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»Wer war sie?«

Der Fir-Bolg-König seufzte und senkte den Blick. »Bitte. Das sind Geschichten, die Vergangenheit bleiben sollen. Sieh es als mein eigenes Schlafendes Kind an, das man nicht wecken sollte.«

Rhapsody nickte. »Weiß Grunthor es?«

»Er weiß alles, weil er weder richtet noch mich daran erinnert. Du könntest ihn nach seiner Ansicht über Ashe fragen, wenn du wirklich eine sachliche Meinung hören willst.«

Sie stand auf und streckte die Arme. »Das will ich nicht. Es ist gleichgültig. Er ist fort.«

»Er wird zurückkommen.«

»Nein, das wird er nicht. Er macht einer Frau aus der Ersten cymrischen Generation einen Heiratsantrag einer Frau, die der Weisheitsring des Patriarchen als eine gute Wahl für ihn bestätigt hat.«

Achmed lehnte sich zurück und schaute in das Feuer. »Wieder ein Beweis für das, was ich vorhin über seine Schwäche und unangebrachte Loyalität gesagt habe.«

»Ich bin nicht der Meinung, dass seine Loyalität unangebracht ist«, entgegnete Rhapsody.

»Wir wussten von Anfang an, dass dies seine Bestimmung ist. Er war geboren worden, um der Herr der Cymrer zu sein, ob er will oder nicht. Er braucht eine adlige Braut. Das wusste ich, bevor ich mich in ihn verliebt habe ich wusste es, als ich mich in ihn verliebt habe. Und ich weiß es jetzt. Nichts hat sich verändert. Er ist fortgegangen, um seine Bestimmung zu erfüllen, so wie wir eines Tages unsere eigene erfüllen werden.«

»Das ist gut zu hören, aber ich vermute trotzdem, dass wir ihn irgendwann wieder sehen werden.«

»Das ist egal. Es ändert nichts.« Sie betrachtete das tiefe Blau des Himmels und suchte nach dem Abendstern, doch Nebel verbarg den Horizont und machte es schwer, ihn zu entdecken.

»Wenigstens hat er mir das gegeben.«

»Was?«

»Ein Ende. Das ist es, was ich mehr als alles andere will. Ich will, dass die Ereignisse, die sich seit unserer Begegnung ergeben haben, zu einem Ende kommen. Ich bin müde, Achmed.« Sie drehte sich um und sah ihn an. Ihre Augen hatten den inneren Funken verloren und wurden nur noch von Müdigkeit gespeist. »Ich habe es satt, nach einem versteckten Dämon zu suchen. Ich habe es satt, in der Erwartung zu leben, dass jede Person, der wir begegnen, der Wirt des F’dor sein könnte. Ich will wissen, wer er ist, und ihn töten, ein für alle Mal, während du seinen Geist in deinem Bann hältst, damit er nicht entkommen kann.« Sie wandte sich wieder der untergehenden Sonne zu. »Ich habe die Albträume satt. Ich will all das beenden; ich will, dass es vorbei ist. Ich will endlich wieder einmal friedlich schlafen können.«

Ein ersticktes Lachen stieg in der Dunkelheit hinter ihr auf.

»Das wird nicht geschehen. Es tut mir Leid.«

»Warum nicht?« Ein kalter Wind wehte durch ihre Haare und trocknete den Schweiß, der bei seinen Worten ausgetreten war.

Achmeds Stimme war sanft.

»Weißt du, dass wir nie sterben werden, wenigstens nicht die nächsten tausend Jahre, falls wir nicht vernichtet werden? Du, Grunthor und ich, wir scheinen wie die Cymrer der Ersten Generation die Zeit mit unserer kleinen Reise durch die Erde hintergangen zu haben. Doch dieser angenehme Segen der Unsterblichkeit kostet etwas.

Du willst, dass es vorbei ist. Es wird nie vorbei sein, Rhapsody. Genau wie die Großmutter jahrhundertelang das Schlafende Kind bewacht hat, wird unser Leben eine endlose Wachsamkeit sein. Nachdem du gesehen hast, was in der Erde überwintert, und weißt, dass dort draußen Dämonen sind, die nichts anderes wollen, als es freizulassen, wie kannst du da je wieder friedlich schlafen? Nur die Unwissenden und die Dummen schlafen gut. Nur die hoffnungslos Naiven glauben, es könnte je vorbei sein.«

Mit einer plötzlichen, wütenden Bewegung zog sie ihr Schwert. Die Tagessternfanfare blitzte über der Hülle aus schwarzem Elfenbein auf und brannte sich tief in die kalte Nacht. Ihr pulsierendes Licht wurde vom Schnee zurückgeworfen. Rhapsody sah Achmed an.

