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»Müssen wir eigentlich sterben, ohne uns wehren zu können?« fragte Kar Komak.

»Ich nicht«, erwiderte Carthoris. »Ich weiß allerdings, wie unnütz es ist, sich gegen diese haarlosen Ungetüme zur Wehr zu setzen! Oh, hätte ich nur ein Langschwert!«

»Oder einen guten Bogen«, fügte Kar Komak hinzu. »Und eine Utan Bogenschützen.«

Bei diesen Worten sprang Carthoris auf, wurde aber sofort von seinen Wächter wieder auf den Boden gezogen.

»Kar Komak!« schrie er. »Warum kannst du nicht das tun, was Tario und Jav taten? Sie hatten ja auch keine anderen Bogenschützen als die, welche ihren Gehirnen entstammten. Du mußt doch das Geheimnis ihrer Macht kennen. Warum rufst du nicht eine Utan herbei, Kar Komak?«

Der Lotharianer schaute Carthoris großäugig an, als ihm die Tragweite dieses Vorschlags zu Bewußtsein kam.

»Warum nicht?« murmelte er.

Der Affe mit der Keule trottete auf Carthoris zu. Die Finger des jungen Prinzen arbeiteten, als wolle er dem Tier an die Kehle gehen, während Kar Komak mit seinem durchdringenden Blick die Affen in Bann hielt. Die Schweißperlen auf seiner Stirn bewiesen den hohen Grad seiner Konzentration.

Der Henkeraffe war nun etwa auf Armlänge an Carthoris herangekommen, als dieser von der gegenüberliegenden Hofseite einen heiseren Schrei vernahm. Zugleich mit den kauernden Affen und dem Keulenhenker wandte er sich dorthin um und sah eine ganze Kompanie stämmiger Bogenschützen aus der Tür eines nahen Gebäudes quellen.

Schnaubend und brüllend vor Wut sprangen die Affen auf.

Sie standen noch nicht richtig, als eine Salve von Pfeilen etwa ein Dutzend zu Boden warf. Deren Kameraden stürmten einfach über sie weg und gingen auf die Bogenschützen los.

Sogar die aufgestellten Posten liefen herbei, und selbst die Gefangenen wärter ließen ihre Beute im Stich, um sich am Kampf zu beteiligen.

»Komm!« flüsterte Kar Komak. »Jetzt können wir entkommen, solange meine Bogenschützen ihre Aufmerksamkeit bean-spruchen.«

»Und diese braven Burschen sollen wir führerlos zurücklassen?« entsetzte sich Carthoris, dessen Loyalität sich über einen solchen Vorschlag empören mußte.

Kar Komak lachte.

»Du scheinst zu vergessen, daß sie nichts anderes als dünne Luft sind, Ausgeburte meines Gehirns. Sie werden spurlos verschwinden, wenn ich sie nicht mehr länger brauche. Gepriesen sei dein allererster Ahnherr, Roter, weil er dir rechtzeitig diesen Gedanken eingab! Mir wäre es nie eingefallen, daß ich dieselbe Kraft anwenden könnte, die mich ins Dasein gerufen hat!«

»Du hast recht«, gab Carthoris zu. »Trotzdem lasse ich sie höchst ungern hier, obwohl wir sonst wohl nichts tun können.«

Und so verließen die beiden den Hof und machten sich auf den Weg zu den breiten Avenuen. Im Schutz der Häuserschatten huschten sie zum Hauptplatz, in dessen Häusern immer die grünen Krieger Quartier bezogen, wenn sie in die Stadt kamen.

Am Platzrand blieb Carthoris stehen.

»Warte hier«, flüsterte er. »Ich gehe jetzt und hole einige Thoats, denn zu Fuß haben wir keine Aussicht, den Klauen dieser grünen Wilden zu entkommen.«

Um den Hof zu erreichen, in dem die Thoats gehalten wurden, mußte Carthoris durch eines der Gebäude am Platz schleichen. Er konnte nicht wissen, welche Häuser bewohnt waren und welche leer standen, und so mußte er sich dem Zufall und seinem Glück anvertrauen, wenn er den abgeschlossenen Hof erreichen wollte, in dem die unruhigen Tiere quiekten und untereinander stritten.

Er huschte also durch einen dunklen Torbogen in einen riesigen Raum, in dem ein großer Trupp grüner Krieger in Schlafseiden und Pelze eingewickelt schlief. Kaum hatte Carthoris den Torbogen hinter sich gebracht und den großen Raum betreten, als er bemerkte, daß sich jemand hinter ihm unter diesem Torbogen befand.

Er hörte einen Mann laut gähnen, und dann sah er, wie sich ein Posten erhob, der dort gedöst hatte. Er streckte sich, gähnte noch einmal herzhaft und nahm seine etwas zweifelhafte Wachtätigkeit wieder auf.

