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Im Lauf der Zeit ist mir klar geworden, dass deine Freundschaft mit Achmed und Grunthor wahrscheinlich das Einzige war, was dich davor bewahrt hat, dass Llauron dich schon vor langer Zeit zur Vollstreckerin seiner Pläne auserkor. Als du ihm zum ersten Mal begegnetest, waren Achmed und Grunthor bei dir, aber dann trennten sie sich eine Weile von dir, und er spürte, dass du frei warst. Damals fing er an, dich in der Lehre der Filiden zu unterweisen. Aber dann kamen die beiden zurück und haben dich wieder mitgenommen. Das hat er nie wirklich überwunden, obwohl er gute Miene zum bösen Spiel macht. Ich denke, du kannst dich darauf verlassen, dass er nichts tun wird, was dir schaden könnte, aber er wird dich auf jede erdenkliche Weise für seine Zwecke einzusetzen versuchen.«

Rhapsody seufzte. »Ist das alles? Oder gibt es sonst noch etwas?«

»Ist das nicht genug?«

»Mehr als genug«, erwiderte sie, wandte sich in seinen Armen um und brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Ich wollte nur sicher sein.«

Ashe küsste sie sanft. »Du hast gesagt, du hättest noch eine Bitte. Worum geht es? Was es auch sein mag, es sei dir gewährt. Du brauchst es nur zu nennen.«

Rhapsody zuckte zusammen. »Nach all dem, worüber wir gesprochen haben, kommt es mir albern vor.«

»Unsinn. Sag mir, was ich für dich tun kann. Bitte, Aria. Trage mir etwas auf, irgendetwas, womit ich diese ganzen Täuschungsmanöver ausgleichen kann. Um was wolltest du mich bitten?«

Rhapsody machte ein verlegenes Gesicht. »Ich wollte wissen, ob ob du mich ob ich das hier behalten darf.« Sie berührte seine Brust und zeigte auf das weiße Leinenhemd, das er unter seinem Umhang trug.

»Das Hemd?«

»Ja.«

Ashe ließ sie los und legte seinen Umhang ab. »Selbstverständlich. Es gehört dir.«

»Nein, warte«, rief Rhapsody lachend. »Jetzt brauche ich es noch nicht. Mir ist nicht kalt, aber du wirst frieren, wenn du es ausziehst. Ich möchte es nur bei mir haben, wenn du morgen weggehst falls du so nett bist, es mir zu überlassen.« Sie nahm seine Hand und führte ihn die Treppe hinunter, zurück ins Haus.

Im Gehen legte Ashe den Arm um sie. »Einer der großen Vorteile daran, dein Liebhaber dein Verlobter zu sein, besteht darin, dass ich nie friere«, meinte er und lächelte. »Dafür sorgst du wirklich sehr zuverlässig, Feuerfrau.«

»Nun, das würde nicht stimmen, wenn du keine anderen Hemden hättest«, entgegnete Rhapsody. »Aber da ich dir ein paar genäht habe, die du mitnehmen kannst, denke ich, du bist ganz gut ausgerüstet.«

Ashe hielt ihr die Tür auf und sah, wie die Kohlen im Kamin auflebten, um sie zu begrüßen. Er folgte ihr ins Wohnzimmer.

»Wenn du mir neue Hemden nähst, wieso möchtest du dann dieses alte hier behalten? Es ist schon ziemlich verschlissen an den Manschetten die hatte ich nämlich unter der Jacke versteckt.«

Rhapsody lächelte ihn an. »Es trägt deinen Duft. Ich wollte dich darum bitten, als ich noch dachte, du würdest weggehen, um einer anderen Frau einen Antrag zu machen. Ist das nicht gemein?« Vor lauter Verlegenheit traten ihr Tränen in die Augen.

»0 ja, das ist wirklich grässlich!«, lachte Ashe, kopfschüttelnd und erstaunt, wie sie ihn wieder einmal überraschte.

»Es ist eine sehr egoistische Bitte, ich weiß.«

Ashe strich ihr übers Haar. »Hast du in deinem ganzen Leben je etwas Egoistisches getan, Rhapsody?«

»Aber selbstverständlich, die ganze Zeit. Das weißt du doch.«

»Mir fällt aber nichts ein«, entgegnete Ashe. »Kannst du mir vielleicht ein Beispiel nennen?«

Ihr Gesicht wurde ernst. »Mach dich bitte nicht über mich lustig, Ashe.«

Er nahm ihre Hände. »Das tue ich nicht, wirklich, Rhapsody. Aber ich bezweifle ganz ernsthaft, dass du mir etwas nennen könntest.«

Nachdenklich blickte Rhapsody ins Feuer, und plötzlich liefen ihr die Tränen übers Gesicht. Als sie sich wieder zu ihm umwandte, waren ihre Augen erfüllt von einer Traurigkeit, die er lange nicht mehr in ihnen gesehen hatte.

