Выбрать главу

Es folgte eine Stille, die fast schrecklicher war als Todesschwinges Wut und der Augenblick schien sich über Jahrhunderte auszudehnen.

„Dann wurde Arygos nicht als Aspekt erwählt? Er lieferte mir nicht die blauen Drachen?“ Die Stimme war leise, fast ruhig. Doch nichts war wirklich ruhig an dem verrückten Aspekt.

„Nein, mein Lord. Ich verstehe auch nicht, wie das passieren konnte. Doch irgendwie wurden die Kräfte des Aspekts auf jemand anders übertragen.“

„Kalecgos“, sagte Todesschwinge, spie das Wort aus und erfüllte es mit Hass.

„Ja, mein Lord. Arygos rief die Zwielichtdrachen herbei, als er erkannte, was geschah. Dann floh er zu dem Auge, wo Schwarzmoor ihn tötete und sein Blut nahm. Der blaue Schwarm, angeführt von Kalecgos, griff uns augenblicklich an. Doch, mein Lord, Chromatus, obwohl erst gerade geboren und schwach, konnte sie trotzdem in die Flucht schlagen. Wenn er erst bei voller Stärke und Kraft ist, wird nichts und niemand gegen ihn bestehen können. Ihr seht also, es ist egal, ob Kalecgos der neue Aspekt ist. Wir werden dennoch siegen!“

Er wartete auf die Antwort seines Herrn. Der Schweiß sammelte sich unter seinen Achselhöhlen. Es dauerte lange.

„Ich hatte schon gedacht, ich müsste kommen und die Aufgabe selbst erledigen“, sagte Todesschwinge. In seiner Stimme schwang eine unterschwellige Warnung mit.

Der Vater des Zwielichts bemühte sich, seine Erleichterung nicht zu zeigen. „Nein, Großes Wesen. Ihr seht, ich diene Euch gut.“

„Es ist... beruhigend. Ich bin an einem wichtigen Wegpunkt meiner Pläne angekommen. Es hätte mich wütend gemacht, mich davon abwenden zu müssen. Was du sagst, ist verdienstvoll. Aber was ist mit Thrall? Ist er tot?“

„Er stürzte in der Schlacht von Kalecgos’ Rücken“, berichtete der Vater des Zwielichts. „Für den Fall, dass er überlebt hat, was unwahrscheinlich ist, folgte ihm Schwarzmoor.“

„Du glaubst also, er ist tot?“

„Ja.“

„Ich glaube das nicht“, sagte Todesschwinge. „Ich will seinen Leichnam sehen. Such so lange, wie du musst, und bring ihn mir. Ich will ihn sehen, bevor ich ihn abschreibe.“

„Wie mein Lord will, so soll es geschehen.“

„Chromatus braucht immer noch ein wachsames Auge, bis er sich völlig erholt hat. Ihm darf nichts geschehen.“

„Ihm wird nichts geschehen. Chromatus hat ein Auge für die Zukunft. Er hat verlangt, dass Kirygosa zu ihm gebracht wird. Mit dem Versprechen ihrer Eier, denke ich, haben wir das Problem der kurzlebigen chromatischen Drachen gelöst.“

„Chromatus ist weise. Gut, gut. Sie sollte sich geehrt fühlen, die Mutter der Zukunft zu sein.“ Sein groteskes metallisches Gebiss öffnete sich in der Nachahmung eines Grinsens. „Das gefällt mir. Du hast es gut gemacht, trotz aller Rückschläge, die du erlitten hast, Vater. Mach weiter so und du sollst belohnt werden.“ Der Rauch, der Todesschwinge gebildet hatte, wirbelte auf, senkte sich zu Boden und verwandelte sich wieder zu einer festen schwarzen Kugel, die sich klärte, um ihre eigentliche Gestalt anzunehmen. Der Vater des Zwielichts atmete aus und wischte sich über seine feuchten Brauen.

Sie hatten tatsächlich ein fast vollständiges Laboratorium mitgebracht. Und dieses Labor war Kirygosa so vertraut geworden. Sie wusste, dass jeder Becher, jede Phiole, Nadel und „Probe“ in ordentlich beschrifteten Behältern lagerte. Sie kannte die Gerüche und den Klang des Orts und sie kannte die Werkzeuge, mit denen die Apotheker ihre Arbeit verrichteten.

Hier hatte sie Schmerz erlitten, Erniedrigung und quälende Trauer. Doch sie hatte immer gewusst, auch wenn sie sich manchmal den Tod gewünscht hatte, sie wollte ihn doch nicht wirklich. Und sie hatte gewusst, dass sie sie nicht töten würden... nicht solange sie noch gebraucht wurde. Doch wenn sie mit ihr fertig waren, würden sie sie tatsächlich nicht mehr brauchen.

