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»Etwas verkündigen?«

»Drittens«, sagte Ashe, »haben wir nach eingehenden Unterredungen und Rücksprache mit unseren verlässlichsten Beratern entschieden, dass du dein Erbe als Herzog von Navarne nun antreten solltest.«

Gwydion starrte seine Vormunde schweigend an.

»Aus diesem Grund bieten wir dir an, Melisande mit uns zu nehmen«, sagte Rhapsody rasch. »Sobald du die Verantwortung für das Herzogtum übernommen hast, musst du dich an vieles gewöhnen, und die Sorge um deine Schwester, die du sicherlich gern übernehmen würdest, darf dich nicht ablenken. Unser neues Heim liegt weniger als eine Tagesreise zu Pferde entfernt. Sie kann dich besuchen, wann immer einer von euch beiden es will.«

Ashe ging hinüber zu dem jungen Mann, stellte sich vor ihn und sah ihm ernst in die Augen.

»Am letzten Tag des Herbstes ist dein siebzehnter Geburtstag«, sagte er feierlich. »Du hast dich als wert erwiesen, in deine Rechte als Herzog eingesetzt zu werden. Du bist sowohl tapfer als auch weise über dein Alter hinaus. Das ist kein Geschenk, Gwydion, es steht dir von Rechts wegen zu. Du hast den Titel geerbt. Ich benötige dich als Vollmitglied meines Konzils, und Navarne braucht einen Herzog, der die Interessen des Landes wahrt und verteidigt. Anborn glaubt, du bist bereit dazu, und das ist wirklich ein hohes Lob. Mein Onkel ist nicht sehr freigebig mit seiner Unterstützung und seinem Lob. Wenn er glaubt, dass du den Titel verdient hast, dann wird es wenige geben, die ihm zu widersprechen wagen.«

»Aber einige gibt es bestimmt«, erwiderte Gwydion. Sein Herz raste immer noch.

»Niemanden«, antwortete Rhapsody lächelnd. »Unser Zusammentreffen hat bereits stattgefunden, und alle sind einverstanden. Es tut mir Leid, dass du gezwungen warst, in der Halle zu warten, aber das Konzil musste frei sprechen können. Wenn du gehört hättest, was sie über dich gesagt haben, wärest du sehr geschmeichelt gewesen. Niemand hat etwas eingewandt.« Sie schaute Ashe an. Tristan Steward, Gwydion Navarnes Vetter, hatte Bedenken geäußert, aber am Ende seine Unterstützung zugesagt.

»Selbst wenn es da jemanden gäbe, so wäre das etwas, an das du dich sowieso gewöhnen musst«, meinte Ashe.

»Es ist das Los des Anführers, infrage gestellt zu werden, und es ist das Zeichen eines guten Anführers, wenn er Lob und Tadel gleichmütig hinnimmt, ohne sich von beiden zu sehr in seinen Entscheidungen beeinflussen zu lassen. Also, was sagst du? Sollen wir Melisande hereinrufen, damit sie den ersten Augenblick der Amtseinsetzung ihres Bruders miterleben kann?«

Gwydion ging hinüber zum Fenster, an dem Rhapsody vorhin gestanden hatte, und zog den Vorhang zurück. Dabei flatterte ein Schwärm Wintervögel geräuschvoll auf, der in den nahen Bäumen gesessen hatte. Er schaute über die welligen grünen Felder seines angestammten Landes, das von einer zwölf Fuß hohen Mauer durchstoßen wurde, die sein Vater errichtet hatte, um das unmittelbar an das Schloss grenzende Land zu schützen. Die Bewohner hatten allmählich ihre Behausungen innerhalb der Mauer errichtet und die ursprünglich unberührte Wiese in ein Städtchen verwandelt, wie Stephen es vorhergesagt hatte. Nun war es hässliche Wirklichkeit. Schönheit und Unschuld waren für Sicherheit hergegeben worden.

»Ich vermute, das ist das Ende meiner Kindheit«, sagte er mit einer Stimme, die schwer war vor Melancholie. Ashe ging zum Fenster und stellte sich hinter ihn. »In gewisser Weise ja. Man könnte aber auch sagen, dass deine Kindheit schon vor langer Zeit geendet hat, Gwydion. Du hast in deinem jungen Leben mehr Verluste erlitten, als man je ertragen sollte. Deine Amtseinsetzung ist nur eine formelle Anerkennung der Tatsache, dass du schon seit einiger Zeit ein Mann bist.«

»Dein Vater hat die Unschuld der Kindheit nie wirklich verloren, Gwydion«, fügte Rhapsody leise hinzu. »Er hat dieselben Verluste erfahren wie du – seine Mutter, eure Mutter. Auch euer Pate, denn viele Jahre lang hat Stephen geglaubt, Ashe wäre tot. Aber er hatte dich und Melly und ein Herzogtum, für die er stark sein musste. Er hätte sich dunkler Melancholie ergeben können und jedes Recht dazu gehabt. Aber er zog es vor, zu lachen, zu feiern und statt in der Finsternis im Licht zu leben.« Langsam erhob sie sich. »Diese Wahl hast auch du getroffen – wie wir alle.«

