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»Und dann wie lange für jede Tankfüllung?«

»Sechs Minuten. Aber wir können zwei Tanks auf einmal füllen.«

Kramer seufzte. »Achtzehn Minuten. Das wird knapp.«

»Wir schaffen es«, sagte Gordon. »Wir können das Wasser auch schneller hineinpumpen.«

»Aber belastet das die Tanks nicht noch stärker?«

»Schon. Aber wir können es machen, wenn es sein muß.«

Kramer schaute auf den Monitor mit den schwankenden Linien. Die

Zacken waren nun nicht mehr so deutlich ausgeprägt. Sie fragte:

»Warum verändern sich die Feldanomalien?«

»Das tun sie nicht«, sagte Gordon, ohne hinzusehen.

»Doch«, sagte sie, »das tun sie. Die Zacken werden kleiner.«

»Kleiner?«

Gordon kam zum Monitor. Er runzelte die Stirn, als er sich den Bildschirm ansah. Erst waren vier Zacken zu sehen, dann drei, dann zwei. Dann kurz wieder vier. »Ihr dürft nicht vergessen, was wir hier sehen, ist in Wirklichkeit eine Wahrscheinlichkeitsfunktion«, sagte er. »Die Feldamplituden spiegeln die Wahrscheinlichkeit wider, daß ein Ereignis stattfinden wird.« »Für einen Normalsterblichen?«

Gordon starrte den Bildschirm an. »Irgendwas muß bei denen schiefgegangen sein. Und was es auch ist, es hat die Wahrscheinlichkeit ihrer Rückkehr verändert.«

Chris schwitzte. Ächzend drehte er die Leiche des Soldaten auf den Rücken und durchsuchte sie weiter. Zwanzig Minuten lang hatte er verzweifelt die kastanienbraunen und grauen Uniformen der beiden toten Soldaten nach dem Schlüssel durchsucht. Ihre Überwürfe waren lang, und darunter trugen sie wattierte Hemden, alles in allem eine Menge Stoff. Nicht, daß der Schlüssel sehr leicht zu verstecken gewesen wäre; Chris wußte, daß das Vorhängeschloß einen gut zehn Zentimeter langen, eisernen Schlüssel erforderte. Aber Chris fand ihn nicht. Nicht beim ersten und nicht beim zweiten Soldaten. Fluchend stand er auf.

Auf der anderen Seite des Verlieses kämpfte Arnaut noch immer mit Oliver; unaufhörlich war das Klirren ihrer Schwerter zu hören, ein stetiger metallischer Rhythmus. Marek ging mit einer Fackel an den Wänden entlang und suchte in den dunklen Winkeln nach dem Schlüssel. Aber auch er schien keinen Erfolg zu haben.

Chris konnte in seinem Kopf beinahe die Uhr ticken hören. Er schaute sich um und fragte sich, wo hier ein Schlüssel versteckt sein konnte. Und er mußte sich eingestehen, daß er fast überall sein konnte: auf einem Nagel in der Mauer, auf der Wandbefestigung eines Fackelhalters. Er ging zu der Winde und suchte den Mechanismus ab. Und dann fand er ihn — einen großen Eisenschlüssel, am Sockel der Winde. »Hab ihn!«

Marek hob den Kopf, und während Chris mit dem Schlüssel zum Käfig eilte, schaute er kurz auf seinen Timer. Der Schlüssel ließ sich mühelos ins Schloß stecken, aber nicht drehen. Zuerst dachte Chris, daß im Mechanismus irgend etwas klemmte, aber nach dreißig quälenden Sekunden des Ausprobierens mußte er sich ein-gestehen, daß es wohl doch nicht der richtige Schlüssel war. Hilflos und wütend warf er den Schlüssel auf den Boden. Dann wandte er sich dem Professor zu, der noch hinter den Stangen eingesperrt war.

»Tut mir leid«, sagte Chris. »Tut mir wirklich leid.«

Doch der Professor ließ sich, wie immer, nicht aus der Ruhe bringen.

»Ich habe darüber nachgedacht«, sagte er, »wie alles genau abgelaufen ist.«

»Mh-mh.«

»Und ich glaube, Oliver hatte ihn«, sagte der Professor. »Er selber hat mich eingeschlossen. Ich glaube, er hat den Schlüssel behalten.« »Oliver?«

Am anderen Ende des Gewölbes kämpfte Oliver noch immer, obwohl jetzt immer deutlicher wurde, daß er der Unterlegene war. Arnaut war der bessere Schwertkämpfer, und Oliver war betrunken und außer Atem. Mit einem grimmigen Lächeln und präzisen Hieben trieb Arnaut ihn zum Rand der Grube. Dort lehnte sich Oliver keuchend und schwitzend ans Geländer. Er war zu erschöpft zum Weiterkämpfen. Arnaut drückte Oliver sanft die Spitze seines Schwerts an den Hals. »Gnade«, keuchte Oliver hervor. »Ich flehe um Gnade.« Aber man sah deutlich, daß er keine erwartete. Arnaut verstärkte langsam den Druck auf seine Kehle. Oliver hustete.