Carthoris mußte also in höchstens einem Fuß Abstand am Posten vorbeigeschlichen sein und ihn dabei aufgeweckt haben.

Zurückgehen konnte er jetzt nicht mehr, aber noch gefährlicher war es natürlich, diesen großen Raum mit schlafenden Kriegern zu durchqueren. Es war Wahnsinn.

Carthoris zuckte die Achseln und wählte das kleinere Übel.

Vorsichtig tat er ein paar Schritte in den Saal hinein. Rechts von ihm lehnten an der Wand etliche Schwerter und Flinten und zahlreiche Speere, Waffen also, welche die Krieger dort abgestellt hatten, um sie im Fall eines Alarms gleich zur Hand zu haben. Neben jedem Schläfer lag seine Handwaffe, denn kein Marskrieger, der etwas auf sich hielt – und das taten alle – trennte sich von frühester Kindheit an von dieser Handwaffe.

Dem jungen Prinzen juckten die Finger, als er diese Waffensammlung sah. Er wählte rasch zwei Kurzschwerter aus – eines für Kar Komak, das andere für sich – und einen Harnisch für seinen nackten Freund. Damit huschte er lautlos durch den Raum mit den schlafenden Torquasianern.

Keiner der Schläfer rührte sich, bis Carthoris mehr als die Hälfte dieser gefährlichen Reise hinter sich hatte; dann aber drehte sich ein Bursche genau vor ihm unruhig in seinen Schlafseiden und Pelzen herum.

Der junge Heliumite blieb vor ihm stehen. Eines der Kurzschwerter hielt er stoßbereit in der Hand, falls der Krieger aufwachen würde. Carthoris hatte das Gefühl, eine Ewigkeit so dazustehen, denn der Bursche wälzte sich unablässig herum.

Dann sprang er so plötzlich, als sei er von Federn losgeschossen, auf die Beine und schaute den Roten Mann an.

Sofort schlug Carthoris zu, aber leider hatte der Krieger schon einen grunzenden Warnlaut von sich gegeben. Im nächsten Moment herrschte Aufruhr im Raum. Krieger sprangen auf, griffen nach ihren Waffen und schrien einander Fragen zu, weil sie nicht wußten, was die Störung ihres Schlafes zu bedeuten hatte.

Für Carthoris war alles im Raum recht klar und deutlich zu erkennen, denn einer der Monde stand direkt im Zenit und goß genug Licht durch die Fenster. Die vom Schlaf aufgeschreckten Krieger waren jedoch noch nicht recht wach, und ihre Augen hatten sich auch noch nicht angepaßt, so daß sie die Gestalt des Roten Kriegers, die sich zwischen ihnen bewegte, nur vage wahrnahmen.

Einer der grünen Krieger stolperte nun über die Leiche des von Carthoris getöteten Mannes. Er bückte sich und tastete herum, spürte den gespaltenen Schädel und richtete sich wieder auf. Da sah er um sich herum andere grüne Krieger und kam zu einem wohl naheliegenden, in dem Fall jedoch irrtümlichen Schluß.

»Die Thurds!« schrie er. »Die Thurds sind über uns! Erhebt euch, Krieger von Torquas, und stoßt eure Schwerter in die faulen Herzen der uralten Erbfeinde von Torquas!«

Sofort gingen die grünen Krieger mit ihren Schwertern aufeinander los. Ihre wilde Kampfeslust schlug hohe Wogen.

Kämpfen, töten, sterben mit dem kalten Stahl in den Gedärmen – ah, das war für sie Himmelreich und Nirwana zugleich!

Carthoris mußte ob dieses Irrtums unwillkürlich in sich hineinlächeln. Er nützte seinen Vorteil auch sofort aus. Er kannte sie gut genug und wußte, daß sie in ihrer Mordlust noch lange weitertöten würden, nachdem sie ihren Irrtum erkannt hatten, wenn nicht ihre Aufmerksamkeit von der wahren Ursache des Aufruhrs gefesselt wurde. Er verlor also keine Zeit, setzte seinen leisen Weg am Kampfgetümmel vorbei fort und erreichte eine Tür an der anderen Seite, die sich auf den inneren Hof öffnete.

Dort schrien, stritten und bissen die wilden Thoats, die ja recht unruhige und streitsüchtige Tiere sind.

Die Aufgabe, die vor ihm lag, war nicht gerade leicht. Schon unter normalen Bedingungen war es kein Kinderspiel, ein solches Tier einzufangen und zu besteigen, da sie in ihrer Launenhaftigkeit und Tücke grundsätzlich erst einmal jeden Reiter abzuwerfen versuchten. Außerdem sind sie ja auch ziemlich groß und schon aus dem Grund schwer zu besteigen. Jetzt, wo es drauf ankam, jedes Geräusch zu vermeiden, bedurfte es schon eines sehr geschickten und erfahrenen Optimisten zur Lösung dieses Problems. Nun, der Sohn des Kriegsherrn vom Mars war es.