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Ihm drehte sich der Magen um, als er an die warnenden Worte dachte, die sein Vater Llauron ihm vor der Hochzeit über den Tod von Ashes Mutter im Kindbett mitgegeben hatte.

Ich vermute, du weißt, was deiner eigenen Mutter passiert ist, als sie dem Kind eines Drachen das Leben geschenkt hat. Ich habe dir die Einzelheiten bis jetzt erspart. Willst du sie hören? Willst du wissen, wie es ist, einer Frau, die man zufälligerweise auch noch liebt, zuzusehen, wie sie unter Schmerzen stirbt, während sie versucht, dein Kind zur Welt zu bringen? Ich will es dir gern beschreiben. Da das Drachenjunge instinktiv die Eierschale durchbrechen und sich mit den Krallen einen Weg hinausbahnen will...

Halt. Seine eigene Stimme war in Drachenlauten ertönt.

In den Augen seines Vaters hatte ein grimmiges Licht geleuchtet, aber da war noch mehr gewesen – Mitgefühl vielleicht.

Dein Kind wird noch drachenähnlicher sein als du; also sind die Aussichten der Mutter auf ein Überleben nicht groß. Wenn schon deine eigene Mutter es nicht geschafft hat, wie wird es dann wohl deiner Gemahlin ergehen? So musste ich mit Entsetzen und der größten Trauer meines Lebens dem zusehen, was eigentlich meine größte Freude hätte sein sollen. Und ich will nicht, dass du meinen Fehler wiederholst. Und ich will nicht, dass Rhapsody für unsere Welt verloren geht.

Rhapsody hatte sich jedoch von den Warnungen seines Vaters nicht in ihr gemeinsames Leben hereinreden lassen wollen. Sie hatte darauf bestanden, seine Großtante, das Orakel, zu besuchen und es zu fragen, wie ihr Schicksal aussähe, wenn sie ein Kind haben wollten. Manwyn, die Seherin der Zukunft, konnte nicht lügen, und ihre Antworten schienen recht klar gewesen zu sein. Rhapsody litt tatsächlich infolge der Schwangerschaft, aber es schien ihr jeden Tag etwas besser zu gehen. Zumindest konnte sie wieder sehen, während zu Beginn ihr Augenlicht ernsthaft gefährdet gewesen war. Ashe wusste, dass sie litt, und er hasste es, ertrug es aber, da es ihre eigene Wahl gewesen und sie glücklich damit war. Das Ergebnis würde alle Schmerzen rechtfertigen.

Doch nun schien sie durch das, was der Meeresmagier ihr gesagt hatte, stärker in Mitleidenschaft gezogen zu sein als durch alles, was mit ihrem Körper geschah. Er drückte sanft ihre Hand.

»Sag es mir.«

Rhapsodys Griff wurde fester. »Er weiß es. Jal’asee weiß, dass Achmed, Grunthor und ich durch die Erde von Serendair entkommen sind.«

Ashe blinzelte und dachte kurz nach. »In Ordnung«, sagte er schließlich. »Was ist schlimm daran, Aria?« Er redete sie mit dem Namen an, den er in ihren zärtlichsten Augenblicken benutzte. Es war der lirinische Ausdruck für »mein Leitstern«, und jetzt hatte er sie so genannt, weil er hoffte, es werde ihr Unbehagen ein wenig lindern. Rhapsody ließ seine Hand los und zog sich die Kissen hinter den Kopf. »Es war ein Geheimnis, das wir streng gehütet haben«, sagte sie beunruhigt, als ob die Worte sie schmerzten. »Außer uns dreien bist du die einzige lebende Person, die alle Einzelheiten unserer Reise an diesen Ort kennt – oder wenigstens hatten wir das bisher geglaubt.«

Ashe streichelte ihr Gesicht, zog ihr das Mieder aus und löste die Korsettstangen, damit sie freier atmen konnte.

»Ich verstehe, dass du aufgeregt bist, weil andere etwas wissen, was sie nicht wissen sollten«, sagte er, während er die Schnüre aus den Löchern zog, »aber wenn du es dir recht überlegst, wirst du erkennen, dass es nur ein Schock war, weil du geglaubt hattest, es sei ein Geheimnis. Was aber ist so schlimm daran?«

Rhapsody seufzte auf, als sich ihre Kleidung lockerte, und dachte über seine Worte nach. »Achmed war immer der Ansicht, dass wir diese Information geheim halten müssen«, sagte sie und hob ihren Körper an, damit Ashe ihr das schwere Samtüberkleid ausziehen konnte. Nun trug sie nur noch das leichtere weiße Hemd. »Ich glaube, es würde ihn wütend oder zumindest misstrauisch machen, wenn er erführe, dass jemand von einem so fernen und geheimnisvollen Ort wie Gaematria unsere Vergangenheit kennt.«

»Wann ist Achmed denn einmal nicht wütend oder misstrauisch?«, fragte Achmed scherzhaft und warf ihr Kleid auf einen Stuhl neben sich. Sein Drachensinn bemerkte Rhapsodys innerliches Zusammenzucken, denn ihre bäuerliche Herkunft hatte ihr einen Sinn für Ordnung vermittelt, den er, das Kind aus einer königlichen Linie und Sohn des Oberhaupts eines religiösen Ordens, nie gekannt hatte.

