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Er beobachtete sorgsam ihr Gesicht im unbeständigen Licht und wusste, was nun kommen würde.

»Könnte ich hindurchpassen?«

»Ja«, sagte er ruhig und überlegte. »Es wäre wieder so, wie an der Wurzel entlangzukriechen.«

Er hatte erwartet, dass sie schauderte, doch sie nickte bloß und legte ihr Gepäck ab.

»Vielleicht noch enger«, fügte er hinzu.

»Ich verstehe. Kannst du mich hinunterlassen? Meine Arme sind nicht lang genug, um auf deine Weise hinunterzuklettern.«

Achmed warf einen raschen Blick durch den Brennraum. Die Dämonenbrut war in dumpfe Stille verfallen und lag immer noch mit dem Gesicht nach unten auf dem schmutzigen Boden. Die Kohlen unter den auskühlenden Fässern warfen zuckende Schatten, die seine Züge verzerrten. Die anderen beiden Lehrlinge lagen in seiner Nähe, waren starr vor Angst und beobachteten Achmed eindringlich. Er deutete auf das erste Fass.

»Wenn du je eine Statue von dir haben wolltest, solltest du dich jetzt auf den Weg machen.«

Er drehte sich um und ergriff einen Stab mit einem Haken daran, der offensichtlich dazu benutzt wurde, Lehmkübel aus dem Schacht zu ziehen. Achmed hielt ihn über das Loch. Rhapsody trat auf den Haken und hielt sich mit beiden Händen daran fest. Ihr Blick war ruhig, auch wenn ein heller Glanz in ihren Augen lag.

»Bist du sicher, dass du das wirklich tun willst?«, fragte er leise auf Bolgisch.

»Bleibt uns eine andere Wahl? Außerdem bin ich die Iliachenva’ar. Es ist meine Pflicht, Licht an einen dunklen Ort zu bringen.«

Achmed schnaubte und ließ den Stab hinab.

»Vielleicht solltest du mir dann dein Schwert mit der Breitseite in den Kopf stecken. Dort hat es schon seit langer Zeit keine Erleuchtung mehr gegeben, und seit du mich in deinen Kreuzzug verwickelt hast, fehlt jeglicher Verstand. Beeil dich. Und denk daran: Bring die kleinen Bastarde beim geringsten Zögern oder der leisesten Drohung um. So lautet unsere Abmachung.«

»Ja, so lautet unsere Abmachung.« Ihr Lächeln war einen Herzschlag lang so strahlend wie ihre Augen, doch dann verschwand es in der trüben Dunkelheit am Boden des Brunnenschachts.

Einen Augenblick später wurde der dunkle Schacht von einem grellen, pulsierenden Lächeln und einem Summen erfüllt, das wie silberner Hörnerschall klang. Achmed warf einen Blick über den Rand des Brunnens. Rhapsody sah ihn vom Boden aus an und hielt die Tagessternfanfare in der Hand. Das Schwert aus dem miteinander verschmolzenen Feuer und Sternenlicht brannte hell und schickte funkelnde Lichtwellen durch das geziegelte Loch in den Brunnen wie auch in den Tunnel. Sie lächelte erneut, watete dann zu dem Loch im Schacht und kroch in den Tunnel, wobei sie das Schwert wie eine Fackel vor sich hielt. Achmed sah zu, wie das gleißende Licht der Tagessternfanfare im Tunnel zu einem schwachen Glimmern wurde. Er drehte sich gerade rechtzeitig um und bemerkte, wie sich das Kind des Rakshas auf die Seite drehte und in die Kohlen rollte, die unter einem der dampfenden Lehmfässer brannten.

Achmed schlug mit der Stange zu, aber es war zu spät. Ein Schauer aus brennenden Kohlen sprühte ihn an, während sich die Dämonenbrut im Feuer von den Beinfesseln befreite und die Kohlen und den brennenden Dung unter dem Fass hervortrat. Dann kroch der Junge unter dem heißen Metall des Kessels hindurch zur anderen Seite. Achmed hörte die erstickten Schreie der Lehrlinge hinter ihm. Vermutlich hatten sie eher Angst als Schmerzen, als die Funken auf den schmutzigen Boden trafen und in staubigen Rauchfahnen erloschen. Achmed sah, wie der Junge unter dem Fass die Hände in die feurigen Kohlen steckte und auch die letzten Fesseln löste. Dann zog sich der Lehrling noch weiter hinter den Kessel zurück; das Feuer hatte ihn offenbar nicht verletzt.

Achmed stieß den langen Stab unter das Fass und versuchte, einen Fuß des Jungen zu erwischen, doch er hatte kaum Zeit, zur Seite zu springen, als der Junge an der Kette des Kessels zog, das gewaltige Gefäß umstülpte und den kochenden, schlammigen Inhalt auf den Boden kippte.

