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Rhapsody schüttelte die Krümel von der Tischdecke, faltete sie zusammen und legte sie auf den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte. Ashe war noch in der Hütte und hatte schon den Tisch abgeräumt und das Geschirr hineingetragen. Sie stellte die kleine Vase mit Winterblumen auf die Mitte des Tischs zurück, strich lächelnd über die steifen Blütenblätter und bewunderte ihre Schönheit und ihre Entschlossenheit. Lange nachdem die zarteren Blumen von Sommer und Frühherbst verwelkt und abgestorben waren, blühten diese hier weiter, trotzten dem unerbittlichen Griff der Winterweiße, und schenkten der frostigen Welt frische Farbe. Als Ashe wiederkam, fand er Rhapsody ganz in Gedanken versunken, wie sie mit einer der blutroten Blüten versonnen über ihre Wange strich. In ein paar Schritt Entfernung blieb er stehen und beobachtete sie, während seine Augen sich an dem prächtigen Bild ergötzten, das sie unbewusst komponiert hatte.

Ihr goldenes Haar war mit winzigen weißen Trockenblumen zu einem schimmernden Knoten hochgesteckt, nur ein paar Strähnen fielen weich um Gesicht und Nacken. Sie trug ein elegantes, hochgeschlossenes Kleid aus elfenbeinfarbener canderischer Waschseide mit einem weiten Rock und einem schmalen Spitzenbesatz, der sich an ihre Handgelenke und ihren Hals schmiegte, und obgleich von ihrer rosigen Haut abgesehen von den Händen und dem Gesicht nicht viel zu sehen war, hob das Kleid die Schönheit ihres Körpers raffiniert hervor. Erst einen Moment später merkte Ashe, dass er unwillkürlich die Luft angehalten hatte. Er dachte zurück an ihre gemeinsame Zeit, und ihm wurde klar, dass Rhapsody heute Abend zum ersten Mal ihre natürliche Schönheit absichtlich betont hatte. Das Ergebnis war umwerfend. Während der Drache in ihm darüber nachdachte, wie viel ungenutzte Macht in ihr schlummerte, Macht, mit der sie ganze Völker lenken und verzaubern konnte, war der Mann entzückt über die Erkenntnis, dass sie sich für ihn herausgeputzt hatte und sich ganz offensichtlich wünschte, ihre letzte gemeinsame Nacht zu einer wunderbaren Erinnerung zu machen. Auf einmal kehrten ihre Gedanken von ihrer Wanderschaft zurück, sie drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein Lächeln, von dem er weiche Knie bekam. Mit natürlicher Anmut hob sie ihre bauschigen Röcke und kam mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Er ergriff ihre Hände und küsste sie zart, doch dann schloss er Rhapsody in die Arme und genoss ihren frischen Duft und ihren warmen Körper in der seidigsteifen Fülle des Kleids. Sie war ein wahrer Schatz von Empfindungen, an denen sich der Drache endlos ergötzen konnte, und es war nicht leicht, das Verlangen danach erst einmal hintanzustellen.

»Danke für das wunderbare Essen«, sagte sie, entzog sich seiner Umarmung und lächelte ihn an. »Wenn ich gewusst hätte, dass du so gut kochen kannst, hätte ich dir öfter aufgetragen, das Essen zu bereiten.«

Er lachte und fuhr mit dem Zeigefinger über ihre Wange. »Nein, zusammen macht es viel mehr Spaß«, entgegnete er, legte ihre Hand in seine Armbeuge und wanderte mit ihr den Gartenweg entlang. »Das bezieht sich übrigens auf alle meine Lieblingsbeschäftigungen mit dir. Eine hervorragende Leistung in irgendeinem Bereich ist nicht viel wert ohne einen Partner, der sie zu schätzen weiß.« Er sah, wie ihre Porzellanhaut rosiger wurde, und staunte wieder einmal darüber, dass eine Frau, die so irdisch, so unbeeindruckt von anstößigem Humor und Verhalten war, dennoch so leicht errötete, wenn sie mit ihm allein war. Er liebte den Gedanken.

»Komm in meine Arme und tanz mit mir«, meinte er leichthin. Um nicht an den Gefühlen zu ersticken, die in seinem Herzen aufwallten, zog er sie wieder an sich und drückte ihren Kopf an seine Schulter. »Wir sollten üben, denn das nächste Mal treffen wir uns heimlich beider königlichen Hochzeit in Bethania. Wenn wir tanzen und (nicht auffallen wollen, dann wäre es nicht gut, wenn ich dir auf die Füße träte.«

Aber Rhapsody wich so plötzlich zurück, dass er zusammenzuckte. Vor seinen Augen wurde das rosige Gesicht alabasterblass. Ihre Augen suchten in seinem Gesicht nach etwas und füllten sich mit einer alten Traurigkeit, die sie jedoch gleich darauf wieder abschüttelte.

