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„Gibt es irgendwelche Schwächen, die wir ausnutzen können?“, fragte der rote Drache Torastrasza.

„Der Vater des Zwielichts ist ein Mensch“, antwortete Kirygosa. „Er ist schon älter, mit einem gegerbten Gesicht und grauem Bart, und er ist extrem arrogant. Ich weiß, dass er auf seine Art mächtig ist und dass diejenigen, die er anführt, nichts von seinen wahren Absichten ahnen.“

„Er ist ein Anführer?“, fragte Thrall. „Ein militärischer Befehlshaber vielleicht?“

„Er kommt mir wie ein Mann des Militärs vor“, antwortete Kirygosa. „Aber ich muss zugeben, dass ich wenig über die Menschen weiß. Doch eine Sache weiß ich: Er hat Angst vor Todesschwinge.“

„So wie alle gesunden Wesen es haben sollten“, murmelte Ysera und sie neigte den Kopf vor Trauer.

„Nutzen wir doch seine Selbstüberschätzung aus“, meinte Torastrasza. „Vielleicht begeht er einen dummen Fehler.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob seine Selbstüberschätzung von Nachteil für ihn ist, mit einem Verbündeten wie Chromatus“, sagte Thrall. „Ihr habt die Schlacht gegen die blauen Drachen nicht miterlebt. Wir sind jetzt mehr und haben andere Angriffsmethoden. Aber wir sollten ihn auf keinen Fall unterschätzen.“

„Außerdem werden die Kultisten nur zu gern für ihn sterben“, sagte Kirygosa. „Sie werden bis zum Letzten kämpfen.“

„Verlässt sich der Vater des Zwielichts allein auf Chromatus und die Zwielichtdrachen oder hat er auch noch andere Waffen?“, fragte Alexstrasza.

„Sie haben keine wirklich verheerenden Waffen für Boden- oder Luftangriffe“, sagte Kirygosa. „Aber ich weiß auch nicht, ob sie die überhaupt brauchen. Ein ganzer Schwarm und Chromatus mit all seinen Köpfen – jeder mit einem Gehirn, das alle Fähigkeiten seines Schwarms auf sich vereint.“

Diese einfache, aber mächtige Erkenntnis ließ sie alle verstummen.

„Offensichtlich kennen wir unseren Feind“, sagte Alexstrasza schließlich. „Kiry, steht Chromatus irgendwie unter der Kontrolle des Vaters des Zwielichts?“

Der blaue Drache schüttelte den Kopf. „Nein, er ist er selbst. Er steht Todesschwinge sehr nahe, der wahrlich stolz auf ihn ist – und große Pläne mit ihm hat.“

„Dann werden wir drei Aspekte ihn zu unserem vornehmlichen Ziel erklären“, beschloss Alexstrasza. „Was auch immer sie sonst noch gegen uns schicken, wir müssen unsere Bemühungen ganz auf ihn konzentrieren. Der Rest der Schwärme muss dafür sorgen, dass wir von anderen Angriffen verschont bleiben. Wenn er für Todesschwinge derart wichtig ist, wäre sein Tod mehr als ein taktischer Sieg. Wir können uns jederzeit zurückziehen und später wiederkommen, um uns den Vater des Zwielichts und die Kultisten vorzunehmen. Aber Chromatus muss sterben.“

Alle versammelten Drachen nickten zustimmend, so auch Thrall.

Chromatus musste tatsächlich sterben. Sonst würden die Kultisten, deren Hauptanliegen es war, diese Welt zu vernichten, ihr Ziel nur allzu früh erreichen.

Der Vater des Zwielichts hatte befohlen, dass die Leichen von Zuuzuu und Josah ohne irgendwelche Feierlichkeiten beseitigt wurden. Zudem wurden alle Kultisten gezüchtigt. So fand er zumindest ein wenig Trost in ihren Schmerzensschreien.

Wie hatten sie das zulassen können? Kirygosa war nur ein einziges Wesen, in dieser Gestalt gerade so stark wie ein Mensch. Sie hätte nicht in der Lage sein dürfen, zu fliehen. Oder nur einen Kultisten zu überwältigen, von zwei ganz zu schweigen. Und wer war nur so dumm gewesen, die Wyvern nicht zu bewachen? Niemand hatte diesen unerhörten Mangel an Weitsicht zugegeben.

