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»Wie heißt du?«

»Omet.«

»Wer wäre gekommen, wenn du die Glocke geschlagen hättest, Omet?«

Der Gesichtsausdruck des Jungen wurde schlaff, als er sie ansah; dann blinzelte er. »Die Gesellen. Sie leben im nächsten Flügel.«

Sie nickte. »Warum ist ein Tunnel unter eurem Arbeitsraum?«

»Da unten graben die Sklavenjungen.«

»Die Sklavenjungen?«

Ihre Frage blieb unbeantwortet, als Achmed benommen zu Boden fiel.

7

»Was ist los? Bist du in Ordnung?«

Achmed streckte die Hand aus und drückte Rhapsody ungeduldig beiseite, damit er das Kind des Rakshas sehen konnte. Der dunkelhaarige Lehrling lag noch immer an Händen und Füßen gefesselt da, starrte ihn wütend an und kämpfte gegen seine Stricke.

»Lass ihn nicht aus den Augen, nicht einmal für einen Moment«, knurrte Achmed.

Rhapsody wand das Seil in ihrer Hand zu einer Schlinge und schlug es plötzlich wie eine Peitsche. Es traf den Lehrling an den nackten Beinen und entlockte ihm einen unterdrückten Wutschrei. Er zuckte unter dem Schlag zusammen, dann lag er ganz still da.

»Was ist passiert?«, flüsterte sie erneut.

»Der andere Herzschlag ist dort unten.«

»In dem Brunnen?«

»Nein, noch tiefer.« Achmed wischte sich über die Brauen; sein Gesicht war bleich im Schein der Brennfeuer. »Dieser Schacht, dieser Brunnen ist nur ein Eingang. Am Boden gibt es einen langen horizontalen Tunnel geziegelt, mehr als eine halbe Meile lang, so etwas wie eine Katakombe. In Richtung Südwesten.« Er hatte sein zweites Gesicht losgeschickt; es war durch den dunklen, engen Gang gehuscht und hatte Platzangst in ihm verursacht, doch das war nichts gegen den Anblick gewesen, der am Ende des Tunnels auf ihn gewartet hatte.

»Bleib liegen und beweg dich nicht«, befahl Rhapsody der Dämonenbrut. Das Kind kämpfte immer noch gegen seine 94

Fesseln an und machte zischende, gurgelnde Drohlaute. Sie beachtete den Jungen nicht, sondern ging bis zum Rande des Schachts. »Warum diese Heimlichtuerei? Was machen sie da unten?«

»Es sind menschliche Ratten, zweifellos die ›Sklavenjungen‹, von denen vorhin die Rede war. Einer von ihnen hat den anderen verseuchten Herzschlag, aber es ist schwer, sie voneinander zu unterscheiden, weil sie in Schlamm gebadet sind und bis zu den Knöcheln im Wasser stehen. Ich vermute, dass sie es sind, die den Tunnel graben; möglicherweise ziegeln sie auch die Wände.« Er wandte sich an den blonden Lehrling, der mit schreckensweiten Augen über seinen Knebel hinwegstarrte. »Was glaubst du? Klingt das verständlich für dich?«

Der Junge nickte. Seine Augen waren glasig vor Schrecken. »Welch ein hilfsbereiter junger Welpe du bist. Ich glaube, ich lasse dich leben.«

»Aber warum ziegeln sie den Tunnel?«, fragte Rhapsody und beugte sich in dem Versuch vor, bis zum Boden des Schachtes zu sehen. »Und warum ist der Tunnel so eng, wenn sie bloß Lehm für ihre Ziegel daraus fördern sollten? Wenn sie ihn breiter gemacht hätten, müssten sie nicht so weit graben.«

»Vielleicht kann uns das unser neuer Freund sagen«, schlug der König der Firbolg vor.

»Irgendeine Idee?« Der Lehrling schüttelte rasch den Kopf und zuckte übertrieben heftig die Achseln. Achmed stieß verärgert die Luft aus. »Sie sind ganz tief da unten, Rhapsody. Einige von ihnen schlafen in der Mitte des Tunnels und die übrigen am Ende, das etwa eine halbe Meile entfernt liegt. Von hier aus kann man gar nichts sehen.«

»Wie viele sind es?«

Achmed rieb sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Langsam löste er seinen eigenen Puls von dem Herzschlag des finster blickenden Lehrlings, der noch immer gegen seine Fesseln ankämpfte, und richtete den Blick auf die Glocke neben dem offenen Brennofen.

