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Ich weiß nur, dass ich nicht mehr ohne dich leben kann. Ich meine das nicht als blumige Schmeichelei, sondern wörtlich. Du bist mein Schatz. Bestimmt weißt du ja, was das für einen Drachen bedeutet. Ich darf nicht einmal daran denken, wie es wäre, dich zu verlieren, aus Angst, dass meine zweite Natur die Oberhand gewinnt und das Land in Schutt und Asche legt. Bitte, Rhapsody, bitte heirate mich. Ich weiß, dass ich dich nicht verdiene aber du liebst mich, das weiß ich, und ich vertraue auf diese Liebe. Ich würde alles darum geben ...«

»Hör auf, bitte«, flüsterte Rhapsody. Tränen strömten über ihr Gesicht, und ihre Hände zitterten heftig.

Ashe schwieg. Der Schock auf ihrem Gesicht war so überdeutlich, dass er im ersten Moment nur staunte. Aber dann spürte er, wie sehr ihre Reaktion ihn verletzte. »Ist der Gedanke, mich zu heiraten, denn so grässlich, Rhapsody? Habe ich dich so erschreckt, dass ...«

»Hör auf«, wiederholte sie, und ihre Stimme war voller Schmerz. »Natürlich nicht, es ist schrecklich von dir, so etwas zu sagen.« Sie begann zu schluchzen und vergrub das Gesicht in den Händen.

Ashe schloss sie in die Arme und hielt sie fest, bis der Ansturm der Tränen verebbte; dann zog er ein leinenes Taschentuch aus der Brusttasche und reichte es ihr.

»Wahrscheinlich brauche ich dir nicht zu sagen, dass das nicht gerade die Reaktion ist, die ich mir erhofft habe«, meinte er, während er ihr zusah, wie sie sich die Augen trocknete. Seine Stimme klang ganz locker, aber sein Blick war besorgt.

»Ich weiß, wie du dich fühlst«, sagte sie und gab ihm sein Taschentuch zurück. »Das war auch nicht gerade die Frage, die ich erwartet habe.«

»Das kann ich mir denken«, erwiderte er, umfasste ihr Kinn und hob ihr Gesicht ein wenig an, damit er ihr in die Augen sehen konnte. »Und es tut mir Leid. Aber ich wollte dich nicht länger in dem Glauben lassen, dass ich es auch nur in Erwägung ziehen könnte, eine andere zu heiraten. Ich bin nicht zu allem bereit, was mein Vater und die Verantwortung der Regentschaft von mir verlangen, es gibt eine Grenze. Aber meine Liebe zu dir hat keine Grenzen, sie wird immer die Oberhand behalten. Und obwohl du von dieser Nacht keine bewusste Erinnerung haben wirst, hoffe ich, dass du dich ganz tief in deinem Innern an meine Bitte erinnern wirst und nicht mehr die Verzweiflung fühlst, die wir beide jetzt teilen. Aria, keiner dieser Menschen, nichts, spielt für mich wirklich eine Rolle. Denke einmal in deinem Leben an dich. Triff die Entscheidung, die dich glücklich macht. Natürlich kann ich nicht entscheiden, welche das sein mag. Ich weiß nur, dass ich dich unbeschreiblich liebe und dass ich dein Glück zu meinem Lebensziel machen möchte. Es wäre für mich die größte Freude meines Lebens, wenn du meine Frau werden würdest. Bitte vergiss alles andere, was ich gesagt habe, und gib mir eine Antwort, nicht als das, was ich dir sonst noch zu sein scheine, sondern als dem Mann, der dich über alles liebt.«

In seiner Stimme lag eine Schlichtheit, eine Klarheit, die den Berg ihrer Gegenargumente aushöhlte und ihr die Entscheidung klar vor die Füße legte.

Mit neuen Augen blickte sie zu ihm auf, ohne die Tränen, die alles zum Verschwimmen brachten. Es war, als hätte er ihr den Weg durch einen dunklen Wald gezeigt, einen Weg, den sie verloren hatte, seit die drei in dieses Land gekommen waren, ein verdrehtes Land, kompliziert durch die Pläne und Erwartungen anderer, diktiert von deren Bedürfnissen und Vorurteilen. Und auch von ihren eigenen; von Anfang an war Rhapsody davon ausgegangen, dass es für sie und Ashe aufgrund ihrer unterschiedlichen Herkunft keine Zukunft gäbe, aber Ashe hatte das Thema vermieden und sich geweigert, darüber zu diskutieren. Jetzt erkannte Rhapsody, dass sie die ganze Zeit schon gewusst hatte, was sie wollte, und nur gewartet hatte, bis sie sicher war, dass sie ihn liebte, ehe sie die Sache auf den Tisch brachte. Während er die Tränenspuren von ihrem Gesicht wischte, dachte Rhapsody an ein Gespräch mit ihrem Vater, nicht lange, bevor sie von zu Hause weggelaufen war. Wie ist es gekommen, dass die Leute ihre Meinung über unsere Familie geändert haben? Und warum bist du im Dorf geblieben, obwohl Mama so schlecht gelitten war?