«Gut. Dann werde ich eben dumm und unwissend sein. Ich werde hoffnungslos naiv sein. Du verstehst mich nicht, Achmed. Ich muss glauben, dass es eines Tages vorbei ist. Ich muss es, oder ich kann nicht weitermachen.«

Sie wandte sich von ihm ab, ging zum Kamm des nächsten Hügels und suchte wieder den Himmel ab. Der Abendstern flackerte hinter einer frostigen Wolkendecke hervor. Rhapsody schob alle Gedanken beiseite und begann mit ihrem Abendgebet.

Achmed lächelte schwach, als die klaren Töne in die Luft stiegen.

»Vertrau mir, du wirst es können«, sagte er mehr zu sich selbst.

11

An der Grenze, nordwestliches Bethania, südöstliches Canderre

Rhapsody hörte Oelendra, bevor sie sie sah. Achmed hatte erklärt, dass ihr früheres Ungeschick es gefährlich machte, lange durch Yarim zu reisen; daher durchquerten sie die Provinz so rasch und unauffällig wie möglich. Nach drei Tagen fanden sie sich in einem bewaldeten Gebiet zwischen dem nördlichen Zipfel von Bethania und dem östlichen Rand des üppigen Ackerlandes von Canderre wieder.

Achmed, der die ganze Reise über den starken, klauenähnlichen Griff um Vincanes Hals nicht gelockert hatte, nickte am Ende eines langen Reittages und zügelte sein Pferd in der Mitte eines sanft ansteigenden Hügels. Rhapsody stieg rasch ab, streckte die Arme nach Arie aus und hob das Kind vorsichtig aus dem Sattel, um sein entzündetes Bein zu schonen. Als sie ihr Lager aufschlugen, ging die Sonne bereits unter; ein einzelner Stern erschien in dem Himmelsfleck über den blattlosen Bäumen. Rhapsody stand auf und bürstete sich den Dreck von ihrer Hose; dann sah sie sich nach einem Platz für die Abendvesper um. Dabei hörte sie, wie in der Ferne eine Stimme mit dem uralten Gesang begann.

Es war eine zeitlose Stimme, warm und rau; sie sang mit der Kraft und Qual eines Wesens, das Welten entstehen und untergehen gesehen hat, das die schrecklichsten aller Albtraumschlachten erlebt hat und wieder aufgestanden ist, zwar nicht triumphierend, aber siegreich, und das sich im Licht jeder neuen Morgendämmerung wieder erhebt.

Tränen der Erregung traten in Rhapsodys Augen. Sie ergriff Achmeds Arm.

»Oelendra! Das ist Oelendra!«

Achmed nickte knapp und fuhr damit fort, Vincane an einen Baum zu binden, sodass er ihn zu jeder Zeit sehen konnte, aber Zugang zu Wärme und Nahrung hatte. Er wusste bereits, dass sie in der Nähe war; er war dem Herzschlag der alten lirinschen Kriegerin bis hierher gefolgt. Sie war eine der wenige tausend zählenden Seelen, die auf der Insel Serendair geboren waren und die er mit seinen Blutsinnen aufspüren konnte.

»Sie ist nahe genug. Vielleicht solltest du zu ihr gehen.«

Er warf einen Blick über die Schulter. Rhapsody war schon fort.

Der Hain, in dem sie lagerten, wurde gegen Osten dünner und erstreckte sich über die Flanke eines großen Hügels. Rhapsody rannte auf die Spitze und kümmerte sich dabei nicht um den zerbröckelnden Fels, die Wurzeln und die rutschigen Blätter unter dem Schnee. Sie wurde von einem Drang tief in ihrem Herzen angetrieben.

Auf dem Kamm des Hügels hielt sie an, erstarrt vom Anblick ihrer Lehrerin, die die Arme ausgestreckt und die Handflächen in demütiger Bitte an die Sterne nach oben gerichtet hielt. Die Tränen der Erregung wurden zu Tränen quälender Liebe.

Von der Seite und im grauen Licht der Dämmerung sah Oelendra ganz wie ihre Mutter aus, während sie das Loblied sang, das sie ihr vor einem ganzen Leben beigebracht hatte. Rhapsody hatte ihre Mutter schon lange nicht mehr im Traum sehen können; sie schluckte und fiel in den abendlichen Lobgesang ein; ihre Stimme verschmolz mit der anderen in einer hohen Harmonie.

Am Ende des Gebets drehte sich Oelendra um und lächelte. Nun sah Rhapsody in ihr nicht mehr die Mutter, sondern ihre Freundin und Lehrerin, die lirinsche Meisterin im Kampfanzug und mit Schultern, die so breit wie die von Achmed waren. Ihren langen, dünnen Zopf aus grauem Haar hatte sie säuberlich im Nacken zusammengebunden, und in ihren großen silbernen Augen strahlte ein freudiges Licht, als sie Rhapsody sah.