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»Du machst dir Sorgen.«

»Ein wenig«, gab sie zu. Ihre Stimmen durchbrachen die Stille des Waldes und hatten einen seltsamen Klang.

»Ich war schon des Öfteren hier, ich kenne mich aus«, erwiderte er. In seinem Ton war nichts von der Gereiztheit zu hören, die eine Weile so typisch für ihn gewesen war.

»Ich weiß«, meinte Rhapsody mit einem schwachen Lächeln. »Aber ich bin noch nie einem Drachen begegnet, und deshalb ist es wahrscheinlich kein Wunder, dass ich mir ein wenig Sorgen mache. Ist sie groß für einen Drachen, meine ich?«

Ashe lachte leise. »Ich habe nie behauptet, ein Drachenkenner zu sein. Ich habe auch nicht gesagt, dass ich sie kenne. Ich habe nur erzählt, dass ich in der Nähe ihrer Höhle war.«

»Oh.« Rhapsody schwieg, statt ihren unausgesprochenen Fragen Ausdruck zu verleihen, denn sie wusste, dass Ashe sie ohnehin nicht beantworten würde.

»Vielleicht sollten wir zum Abendessen eine Pause einlegen«, schlug er vor. »Nach meiner Erfahrung beruhigt Essen manchmal die Nerven. Außerdem bist du an der Reihe mit Kochen.« Sein Ton klang schelmisch.

Rhapsody lächelte. »Aha, das ist also ein Trick. Na gut, ich koche. Hier sind wir sicher genug, um ein Feuer zu machen, meinst du nicht?« Während sie auf den Ebenen gewesen waren, hatte sie selten ein Feuer angezündet, denn beiden war klar gewesen, dass es in der vollkommenen Dunkelheit wie ein Signal gewirkt hätte.

»Ich denke schon.«

»Gut«, meinte sie, und ihre Stimmung hob sich etwas. »Ich werde mal nachschauen, was ich in der Nähe finde, wenn ich ein bisschen herumstöbere.«

»Geh nicht zu weit weg.« Ashe hörte sie seufzen, als sie sich ins Unterholz begab. Ein paar Minuten später kehrte sie aufgeregt zurück. »Warte nur, bis du siehst, was ich gefunden habe«, sagte sie und ließ sich mit übergeschlagenen Beinen auf der Lichtung nieder, die sie als Nachtlager auserkoren hatten. Sie nahm ihren Tornister auf den Schoß und kramte darin herum.

Ashe sah zu, wie sie ein Tuch auf dem frischen Frühlingsgras ausbreitete, in einem verbeulten Blechtopf verschiedene Dinge miteinander vermischte, das Ganze zudeckte, ein kleines Loch buddelte und den Topf darin versenkte. Neben ihm grub sie noch zwei Kartoffeln aus ihrem Proviant mit ein und entzündete dann direkt darüber ein Feuer. Während es brannte, entkernte sie drei kleine Äpfel, die sie im Wald gefunden hatte, Überbleibsel vom letzten Herbst, und würzte sie mit einem Pulver, das sie in einem Beutel in ihrem Tornister aufbewahrte. Dann hängte sie einen Topf übers Feuer, in den sie zuvor klein geschnittenen Lauch und wilden Meerrettich gegeben hatte. Nach einer Weile nahm sie den Topf vom Feuer und legte die Äpfel in die Glut. Binnen kurzem begannen sie zu brutzeln und einen ganz bemerkenswerten Geruch zu verströmen, der Ashe das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ.

Schließlich holte Rhapsody die Äpfel aus dem Feuer, legte sie zum Abkühlen beiseite und grub den Blechtopf und die Kartoffeln aus. Dann deckte sie den Topf ab und schüttelte ihn gut durch. Ein kleiner Brotlaib, leicht nussig und lecker duftend, kam zum Vorschein und landete auf dem Tuch. Als Letztes rührte sie die Lauchsuppe noch einmal kräftig um, die in der verrauchten Luft einen ganz anderen, nicht minder köstlichen Geruch verströmte.

Als sie den dampfenden Brotlaib aufschnitt und aus ihrem Tornister noch ein Stück Hartkäse zutage förderte, nahm Ashes Appetit noch zu. Mit geübten Bewegungen schnitt sie den Käse klein und legte ihn auf das Brot, wo er schmolz, während sie ihm die restlichen Bestandteile des Mahles auftischte.

»Hier. Ich fürchte, es ist alles sehr einfach, aber es müsste deinen Hunger eigentlich für die Nacht stillen.«

»Danke.« Ashe setzte sich neben sie und zog das Tuch näher zu sich heran. »Das sieht gut aus.« Er beobachtete, wie sie selbst das Essen versuchte, und nahm dann abwechselnd einen Bissen von allem, was sie auch aß.

