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Erleichterung.

MacQuieth war in der alten Welt sein Fluch gewesen – der einzige Mensch, den er hatte fürchten müssen.

Es lag etwas Befreiendes darin, auf den Grabstein des verhassten Feindes zu schauen. Es war so wunderbar, dass er seinen niedersten Gefühlen freien Lauf ließ.

Rasch schnallte er seine Hose auf und urinierte laut lachend auf den Stein.

»Ich habe lange genug gelebt, um tatsächlich dein Grab zu sehen«, sagte er, als er sich wieder im Griff hatte. »Empfange meine kleine Gabe heiligen Wassers zu deinem Segen. Ich hoffe, du spürst es, während deine Knochen im Sand darunter verrotten. Aber vermutlich bist du selbst inzwischen nichts anderes mehr als Sand.«

Er schaute sich rasch in dem Wrack um. Als er nichts Besonderes fand, ging er zurück über die Sandbank und watete an den Strand, wo seine Soldaten auf ihn warteten. Er zog Tysterisk; der Griff glühte vor Erregung, und die Klinge war in den Windstößen abwechselnd sichtbar und unsichtbar.

»Zielt mit euren Feuerpfeilen auf die Spalten zwischen den Dachschindeln«, wies er die Soldaten an.

»Es müssen nur Funken sein. Von da an werde ich selbst übernehmen.«

Die Männer nickten. Pfeile schwirrten bündelweise von Bögen und Armbrüsten und regneten wie Hagel auf die Dächer des Rektorats und der anderen Gebäude.

Der Seneschall hob das Schwert über den Kopf; der Wind umtanzte es in sichtbaren Wirbeln. Die winzigen Funken auf den Dächern schössen zu Flammen auf.

Der Seneschall schwang das Schwert durch die Luft. Funken stoben auf und machten aus den übrigen Gebäuden orange-rote Steinkästen aus Feuer, das heiß genug war, um die Wände zu schmelzen. Als sich ein Chor aus Schreien erhob, zogen der Seneschall und seine Männer nach Norden und suchten nach weiteren Orten, wo Rhapsody sich verstecken konnte.

Es war beinahe zu einer Entschuldigung für die Feuersbrünste geworden.

41

Glasbläserei im Kessel von Ylorc

»Wie sieht die Schmelze aus, Shaene?« Der Geselle blickte durch das Fenster des gewaltigen Brennofens.

»Rot glühend«, sagte er selbstgefällig.

Die Meisterin lächelte nicht. »Matt oder hell?«

Shaene schaute noch einmal durch das Fenster und zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen, Theophila. Ziemlich hell, glaube ich.«

Die Frau schob ihn ungeduldig aus dem Weg und sah selbst nach. Sie seufzte verärgert auf.

»Man sollte doch erwarten können, dass gerade du weißt, was matt ist, Shaene«, sagte sie. »Sandy, mehr Hitze. Es muss wie Blut glühen, das aus einem schlagenden Herzen spritzt.«

»Herrin!«, ächzte Shaene in gespieltem Entsetzen. »Was für ein schrecklicher Vergleich! Ich kann nicht behaupten, dass ich je die Gelegenheit hatte, eine solche Farbe zu sehen. Ehrlich.«

Omet schob die Zugklappe des Ofens noch ein wenig weiter auf, damit die Flammen mehr Luft erhielten. Er wandte die Augen ab und sagte nichts. Er hegte keinen Zweifel daran, dass diese Frau die Farbe, von der sie gesprochen hatte, sehr genau kannte.

Die Teststücke waren außer dem letzten purpurnen alle gebrannt worden und lagen nun in den Regalen, wo sie abkühlten und auf den Vergleich mit den alten Scheiben warteten.

Omet arbeitete mit einem steigenden Gefühl der Angst in den Eingeweiden. Er wusste, dass die Farben stimmten. Was Esten auch immer sonst noch war, so war sie doch auch eine sehr geschickte Keramikerin, Ziegelbrennerin und Glaskünstlerin. Es ging das Gerücht um, ihr yarimesischer Vater, der in seiner Jugend mit den Panjeri gereist war, habe ihr die Geheimnisse der nomadischen Glasbläser schon im Kindesalter beigebracht, bevor sie ihn getötet hatte, um mit dem Familienerbe ein eigenes Geschäft zu gründen. Als sie die Meisterin der Rabengilde geworden war, hatte sie bereits Zutritt zu den besten Schulen und Werkbänken der Welt gehabt und daraus ein Lebenswerk gestaltet. Die Ziegelbrennerei war sowohl ein lohnendes Geschäft als auch ein bewährtes Deckmäntelchen für die weniger gesunden Seiten ihrer Arbeit.