»Ich bin von zu Hause weggelaufen«, sagte sie leise und verschränkte die Arme vor dem Bauch, wie sie es tat, wenn ihr übel wurde. »Ich habe mich von den Menschen, die mich geliebt haben, abgewandt, um einem Jungen zu folgen, der mich nicht liebte. Weil ich so egoistisch gehandelt habe, bin ich heute am Leben, Ashe; ich lebe, und sie haben bis ans Ende ihrer Tage um mich getrauert. Ich habe das Leben im Kreis meiner Familie für eine Nacht mit bedeutungslosem Sex und eine wertlose Kupfermünze eingetauscht.« Sie hielt inne, als sie sah, wie sein Gesicht sich versteinerte und weiß wurde. »Was ist los?«

»Wie war sein Name?«, fragte er und sah aus, als bräche die Welt um ihn herum zusammen.

»Wessen Name?«

»Der Name dieses Jungen«, antwortete er, mit immer lauterer, dringlicherer Stimme. »Wie war sein Name?«

Beschämt antwortete sie: »Ich weiß es nicht. Er hat gelogen.«

»Wie hast du ihn dann genannt? Sag es mir, Aria.«

Allmählich wurde Rhapsody panisch; seine heftige Reaktion machte ihr Angst, und sie spürte die elektrische Spannung, welche immer die Rückkehr des Drachen ankündigte. Die Luft in der Grotte war seltsam still geworden wie die Ruhe vor dem Sturm oder die extreme Ebbe vor einer Flutwelle.

»Sag es mir«, befahl er mit einer Stimme, die sie nie bei ihm gehört hatte. Sie klang entsetzt und tief erfüllt von einer fremden Kraft. Sie wich zurück, aber er packte ihre Schultern so heftig, dass es ihr wehtat.

»Sam«, flüsterte sie. »Ich habe ihn Sam genannt.«

Seine Finger gruben sich in ihren Oberarm, und er stieß ein Gebrüll aus, dass die Hütte erzitterte. Sein Gesicht lief rot an, und voller Entsetzen sah sie, dass er immer größer zu werden schien, während sich vor Zorn seine Muskeln dehnten und streckten.

»Gottloses Miststück!« schrie er; Gegenstände fielen von den Konsolen, der Tisch bebte. Die Sehnen in seinem Hals schwollen an, die Luft war aufgeladen, und eine kochende Wut hielt ihn fest im Griff. Die Pupillen in seinen Augen zogen sich zu kaum sichtbaren Schlitzen zusammen. »Hure! Elende, verfluchte Hure!«

Er griff sich an den Kopf und raufte sich die Haare. Als er sie losließ, wich Rhapsody langsam vor ihm zurück, mit bekümmertem, furchtsamem Gesicht. Jetzt ist es endlich passiert, dachte sie traurig. Ich habe mich geirrt. Er ist der F’dor, und nun wird er mich töten. Kurz spielte sie mit dem Gedanken zu fliehen, entschied sich aber dagegen. Entweder musste sie sich ihm stellen und kämpfen oder kapitulieren und die Sache ein für allemal zu Ende bringen. Wie auch immer, weglaufen würde sie nicht. Es hatte sowieso keinen Sinn. Ashe wütete weiter in maßlosem, ungebändigtem Zorn und fluchte dabei so entsetzlich, wie Rhapsody es noch nie von ihm gehört hatte. »Sie hat es gewusst«, stieß er hervor und schlug um sich, während der Donner über das Firmament rollte, welches die Kuppel von Elysian an Ort und Stelle hielt. »Sie hat es gewusst und mich belogen.«

»Was gewusst? Was habe ich gewusst?«, keuchte Rhapsody, die sich kaum aufrecht halten konnte, weil der Boden unter ihr bebte. »Es tut mir Leid, aber ich weiß nicht, was ich getan haben soll.«

Seine Augen, zu Schlitzen verengt, glühten blau wie der heißeste Teil einer Flamme. »›Sie ist nicht angekommen, sie ist nicht gelandet, hat sie gesagt«, wetterte er, und dann senkte er die Stimme zu einem mörderischen Flüstern. »Aber sie wusste Bescheid. Sie wusste, dass du gegangen warst, du warst nur noch nicht eingetroffen. Und doch wusste sie, dass du kommen würdest. Und sie hat es mir nicht gesagt.«