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Der Dhrakier hielt ebenfalls inne, wandte sich aber dem Sandsturm zu und begann wieder mit seinem Gesang. Er würgte, als der Sand ihm in Mund und Nase fuhr. Sein Mantel umflatterte ihn, doch da, wo er stand, erstarb der Wind allmählich. Er war nun still wie eine Säule aus Luft, ein Auge im wirbelnden Hurrikan.

Plötzlich wurde die Erde in einem entsetzlichen Ausbruch von Steinen und Sand auseinander gerissen, als die Bestie aus der Spalte auftauchte; ihr massiger Körper zerschmetterte den Boden um die Schleuse. Sie hustete roten Schleim und stieß zusammen mit ihrem widerlichen Feuer tote Bienen aus. Ihr großer Schwanz peitschte über den Sand und schlug blind nach allem, was in ihrer Reichweite war.

Dann entfaltete sie ihre Flügel. Der verkrüppelte heilte allmählich, aber er war schwarz vor Bienen. Dennoch versuchte sie sich in die Luft zu erheben.

Rhapsody hielt auf dem Kamm der Düne an, welche die Ruinen überblickte.

»Wo sind die Pferde?«, rief sie erschöpft Grunthor zu.

Der Sergeant-Major beschirmte die Augen mit den Händen.

»Kann sie nicht sehen«, rief er durch das Kreischen des Windes. »Sind entweder im Sand begraben oder weggelaufen. Hab sie nicht angebunden – für den Fall, dass wir nicht zurückkommen. Duck dich.«

Rhapsody hockte sich hin und hielt das strampelnde Bündel in ihren Armen, als ein gewaltiger Schatten über ihrem Kopf dahinglitt und auf einem zerfallenen Turm einige hundert Fuß entfernt landete. Von der Spitze aus sah sich die Bestie um, suchte den Horizont ab, und ihre böswilligen Absichten waren sogar aus der Ferne deutlich zu erkennen.

»Zurück in deinen Mantel!«, rief Achmed. »Sie sucht dich!« Er zielte mit der Cwellan auf das Biest, doch der peitschende Wüstenwind und die Dunkelheit hüllten es ein und machten einen Schuss schwierig.

»Ich … kann … nicht«, keuchte Rhapsody, während sie darum kämpfte, mit ihrem Kind auf dem Arm im Sturm das Gleichgewicht zu behalten. »Es könnte … Meridion … enthüllen …«

Kommt. Jeder der drei hörte das Wort in seinen Ohren. Es war ein kreischendes Kommando hinter ihnen.

Sie drehten sich um und sahen den Dhrakier, der noch immer die Hände hochhielt. Vor ihm war die Luft windstill; es war eine Flaute inmitten der wirbelnden Strömungen – wie eine Tür in der Luft.

Beeilt euch. Die Bestie kommt.

Grunthor und Rhapsody rannten gleichzeitig auf die Tür im Wind zu. Achmed behielt weiterhin die Bestie in der Ferne im Blick, während der Dhrakier die Tür offen hielt.

Komm, Mörderkönig. Du bist am nächsten.

In diesem Augenblick bemerkte die Drachin die Bewegungen auf der windabgewandten Seite der Ruinen. Sie stieß einen dünnen Feuerstrahl aus, der von den Zinnen herunter in den Boden fuhr und dort die spärliche Vegetation in Brand setzte. Entsetztes Kreischen zerriss die Nacht, als die Pferde Feuer fingen. Ihre Schmerzensschreie hallten durch die Wüste.

Ein schrecklicher Gestank durchwob die Luft; ein Geruch nach Schwefel und brennendem Fleisch. Die Drachin bäumte sich auf und brüllte vor Enttäuschung, dann bemerkte sie eine weitere Bewegung. Noch immer behindert durch ihren zerrissenen Flügel, sprang sie auf und glitt zu einer niedrigeren Ruine hinunter, zu einer geborstenen Kuppel mit Bogenfenstern, und richtete den Blick auf die vier menschlichen Gestalten, die im letzten Licht der untergehenden Sonne in den Wind hineinrannten.

»Mach eine Finte nach rechts, Grunthor!«, rief Achmed, dann feuerte er die Cwellan ab. Die Bestie prallte zurück und sog die Luft ein. Ein tiefes, schreckliches Rasseln in ihrer Brust hallte über die Wüstenebene.

Der Schuss hatte sie am Flügel erwischt, gerade als der Dhrakier den Bolg-König packte und durch die Tür im Wind zerrte. Die Drachin war aus dem Gleichgewicht gebracht, taumelte auf die Kuppel zu und stieß den Atem aus. Diesmal versengte eine größere Welle aus Hitze und Licht den Boden. Der Perlmuttüberzug der Ruinen schimmerte wie im Glanz von Millionen Kerzen auf.