Im Gedächtnis sah sie sein Gesicht vor sich, die Falten um die Augen, sah, wie er die Holzschnitzerei polierte, an der er arbeitete, unfähig, untätig zu bleiben. Wenn du in deinem Leben findest, was dir wichtiger und teurer ist als alles andere, bist du es dir schuldig, dass du daran festhältst. Einen solchen Fund machst du kein zweites Mal, mein Kind. Lass dich durch nichts davon abbringen. Auf lange Sicht werden dir auch die Leute zustimmen, die dir anfangs etwas anderes einzureden versucht haben. Finde das, was wirklich zählt alles andere ergibt sich von selbst.

Einst hatte die Erinnerung ihr Weisheit in Bezug auf ihre Loyalität geschenkt. Nun blickte sie in Ashes Augen und wusste abermals, was ihr Vater gemeint hatte. Es war, als fiele ein schwerer Mantel von den Schultern, die jammernden Stimmen in ihren Ohren verstummten, und zurück blieb nur das Lied eines einzigen Mannes, des Mannes, der ihr ganzes Herz erobert hatte. Er bot ihr an, sie aus dem Wald zu führen, so sicher und zuverlässig, wie er ihr den Weg zu Elynsynos’ Drachenhöhle oder nach Tyrian gezeigt hatte. Und sie wollte ihm folgen, um jeden Preis.

»Ja«, sagte sie, und ihre Stimme war ganz leise, kaum hörbar, wegen der Tränen, die ihr die Kehle zuschnürten. Unzufrieden damit, hustete sie laut und sagte noch einmaclass="underline" »Ja«, und dieses Mal war ihr Ton klarer und sicherer. Vor ihr verwandelte sich Ashes Miene, denn ihre Worte trieben ihm das Blut ins Gesicht und ließen seine Drachenaugen funkeln. Die grässliche Angst, die er unter seinem gelassenen Äußeren zu verbergen versucht hatte, löste sich auf, und Rhapsody sah, wie sich reine Freude in ihm ausbreitete.

»Ja!«, rief sie laut und fügte mit ihrem Wissen als Benennerin Worte hinzu, die ihre Entscheidung unwiderruflich machten. Der Klang erfüllte die Laube und hallte von den Felswänden wider, schwirrte über den See und tanzte im Wasserfall lachte, als er sich über den Rand ergoss. Mit dem wirbelnden Echo entstanden Wärme und Licht; wie ein Komet, der durch die Höhle sauste, blitzte Rhapsodys Ja durch die Luft und erleuchtete die Höhle mit einem Strahlen wie von tausend Sternschnuppen. Der Klang sammelte noch andere Harmonien auf, während die berührten Stellen ihre Antwort bestätigten, und ein Lied füllte die Luft um sie herum, ein Lied der Freude.

Die Feuer von Elysian loderten zustimmend auf, und das Gras, das im Schlaf trocken und steif geworden war, wurde wieder grün, als hätte die Hand des Frühlings es berührt. Die Blumen in Rhapsodys Garten hielten ihr letztes Strahlen fest und blühten zusammen mit den roten Winterblumen, die ihren Tisch geschmückt hatten. Als der Licht-Ton sie berührte, nahm er ihre Farben in sich auf und schleuderte sie zum Himmel empor, und sie explodierten in einem funkelnden Feuerwerk, als sie an die Kuppel des Firmaments stießen. Staunend beobachtete Ashe das Schauspiel, dann blickte er in ihr Gesicht, das ebenfalls gen Himmel gewandt war, und das Schauspiel der Farbschwingungen über ihnen schimmerte in ihren wunderschönen Augen.

»Du liebe Zeit«, lachte er. »Bist du auch wirklich sicher?«

Rhapsody stimmte in sein Lachen mit ein, und die Heiterkeit befreite sie von dem bedrückenden Gefühl von Pflicht und Einsamkeit, unter dem sie so lange gelitten hatte. Wie ein Glockenspiel in einer kräftigen Brise, so ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf; der Klang ihres Lachens gesellte sich zum Klang ihrer Zustimmung und füllte die Höhle mit einer Musik, wie sie hier noch nie gehört worden war.

Ashe umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und betrachtete es in all seiner Fröhlichkeit; dieses Bild brannte er fest in sein Gedächtnis ein. Er würde es brauchen, um das zu bewältigen, was ihm bevorstand, das wusste er. Dann beugte er sich über sie, berührte ihre Lippen mit den seinen und küsste sie so zärtlich, dass er erneut die Tränen in ihr aufsteigen fühlte.