Gwydion drehte sich um und betrachtete seine Vormunde. Sie beobachteten ihn eingehend und nachdenklich, aber in ihrem Blick lag das stumme Verständnis von Menschen, die ihre Führungsrolle nur widerwillig angenommen hatten, weil sie für sie ein großes persönliches Opfer darstellte. Er wusste, dass auch sie beide viel verloren hatten – beinahe jeden auf der Welt, den sie je geliebt hatten. Und in ihrem Verlust hatten sie sich aneinander festgehalten.

Etwas, das sein Pate auf ihrer Hochzeit vor drei Jahren gesagt hatte, kam ihm in Erinnerung.

Wenn es nach deiner Großmutter gegangen wäre, hätte sie allen Schmuck und alle Macht aufgegeben und fortan in einer Ziegenhütte irgendwo in einem fernen Wald gelebt. Sie hätte Kräuter angebaut, Musik komponiert und Kinder großgezogen. Nur ein Wort von ihr, und ich würde mit meinen eigenen Händen Berge versetzen, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen.

Und warum hast du es noch nicht getan?, hatte Gwydion gefragt.

Weil es einige Dinge gibt, vor denen man nicht weglaufen kann, denn sie stecken in dir, hatte Ashe geantwortet und seine Hochzeitskette umgelegt. Eines davon ist Pflichtgefühl. Rhapsody wird in der Position gebraucht, in die man sie gewählt hat, so wie ich. Seine Augen hatten geleuchtet. Aber sobald man uns nicht mehr braucht, werde ich dich um deine Hilfe bei der Errichtung dieser Ziegenhütte bitten.

Gwydions Blicke trafen sich mit denen des Herrn und der Herrin der Cymrer.

»Es ist mir eine Ehre«, sagte er nur.

Rhapsodys und Ashes Erwiderung bestand in einem Lächeln.

»Du sollst wissen, dass wir immer für dich da sind«, meinte Rhapsody.

»Wir sollten hinausgehen und die guten Neuigkeiten allen mitteilen, nicht wahr?«, fügte Ashe hinzu, lief quer durch den Raum zur Tür und öffnete sie. »Wir müssen ein Fest und eine Amtseinsetzung planen.«

Auf seinem Weg hinter den beiden cymrischen Herrschern den Mittelgang der Großen Halle hinunter hielt Gwydion Navarne lange genug bei Anborns Stuhl inne, sodass er sich zu ihm hinunterbeugen und ein einziges Wort aussprechen konnte.

»Kaufmannslehre?«

Der Marschall grinste böse.

»Ich habe dir doch gesagt, dass es nicht so ist«, flüsterte er, als der zukünftige Herzog weiterging. Während Ashes Ankündigung hielt Gwydion den Blick starr auf das Gesicht des Marschalls gerichtet. Es blieb gefroren, erstarrt zu der ewig gleichen Maske, ein Hofgesicht, wie Ashe es nannte, unwandelbar und ohne jede Gefühlsregung oder Andeutung der Gedanken hinter der Fassade. Doch Gwydion glaubte in den himmelblauen Augen des cymrischen Helden mehr zu sehen: vielleicht Mitgefühl, denn er und Anborn hatten enge Freundschaftsbande geschmiedet, und er wusste, dass Anborn Titel und höfische Verpflichtungen verabscheute und stattdessen seine Befreiung von jeglicher Pflicht über alles schätzte. Wenn man an die Opfer dachte, die er als junger Mann am Hof seiner Eltern Gwylliam und Anwyn gebracht hatte, und an den Krieg, den ihn sein Vater gegen seine Mutter zu führen gezwungen hatte, verstand Gwydion Anborns Abscheu vor Titeln und den Pflichten, die sie mit sich brachten, nur allzu gut. Der Marschall hatte Gwydion seit langem geraten, sie bis zu dem Tag zu meiden, da er ihnen nicht mehr aus dem Weg gehen könnte. Nun war dieser Tag gekommen.

Als die Ankündigung endlich vorbei war und die Glückwünsche entgegengenommen waren, vermeldete Ashe, dass in unmittelbarem Anschluss zu Gwydions Ehren ein Staatsbankett abgehalten werde. Die geladenen Gäste huschten höflich um ihn herum, entboten ihm erneut ihre Glückwünsche und verfielen sodann ins Gespräch. Gerade als die Gruppe die Große Halle verlassen und sich auf den Weg in den Speisesaal machen wollte, neigte der Botschafter aus Gaematria, der Insel der Meeresmagier, leicht den Kopf und redete so leise, dass nur Ashe ihn verstehen konnte. Der Herrscher der Cymrer nickte.