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»Ich werde mit dir gehen.«

Rath schüttelte den Kopf. »Bleib hier«, sagte er unter großen Mühen. »Bewache das … Erdenkind. Es könnte ein Ablenkungsmanöver sein. Es ist meine Aufgabe, dieser Spur zu folgen.«

Die Nadeln trieben bereits heiß durch Achmeds Adern und flüsterten dabei Worte des Hasses. Widerstrebend nickte er.

»Das Glück sei mit dir«, sagte er, als Rath den Tunnel hinunterging.

Rath blieb stehen und blickte über die Schulter.

»Ich werde dir die Geschichte dieser Jagd mitbringen, falls ich noch lange genug leben sollte, um sie erzählen zu können«, sagte er.

Dann verschwand er im Wind.

41

Unter den Mauern der Hohen Warte, nördliches Navarne, in der Nähe der Provinz Bethania

Der Tag war lang und fruchtlos gewesen. Ashe hatte Kopfschmerzen von den Berichten über die Zerstörungen in Sepulvarta, dem Zusammenprall der Soldaten im Verlauf der Evakuierung der Krevensfelder und von dem Streit der Herzöge über die Zuteilung von Reserven für die Verteidigung der verschiedenen Provinzen. Die erneute Zusammenkunft der Herzöge in dieser Festung hatte nichts dazu beigetragen, ihre Streitsucht zu mildern, wie Ashe es eigentlich gehofft hatte. Er war so lange wie möglich so geduldig wie möglich gewesen, bis er schließlich das Gefühl hatte, dass der dumpfe Schmerz in seinem Kopf diesen bald spalten würde.

»Wir werden morgen früh wieder zusammenkommen«, hatte er hinter einem gewaltigen Papierstapel auf seinem Schreibtisch zu dem Konzil der Herzöge gesagt. Sein Tonfall hatte bewirkt, dass sie sich rasch zurückgezogen hatten – alle außer Tristan Steward, der in der großen Bibliothek zurückgeblieben war.

»Du könntest ein Glas Branntwein vertragen, mein Freund«, sagte Tristan, »und auch etwas zu essen. Wenn ein Heer nur mit vollem Magen marschiert, dann sollte gerade der Kommandant den seinen nicht vernachlässigen. Ich werde dir etwas heraufbringen lassen.«

Er ging zur Anrichte und holte ein schweres Kristallglas heraus, in das er drei Fingerbreit einer klaren, bernsteinfarbenen Flüssigkeit eingoss, einen Honigbranntwein aus der Provinz Canderre, die in der ganzen Welt für ihre ausgezeichneten Getränke und anderen Luxusgüter bekannt war. Er goss auch sich selbst ein Glas ein und gab das erste dem cymrischen Herrscher.

Ashe winkte ihn fort.

»Nein, vielen Dank«, sagte er. »Ich bin nicht hungrig.«

»Aber du musst durstig sein«, bedrängte Tristan Steward ihn. »Du hast fast den ganzen Tag alberne Fragen beantwortet, Gwydion. Sogar der cymrische Herrscher hat eine Unterbrechung von den andauernden Kriegsvorbereitungen verdient.« Er stellte das Glas auf den Tisch vor Ashe, der den Kopf auf den Unterarm gelegt hatte. »Ich überlasse dich jetzt deinen Gedanken. Sorge dafür, dass du etwas Schlaf bekommst. Gute Nacht.«

»Vielen Dank«, murmelte Ashe, als sich die Tür hinter ihm schloss. Er starrte in den Feuerschein, der in seinem bauchigen Glas tanzte. Es lag etwas Beeindruckendes darin, wie die goldene Flüssigkeit das Licht einfing und es in den warmen Farben des Feuers brach. Alles, was mit Feuer zu tun hatte, erinnerte ihn wie immer schmerzhaft an Rhapsody.

Gegen sein besseres Wissen nahm er das Glas in die Hand und erlaubte es den Alkoholdämpfen, ihm in die Nase zu steigen. Sie stachen ihm in die Nebenhöhlen und wärmten sie sogleich. Er trank einen Schluck. Die Flüssigkeit war weich wie Seide und warm; sie erfüllte seinen Mund mit einem herrlichen Geschmack und seine Nase mit einem reichen Duft. Er hatte es Tristan Steward zu verdanken, dass er dieses Getränk kannte.

Abermals wurde leise die Tür geöffnet. Ashe drehte sich um und warf einen Blick über die Schulter.

Rhapsody war wieder da. Diesmal trug sie nicht ihre Reisekleidung, sondern ein hauchdünnes Gewand aus weißer Seide. Er erkannte die vom Feuer erleuchteten Umrisse ihrer schlanken Beine; die reizvollen Kurven ihres Körpers waren schattenhaft durch den dünnen Stoff zu sehen und liefen auf die schwellenden Brüste zu, über denen die nackte Haut ihrer Kehle schimmerte.

