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Nun aber steckte er in einer großen Schlange aus Wagen, Karren und Fußverkehr fest. Das Schreien der Tiere, die zum Karneval gebracht wurden, trieb ihn im Verbund mit den auf geregten menschlichen Stimmen dazu, seinen Likör zu trinken und darauf zu hoffen, dass er den Freudenlärm um ihn herum ertränkte. Geduld.

Bald würde es beginnen. Bald würde das Warten ein Ende haben.

Bald würde seine Geduld belohnt werden.

Stephen Navarne blinzelte in die Sonne, beschirmte seine Augen und folgte mit dem Blick dem ausgestreckten Finger von Quentin Baldasarre, dem Herzog von Bethe Corbair. Baldasarre zeigte von ihrem Platz an der Bergseite der Burgtore aus auf den gewaltigen Verkehr unter ihnen.

»Da! Ich glaube, ich sehe Tristans Wagen ... er steckt genau in der Mitte fest, zwischen deinen beiden Glockentürmen«, sagte Quentin und senkte den Arm, während Stephen zustimmend nickte. »Armer Kerl. Ich wette, er steckt dort mit Madeleine fest.«

»Gute Götter, der arme Tristan«, meinte Dunstin Baldasarre, Quentins jüngerer Bruder. Stephen unterdrückte ein Lächeln. »Schämt euch beide. Ist Madeleine nicht eure Kusine?«

Dunstin seufzte theatralisch. »Das ist leider nur allzu wahr, wie ich gestehen muss«, sagte er und hielt sich die Hand in vorgespielter Scham vor das Gesicht. »Aber bitte, freundlicher Herzog, richtet nicht zu unbarmherzig über unsere Familie, weil sie diese Frau hervorgebracht hat. Niemand außer dem All-Gott ist vollkommen.«

»Nur sind einige es noch weniger als andere«, meinte Quentin und leerte seinen Becher mit gewürztem Rum.

Die Kutscher ließen ihre Passagiere sehr langsam und umsichtig aussteigen, damit sie nicht von den Karren der Stadtbewohner überrollt wurden. Stephen wandte sich an Owen, seinen Kammerherrn.

»Owen, schick das dritte Regiment aus, damit ein Teil des Verkehrs auf die Waldstraße und durch das Westtor umgeleitet wird«, befahl er. Er wartete, bis Owen nickte und ging; dann redete er wieder mit den Brüdern Baldasarre.

»Wenn es nach Tristan geht, wird Madeleine eines Tages unsere Königin sein«, sagte er ernsthaft. »Vielleicht ist es das Beste, sich nicht über sie lustig zu machen.«

»Na, heute sind wir wirklich ziemliche Miesepeter«, sagte Dunstin frech. »Anscheinend hast du uns nicht genug von deinem herrlichen Glühwein gegeben.«

»Weil du schon die Ration einer ganzen Legion versoffen hast und für keine andere lebende Seele mehr etwas übrig geblieben ist«, gab Quentin zurück, bevor Stephen etwas erwidern konnte. »Das nächste Mal solltest du vielleicht einen Trog damit füllen und deine Schnauze hineinhängen, du Suffkopp!«

»Wenigstens ist Cedric hier«, sagte Stephen rasch, als Dunstin Quentin einen wütenden Stoß gab. »Sein Wagen wird gerade entladen, zusammen mit den Bier wagen des Grafen.«

»Hurra!«, schrie Dunstin. »Kannst du erkennen, welcher der von Andrew ist?«

Stephen schaute wieder in die Sonne und erspähte einen großen und schlanken jungen Mann mit einem dunklen Bart, der vier Wagen voller Holzfässer einwies. »Der Erste, der jetzt auf die Waldstraße abbiegt. Da hinten siehst du ihn?« Er winkte dem Mann zu und erhielt ein Winken als Antwort. Stephen lächelte.

Cedric Canderre, der Onkel der Baldasarres und Madeleine Canderres Vater, der zukünftige Herrscher Rolands, war Herzog und Regent der Provinz, die seinen Namen trug. Obwohl sein Land politisch nicht so mächtig war wie die meisten anderen Provinzen, wurde Cedrics Ankunft beim Winterkarneval immer mit großer Freude aufgenommen.

Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen war Cedric Canderre ein berühmter Spaßvogel, ein stattlicher, fröhlicher Mann mit einem großen Hunger auf alle feineren Dinge des Lebens sowie die Ausschweifungen, zu denen sie führen konnten. Als Madeleines Mutter noch gelebt hatte, waren einige dieser Vergnügungen eine Quelle großer Bestürzung und gelegentlicher Peinlichkeiten für die Familie gewesen. Ihr zu früher Tod hatte es Cedric ermöglicht, seinen Neigungen zu frönen, was er nun mit einer Heftigkeit tat, die es besonders bei Festen angenehm machte, in seiner Nähe zu sein.

