Fall, dass er überlebt haben sollte. Die Zwielichtdrachen hatten die blauen Drachen vertrieben, und was das Wichtigste war, Chromatus war zum Leben erwacht. Und selbst als Neugeborener hatte er die Besten des blauen Drachenschwarms geschlagen, angeführt von ihrem neuen Aspekt Kalecgos.
Chromatus hatte die letzte Stunde meist geschwiegen, während er mit Schneewehenelchen gefüttert worden war. Doch nun machte er eine Pause und hob seinen großen schwarzen Kopf.
„Ich brauche mehr“, sagte er ohne Interesse.
„Du bekommst alles, was du brauchst, Chromatus“, versicherte der Vater des Zwielichts ihm. „Wir bringen dir Fleisch, bis du selbst jagen kannst.“
„Das werde ich bald“, sagte der schwarze Kopf mit tiefer Stimme, die man mehr fühlte als hörte. „Je näher es noch dem Leben ist, wenn meine Zähne es zerfleischen, desto süßer der Geschmack.“
„Das stimmt“, sagte der Vater des Zwielichts.
Chromatus ließ den schwarzen Kopf sinken, um weiterzufressen, aber er hob den roten. Den Kopf im Profil, rollte eines der riesigen Augen und starrte auf den Menschen hinunter.
„Die Drachen werden sich nicht einfach so freiwillig ergeben“, sagte er. „Sie werden es erneut versuchen.“
Der Vater des Zwielichts erkannte die Warnung, die in der Stimme lag, nicht wirklich. „Sie wären Narren, wenn sie es täten. Ich glaube, sie sind zu demoralisiert, um so dumm zu sein“, entgegnete er. „Ysera ist verschwunden und ihr Schwarm weiß nicht mehr ein noch aus. Nozdormu wurde vielleicht gefunden, doch er muss sich und seinen Schwarm erst zusammenführen, um ihren Freunden zu helfen. Alexstrasza heult wie ein Menschenmädchen und ihr Schwarm kann offensichtlich selbst grundlegende Dinge nicht ohne sie tun. Du hast den blauen Drachen gezeigt, wie mächtig du bist, und ihr Aspekt ist zu weichherzig, um sie mit der nötigen Stärke zu führen. Ihr angeblicher Held Thrall liegt entweder tot in einer Schneewehe oder wurde von Schwarzmoors Breitschwert aufgespießt. Ich glaube, du kannst dich in Ruhe erholen, mein Freund.“
Der rote Kopf des Drachen starrte ihn böse mit seinen leuchtenden lila Augen an. „Ich bin nicht dein Freund, Vater des Zwielichts“, sagte er leise, doch mit einer gewissen Schärfe, die das Herz des Menschen einen Moment aussetzen ließ. „Noch bin ich dein Kind oder Diener. Wir beide dienen dem mächtigen Todesschwinge. Um ihm zu dienen, wurde ich erschaffen, und das ist unsere einzige Gemeinsamkeit.“
Der Vater des Zwielichts zeigte seine Angst nicht, obwohl er vermutete, dass der Drache sie riechen konnte. Er nahm sich einen Moment, um sicherzustellen, dass seine Stimme nicht zitterte. „Natürlich, Chromatus. Wir beide dienen ihm in vollkommener Loyalität.“
Die großen Augen zogen sich zusammen, doch Chromatus ging auf diesen Punkt nicht weiter ein. „Du bist kein Drache. Du verstehst sie nicht wie ich. Vielleicht sind sie im Moment uneins und verzweifelt, doch sie werden wiederkommen. Sie werden kommen, bis keiner von uns oder ihnen mehr da ist.“
„Was“, fügte der blaue Kopf lachend hinzu, „nach dem nächsten Gefecht der Fall sein könnte. Trotzdem bist du derjenige, der ein Narr wäre, wenn du nicht vorsichtig bist. Ich erhole mich noch zu meiner vollen Stärke. Ich werde beim nächsten Angriff stärker sein als jetzt.“ Er machte eine Pause, senkte den blauen Kopf und öffnete das Maul weit, um eine ausgewachsene Elchkuh in einem Bissen zu verschlingen. „Malygos’ Tochter lebt doch noch, oder?“
Der Vater des Zwielichts war verwirrt. „Ja, sie lebt noch. Aber wir haben bereits das Blut eines Nachfahren von Malygos, um die Nadel zu aktivieren.“
Der schwarze Kopf nickte dem Menschen zu. „Es ist ihre Abstammung, nicht ihr Blut, das jetzt zählt.“
„Oh“, sagte der Vater des Zwielichts, als ihm die Erkenntnis dämmerte: „Oh. Soll ich, ahm, sie jetzt zu dir bringen?“
„Die Zeit vergeht“, sagte der bronzene Kopf. „Ich bin der einzige Erfolg der Experimente meines Vaters. Vielleicht sollten wir eine weniger labile... mehr... traditionelle... Methode, chromatische Welpen zu zeugen, wählen, um sicherzustellen, dass sie stark genug zum Überleben sind. Ich als Vater und das letzte Kind von Malygos als Mutter? Ja... unsere Kinder werden stärker sein. Doch zuerst muss ich mich ausruhen. Bring sie in ein paar Stunden zu mir. Mach dir keine Gedanken um die Kette... Ich werde sie befreien, wenn ich so weit bin. Selbst in Drachengestalt ist sie keine Herausforderung für mich.“
Der Vater des Zwielichts wandte sich an einen der Helfer. „In drei Stunden bringt ihr die blaue Drachengefangene zu Chromatus. Ich muss mit unserem Meister sprechen und ihn über unseren Erfolg informieren.“
„Euer Befehl ist mein Leben“, erwiderte der Helfer und hastete davon.
Chromatus’ grüner Kopf fraß einen weiteren Elch, zermalmte die Knochen, während er den Helfer forteilen sah. Mit einem mehrstimmigen Seufzen, das nach rohem Fleisch roch, ließ er sich auf den schneebedeckten Boden nieder und schloss seine zehn Augen. Doch bevor er sich dem Schlaf ergab, sprach der schwarze Kopf noch einmaclass="underline" „Und mein Befehl“, sagte er zum Vater des Zwielichts, „das deine.“
Der Vater des Zwielichts kniete vor der Kugel, die mit Dunkelheit und Gefahr gefüllt war.
„Mein Lord Todesschwinge“, sagte er demütig.
Die Kugel sprang auf, entließ den dunklen Rauch, der das Bild des glutäugigen, monströsen Drachen bildete. „Ich hoffe, du hast gute Nachrichten für mich“, dröhnte der schwarze Drachenaspekt.
„Die habe ich“, sagte der Vater des Zwielichts schnell. „Die bestmögliche Nachricht. Chromatus lebt!“
Ein tiefes, zufriedenes Lachen dröhnte und sowohl in der Antwort wie auch im Echo spürte der Vater des Zwielichts die Erde selbst beben, wenn auch nur schwach. „Das sind gute Neuigkeiten. Ich bin erfreut über deinen Erfolg! Berichte mir weitere gute Neuigkeiten.“
Der Vater des Zwielichts zögerte. Unglücklicherweise gab es schlechte Nachrichten, doch selbst die hatten ihr Gutes. „Arygos hat versagt, aber er konnte uns am Ende doch noch nützlich sein, wie Ihr es eigentlich von der Frau vermutet hattet. Sein Blut aktivierte die fokussierende Iris und mit der Iris konnten wir die ganze arkane Energie des Nexus nutzen! Wir erschufen eine Nadel, um all die herrliche Kraft direkt in Chromatus zu leiten.“