Rhapsody lächelte schwach. »Stimmt«, gab sie zu. »Aber mich macht es ebenfalls nervös.«

Ashe zog die warme Decke und die frischen Laken für sie zurück und steckte sie um ihren Körper fest, wobei seine Hand auf ihrem geschwollenen Bauch innehielt. »Wenn das Bankett vorbei ist, werde ich Jal’asee bitten, dich morgen nach deinen Gebeten zum Sonnenaufgang im Garten zu treffen«, sagte er. Er spürte die Bewegungen des Kindes in ihr und lächelte. »Dann erfährst du, was er weiß und ob es eine Bedrohung darstellt oder nicht. Die Meeresmagier bewahren viele Geheimnisse, die sowohl der Zeit als auch der Welt verloren gegangen sind. Ich vermute, dass deines bei ihm sicher aufgehoben ist. Doch das kannst du morgen früh selbst beurteilen. Bis dahin solltest du nicht mehr darüber nachdenken.« Er beugte sich vor und küsste sie sanft, dann senkte er die Lippen auf ihren Bauch und drückte auch ihrem gemeinsamen Kind einen Kuss auf, bevor er sich wieder erhob. »Schlaf jetzt, meine Liebe. Ich komme sehr bald zurück.«

Rhapsody packte ihn am Nacken und gab ihm einen weiteren Kuss, dann streichelte sie ihm über das Gesicht.

»Sehr gut«, sagte sie. »Bitte entschuldige mich bei Gwydion wegen meines armseligen Versuches einer Rede auf ihn. Wenn wir ihn in zwei Monaten zum Herzog ernennen, werde ich in besserer Form sein.«

»Ruh dich jetzt aus«, sagte Ashe, löschte die Kerzen und verließ das Zimmer.

Rhapsody drehte sich in der Dunkelheit auf die Seite und erlaubte dem Schlaf, sie fortzutragen. Ihre Träume waren voller beunruhigender Bilder aus den Abgründen ihres Geistes. Für eine Ewigkeit schien sie in Dunkelheit und Kälte gefangen und empfand die klamme Furcht, wieder durch den Bauch der Erde entlang der Axis Mundi, der Weltenachse, zu reisen und über die Wurzeln der Sagia zu kriechen, die ihr Volk als heilig verehrte. In ihrem Traum trat sie aus dem Boden hervor und kam in eine Welt auf der anderen Seite der Zeit, die im Griff von Terror und Krieg lag. Vor ihr rannten Leute in alle Richtungen davon. Sie kreischten vor Angst, und ihre Stimmen wurden von einer Kakophonie der Zerstörung geschluckt, die überall um sie herum loderte. Was für ein Krieg ist das?, fragte sie sich, während sie durch die Vernichtung schritt, die sie eingekreist hatte. Verkohlte Leichen bedeckten den Boden. Ist das der serenische Krieg, der meine Heimat nach unserer Abreise zerrissen hat, oder der cymrische Krieg, der dieses neue Land erschütterte, während wir noch durch die Erde reisten?

In der Ferne erhellte Feuerschein den Himmel. In ihrem Traum reckte sich Rhapsody und versuchte zu erkennen, was die Wolken beleuchtete. Sie glaubte, die Gestalt eines geflügelten, kreisenden Tieres zu sehen. Eine wogende Wolke aus schwarz-orangefarbenen Flammen, die vor Säure troff, strömte aus dem Rachen der Bestie. Das ist Anwyn, dachte sie benommen und warf sich im Schlaf herum. Das ist keiner der beiden Kriege. Das ist eine Erinnerung an den Kampf, der vor drei Jahren auf dem cymrischen Konzil stattfand, als die Drachin alle Gefallenen der Geschichte wiederbelebt und gegen uns in die Schlacht geschickt hat. Sie zwang sich, befreiter zu atmen, und erinnerte sich daran, dass diese Schlacht vorbei war. Die Drachin war schon lange tot. Ashes Drachengroßmutter lag in einem Grab vor Ylorc; sie war von Sternenfeuer aus dem Himmel getroffen worden.

Durch Rhapsodys Hand und die Macht der Tagessternfanfare, des Elementarschwertes des Sternenfeuers, das sie als Iliachenva’ar trug.