Rasch schwang Achmed den Stab nach dem näheren der beiden Lehrlinge, dem kahlköpfigen Jungen rechts von dem Alkoven, und erwischte ihn an den Handfesseln. Daran zog er ihn aus dem heißen Schlammstrom. Der andere Lehrling, der unmittelbar im Weg des kochenden Lehms gelegen hatte, wurde innerhalb weniger Sekunden unter der Schlacke begraben. Seine blonden Haarlocken verschwanden in dem dampfenden Dreck, als die schlammige Flüssigkeit seinen Körper verschluckte, ihm in Bruchteilen einer Sekunde erst den Mund, dann die Nase und schließlich die Augen füllte und ihn damit erstickte.

Mit einem heftigen Zittern ließ Achmed den bebenden Lehrling vom Haken der Stange. Der Junge keuchte vor Furcht und kauerte hinter einem Haufen zerbrochener Ziegelbretter. Achmed drehte sich um und sah, dass die Dämonenbrut nun an der anderen Seite des umgekippten Fasses in der Nähe des Ofens stand und eine Form nach der gusseisernen Glocke warf. Der schwere Gegenstand schlug gegen die Glocke und erzeugte einen lauten, schwingenden Ton, dessen Wellen Achmed Haut und Augenlider zerrissen und Schmerzstiche bis zu den Haarwurzeln schickten.

Er schluckte seine Wut herunter, durchquerte mit einem Sprung den Raum zwischen ihm und dem Dämonenkind und schlug diesem gegen die Schulter, als es den Wurfarm senkte. Er hörte das Krachen, als das Schlüsselbein brach. Der schwarzäugige Lehrling keuchte laut auf. Zum ersten Mal bemerkte Achmed, dass der Junge Schmerzen litt, doch einen Moment später erkannte er, dass es auch ein Schock gewesen sein konnte. Der Junge blickte in Richtung des Gesellenflügels, wandte sich dann wieder ab und starrte Achmed an. Er machte sich zum Sprung bereit, hatte aber kaum Zeit, einem zweiten Stabhieb auszuweichen. Der schwere Eisenhaken zerschmetterte ihm das Handgelenk und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Der anmaßende Blick in den Augen der Dämonenbrut verschwand und hinterließ nichts als Panik. Einen Moment lang versteifte er Arme und Beine, dann schoss er auf die leeren Ziegelbretter zu und suchte verzweifelt nach Schutz. Doch Achmed war zu schnell für ihn. Er schwang den Stab in die andere Richtung und erwischte den Lehrling mit solcher Gewalt an den Rippen, dass der Stab zerbrach. Der Bolg-König trieb das Ende des Stabes erneut in die Schulter des Jungen und schleuderte ihn so mit voller Kraft auf den Boden vor dem offenen Ofen. Bevor der Junge Atem holen konnte, war Achmed über ihm, packte seinen Seilgürtel und sein versengtes Hemd und warf ihn durch die Öffnung. Wegen der gebrochenen Hand und Schulter bot er nur wenig Widerstand. Achmed verschloss die Tür fest und legte den Riegel vor; dann wischte er die noch heiße Asche von seinen Handschuhen.

Er lauschte. Einen Augenblick später hörte er sie kommen. Schritte und Alarmrufe drangen aus den Quartieren der Gesellen.

Achmed sah sich rasch in dem Raum um und maß die Schatten ab. Ein besonders tiefer lag hinter dem letzten Ofen, neben dem eine Reihe Töpferwaren in verschiedenen Stadien des Brennens standen und ein dunkles Labyrinth bildeten. Er tauchte in den Schatten, als die dröhnenden Stiefelschritte näher kamen.

In den Raum stürmte ein Trupp Männer, mehr als ein Dutzend, einige davon sehr stämmig. Die meisten versuchten, mit schlaftrunkenen Augen die Verwüstungen in der Brennkammer zu begreifen. Diejenigen am Kopf der Gruppe waren entsetzt über den umgestürzten Kessel und den Hügel aus härtendem Lehm auf dem Boden. An ihren Ausrufen erkannte Achmed, dass sie glaubten, wegen eines schrecklichen Unfalls gerufen worden zu sein.

Dann entdeckten sie Omet gefesselt und geknebelt hinter den zerbrochenen Ziegelbrettern. Darauf setzte ein großes Schweigen ein, während die nun bewaffneten Gesellen den Raum absuchten. Achmed griff hinter seinen Rücken und zog still die Cwellan, die asymmetrische, armbrustähnliche Waffe eigener Herstellung, und lud sie lautlos mit einigen Scheiben. Leise glitt er an der Wand neben dem Labyrinth aus Regalen entlang, denn er wollte seine Angriffsposition eingenommen haben, bevor die Gesellen seine Gegenwart bemerkten. Es dauerte länger, als er erwartet hatte. Beinahe eine ganze Minute verging, bevor das Murmeln zu einem plötzlichen Ende gelangte und einer der dünneren Männer nach der Glocke sprang.