»Es ist leider nicht sehr viel«, meinte sie entschuldigend. »Nur ein kleines Volkslied.«

Ashe hatte den Mund voll von gewürztem Apfel. »Hmmm?«

»Man kann nicht viel komponieren, wenn man nur die Zutaten hat, die sich in unmittelbarer Nähe befinden.«

Er schluckte seinen Bissen hinunter. »Komponieren?«

Rhapsody lächelte die verhüllte Gestalt an. »Nun ja, ein wirklich gut geplantes Mahl hat all die aromatischen Bestandteile eines guten Musikstücks.« Da sie keine Antwort bekam, fuhr sie mit ihrer Erklärung fort, in der Hoffnung, Ashe würde sie nicht so töricht finden wie Achmed. »Weißt du, wenn man genügend darüber nachdenkt, wie bestimmte Dinge von den Sinnen aufgenommen werden, kann man ihre Wirkung beeinflussen. Wenn man beispielsweise ein intimes Abendessen plant, möchte man das Ganze vielleicht wie ein kleines Orchesterkonzert gestalten. Also nimmt man für die Bassgeigen eine reichhaltige Suppe. Für die Violinen ein paar knusprige Kekse, gekrönt mit süßer Butter und Honig. Man könnte etwas Leichtes servieren, scharfes, knackiges Gemüse in einer Orangensauce für die schelmische Flötenstimme. Zuerst entscheidet man also, wie man sich das Essen als Musikstück vorstellt, dann stellt man die Speisen so zusammen, dass sie zur Atmosphäre passen.«

Ashe nahm einen Bissen Brot. »Spannend. Eine Manipulation, aber spannend.« Der Nussgeschmack mischte sich vortrefflich mit dem Käse, sodass beides viel gehaltvoller wirkte, als es allein je hätte sein können.

Überrascht sah Rhapsody ihn an. »Du findest, es ist eine Manipulation? Das verstehe ich nicht.« Er antwortete nicht. »Kannst du mir erklären, was du damit meinst?«, beharrte sie. I

Ashe nahm den nächsten Bissen. »Ist der Tee fertig?«

Wortlos stand Rhapsody auf und ging zum Feuer. Am besten fand sie den Tee aus den Gaben des Sommers: Himbeerblätter und Hagebutten, Gagelstrauch und rote Sumachbeeren. Die Kräuter, die sie hier entdeckt hatte, waren nicht die beste Mischung Platane und Rotulme, Löwenzahnwurzeln und Schafgarbe, aber sie hatten milde, gesunde Eigenschaften. So goss sie eine Tasse mit der dampfenden Flüssigkeit voll und reichte sie Ashe, noch immer mit gerunzelter Stirn und auf eine Antwort wartend.

Doch es kam keine. Die Gestalt im Umhang hob die Tasse zur Kapuze hoch und nippte daran. Aber dann sprang Rhapsody vor Schreck in die Höhe, denn Ashe spuckte den Tee mit einer Heftigkeit aus, dass er zischend ins Feuer spritzte.

»Pfui Teufel, was ist das denn?«, rief er ungehalten, und Rhapsody spürte, wie ihr Blut zu kochen begann.

»Na ja, jetzt ist es Kräuterdampf, aber vor deiner ausgesprochen reifen Reaktion war es Tee.«

»Ein neuer und ungewöhnlicher Gebrauch des Wortes, würde ich sagen.«

Rhapsody wurde immer wütender. »Nun, es tut mir Leid, dass du ihn nicht magst, aber es war die beste Kräutermischung, die ich finden konnte. Alles sehr gesund.«

»Wenn einen der Geschmack nicht schon umgebracht hat.«

»Das nächste Mal werde ich darauf achten, dass ich Süßholz für dich finde. Bis jetzt war mir noch nicht klar, dass du so nötig ein Abführmittel brauchst.«

Sie meinte ein leises Lachen zu hören, als der Vermummte sich erhob und zu seinem eigenen Tornister ging. Einen Augenblick kramte er darin herum und fand schließlich, wonach er gesucht hatte.

»Du könntest etwas von diesem hier machen.« Damit warf er ihr einen kleinen Leinensack zu, der mit einem Band aus Rohleder zugebunden war.

Rhapsody öffnete das Säckchen, hielt es sich an die Nase und atmete das Aroma ein. Angewidert zog sie die Nase zurück.

»Gott, was ist das denn?« Sie hielt den Sack ein gutes Stück von ihrem Gesicht entfernt.

»Kaffee. Eine Spezialmischung aus Sepulvarta.«

»Uch. Das ist ja ekelhaft.«

Ashe lachte. »Du bist sehr engstirnig, weißt du. Ehe du etwas als ekelhaft abtust, kannst du es doch zumindest versuchen.«