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Und drückte ihm ihr Messer gegen die Kehle.

Omet atmete stoßweise durch die Nase und stieß die Luft ganz vorsichtig aus, denn das Messer war ungeheuer scharf.

»Du hast geglaubt, ich erkenne dich nicht, nicht wahr, Omet?«, fragte sie mit süßer Stimme. Ihre Augen glühten böse im Licht der Lampe auf dem Nachttisch. »Doch ich wusste von Anfang an, wer du bist.« Sie fuhr mit der freien Hand durch sein dichtes, glattes Haar und den Bart, auf dem sie die Finger längere Zeit ruhen ließ. »Wenn mir einmal jemand gehört, dann gehört er mir für immer. Das weißt du doch bestimmt, Omet, oder etwa nicht?«

Er starrte sie schweigend an.

Esten kam näher. Ihr Rücken war gekrümmt wie der einer jagenden Katze. Grausamkeit lag in ihren Augen und spiegelte sich in den Muskeln; ihre Zielgerichteten Bewegungen waren die schrecklichste Drohung, die er sich vorstellen konnte. Sie saß auf seiner Brust und drückte ihm die Arme mit ihren Beinen gegen die Matratze.

»Sag mir, was in jener Nacht in der Ziegelei vorgefallen ist«, flüsterte sie und drückte ihm die Klinge noch ein wenig fester gegen die Kehle. Er bekam von der Anspannung einen metallischen Geschmack im Mund. »Wie ist es dem Bolg-König gelungen, euch alle zu überwinden? Wie viele Männer hat er gebraucht, um meine Gesellen zu besiegen? Sag mir, wie er es geschafft hat, Omet.«

Der Kunsthandwerker antwortete nicht.

Die Klinge zuckte kurz auf. Esten hatte ihm einen winzigen Teil des Bartes sowie die obere Hautschicht abgeschnitten. Nur ein einziger Tropfen Blut quoll hervor.

»Sag es mir«, drohte sie leise. »Die Ader, gegen die mein Messer drückt, ist schwierig zu schließen, wenn sie einmal geöffnet ist.«

Erinnerungen an diese Nacht durchzuckten ihn. Er war geweckt und von Rhapsody rasch gefesselt und geknebelt worden, während Achmed sich umgeschaut hatte.

»Allein«, flüsterte Omet. »Er war allein.«

Esten drehte den Kopf in einen anderen Winkel und betrachtete sein Gesicht. »Lügner. Es fehlten nach dieser Nacht dreizehn Männer und zwei Dutzend halb ausgewachsene Jungen. Er kann nicht allein gewesen sein.«

»Er war allein«, beharrte Omet und rang nach Luft, während das Messer sich weiterhin gegen seinen Hals drückte. »Er hat die meisten mit... mit seiner Cwellan umgebracht.«

»Mit der Cwellan?« Das Messer bewegte sich nicht, als Theophila mit der anderen Hand eine blauschwarze Scheibe aus Rysin-Stahl hervorholte. »Feuert die gebogene Waffe, die er auf dem Rücken trägt, solche Scheiben ab?«

»Ja«, flüsterte Omet. »Er hat mich und die anderen Gesellen gefesselt. Vincane ... hat gegen ihn gekämpft. Der Bolg-König hat ihn ... in den Brennofen gesperrt.«

Die grausamen Augen glitzerten. »Das erklärt den Gestank. Hat er die Sklavenkinder getötet? Hat er sie unter dem Lehm begraben?«

Omet dachte an den langen Ritt nach Ylorc zusammen mit den anderen geretteten Kindern. Rhapsody und Achmed hatten für Ordnung gesorgt, bis die Kleinen den Bolg-Wachen in den nördlichen Zahnfelsen übergeben werden konnten.

»Ja. Sie sind alle tot. Begraben im Lehm. Zusammen mit den Gesellen.«

»Warum? Warum hat er das getan?« Ihre Augenbrauen stießen zusammen, und ihr Gesicht wurde zu einer erschreckenden Maske der Konzentration. »Wenn er so etwas wie ein König der guten Tat ist und die Probleme der Welt lösen will, warum hat er dann meine Sklavenjungen unter einem Berg aus Lehm begraben?«

»Es war ... Vincane, der das Fass umgestoßen hat«, sagte Omet. Das war die erste Wahrheit aus seinem Munde. »Er hat... zu entkommen versucht.«

»Wie hat er es gebrannt? Wieso ist es so hart geworden?«

Omet rang nach Luft und versuchte dabei, die Klinge nicht zu reizen. »Ich weiß es nicht. Da hatte er mich schon gefesselt und hinausgetragen.«

»Hmm. Ich weiß immer noch nicht, wieso er das Wagnis eingegangen ist, mich bei meiner Arbeit zu stören. Vielleicht hatte es etwas damit zu tun, dass er mit seinen dreckigen Handwerkern die Entudenin ausgraben wollte. Er ist ein seltsamer Knabe, nicht wahr? Na, egal. Er wird noch seinen Teil abbekommen.«

Omet sagte nichts darauf.