»Mylord Arnaut«, sagte Marek und trat vor. »Wir brauchen den

Schlüssel zum Käfig.«

»Hm? Schlüssel? Zum Käfig?«

Oliver grinste trotz seiner Atemlosigkeit. »Ich weiß, wo er ist.« Arnaut stach mit dem Schwert ein wenig zu. »Sagt es uns.« Oliver schüttelte den Kopf. »Niemals.«

»Wenn Ihr es uns sagt«, entgegnete Arnaut, »schone ich Euer Leben.« Oliver sah ihm in die Augen. »Certum?«

»Ich bin kein verräterischer, doppelgesichtiger Engländer«, sagte Arnaut. »Gebt uns den Schlüssel, und ich schwöre als ein wahrer Edelmann Frankreichs, daß ich Euch nicht töten werde.« Schwer atmend starrte Oliver Arnaut einige Sekunden lang an. Schließlich löste er sich vom Geländer und sagte: »Nun gut.« Er warf sein Schwert weg, griff unter seine Robe und zog einen schweren Eisenschlüssel hervor. Marek nahm ihn.

Nun wandte Oliver sich wieder an Arnaut. »Ich habe meinen Teil erfüllt. Seid Ihr ein Mann Eures Wortes?«

»In der Tat«, sagte Arnaut, »ich werde Euch nicht töten ...« Er trat einen Schritt vor und schob Oliver schnell den Arm unter die Kniekehlen. »Ich werde euch baden.«

Und damit hebelte er Oliver über das Geländer und in die Grube.

Oliver landete mit einem Platschen in dem schwarzen Wasser, kam prustend und spuckend wieder hoch. Unter Fluchen schwamm er an den

Rand und suchte an den Felsen Halt. Aber der Stein war schwarz vor

Schlamm. Oliver glitt immer wieder ab; er konnte sich nirgends festhalten. Er platschte und strampelte ungeschickt im Wasser wie ein

Hund. Schließlich sah er zu Arnaut hoch und fluchte.

Arnaut sagte: »Schwimmt Ihr gut?«

»Sehr gut, du Sohn einer französischen Sau.«

»Gut«, sagte Arnaut. »Denn Euer Bad wird einige Zeit dauern.«

Damit wandte er sich von der Grube ab. Mit einem Nicken zu Chris und

Marek sagte er: »Ich stehe in Eurer Schuld. Möge Gott Euch gnädig sein all Eure Tage.« Mit diesen Worten lief er schnell davon, um sich wieder in die Schlacht zu stürzen. Sie hörten, wie seine Schritte verklangen.

Marek öffnete das Vorhängeschloß, und die Tür ging quietschend auf. Der Professor trat heraus. »Zeit?« fragte er. »Elf Minuten«, antwortete Marek.

Sie eilten aus dem Verlies. Marek humpelte, aber er schaffte es trotzdem, sich schnell zu bewegen. Hinter sich hörten sie Oliver im Wasser platschen.

»Arnaut!« schrie Oliver, und seine Stimme hallte von den dunklen Steinwänden wider. »Arnaut!«

Auf den großen Videomonitoren am anderen Ende des Kontrollraums war zu sehen, wie Techniker die Schilde mit Wasser füllten. Alle Schilde hielten. Aber niemand beachtete sie. Statt dessen starrten sie alle stumm den Computermonitor an und beobachteten das Auf und Ab der schimmernden, computergenerierten Feldlinien. In den vergangenen zehn Minuten waren die Zacken merklich kleiner geworden, und jetzt waren sie fast verschwunden; wenn sie überhaupt auftauchten, dann waren sie nur noch unregelmäßige Schwankungen der Oberfläche. Dennoch schauten sie weiter zu.

Einen Augenblick lang schienen die Schwankungen stärker, ausgeprägter zu werden. »Passiert da irgendwas?« fragte Kramer hoffnungsvoll.

Gordon schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Ich schätze, das sind nur zufällige Fluktuationen.«

»Ich dachte, daß sie vielleicht stärker werden.«

Aber Stern konnte erkennen, daß das nicht zutraf. Gordon hatte recht:

Die Veränderung war zufällig. Die Schwankungen auf dem Bildschirm blieben unregelmäßig und instabil.

»Was für ein Problem das auch sein mag«, sagte Gordon, »sie haben es noch immer.«