»Es wird spät«, sagte sie ein wenig nervös. »Wir sollten uns unterhalten und dann mit der Benennungszeremonie beginnen.«

Ashe nickte, wenn auch ein wenig traurig, denn beim Tanzen hätte er sie noch ein wenig länger im Arm halten, das Glück ein wenig ausdehnen können. »Bist du bereit?«, fragte er und zeigte zur Laube hinüber. Sie hatten vereinbart, dass er dort seine Geheimnisse offenbaren und ihr dann die Erinnerung nehmen würde. Doch nun senkte sie die Augen und spürte ihre Anspannung stärker werden, als sie den Kopf schüttelte.

»Noch nicht«, sagte sie und wandte sich zu einer kleinen Bank in einem verborgenen Winkel des Gartens. »Können wir uns einen Augenblick dort hinsetzen? Ich habe dir etwas zu sagen, und ich möchte mich gern daran erinnern können, dass ich es gesagt habe.«

»Selbstverständlich.« Ashe half ihr über eine kleine Steinmauer, und sie schlenderten Hand in Hand zu der Bank. Sie strich sich den Rock glatt, während er sich neben ihr niederließ und wartete, was sie ihm zu sagen hatte.

»Ehe du mir die Erinnerung an den Rest der Nacht wegnimmst, möchte ich dir sagen, dass du Recht hattest«, erklärte sie, und ihre Augen funkelten ihn in der Dunkelheit an.

»Rhapsody, du bist unglaublich«, sagte Ashe scherzhaft. »Gerade als ich dachte, es wäre nicht möglich, da fällt dir eine neue Methode ein, wie du mich sexuell erregen kannst. Sagst du das bitte noch einmal?«

»Du hattest Recht«, wiederholte sie und erwiderte sein Grinsen. »Muss ich mich jetzt ausziehen?«

»Bring mich nicht in Versuchung«, entgegnete er und fragte sich, ob das vielleicht ein Trick war, nicht mit ihm zur Laube zu gehen. Er wusste, dass sie nicht glücklich war über das, was sie dort vorhatten, und obgleich sie ihm vertraute, war sie bestenfalls mit Vorbehalten dazu bereit. »Tut mir Leid; also, was hast du gesagt?«

Jetzt wurde ihr Gesicht ernst, und ihre Augen verdunkelten sich im matten Licht der Papierlaternen, die er überall im Garten aufgehängt hatte. »Alles, was du gesagt hast, als du das erste Mal nach Elysian gekommen bist, war richtig, obwohl ich es damals nicht wusste.«

Einen Augenblick starrte sie auf ihre Hände, dann hob sie den Kopf, und ihre Augen glänzten von tiefen Gefühlen oder auch von Tränen, während sie ihn ansah.

»Ich möchte, dass du weißt, wie viel mir die Zeit mit dir bedeutet hat. Ich bin ... ich bin froh, dass wir zusammen waren. Und du hattest Recht es war genug.« Ashe sah, wie eine Träne zwischen ihren Wimpern hervorquoll und ihr langsam übers Gesicht rollte.

»Aber ich war schon lange vorher gern mit dir zusammen, und ich denke, wir waren unter anderem deshalb ein gutes Liebespaar, weil wir vorher schon gute Freunde waren. Und da Freundschaft letztlich das ist, was uns erhalten bleibt, möchte ich auch weiterhin gern mit dir befreundet sein, wenn die Umstände es erlauben. Ich habe mich nie zwischen einen Mann und seine Frau gestellt, und ich habe nicht vor, ausgerechnet jetzt damit anzufangen. Wenn es dir also keine Probleme macht und ... und wenn die cymrische Herrscherin auch nichts dagegen hat, dann denk bitte daran, dass ich für dich da bin, wenn du mich brauchst um dir zu helfen, meine ich.« Verlegen stockte sie und blickte kurz zur Laube hinüber. Ashe tat das Herz weh. Er streckte die Hand aus und fing die Träne auf, als sie Rhapsodys Kinn erreichte; dann legte er sanft die Hand auf ihre Wange. Vorsichtig deckte sie ihre darüber.

»Ich liebe dich, Gwydion ap Gwylliam und so weiter, ich werde dich immer lieben«, sagte sie und sah ihn an. »Aber diese Liebe wird niemals dein Glück bedrohen, sie wird dich auf jede mögliche Art unterstützen Danke, dass du mir diese Zeit und diese Gelegenheit geschenkt hast. Es hat mir mehr bedeutet, als du jemals ermessen kannst.«