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»Bist du verrückt geworden? Was ist, wenn es sich auf die Hügel ausbreitet?«

Mo senkte den Kopf und strich mit der Hand über den Lauf der Flinte. »Ich weiß«, sagte er. »Aber ich seh keinen anderen Weg. Das Feuer wird für Aufregung sorgen, Capricorns Männer werden damit beschäftigt sein, es zu löschen, und in dem Durcheinander werde ich versuchen, an Meggie heranzukommen. Farid kümmert sich um Staubfinger.«

»Das ist Wahnsinn!« Diesmal konnte Elinor es nicht ändern, ihre Stimme wurde laut. Farid murmelte etwas im Schlaf, griff fahrig nach der Binde um seinen Kopf und drehte sich dann auf die andere Seite.

Mo zog ihm die Decke zurecht und lehnte sich wieder gegen den Baumstamm. »Wir werden es trotzdem so machen, Elinor«, sagte er. »Glaub mir, ich habe mir den Kopf zerbrochen, bis ich dachte, ich werde verrückt. Es gibt keinen anderen Weg. Und wenn alles nichts hilft, lege ich auch noch Feuer an seine verfluchte Kirche. Ich schmelze ihm sein Gold zu Klumpen und leg ihm das ganze verdammte Dorf in Schutt und Asche. Ich will meine Tochter zurück.«

Darauf sagte Elinor nichts mehr. Sie legte sich hin und tat, als schliefe sie, obwohl sie kein Auge zubekam. Als der Morgen dämmerte, überredete sie Mortimer, sich auch noch etwas schlafen zu legen und ihr die Wache zu überlassen. Es dauerte nicht lange, bis er schlief. Sobald sein Atem ruhig und gleichmäßig klang, zog Elinor das dumme Kleid aus, schlüpfte in ihre eigenen Sachen, kämmte sich das zerzauste Haar und schrieb ihm einen Zettel. Ich hole Hilfe. Gegen Mittag bin ich wieder da. Bitte unternimm nichts, bis ich zurück bin. Elinor

Sie schob ihm den Zettel in die halb geöffnete Hand, damit er ihn gleich fand, wenn er aufwachte. Als sie sich an dem Jungen vorbeischlich, sah sie, dass der Marder zurück war. Er hatte sich neben dem Jungen zusammengerollt, leckte sich die Pfoten und starrte Elinor aus schwarzen Augen an, als sie sich über Farid beugte, um ihm den Verband zurechtzuzupfen. Unheimliches kleines Biest, sie würde ihn nie mögen, aber der Junge liebte ihn wie einen Hund. Mit einem Seufzer richtete sie sich wieder auf. »Pass auf die beiden auf, verstanden?«, flüsterte sie, dann machte sie sich auf den Weg. Ihr Wagen stand immer noch da, wo sie ihn unter den Bäumen versteckt hatte. Es war ein gutes Versteck, sie stolperte selbst einmal vorbei, so dicht hingen die Zweige. Der Motor sprang gleich an, Elinor lauschte einen Moment besorgt in den Morgen, aber nichts war zu hören außer den Vögeln, die den Tag so ausgelassen begrüßten, als wäre es der letzte.

Das nächstliegende Dorf, durch das sie und Mortimer gekommen waren, war kaum eine halbe Stunde Autofahrt entfernt. Dort gab es bestimmt eine Polizeistation.

Die Elster

Doch sie weckten ihn mit Worten, ihren scharfen, glänzenden Waffen.

T. H. White, Das Buch Merlin

Es war noch früh am Morgen, als Meggie Bastas Stimme draußen auf dem Flur hörte. Sie hatte das Frühstück, das eine der Mägde gebracht hatte, nicht angerührt. Sie hatte gefragt, was in der letzten Nacht geschehen war, was die Schüsse bedeutet hätten, aber das Mädchen hatte sie nur voller Angst angestarrt, den Kopf geschüttelt und war wieder aus der Tür gehuscht. Vermutlich hielt sie sie für eine Hexe.

Fenoglio hatte auch nicht gefrühstückt. Er schrieb. Er schrieb ohne Unterlass, füllte Blatt für Blatt, zerriss, was er geschrieben hatte, begann von neuem, legte ein Blatt zur Seite und begann mit dem nächsten, runzelte die Stirn, zerknüllte es - und begann von vorn. Seit Stunden ging das so, und nur drei Blätter hatte er nicht zerrissen. Nur drei. Beim Klang von Bastas Stimme versteckte er sie hastig unter seiner Matratze, auch die zerknüllten schob er mit dem Fuß unters Bett. »Meggie, schnell! Hilf mir, sie aufzusammeln!«, flüsterte er. »Er darf die Seiten nicht finden. Keine einzige.«

Meggie gehorchte, aber denken konnte sie nur an eines: Warum kam Basta? Wollte er ihr etwas sagen? Wollte er ihr Gesicht sehen, wenn er ihr sagte, dass sie nicht mehr auf Mo warten musste?