»Genau wie du, Omet.« Mit ihrer freien Hand griff sie über ihre Schulter, während sich das Messer noch fester gegen die Halsschlagader drückte. Einen Moment lang wurde ihm schwarz vor Augen. Omet kämpfte darum, nicht das Bewusstsein zu verlieren.

Als er wieder einen klareren Blick hatte, hielt Esten ihm eine schimmernde Metallphiole vor die Augen. Sie entkorkte sie mit dem Daumen und hielt ihm die Phiole an die Lippen.

»Trink«, sagte sie nur.

»Nein«, wehrte sich Omet. Seit dem Moment, als er sie erkannt hatte, war ihm klar, dass sein Tod feststand. Ein Gefühl der Endgültigkeit und des Friedens überkam ihn und machte ihn furchtlos. Esten blinzelte ihn an. »Du widersetzt dich mir? Du bist tapferer, als ich dachte.« Sie hüpfte auf seine Brust und presste die Atemluft aus ihm heraus. Omet rang keuchend nach Luft. Dabei goss sie ihm die sengende Flüssigkeit in die Kehle.

Blitzschnell schlug sie ihm mit der Handkante gegen den Kiefer und zwang ihn zu schlucken. Omet keuchte erneut auf. Ihre Hand verschloss ihm noch immer den Mund, während ihm die ätzende Flüssigkeit die Eingeweide zerriss. Innerhalb weniger Sekunden spürte er, wie sich die Hitze in seinen Gliedern ausbreitete. Sie wurden schlaff und nutzlos.

Esten kletterte rasch von ihm herunter.

»Wenn du dich bewegst, wird das Koma noch schneller einsetzen«, sagte sie grob und bürstete ihre Kleider ab. Mit einer blitzschnellen Bewegung verschwand das Messer. »Du musst eine Weile im Fieber liegen, damit deine Freunde abgelenkt werden, bis der Bolg-König in den Berg zurückkehrt.«

Sie legte den Kopf schief und schaute ihn neugierig an, während ihm die Hitze in den Kopf stieg.

»Deine Mutter wäre stolz darauf, wie du deinem Tod ins Auge siehst, Omet, und ich bin sicher, du bist mir dankbar, dass ich dir im Gegensatz zu all den anderen diesen sanften Weg geebnet habe. Wenigstens musst du nicht wie sie mit den Auswirkungen der Säure leben.«

Ihr Gesicht wurde leuchtend, als sie sich zu ihm herunterbeugte. »Es ist wirklich eine nette Substanz. Wenn man sie auf die Haut aufträgt oder einatmet, wie es deine Bolg- und Glasbläser-Freunde getan haben, werden die Haare, die Augen und die Haut gelb, ja beinahe golden. Sie werden eine Menge wunderbarster Schmerzen erleiden, sie werden Blut im Urin haben, ihre inneren Organe werden sich verdrehen und schmelzen, sie werden in Zuckungen verfallen, dann werden sie erstarren und schließlich einen gesegneten, wenn auch schmerzhaften Tod haben.«

Esten ergriff Omets schlaff gewordene rechte Hand und ließ sie wieder auf das Bett fallen. Sie legte sich neben ihn und schlang den Arm unter seinen Hals, während seine Atmung flach und das Gesicht grau wurden. Mit einer letzten zärtlichen Geste legte sie den Kopf auf Omets Schulter und hielt ihm die Lippen entgegen, sodass er die Worte hören konnte, die sie ihm zuflüsterte.

»Was den Bolg-König angeht, so wird er die beste Behandlung bekommen. Die Glasur, mit der wir das Deckenglas gehärtet haben, war Pikrinsäure, Omet. Es ist eine angenehme Substanz, wenn sie feucht ist, so wie jetzt unter der hölzernen Kuppel. Ich bin sicher, du erinnerst dich an sie aus meinen Lektionen. Weißt du noch, was geschieht, wenn sie trocknet?«

Omet atmete immer flacher und glitt in die Bewusstlosigkeit. Er antwortete nicht mehr, aber in den letzten Augenblicken des Bewusstseins war ihm die Antwort klar.

Pikrin explodierte, wenn es getrocknet war.

Er spürte nicht mehr den warmen Kuss, den sie ihm auf die Schläfe drückte, und er befand sich zu fest im Griff des Giftes, als dass er sie hätte gehen hören.

51

An der nördlichen Küste

In dieser Nacht schlugen sie ihr Lager auf, als der Pfad entlang der Küste so tückisch wurde, dass man ihn bei Dunkelheit nicht mehr betreten konnte.