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Die drei vorderen Reiter lenkten den führerlosen Wagen näher und näher an die tiefe Senke neben der Straße. Einer ritt neben dem Gespann und durchschlug mit dem Schwert die Halterungen. Die Tiere lösten sich von seiner Last und galoppierten immer noch aneinander gebunden in die tiefen grünen Schatten des Waldes.

Der führerlose Wagen rollte an den Rand der Senke und kippte auf die rechte Seite. Mit ohnmächtig sich drehenden Rädern lag er in der Vertiefung.

Der Seneschall stand auf der kleinen Erhebung und nickte befriedigt.

»Setzt ihn in Brand«, rief er Caius zu, der daraufhin erbleichte. »Seid bereit, sie in Empfang zu nehmen, wenn sie herauskommt.«

Die Bogenschützen tauchten ihre Pechgetränkten Pfeile in das Feuerfass, zielten und schössen auf ein zweites Zeichen des Seneschalls.

Die Geschosse flogen durch die Luft und drangen tief in das Holz des Wagens ein. Es klang so angenehm wie Regen auf einem Holzdach.

Der Seneschall gab ein drittes Zeichen. Der Wind wurde stärker, rauschte über die Waldstraße und trieb Blätter und kleine Äste vor sich her.

Der Wagen schwelte zunächst; dann, als der Wind durch ihn fuhr, brach er in Flammen aus. Weiter hinten auf der Waldstraße sah Anborn den schwarzen Rauch, der von dem Feuer aufstieg, das soeben den Wagen verschlang. Der heftigste Fluch, den er seit Jahrhunderten ausgestoßen hatte, brach aus ihm hervor. Er drückte sein Schwert noch tiefer in die Brust des letzten Angreifers in seiner Nähe, schlitzte den Mann von der einen Brustwarze bis zur anderen auf und trieb sein Pferd wieder voran. Er preschte in die Richtung des schwarzen Rauches.

Einen Augenblick lang brannte das Feuer unvermindert und scheinbar unbemerkt weiter. Dann öffnete sich mitten im Rauch unsicher die Tür, die einmal der linke Eingang des Wagens gewesen war, und Rhapsodys Hände wurden sichtbar. Sie hatte die Tagessternfanfare gezogen, die nicht anders als ein weiterer Brandherd aussah und mit den Flammen der Umgebung verschmolz. Sie warf das Schwert beiseite, und es lag einige Zeit unbemerkt am Boden, während sie sich aus dem Wagen zog und ein feuchtes Tuch über die untere Gesichtshälfte hielt. Sie kletterte auf das, was nun der obere Teil des Wagens war.

Der ganze Wald um sie herum schien zu brennen, aber durch ihr Band mit dem Feuer wusste sie, dass es im Augenblick nur der Wagen und das trockene Gras unmittelbar darunter waren. Hinter dem großen Flammenvorhang sah sie lauernde Gestalten, einige zu Pferd, andere zu Fuß. Keiner davon gehörte zu ihren Soldaten.

Noch vor wenigen Augenblicken war ihr Verstand umnebelt und schwer gewesen, doch nun wurde er scharf und klar. Von dem Feuer hatte sie nichts zu befürchten; sie war die Iliachenva’ar, die Trägerin des elementaren Flammenschwertes, und als solche war sie vor ihnen geschützt. Daher entschied sie, in dem Kreis aus Hitze und Licht abzuwarten, den die Soldaten wohl kaum betreten konnten. Sie irrte sich.

So etwas wie eine Tür öffnete sich in der Feuerwand; die Flammen teilten sich wie auf einen Befehl hin. Einige Männer schritten zu Fuß hindurch und näherten sich ihr vorsichtig.

O Götter, dachte sie und marterte ihr Hirn nach einem Ausweg. Es müssen F’dor-Wirte sein, oder sie stehen unter dem Bann eines Dämons. O Götter!

Sie schaute über die Schulter.

Acht oder neun weitere Männer befanden sich hinter ihr und kamen langsam näher. Ihre verschwommenen Umrisse schienen miteinander zu verschmelzen.

Rhapsody versuchte die Panik zu unterdrücken, die in ihr aufstieg. Sie hustete, um den Rauch aus der Kehle zu vertreiben, und packte wieder die Tagessternfanfare. Dann richtete sie ihre ganze Aufmerksamkeit auf das Band, das sie mit der Waffe vereinigte, und zog Kraft heraus, um sicherer stehen zu können. Sie dachte an ihre Ausbildung unter Oelendra, der vorigen Iliachenva’ar. Die alte Lirin-Frau hatte ihr die Augen verbunden, sodass sie blind mit ihren Gegnern kämpfen und die inneren Schwingungsmuster benutzen musste, welche die Waffe ihr übermittelten.

Sie schloss die Augen und konzentrierte sich auf die Macht des Schwertes.

In ihren Gedanken sah sie die Männer nun deutlicher. Es waren regenbogenfarbene Gestalten mit kaltblauen Waffen in den Händen, mit roten Herzen und vor Hitze pochenden Gesichtern. Es waren insgesamt vierzehn, die sie umzingelten und langsam die züngelnden Flammen umrundeten, die sich von dem brennenden Wagen ausbreiteten. Sie warf das Tuch fort und hob das Schwert ein wenig, während sie die andere Hand mit der Innenfläche nach oben ausstreckte, als sei sie ihr Schild.