Fenoglio hatte sich wieder an den Tisch gesetzt, vor sich ein leeres Blatt, auf das er schnell ein paar Wörter kritzelte, als die Tür aufging.

Meggie hielt den Atem an, als könnte sie so auch die Wörter aufhalten - die Wörter, die gleich aus Bastas Mund kommen und ihr das Herz zerstechen würden.

Fenoglio legte den Stift zur Seite und stellte sich neben sie. »Was gibt es?«, fragte er.

»Ich soll sie holen«, sagte Basta. »Mortola will sie sehen.« Seine Stimme klang ärgerlich, als wäre es unter seiner Würde, etwas so Unwichtiges zu erledigen.

Mortola? Die Elster? Meggie sah Fenoglio an. Was hatte das zu bedeuten? Aber der alte Mann hob nur ratlos die Schultern.

»Das Täubchen soll sich ansehen, was es heute Abend lesen wird«, erklärte Basta. »Damit sie nicht herumstottert wie Darius und alles verdirbt.« Ungeduldig winkte er Meggie zu sich. »Na komm schon.«

Meggie machte einen Schritt auf ihn zu, doch dann blieb sie stehen. »Ich will erst wissen, was heute Nacht passiert ist«, sagte sie. »Ich hab Schüsse gehört.«

»Oh, das!« Basta lächelte. Seine Zähne waren fast so weiß wie sein Hemd. »Ich glaube, dein Vater wollte dich besuchen, aber Cockerell hat ihn nicht hereingelassen.«

Meggie stand immer noch wie angewurzelt da. Basta griff nach ihrem Arm und zerrte sie grob mit sich. Fenoglio versuchte ihnen zu folgen, aber Basta schlug ihm die Tür vor der Nase zu. Fenoglio rief ihr etwas nach, doch Meggie konnte ihn nicht verstehen. In ihren Ohren rauschte es, als hörte sie ihrem eigenen Blut dabei zu, wie es viel zu schnell durch ihre Adern rann.

»Er konnte noch weglaufen, wenn dich das tröstet«, sagte Basta, während er sie auf die Treppe zustieß. »Allerdings heißt das nicht viel, wenn ich es mir recht überlege. Die Katzen können das oft auch noch, wenn Cockerell auf sie schießt, aber schließlich findet man sie dann doch verendet in irgendeiner Ecke.«

Meggie trat ihm gegen das Schienbein, mit aller Kraft. Dann sprang sie los, die Stufen hinunter, aber Basta hatte sie schnell eingeholt. Mit schmerzverzerrtem Gesicht griff er in ihr Haar und zerrte sie an seine Seite. »Versuch das nicht noch mal, Schätzchen!«, zischte er ihr zu. »Du kannst froh sein, dass du heute Abend die Hauptattraktion auf unserem Fest bist, sonst würde ich dir jetzt hier und auf der Stelle deinen dünnen Hals umdrehen.«

Meggie versuchte es nicht noch einmal. Selbst wenn sie es gewollt hätte, sie hätte keine Gelegenheit mehr gehabt. Basta ließ ihre Haare nicht mehr los. Wie einen ungehorsamen Hund zerrte er sie hinter sich her. Meggie traten vor Schmerz die Tränen in die Augen, doch sie drehte ihr Gesicht so, dass Basta sie nicht sehen konnte.

Er brachte sie in den Keller. Diesen Teil von Capricorns Haus hatte sie noch nicht betreten. Die Decke war niedrig, noch niedriger als in dem Verschlag, in den man sie, Mo und Elinor zuerst gesperrt hatte. Die Wände waren weiß verputzt wie im oberen Teil des Hauses, und es gab ebenso viele Türen. Die meisten sahen aus, als wären sie lange nicht geöffnet worden. Vor einigen hingen schwere Schlösser. Meggie musste an die Geldschränke denken, von denen Staubfinger erzählt hatte, und an das Gold, das Mo Capricorn in seine Kirche geholt hatte. Sie haben ihn nicht getroffen!, dachte sie. Ganz bestimmt nicht. Das Hinkebein kann doch nicht zielen.

Endlich blieben sie vor einer Tür stehen. Sie war aus einem anderen Holz gefertigt als die übrigen Türen, seine Maserung war schön wie das Fell eines Tigers. Das Holz schimmerte rötlich im Licht der nackten Glühbirnen, die den Keller erleuchteten.

»Glaub mir!«, raunte Basta Meggie zu, bevor er an die Tür klopfte. »Wenn du dir bei Mortola solche Frechheiten erlaubst wie bei mir, wird sie dich so lange in eins von den Netzen in der Kirche stecken, bis du vor Hunger an den Seilen nagst. Gegen ihr Herz ist meins weich wie eins von den Stofftieren, die man kleinen Mädchen in die Betten legt, wenn sie nicht schlafen können.« Sein Pfefferminzatem strich Meggie übers Gesicht. Nie wieder würde sie etwas essen können, das nach Pfefferminz roch.