Der riesige Bolg griff nach Rhapsody, wurde aber selbst plötzlich in den wirbelnden Abgrund des Windes gezerrt, gefolgt von dem Dhrakier. Die cymrische Herrscherin bildete die Nachhut und erreichte die Tür gerade noch rechtzeitig, um nicht von den Flammen des Drachenatems eingehüllt zu werden. Ihr goldenes Haar wirkte wie eine brennende Fackel, als das Feuer auf sie zuschoss, ihr aber nichts mehr anhaben konnte. Sie sprang nach drinnen.

Die Windtür schloss sich und ließ die Drachin allein in der Dunkelheit der Ruinen.

Das Einzige, was die drei Gefährten sehen konnten, bevor sich die Tür im Wind wieder öffnete, war der Ausblick von hoher Warte über die Wüstenebene, die in einen starken, von Sand durchsetzten Luftstrom gehüllt war, der nach Südost fegte und den Wüstensand vor sich hertrieb. Dann verdunkelte sich der Anblick im Röhren des Wüstenwindes und dem Wirbeln einer ungeheuren Kraft, die sie entlang der anschwellenden und absteigenden Schallwellen trug, bis schließlich vollkommene Sülle einsetzte.

Als die Brise, die sie fortgetragen hatte, erstarb, standen die vier an der Basis einer hügelartigen Düne, die jenen glich, über die sie auf dem Weg zu den Ruinen geritten waren. Die Berge in der Ferne waren noch da, aber sie waren näher gerückt. Die drei Gefährten und der Dhrakier hatten beinahe schon die Steppe vor den Oberen Zahnfelsen erreicht.

Achmed drehte sich um und sah, wie Grunthor den Kopf schüttelte, als ob er das Kreischen des Windes oder den Sand aus seinen Ohren vertreiben wollte; dann schaute er hinüber zu Rhapsody.

Ihr Gesicht war so bleich wie der aufgehende Mond, und in ihren Armen hielt sie die Asche des Nebelmantels.

Und sonst nichts.

34

»Also, das war ja ’n netter Trick«, sagte Grunthor zu dem Dhrakier, während er sich immer noch den Sand aus den Ohren pulte. »Bin selbst schon mal auf dem Wind gereist, aber nur als …« Er verstummte, als er Achmeds Miene sah, dann drehte er sich um und blickte Rhapsody an, die auf die Asche in ihren Armen herunterstarrte.

Einen Moment lang konnte er nichts mehr sagen. Der Blick in Rhapsodys Gesicht war wie der Blick auf das Ende der Welt. Als ihm schließlich wieder Worte über die aufgeworfenen Lippen drangen, waren sie sehr sanft.

»Was ist denn das, Prinzessin? Wo ist der kleine Prinz?«

Achmed warf ihm einen giftigen Blick zu.

Die cymrische Herrscherin stand stocksteif da und hielt den Atem an. Als der Schock abklang, sah sie sich rasch um. Ihre Arme zuckten, und die Überreste des Mantels glitten sanft zu Boden wie schwarzer Schnee. Ihre Augen nahmen einen wahnsinnigen Glanz an; das Funkeln der Panik in ihnen war beinahe unerträglich.

»Wir … wir müssen zurückgehen«, stammelte sie, drehte sich um und suchte den Boden ab. »Ich muss … ich muss ihn fallen gelassen haben. Bitte … ö … öffne die Tür wieder … bitte … wir müssen zurück …«

»Rhapsody.« Achmeds Stimme war ganz ruhig. »Komm her.«

Aber die cymrische Herrin hörte ihn nicht. Das Herz schlug ihr bis zu den Ohren und drohte zu zerspringen. Die Zeit schien für sie zum Stillstand gekommen zu sein. Benommen hockte sie sich auf den Boden und stöberte mit den Händen nach etwas Festem in der Asche, doch da war nichts, nur verbrannte Gewebefetzen und Ruß.

Schließlich sah sie auf.

»Achmed«, sagte sie leise, »wo ist mein Kind?«

Der Bolg-König streckte ihr die Hand entgegen.

»Steh auf«, sagte er sanft.

Rhapsody schüttelte den Kopf und tastete in der Dunkelheit erneut auf dem Boden herum.

»Nein, nein, er muss hier irgendwo sein … er … Achmed, hilf mir, mein Kind zu finden.«

»Rhapsody …«

»Verdammt, hilf mir … er ist bestimmt hier irgendwo … ich habe ihn doch ganz fest gehalten, Achmed. Bitte hilf mir, ihn zu finden …«

Der Bolg-König hockte sich vor sie, während sich die anderen beiden Männer ansahen. Achmed beobachtete sie schweigend, wie sie auf dem Boden kniete und hilflos mit den Händen in allen Richtungen über die Erde fuhr, bis sie sich schließlich wieder ihm zuwandte. Dann brach sie vor den Augen der Männer zusammen. Achmed fing sie auf, als sie in seine Arme fiel.