„Wir haben die Chance verloren, unsere Zukunft mit den Welpen zu gestalten“, knurrte Chromatus, als der Vater des Zwielichts mit den schlechten Neuigkeiten zu ihm kam. „Und wenn sie es überlebt, kann sie Informationen über uns weitergeben, die uns möglicherweise schaden.“

Dieser Gedanke war dem Vater des Zwielichts auch bereits gekommen. Mit einem Selbstvertrauen, das er nicht hatte, sagte er: „Was kann sie ihnen schon verraten? Sie weiß, dass wir hier sind, doch das wissen sie sowieso. Vielleicht hat die Sache ja sogar ihr Gutes. Sie wissen, dass du zu dem Zeitpunkt, als sie angegriffen haben, schwach warst. Und dennoch hast du sie in die Flucht geschlagen. Ich glaube, die Neuigkeiten, die sie ihnen bringt – wenn sie überlebt –, wird die Drachen weiter entmutigen. Und wenn wir dann gewonnen haben und sie überlebt hat, kannst du immer noch einen ganzen Schwarm von chromatischen Drachen mit ihr zeugen.“

Chromatus betrachtete die kleinere Gestalt. „Das ist möglich. Aber jeder strategische Vorteil, den wir ihnen geben, ist einer zu viel. Ich bin sicher, Todesschwinge wird nicht glücklich sein, wenn er davon hört.“

Darauf wusste der Vater des Zwielichts keine Antwort.

Sie kamen in der Dämmerung.

Der sich bereits verdunkelnde Himmel wurde bei ihrem Eintreffen schwarz und das Geräusch Hunderter schlagender Flügel ließ die Luft vibrieren, als die Drachenschwärme näher kamen.

Der Vater des Zwielichts war aufgeregt. Sicherlich waren Chromatus’ dröhnende Worte der Warnung noch untertrieben, was Todesschwinge betraf.

In den Strahlen der untergehenden Sonne konnte er drei Farben der Drachen erkennen, die auf den Tempel zuflogen. Also hielten sich die bronzenen Drachen noch zurück, ihr Anführer war nicht in Sicht. Umso besser.

Wie zur Antwort erklang das Schlagen der Flügel, als seine eigene Armee von Zwielichtdrachen sich in den Himmel erhob. Hinter ihnen, fast schon träge, flog Chromatus.

Der Vater des Zwielichts konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sollten sie doch kommen. Sollten sie in ihren Untergang fliegen. Chromatus würde sie schlagen und der Vater des Zwielichts würde an diesem Abend den Tod von nicht weniger als drei Aspekten melden können.

Thrall saß nicht auf Kalecgos, nicht dieses Mal. Torastrasza, die Alexstraszas rechte Hand in militärischen Fragen war – oder vielleicht ihre Vorderklaue? –, wie er erfahren hatte, hatte sich bereit erklärt, Thrall zu tragen. Die Aspekte mussten ungebunden sein, um sich auf den Angriff auf Chromatus konzentrieren zu können. Sie durften nicht einmal kurz durch Sorge um sein Schicksal – oder eigentlich das Schicksal aller – abgelenkt werden.

Thrall verstand das völlig. Er würde kämpfen, so gut es ging, ohne dass sich einer der Aspekte um ihn kümmern musste. Er war immer noch ganz vorn mit dabei, als sie erneut auf den Wyrmruhtempel herabsanken.

Sie trafen zuerst auf eine Welle von Zwielichtdrachen, diese schönen, aber schrecklichen Wesen, die direkt auf die drei Aspekte losgingen. Augenblicklich gerieten die Zwielichtdrachen selbst unter Beschuss. Die Drachen der verschiedenen Schwärme setzten ihnen zu, lenkten ihre Aufmerksamkeit von den Aspekten weg. Die grünen Drachen benutzten ihren Giftatem, oder schlimmer noch, ihre Fähigkeit, Albträume zu kreieren. Zumindest glaubte Thrall das, als er zwei Zwielichtdrachen bemerkte, die plötzlich aufkreischten und wild flohen, als ob etwas unglaublich Schreckliches hinter ihnen her sei.

Die roten und blauen Drachen arbeiteten zusammen. Die Blauen nutzten ihre Fähigkeit, mit kalter Magie ihre Feinde einzufrieren oder zu verlangsamen, und die Roten griffen sie dann mit Feuer an. Dieses Mal waren die vereinten Drachenschwärme dem einzelnen Zwielichtdrachenschwarm zahlenmäßig vier- bis fünfmal überlegen. Und was der Feind zweifelsfrei für einen vernichtenden Angriff oder zumindest eine Ablenkung der mächtigen Aspekte geplant hatte, war kaum bedrohlicher als ein Schwarm Fliegen, die um sie herumschwirrten.

Sie hörten Chromatus, bevor sie ihn sahen.

„Kalecgos, da bist du ja. Willst du dir noch ein wenig Folter abholen?“ Die Stimme kam von dem schwarzen Kopf. Sie war tief und dröhnte bis in die Knochen und das Blut.