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»Wir sollten hier mit unseren Nachforschungen fortfahren«, sagte er. Seine Augen waren vor Erschöpfung gerötet. »Es ist das letzte der Küstendörfer. Wenn sie hier niemand gesehen hat, weiß ich auch nicht, wo wir noch suchen sollen.«

»Ich glaube nicht, dass man Rhapsody hier gesehen hat, aber vielleicht Michael«, gab Achmed zurück und deutete wütend auf die Ruinen um sie herum.

Ein hoch aufgeschossener Mann mit Matrosenmanieren und einem dichten Bart versperrte den Türdurchgang. »Kann ich euch helfen, Kumpels?«

»Wir suchen etwas zu essen«, erwiderte Achmed und warf einen Blick in die Taverne.

»Und Bier«, fügte Ashe hinzu. »Und frische Pferde.«

»Das Letztere gibt’s nicht«, sagte der Mann. »Keine Pferde zu kriegen. Die wenigen, die überlebt haben, gehören dem Wirt, und der braucht sie für Gavins Waldhüter, die gegen das Feuer kämpfen und nach den Brandstiftern suchen.« Ohne den Blick von den Fremden abzuwenden, rief er über die Schulter: »He, Bamey! Kundschaft!«

Der junge Mann auf der anderen Seite des Tresens schaute hoch und winkte sie heran. Dem Mann in der Tür gab er ein verstohlenes Zeichen.

»Was soll’s sein, die Herren?«

»Etwas zu essen und zu trinken«, antwortete Achmed. »Wir mögen alles außer Hammel. Falls Ihr nur Hammel habt, gebt mir Brot und Bier.«

»Brot und Bier und dünne Kohlsuppe ist alles, was ich habe«, erwiderte der Wirt und stellte zwei Becher vor sie. »Wir sind ein wenig... beschäftigt gewesen, wie Ihr vielleicht bemerkt habt.«

Die Reisenden nickten. »Ist vor dem Feuer hier jemand durchgekommen und hat nach einer Frau gefragt?«

Der Wirt tauschte einen raschen Blick mit dem Mann bei der Tür.

»Ja«, sagte er. »Es waren drei, und einer davon war so angezogen wie Ihr, Herr.«

»Wisst Ihr, wohin sie gegangen sind?«

Der Wirt schüttelte den Kopf. »Da müsst Ihr schon den alten Barney fragen; vielleicht weiß er’s. Er wird bald hier sein.«

»Den alten Barney? Ist das Euer Vater?«

Der dünne junge Mann lachte. »Ich sehe, Ihr Herren seid nicht oft in einer Taverne zu Gast.«

»Ich habe schon seit langem genug davon«, meinte Ashe. Die Erschöpfung machte ihn gereizt.

»Warum sagt Ihr das?«

»Wisst Ihr nicht, dass alle Wirte Barney heißen?«

Achmed zuckte die Achseln. »Ich habe nie einen nach dem Namen gefragt. Hauptsache, er schenkt mir Bier ein. Es ist mir egal, ob ich ihn persönlich kenne, es sei denn, dass das Bier dann für mich weniger kostet.«

Das gezwungene Lächeln des jungen Mannes wurde ein wenig schwächer. »Das ist eine alte Tradition und eine alte Geschichte. Eine, die älter als dieses Land ist.«

»Ach?«, machte Ashe und ließ dem Drachen in sich größere Freiheit, damit er den Mann genauer abschätzen konnte. Er bemerkte, dass der Wirt kein Cymrer war, genau wie die anderen, die sich in der Tür zusammendrängten und die Fremden eindringlich anstarrten. Sie hatten ihre Waffen zwar nicht gezogen, aber sie waren auf der Hut. »Würdet Ihr uns mit dieser Geschichte beehren?«

Der Wirt seufzte. »Da gibt’s nicht viel zu erzählen. In einem alten Land, weit übers Meer, hörte vor langer Zeit ein Wirt namens Barney etwas, das nicht für seine Ohren bestimmt war. Das ist ein Berufsrisiko bei uns, denn gutes Bier löst die Zunge, und in einer Taverne gibt es immer viele, für die nach einigen Gläsern das freundliche Gesicht hinter dem Tresen plötzlich der beste Freund auf der ganzen Welt ist. Doch dieser besondere Barney hatte das Pech, der Einzige in der Gaststube zu sein, als er etwas mitbekam, von dem ein Knabe von großem Einfluss und kleinem Gewissen keinesfalls wollte, dass es allseits bekannt würde.

Also heuerte der Knabe den besten Mörder seiner Zeit an, nannte ihm den Namen der Stadt, die etwa dreißig Meilen entfernt lag, sowie den Namen des Opfers – den Wirt namens Barney. Er zahlte dem Mörder eine nette Summe, damit er den Wirt ins Nachleben beförderte. Er war nicht aus der Gegend und kannte den Namen des Gasthauses nicht, aber sie gingen beide davon aus, dass er es schnell finden würde.