»Schwer zu sagen. Das Wasser verschleiert sie. Du weißt, wie sehr ich Wasser liebe.«

Rhapsody nickte und trat von dem Alkoven zurück. Achmed sah sie an, als ihr Gesicht plötzlich im flackernden Licht der Öfen blass wurde. Die Feuer wurden unvermittelt lebendig, als der Schrecken über ihr Gesicht flog.

»Bei den Göttern«, flüsterte sie. Sie ging rasch hinüber zu Achmed und flüsterte ihm ins Ohr:

»Wasser. Unter der Entudenin. Das ist es, was sie hier tun sie graben einen Tunnel zu der Arterie, die früher die Entudenin gewesen ist.«

Achmed warf einen Blick auf die gewaltige Metallscheibe, die gegen die Wand des Alkovens lehnte.

»Es ist tatsächlich ein Brunnen eine Wasserleitung«, sagte er. »Sie bauen eine Wasserleitung, um das Wasser von der Quelle herzuleiten, die früher den Geysir gespeist hat. Eine gute Idee; sie sollte sich als unglaublich gewinnträchtig erweisen, falls sie vorhaben, das Wasser zu verkaufen, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass der Herzog das erlauben würde.«

»Das ist wohl der Grund, warum sie es im Geheimen tun«, fügte Rhapsody hinzu und warf einen nervösen Blick über die Schulter auf die gefesselten Lehrlinge. Der blonde Junge und Omet sahen sie hoffnungsvoll an, während die Dämonenbrut knurrte und am Rande ihres Knebels vorbeispuckte.

»Deshalb benutzen sie Sklavenkinder für die Grabungsarbeiten«, sagte Achmed schroff und rollte den dunkelhaarigen Lehrling mit einem raschen Fußtritt auf den Bauch. »Niemand sonst würde diese gefährliche Arbeit machen.«

Rhapsody erzitterte. »Sobald sie zur Arterie durchstoßen, sind diese Kinder tot«, sagte sie.

»Es heißt, die Kraft der Entudenin sei groß genug gewesen, um am ersten Tag des Wasserzyklus einem Mann das Rückgrat zu brechen. Stell dir nur die Gewalt vor, die sie haben wird, wenn sie durch den ersten Riss im Lehm schießt.«

Achmed ging wieder hinüber zum Alkoven und spähte den Schacht hinunter. »Wenn jetzt schon Wasser dort unten ist, haben sie bereits die Wasserader angestochen. Sie hatten Glück, im Niedrigstand des Zyklus auf sie zu treffen die Zeit des Schlummers, wie es deine Überlieferungen genannt haben. Wenn das Erwachen stattfindet, wird das Wasser her vorschießen. Also sollten wir das andere Kind sofort herausholen.«

»Kind? Du meinst Kinder. Achmed, wir müssen sie alle dort herausholen.«

Der Fir-Bolg-König rollte mit den Augen. Er zog sein langes, dünnes Schwert aus serenischem Stahl und gab es ihr.

»Kneble den Glatzköpfigen. Wenn einer von ihnen sich auch nur um Haaresbreite bewegt, während ich fort bin, schneidest du ihm die Kehle durch«, sagte er in der orlandischen Mundart, damit er sicher sein konnte, dass die Lehrlinge ihn verstanden.

Achmed wartete, bis er sicher war, dass Rhapsody alle drei Lehrlinge gleichzeitig bewachte, bevor er sich in den Brunnenschacht hinabließ.

Die Ziegel waren glatt und schlüpfrig, und Achmed musste beide Arme und Beine ausstrecken, um sich gegen die Schachtwand abzustützen. Mit qualvoller Langsamkeit kletterte er den vertikalen Tunnel hinab.

Am Boden des Brunnens nahm er zuerst den einen und dann den anderen Fuß von der Wand und sprang vorsichtig auf den mit zerbrochenen Brettern und Lehmablagerungen übersäten Ziegelboden. Er bückte sich und starrte in den dunklen Tunnel, der sich in eine noch schwärzere Dunkelheit bohrte.

Einige Augenblicke später zog er sich wieder hoch und kehrte zu Rhapsody zurück, die im zuckenden Licht der Brennfeuer stand. Die Scheite unter den großen Lehmfässern brannten unbeaufsichtigt zu Asche herunter und der Lehm wurde allmählich immer dicker.

»Da kann man nichts machen, ich passe nicht in die Wasserleitung«, sagte er und bürstete sich den Lehm vom Mantel.