Der zweite und möglicherweise wichtigere Grund waren die Gaben seiner Provinz, die mit ihm in den Wagen reisten. In Canderre wurden wahre Luxusgüter hergestellt; bei ihnen handelte es sich um Dinge, deren unübertroffene Qualität in der ganzen Welt bekannt war. Dazu zählten auch verschiedene alkoholische Getränke: Weine, Liköre, Branntweine und anderes mehr. Cedrics Kaufleute verlangten hohe Preise für diese Waren und zahlten keine Zölle im zwischenstaatlichen Handel, sodass die freie Verteilung dieser seltenen und teuren Schätze auf Stephens Karneval immer mit großer Freude erwartet wurde.

Sir Andrew Canderre, der Vicomte de Paige, der nordöstlichen Gegend von Canderre, die an der Grenze zu Yarim und Hintervold lag, war Cedrics ältester Sohn und wichtigster Ratgeber sowie ein guter Freund Stephen Navarnes.

Graf Andrew war das genaue Gegenteil seines Vaters. Während Cedric wohlbeleibt war und gewichtig daherschritt, war Andrew schlank und gewandt und arbeitete oft stundenlang zusammen mit den Kaufleuten und Fuhrmännern seiner Provinz. Es war auch bekannt, dass er beim Unterhalt seiner Besitztümer selbst Hand anlegte; die Stallungen und Scheunen der Adligen waren berühmt für ihre Sauberkeit. Während Cedric selbstgefällig, witzig und aufbrausend war, war Andrew zurückhaltend, großzügig und geduldig. Daher war das Haus Canderre in Roland, jenseits des Meeres und im größten Teil der Seehandelswelt hoch angesehen.

Stephen beschirmte wieder die Augen, während sein Lächeln breiter wurde. Andrew bahnte sich einen Weg auf sie zu; es war ihm gelungen, seine Karawane durch die Tore zu steuern.

»Das sieht mal wieder gut aus, Stephen«, sagte er und streckte die Hand aus.

»Gut gemacht, Andrew«, antwortete Stephen und ergriff die Hand.

»Da ist er, der Biergraf, der Baron der Brauereien, der Herr der Zecherei«, meinte Dunstin und hielt ihm einen Bierkrug entgegen. »Wunderbar pünktlich, wie immer, Andrew. Du kommst gerade recht, um uns von Stephens Schweinetrank zu erlösen. Nimm einen Schluck, und du weißt, was ich meine.«

»Es ist wie immer eine Freude, dich zu sehen, Dunstin«, meinte Andrew trocken. »Quentin.«

»Andrew, du siehst blendend aus; ich wünsche dir einen guten Winter«, sagte Quentin. »Wie geht es Jecelyn von Bethe Corbair, deiner zukünftigen Frau?«

»Ich wünsche dir gute Gesundheit. Möge die nächste Wintersonnenwende dich im selben Zustand antreffen«, erwiderte Andrew. »Jecelyn geht es gut, vielen Dank. Stephen, darf ich kurz deine Zeit beanspruchen? Ich möchte sicherstellen, dass die Fuhrleute die Fässer genau dorthin bringen, wo du sie haben willst.«

»Natürlich. Bitte entschuldigt uns.« Stephen verneigte sich höflich vor den Gebrüdern Baldasarre, ergriff Andrews Ellbogen und geleitete ihn den Weg zur Speisekammer der Festung hinunter, wo die Waldstraße endete.

»Vielen Dank«, sagte er zu Andrew, sobald sie außer Hörweite waren.

»Es war mir ein Vergnügen.«

Llauron, der Fürbitter der Filiden, lächelte, als er zusah, wie die Seligpreiser des Patriarchen zu den fröhlichen Klängen von Stephens Hoforchester aus ihren Wagen stiegen. Die verschiedenen Segner waren zum Teil schon vor fünf Stunden eingetroffen, doch einige waren die ganze Zeit in ihren Wagen geblieben, damit sie sicher sein konnten, ihren großen Auftritt zu haben. Berichten aus Sepulvarta zufolge nahten die letzten Tage des Patriarchen, und unter den Adligen und der Priesterschaft kochten die Gerüchte, wer wohl sein Nachfolger werden mochte.

Der Erste, der seinen Wagen verließ, war Ian Steward, der Bruder von Tristan Steward, des Herrschers von Roland. Er war der Segner der Provinzen Canderre und Yarim, obwohl Vrackna, seine Basilika, der Rundtempel des Elementarfeuers, in der Provinz Bethania stand. Bethania hatte einige Gläubige zum Gebet in die Sternen-Basilika Lianta’ar geschickt, die Basilika des Patriarchen im heiligen Stadtstaat von Sepulvarta.