Der Mörder traf in der Stadt ein und stellte diskrete Nachforschungen an – so wie Ihr beiden.« Der Wirt hob eine Augenbraue und fuhr fort, während er den Tresen wischte: »Er fragte die ersten Männer, denen er begegnete, wo er ein Gasthaus mit einem Wirt namens Barney finden könne. Und er erhielt drei verschiedene Antworten.

Er ging ein wenig tiefer in die Stadt hinein und versuchte es erneut, doch hier erfuhr er nicht nur die Namen von vier weiteren Tavernen, sondern auch, dass Wirte ein nomadisierendes Völkchen sind. Das liegt sozusagen in der Natur der Sache und ist eine kleine Sicherheitsvorkehrung. Offenbar hatte sich die missliche Lage des originalen Barney herumgesprochen, und alle Wirte in der Stadt entschieden sich spontan, dieselbe Identität und denselben Namen anzunehmen, denn niemand sollte für den Fehler eines anderen einstehen müssen.

Und so hat sich die Tradition fortgesetzt. Sie hat sich im ganzen alten Land ausgebreitet, das jetzt untergegangen ist, und als die Flüchtlinge von dort herkamen und die ersten Bierhäuser errichteten – die natürlich immer zu den ersten überhaupt errichteten Gebäuden zählen -, sind sie auch alle zu ›Barney‹ geworden.« Er lächelte schwach und machte sich wieder daran, seine Krüge abzutrocknen.

»Das ist eine gute Geschichte, und auch das Bier ist gut«, sagte Ashe und stellte seinen zerbeulten Krug zurück auf die Theke. »Also gehört dieser Laden dem alten Barney?«

»Jawoll«, meinte der Wirt. »Dieser und nur dieser allein, auch wenn ich weiß, dass er einmal eine Schankstube desselben Namens vor langer Zeit und ganz weit weg von hier gehabt hat. Er ist ein sehr alter Mann – vielleicht nicht der ursprüngliche, echte Barney, aber möglicherweise hat er ihn noch gekannt.« Er lachte über seinen eigenen Scherz.

An der Tür erhob sich ein leichter Tumult. Die Gruppe teilte sich, als ein alter Mann mit dichtem weißem Haarschopf hindurchging und fröhlich pfiff.

»Wo wir gerade von ihm sprechen: Da ist er«, sagte der Wirt.

Der Mann nahm den Hut vom Kopf und fuhr sich mit der Hand durch die Haare, aus denen die Seegischt sprühte. Er hängte Hut und Mantel an einen Ständer neben der Tür und kam zum Tresen herüber. In seinen blauen Augen lag ein Leuchten. Er hörte mitten im Lied mit dem Pfeifen auf.

»Hab diesen Leuten gerade die Geschichte unseres Namens erzählt, Barney«, sagte der junge Wirt und stellte die sauberen Krüge unter den Tresen. »Sie haben nach den Männern gefragt, die vor drei Tagen hier durchgekommen sind.«

Der alte Barney nickte, während er den Tresen umrundete und dahinter nach einer Schürze griff. Dann sah er die beiden Reisenden an. Plötzlich stand er aufrechter, lehnte sich nach vorn und sprach die beiden gelassen an.

»Wenn Ihr bitte mit mir kommen wollt, meine edlen Herrschaften. Ich bin sicher, wir haben einen besseren, abgeschiedeneren Tisch für Herren Eures Ranges.«

Achmed und Ashe schauten einander überrascht an. Keiner von beiden trug ein Abzeichen, das seine Stellung andeutete. Im Gegenteiclass="underline" die Reise war so hart gewesen, dass ihr Erscheinungsbild ihnen den Zutritt zu einigen Wirtshäusern am Weg verwehrt hatte. Sie erhoben sich von ihren Hockern und folgten dem alten Barney zu dem Tisch im hinteren Teil des Raumes, auf den er gezeigt hatte.

»Ihr kennt uns, Gevatter?«, fragte Ashe, als sie sich behände auf die wackeligen Stühle setzten.

»Ja, Herr«, erwiderte der Inhaber der Taverne und verneigte sich ehrerbietig vor den beiden.

»Woher?«, wollte Achmed wissen.

In die Augen des alten Mannes trat ein Leuchten.

»Auch ich komme von der Insel«, sagte er auf Alt-Cymrisch. »Ich war bei Eurer Einsetzung zugegen, Gwydion. Ich habe an jenem Tag in der Schlacht gegen den Gefallenen gekämpft, auch wenn ich nicht mehr so flink bin wie damals. Und Euch sah ich als Gastgeber im Gerichtshof, Majestät«, sagte er zu Achmed.

»Bitte sprecht Orlandisch, Gevatter«, sagte Ashe freundlich. »Auch wenn ich Euch verstehe, ist meine Kenntnis des Alt-Cymrischen eher akademischer Natur. Mein Vater bestand darauf, dass ich diese Sprache lerne, doch schon vor meiner Geburt war sie lange tot. Es ist wichtig, dass ich alles verstehe, was Ihr zu sagen habt.«