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Yarims östliche Berge boten der Provinz große Schätze an Mangan und Kupfer, Eisenerz und Rysin, einem bläulichen Metall, das bei den Nain sehr geschätzt wurde; die westlichen Felder steuerten das begehrte Salz bei, das durch seichte Brunnen hochgepumpt wurde, die bis in den unterirdischen Ozean aus Sole und Pottasche reichten. Das Salz wurde dann in ausgedehnten Steinbetten ausgebreitet, damit das Wasser an der Sonne verdunsten konnte und nur das kostbare Konservierungsmittel zurückblieb. Die östliche Steppe aber brachte Edelsteine von unschätzbarem Wert hervor.

Im Gegensatz dazu war Yarim Paar weder mit nennenswerten Mineralvorkommen noch mit Salzseen oder fruchtbarem Ackerland gesegnet. Es war eine öde Wüstenei aus trockenem rotem Lehm. Dennoch war es gerade das arme Gebiet von Yarim Paar im Süden, welches den Reichtum der Provinz ermöglichte, denn Yarim Paar hatte vom Schöpfer ein Geschenk erhalten, das keinem der übrigen Gebiete der Provinz zuteil geworden war das Geschenk des Wassers.

Neben dem Erim Rus und dessen Nebenfluss Tar’afel, die selbst große Wasserreiche in einem dürren, durstigen Land waren, war Yarim Paar überdies der Sitz der Entudenin, einem Wunder, dessen Name später für gewöhnlich mit Brunnenquell übersetzt wurde. Noch weiter bekannt war es unter der Bezeichnung Quellfels oder einfach »Wunder« die Yarimeser besaßen nur wenige Naturwunder, die sie bestaunen konnten, und ersonnen daher viele Namen für dieses eine , doch eine genauere Bedeutung des Wortes in der alten Sprache wäre »die Arterie« gewesen.

In der Zeit der Namensgebung war die Entudenin ein hoher Geysir gewesen, der einem Obelisken aus Mineralien entsprang, die sich während der Jahrhunderte immer höher aufgetürmt hatten. An seiner Spitze war der Obelisk so hoch wie zwei Männer oder vielleicht wie zwei Grunthor und so breit wie ein zweispänniger Ochsenkarren, doch nach oben hin verjüngte er sich zu einem schmalen, rechteckigen Schaft.

Auch ohne die phantastische Gabe des Wassers in der Wüste wäre die Entudenin ein Wunder gewesen. Die gelösten, an dem Obelisken heruntergelaufenen Mineralien waren zahllos und hatten die gewaltige Formation mit einer Vielzahl kräftiger Farben überzogen. Man sah Schattierungen aus Zinnoberrot und Rosa, tiefem Rostbraun und Aquamarin, Schwefelgelb und einen breiten Streifen Erdbraun, das wie ein Hohn für den sandigen roten Lehm war, über dem sich der große Wasserspeier erhob. Die Mineralformation glitzerte in der Sonne und wirkte beinahe wie gezuckertes Marzipan.

Im Gegensatz zu den heißen Quellen, die den Gerüchten zufolge den Mittelpunkt der mythischen Stadt Kurimah Milani gebildet hatten dem uralten Zentrum der Kultur, das angeblich am Rand der Wüste errichtet und eines Tages spurlos im Sande versunken war , war das Wasser, das aus dem Mund der Entudenin hervorschoss, kühl und klar, wenn auch schwer von mineralischen Sedimenten. Die Legende von Kurimah Milani berichtete, wie diejenigen Glücklichen, die in den heißen Quellen hatten baden oder von ihnen hatten trinken dürfen, mit den besonderen Gaben des Heilens oder anderen magischen Vorzügen beschenkt worden waren, die unzweifelhaft von den reichen mineralischen Teilchen im Wasser herrührten. Den Einwohnern von Yarim Paar gelüstete es nicht nach diesen Heilquellen; das kühle, Lebensspendende Wasser, das sich aus der Entudenin ergoss, war für sie Magie genug.