Seine Hände zitterten leicht, als er die Regale mit den abkühlenden Werkstücken drehte. Wenn die Farben stimmten, würden die Schriftzeichen, die in die Testscheiben eingeritzt waren, sichtbar werden. Omet hatte keine Ahnung, welche Informationen dies enthüllen würde, doch die bloße Gegenwart der Zeichen würde andeuten, dass das Farbschema korrekt war. Sobald das erreicht war, würde Esten die gewaltigen Rollen brennen, die dann in Scheiben geschnitten und in die Decke des Turms eingelassen wurden.

Was das für einen Sinn hatte, wusste er ebenfalls nicht.

Obwohl der Firbolg-König wenig über den Zweck des Projekts gesagt hatte, kannte Omet die Originalpläne gut genug, um zu wissen, dass der Turm mehr als nur ein Kunstwerk war. Das Bleiglas war die letzte Zutat, die ihn zu so etwas wie einem Instrument machte, zu einer Art Kraftwerk, das für Achmed sehr wichtig sein musste, wenn er so sehr auf dessen Fertigstellung beharrte. Omet hielt nicht viel von Magie, besonders dann nicht, wenn er nicht wusste, wozu sie führte, doch es war ihm gleichgültig gewesen, so lange sich der König im Berg befunden hatte. Wozu Achmed seinen Lichtfänger auch brauchte, es würde Omet schon keinen Schaden zufügen.

Doch jetzt, wo der König fort war und eine rachsüchtige Mörderin die Herrschaft übernommen hatte, fühlte er sich keineswegs mehr sicher.

Plötzlich starrten ihn schwarze Augen an.

Omet fuhr zusammen.

Die Augen richteten sich noch eindringlicher auf ihn.

»Von wem hast du gelernt, die Regale auf diese Weise zu drehen, Sandy?«

Omet versuchte krampfhaft, nicht zu zittern.

»Von Shaene«, sagte er nur. Es war eine Lüge, aber es war besser, als ihr zu erklären, dass er diese Technik von den endlosen Unterweisungen ihrer eigenen Gesellen gelernt hatte, als er Lehrjunge in der Ziegelei von Yarim gewesen war.

Esten schaute zu, wie er die Drehung vollendete. Dann nickte sie zufrieden. Sie berührte den Ständer, und als sie entschied, dass das Glas genug abgekühlt war, nahm sie das rote Stück heraus und kehrte damit zum Arbeitstisch zurück.

»Ich glaube, es ist richtig. Mal schauen, ob die Testplatte derselben Meinung ist.«

Sie hielt die alte Glasplatte gegen das Licht der offenen Decke und schob dann vorsichtig das neue, frisch abgekühlte Glas davor. Sie wartete, bis die Wolken über ihr fortgezogen waren, und betrachtete dann eingehend ihr Werk, während die übrigen Arbeiter hinter ihr hockten.

Freude breitete sich auf ihrem Gesicht aus, als ein Sonnenstrahl in den Turm schoss und durch die doppelte Schicht aus rotem Glas fiel.

»Ich sehe es«, sagte sie mit ruhiger Stimme. »Aber ich verstehe nicht, was es heißt. Kann einer von euch es lesen? Kommt her und seht es euch an, während ich die Scheiben hochhalte.«

Rhur und Shaene blickten über ihre Schulter auf die Glasstücke, die sie gegen die Decke hielt, und schüttelten den Kopf. »Ich erkenne nicht einmal die Symbole«, sagte Shaene, als er an seine Arbeit zurückkehrte. »Solche Buchstaben habe ich noch nie gesehen. Sieht aus wie zufällige Ritzungen oder vielleicht Zahlen. Tut mir Leid, Theophila.«

»Komm her, Sandy«, sagte Esten, während ihr Blick noch auf dem Testglas ruhte. »Erkennst du diese Schrift?«

Omet setzte seine Werkzeuge ab und kam rasch herüber. Er wollte ihre Aufmerksamkeit nicht noch stärker erregen, indem er trödelte. So spähte er ihr ebenfalls über die Schulter und hielt die Luft an, damit sein Atem sie nicht berührte.

In dem durchscheinenden Glas bemerkte er einige Symbole in einer Sprache, die er nicht beherrschte, doch er hatte sie oft auf den Originaldokumenten gesehen. Bevor der König nach Yarim gegangen war, hatte niemand eine Ahnung gehabt, was sie bedeuteten. Rhapsody hatte sie übersetzt und ihre Bedeutung in die Diagramme neben die Stelle geschrieben, an der die Runen erschienen. Diese war nur das Symbol für »Rot«.