Ich vermisse dich, sagte sie mit zugleich sanfter und rauchiger Stimme.

Ashe nahm noch einen Schluck von der brennenden Flüssigkeit.

»Geh weg«, murmelte er. »Du bist ein Trugbild meiner Einbildung. Oder ein Zeichen für meinen beginnenden Wahnsinn. Geh weg.«

Lächelnd kam sie auf ihn zu; das Seidenkleid wisperte um ihre nackten Füße.

Ich bin kein Trugbild, sagte sie, beugte sich zu ihm herunter und erfüllte seine Nase mit der Wärme ihres Duftes. Nicht, solange ich in deinem Herzen bin.

Ashe war erschöpft davon, den einsamen und erschöpften Drachen in sich im Zaum zu halten. Er streckte die Hand aus, eine Soldatenhand, schwielig und faltig von der Schlacht und dem Schwertgriff, und legte sie zitternd auf die glatte Wölbung ihres Nackens. Ihre Haut war warm und weich, ihr Atem ging schneller unter seiner Berührung.

»Du bist nicht wirklich«, sagte er leise. »Auch wenn der All-Gott weiß, dass ich wollte, du wärest es.«

Ich kann es sein, antwortete sie flüsternd.

Ashe schaute weg. Er schloss die Augen, legte wieder die Stirn auf den Unterarm und erlaubte es den Dünsten des Branntweins, in sein Hirn zu dringen, während der Drachensinn in ihm die Gestalt des Traumes, der neben ihm wartete, deutlich wahrnahm.

Er spürte die Wärme von Lippen auf seinem Hals, das Kitzeln und den süßen Duft von frisch gewaschenem Haar, die schmerzhafte Verfügbarkeit, die Willigkeit, das Verlangen.

Dann drehte er rasch den Kopf um und öffnete die Augen.

Das Kammermädchen war wieder da und schaute ihn mit demselben Lächeln an, das vor einem Moment noch auf dem Gesicht seiner Frau gewesen war.

»Warum bist du hier, Portia?«, fragte er stoßweise. »Was willst du von mir?«

»Dasselbe, was Ihr von mir wollt.« Der Ton ihrer Stimme war beinahe magisch einladend und brachte alle Nerven in seinem Körper zum Schwingen.

Ashe schob ruckartig seinen Stuhl zurück und schlug mit den Händen auf den Tisch vor ihm.

»Was machst du da?«, rief er. »Warum bist du immer da, wenn mein Verstand in Trümmern liegt? Oder liegt er in Trümmern, weil du da bist?« Der cymrische Herrscher packte seine eigenen Haare und riss daran. »Was für ein heimtückisches Spiel spielst du mit mir, Portia?«

Die Augen der jungen Frau füllten sich mit Tränen.

»Herr, ich …«

Der Drache in seinem Blut explodierte vor Wut.

»Genug! Genug!«, brüllte Ashe. Wütend schleuderte er die Papiere vor sich vom Tisch und verspritzte dabei den Inhalt des Tintenfasses auf dem dicken Teppich. »Geh weg von hier! Geh zurück nach Bethania – oder woher du auch immer gekommen sein magst. Wende deine bösen Listen bei Tristan Steward an, klettere doch in sein Bett. Vielleicht wird er deinen Verführungskünsten erliegen – ich jedenfalls werde es nicht. Glaubst du, ich könnte dich nicht von meiner Frau unterscheiden? Glaubst du, du könntest mich in meinem Elend verführen und all das betrügen, was ich für heilig halte? Du verdammtes Biest!« Der Drache in seinem Blut tobte, und die Worte sowie die Stimme, die sie aussprach, klangen in seinen Ohren wie die eines Wahnsinnigen.

Die Kammermaid brach in Tränen aus und erbebte unter ihren Schluchzern.

»Herr, ich wollte nie …«

Doch der Drache in Ashes Seele raste so in seinem Blut, dass es ihm in den Adern brannte.

»Sei still!«, knurrte er mit einer Stimme, die eher das Brüllen eines Tieres war. »Sei still! Verlass mein Haus. Ich will, dass du noch heute Nacht gehst – sofort! Nimm mit, was dir gehört, und geh. Lass mich allein und kehre niemals zurück. Ich will dich nie wieder sehen. Ich weiß nicht, welche Kniffe du anwendest, aber wenn du nicht sofort gehst, kann ich für deine Sicherheit hier nicht mehr garantieren. Pack all das zusammen, was du mitgebracht hast – deine Essenzen und alles andere, was dir gehört. Geh. Geh mir aus den Augen. Geh weg von hier!« Er taumelte blindlings zu den Sprachrohren und rief nach dem Kammerherrn.