Ihr Herz raste. Sie beobachteten sie genau. In der Vergangenheit hatte sie ihre Wächter mit Zähnen und Klauen bekämpft. Sie hatte sich stets eine kleine Befriedigung verschafft, indem sie sie verletzte, bevor sie begannen, sie zu foltern. Jetzt erwarteten sie fraglos einen noch wilderen Kampf. Stattdessen hatte sie ein freudloses Gesicht aufgesetzt. Erschöpft, wie sie war, traten ihr ohne Probleme Tränen in die Augen.

„Die blaue Drachenfrau protestiert nicht mehr?“, fragte einer spöttisch, halb um sie zu reizen, halb war er ehrlich überrascht.

„Warum sollte ich das auch?“, fragte Kirygosa matt zurück. „Es hat mir bislang nichts gebracht. Und davor hatte ich die Hoffnung auf Rettung.“ Sie blickte ihn aus tränenerfüllten Augen an. „Aber diesmal werde ich nicht weggeschleppt und vergessen, bis ihr mich das nächste Mal braucht, oder?“

Der andere, ein weiblicher Troll namens Zuuzuu, schüttelte den Kopf und gackerte. „Ich glaube, niemand hat dir gesagt, wo es diesmal hingeht.“

Schreck durchfuhr kalt Kirygosas Bauch. „Ich... dachte, ihr brächtet mich wieder ins Labor.“

Die beiden Kultisten tauschten ein grausames Lächeln aus. „Nein, du niedliches kleines Drachenmädchen“, sagte Zuuzuu. „Du kommst zu Chromatus.“

„W-Was?“, stammelte Kiry. Sie konnten doch nicht meinen, was sie dachte, dass sie meinten... nicht dieses fünfköpfige verwesende Monster...

„Er glaubt, dass ihr beide eine gesunde chromatische Brut zeugen könnt“, sagte Josah, ein großer, stämmig gebauter Mensch mit rotblondem Haar. „Ein Wort der Warnung: Erwarte lieber kein nettes Abendessen davor.“

Beide lachten, Zuuzuu mit dem fürchterlichen Gegacker und Josah mit seinem selbstgefälligen herzhaften Bellen.

Kirygosa wollte sie töten. Sie wollte sie zerreißen, wollte fliehen, fliegen, um von den Zwielichtdrachen getötet oder zu Tode gefoltert zu werden. Jedes Schicksal war ihr lieber als das, das sie erwartete.

Im selben Moment erkannte sie, dass das die Gelegenheit war, die sie nie zuvor gehabt hatte. Sie schluckte den Kloß, der in ihrem Hals aufgestiegen war, herunter, zwang sich, nicht vor Wut und Schrecken zu beben, und runzelte die Stirn, während sie nachdachte.

„Wenn wir es täten“, sagte sie, „wäre ich etwas wert.“

„Das stimmt“, sagte Zuuzuu. „Mit deiner Abstammung könntest du die Einzige sein, die Chromatus die Art Babys schenken kann, die er sich wünscht.“

Kiry zwang sich bei dem Gedanken an andere Weibchen aus den Schwärmen, die Chromatus’ Verlangen gehorchen mussten, nicht zu verkrampfen. Stattdessen nickte sie. „Ich könnte Königin sein.“

„Eine Zeit lang vielleicht“, sagte Josah. Er ging bereits vor Kiry her. „Doch das Ende aller Dinge wird kommen. Selbst für dich.“

Zuuzuu hielt die Silberkette, aber Kirygosa hatte bemerkt, dass die Trollfrau den Griff gelockert hatte. Sie blickte zu ihren Waffen – zwei Dolche in ihren Scheiden an den Seiten ihrer Hüfte. Sie kamen zu einer sich windenden Rampe, die sie nach unten führte. Zu Chromatus. Josah hatte den Abstieg bereits begonnen und in einer Sekunde würde sie im Gänsemarsch hinter ihm hergehen müssen.

Jetzt.

Mit der rechten Hand zerrte Kiry die Kette aus der achtlosen Hand der Trollfrau. Ihr linker Arm legte sich um Zuuzuus Hals. Zuuzuus Finger flogen hoch, um den würgenden Arm abzuwehren, und kratzten lange Striemen in Kirys Arm. Der Drache ignorierte den Schmerz, drückte fest und schnell zu, bis die Augen der Trollfrau sich verdrehten und ihr Körper schlaff wurde. Kiry legte den Körper ab und zerrte Zuuzuus Dolch mit einer schnellen Bewegung aus der Scheide.

Sie war sehr leise vorgegangen. Josah hatte nichts bemerkt und führte immer noch die nun einseitige Unterhaltung. „Ich hoffe, ich lebe lange genug, um es zu sehen“, sagte er fast wehmütig, „das Ende, weißt du. Obwohl es unser Schicksal ist, zu sterben, wie der Vater des Zwielichts es befiehlt. Vielleicht wäre er erfreut, wenn...“

Seine Worte endeten in einem verblüfften Gurgeln, als Kirygosa Zuuzuus Klinge in seine Kehle stieß. Sie bedeckte seinen Mund, sodass das hässliche Geräusch nicht zu hören war. Dann legte sie ihn auf den Boden, wie sie es mit Zuuzuu gemacht hatte.