»Bleibt, wo ihr seid, oder ihr werdet sterben«, sagte sie so laut wie möglich durch das knisternde Brüllen mit einer Stimme, in der die Macht der Benennerin mitschwang.

Sofort erstarrten alle vierzehn und warteten im Rauch am Rand des Feuers ab.

Rhapsody drehte sich mit gezücktem Schwert und geschlossenen Augen langsam um, bis sie die Angreifer besser erkennen konnte. Nichts anderes war mehr zu hören als der brennende Wagen. In geringer Entfernung weiter vorn auf der Straße stand eine Gestalt in einem wadenlangen Mantel und mit einer Kapuze auf dem Kopf neben einer brennenden Tonne und rief etwas in einer Sprache, die Rhapsody nicht verstand.

Die Männer blinzelten und schüttelten sich, als ob sie sich von Rhapsodys zwingenden Worten lösen wollten, und schwärmten in einem großen, sich rasch zusammenziehenden Kreis aus. »Dann kommt!«, rief sie mit vor Wut heiserer Stimme.

»Sterbt, wenn ihr es unbedingt wollt.«

Schwindel und Übelkeit wichen, als Kampfeslust sie überspülte. Kalte Überlegungen beherrschten sofort ihren Verstand.

Ihr erster Vorteil bestand im Ziel der Männer. Ihre Gesten und die Art, wie sie ihre Waffen hielten, verrieten Rhapsody, dass sie nicht getötet, sondern gefangen genommen werden sollte. Aus diesem Grund hielten sie ihre Klingen von Rhapsody abgewandt.

Sie selbst hatte keine solchen Bedenken im Hinblick auf das Leben der Angreifer. Rhapsody hob das Schwert über den Kopf und zog rasch einen schützenden Kreis um sich. Sie nahm den Ton des Schwertes mit ihrer eigenen Stimme auf. Der dünne Kreis aus Licht schwebte über ihrem Kopf und spiegelte den Schein des Feuers wider, lenkte die Luftströmungen ab und machte ihr Bild in den Augen der Feinde genauso undeutlich wie das, welches Rhapsody sah.

Vorn auf der Straße, wo die Gestalt in dem Mantel sowie einige andere standen, ertönte ein wütender Ruf in einer Stimme, die Rhapsody durch Mark und Bein fuhr, auch wenn sie nicht wusste, warum. Die vier Gestalten vor ihr wurden langsamer und versuchten ihre Aufmerksamkeit ganz zu beanspruchen, damit sie die beiden anderen nicht sah, die sich ihr von hinten näherten. Sie wartete und drehte der zweiten Phalanx weiterhin den Rücken zu, bis diese nahe genug herangekommen war. Dann wirbelte sie herum und sprang auf die beiden nächsten zu.

Das Schwert stieß einen Ton der Rache aus; die Flammen hüpften von der Klinge, als sie mit beiden Händen zuerst den einen zwischen die Augen traf und dann dem anderen die Kehle aufschlitzte. Da sie die Augen noch geschlossen hielt, sah sie nicht den Ausdruck des Erstaunens auf ihren Gesichtern, als sie plötzlich in ihrem eigenen Blut badeten. Sie hatte sich bereits wieder umgedreht und wehrte den Angriff von der anderen Seite ab.

Sie schlug um sich, traf Hände, die versuchten, sie zu packen, sprang vor Stöcken zurück, die ihr die Füße wegziehen wollten, und folgte den Mustern ihrer Ausbildung und ihrem tiefen elementaren Band zu der alten Waffe. Dann hatte Anborn den Wagen erreicht.

Das dumpfe Geräusch einer abgefeuerten Armbrust erregte kurz die Aufmerksamkeit der Angreifer und gab Rhapsody die Möglichkeit, ihre Klinge tief in den Bauch eines Feindes zu stoßen, der sich ihr von hinten genähert hatte. Sie pfählte ihn auf, als er gerade nach ihr greifen wollte. Anborn feuerte wieder. Ein doppelter Schuss traf einen weiteren Reiter. Dann wandte Anborn sich um und köpfte einen Fußsoldaten, der soeben versucht hatte, Rhapsody mit einem Knüppel niederzuschlagen. Mit der Geschwindigkeit und Gleichmäßigkeit, die von der Ausbildung durch denselben Meister herrührte, teilten sich die beiden die Angreifer auf und wandten ihre ganze Aufmerksamkeit auf die Ziele, die sich jeder von ihnen ausgesucht hatte. Anborn lud mit einer Hand seine Armbrust und feuerte erneut. Er traf einen Reiter, der auf ihn zupreschte, hielt dann den Griff seines Schwertes nach oben, biss die Zähne zusammen und stieß mit aller Kraft auf den Feind ein, der unter ihm stand. Rhapsody folgte seiner Führung, duckte sich, rannte los und lockte ihre Angreifer in Anborns Pfeilhagel.