Die Entdeckung des wunderbaren Geysirs inmitten des Nichts war denn auch der Anlass zur Errichtung eines befestigten Außenpostens, der später zu einem Lager, dann zu einem Dorf und schließlich zu einer Stadt wurde. Die Verfügbarkeit von Wasser brachte den Sieg der Form über die Funktion und der Größe über die Schönheit mit sich. Ausgedehnte hängende Gärten, anmutige Springbrunnen und Skulpturenparks mit stillen, spiegelnden Teichen wurden angelegt und verwandelten das Zusammengewürfelte kleine Lager in ein großartiges Beispiel für luxuriöse Wüstenarchitektur. Innerhalb weniger Jahrhunderte spendete die Entudenin nicht nur die gewaltigen Wassermengen, die zur Erhaltung dieses Juwels einer Hauptstadt nötig waren, sondern auch das ganze Wasser für alle entfernt gelegenen Städte, Dörfer, Außenposten und Bergbaulager.

Während seiner Lebenszeit war der Quellfels ungefähr den Zyklen des Mondes unterworfen. Zu Beginn eines Zyklus schoss aus dem Brunnenquell das Wasser in einer gewaltigen, wütenden Fontäne hervor und sprühte es glitzernd dem Himmel entgegen, um schließlich den durstigen Boden zu besprengen. Das Geräusch, das dieses Ereignis begleitete, reichte von einem tiefen Röhren bis zu einen frohen Ruf, wenn der Strom aus der Dunkelheit der Erdentiefe in Luft und Licht hinaustrat.

Eine ganze Woche lang floss das Wasser reichlich. Am ersten Tag des Ausbruchs, der als das Erwachen bekannt war, versammelten sich die Einwohner zum rituellen Dankgebet an den All-Gott, doch sie unterließen es, von den flüssigen Wohltaten des Brunnenquells zu trinken oder sie aufzufangen. Einerseits war dieser Brauch ein Opfer zum Dank an den Schöpfer, doch andererseits entsprang die Haltung auch dem gesunden Menschenverstand, denn der aus der Entudenin hervorschießende Wasserstrahl war so kräftig, dass er einem Menschen das Rückgrat brechen konnte.

Innerhalb eines einzigen Tages machte der Ausbruch einem gewaltigen Sprühregen Platz. Den Legenden zufolge wechselte der Brunnenquell nun seine Stimmung von Wut zur Sanftmut. Sobald dieser Wechsel vollzogen war, ernteten die Leute von Yarim Paar und auch ihre Nachbarn das Wasser und lagerten es in Zisternen, von denen die größte jene war, die man am Fuß des Obelisken ausgehoben hatte. Die kleinsten Behältnisse hingegen stellten die Kübel dar, welche die Stadtkinder auf dem Kopf balancierten. Der Sprühregen, der die Luft am Rand der Fontäne erfüllte, ergoss sich in weitem Bogen und wurde von den Stadtbewohnern als öffentliches Bad benutzt.

Nach einer Woche der Fülle kam eine Woche der Ruhe. Die Entudenin wechselte von der gewaltigen Dusche zu einem ruhigeren, sprudelnden Fließen. Die geduldigeren Stadtleute, die vorausgeplant und mit dem Schöpfen ihres Wassers bis zur zweiten Woche gewartet hatten, zogen nun den Nutzen aus ihrer Haltung, denn in dieser Zeit war das Wasser angeblich am süßesten und gereinigt von den bitteren Mineralien, die sich während der Zeit des Schlafes angereichert hatten.

Die dritte Woche, die Woche des Verlustes, sah immer noch Wasser aus der Entudenin hervorquellen, doch es war zu einem bloßen Rinnsal geworden. Während dieser Zeit war es nur jenen, die einen ernsten Krankheitsfall in der Familie hatten, erlaubt, Wasser aus dem Quellfels zu nehmen. Im Gegensatz zu der wilden Ernte der ersten beiden Wochen wurde das Abschöpfen nun mit großer Demut und Ehrerbietung vorgenommen und von erheblichen Opfergaben in Form von Nahrungsmitteln oder Münzen an die Priesterinnen begleitet, welche die Entudenin bewachten. Schließlich verschwand auch das Rinnsal. Der Quellfels trocknete aus, und in dieser Woche, der Woche des Schlummers, überkam ganz Yarim Paar zumindest den Legenden zufolge ein Gefühl von Anspannung, gepaart mit Entsetzen. Obwohl der Geysir seit Menschengedenken regelmäßig ausbrach und seine Gaben spendete, erhob sich immer wieder die unausgesprochene Angst, jedes Mal könnte das letzte sein. Während die Yarimeser gelernt hatten, dass Sonne und Mond den Regeln des All-Gottes folgten, hegten sie doch immer die Befürchtung, die Entudenin könnte es sich anders überlegen und ihre Kinder dem Staub der Wüste überlassen, weil sie an irgendetwas Anstoß genommen hatte.