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»Du hast Glück, wenn das alles wäre«, murmelte Anborn in seinen Becher.

Rhapsody, Ashe und Gwydion tauschten einen ernsten Blick und richteten ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Eröffnung des Festes.

»Ich glaube, ich sehe Tristan Steward ankommen«, sagte Gwydion.

»Welche Freude«, meinten Rhapsody und Anborn gleichzeitig im Flüsterton.

Gwydion seufzte und kehrte zu seinem Sitz zurück. Es versprach ein langer Tag zu werden.

Nachdem die Festlichkeiten des Versammlungstages zu einem Ende gekommen waren und das erste Nachtmahl begann, musste er sich eingestehen, dass er den Karneval trotz allem genoss.

Ashe hatte klugerweise die Teilnehmer auf die Einwohner von Navarne und einige eingeladene Würdenträger aus dem cymrischen Bündnis beschränkt, anstatt die Veranstaltung für die ganze Bevölkerung des westlichen Kontinents zu öffnen, wie Stephen es immer getan hatte. Da die Zelte für die geringere Zahl von Zuschauern und Teilnehmern rascher aufgestellt waren, brauchte es statt des ganzen Versammlungstages nur wenige Stunden dazu. Ashe hatte dies vorhergesehen und auf den Nachmittag einige mit Spannung erwartete Darbietungen sowie eine Aufführung des orlandischen Orchesters gelegt, dessen Förderin Rhapsody war. Das Ergebnis war eine fröhliche Bevölkerung in Vorfreude auf die Wettkämpfe und die Musik und ein großer Appetit beim Nachtmahl. Wein und Bier flössen dank Cedric Canderre, dem Herzog der Provinz gleichen Namens, in Strömen. Gwydion war still erstaunt, dass der alte Mann sein Kommen angesagt und eine so großzügige Spende seiner hoch geschätzten Getränke gemacht hatte. Sein einziger, geliebter Sohn Andrew war in der Schlacht beim letzten Winterkarneval als Held gefallen.

Als Gwydion mit Ashe sprach, während die gebratenen Ochsen zerteilt und das Bier gereicht wurden, gesellte sich Tristan Steward zu ihnen, der Herr von Roland und sein Vetter, und grüßte sie beide freundlich. Tristans kastanienbraunes Haar glänzte im Licht des offenen Feuers.

»Ein wunderbarer Beginn, junger Navarne«, sagte er und prostete ihm mit seinem Glas zu. »Als ich die Einladung Eures Paten zum Karneval erhielt, muss ich gestehen, dass ich das als bestenfalls schlechten Geschmack und schlimmstenfalls närrisch ansah. Aber bisher scheint es sich gut anzulassen.«

Gwydion spürte, wie die Luft um ihn herum trocken wurde. Zweifellos wurde der Drache in Ashes Blut angesichts dieser Beleidigung zornig, doch der Herr der Cymrer nahm nur einen weiteren Schluck aus seinem Humpen und sagte nichts.

»Und wo ist Rhapsody an diesem Abend?«, fragte der Herr von Roland, der Ashes Verärgerung nicht bemerkte.

»Zu Bett gegangen«, erwiderte Ashe. »Die Lustbarkeiten des Tages haben sie ermüdet, wie uns alle. Ich werde mich bald zu ihr gesellen.«

Tristans Wangen glühten im Licht der Feuer rot auf. »Schön, das zu hören. Ich habe so etwas wie ein Geschenk für Euch – auch wenn es nur geliehen ist.« Er gab seinem Gefolge ein Zeichen, und drei Frauen traten vor. Sie trugen die Tracht der Hausdienerinnen von Bethania, Tristans Herrschersitz als Regent von Roland. Eine der Frauen war alt, die zweite in mittleren Jahren und die dritte jung, vielleicht zwanzig.

Ashe zog die Brauen zusammen. »Ich verstehe nicht.«

Tristan lächelte und streckte die Hand nach der ältesten Frau aus, die sofort an seine Seite trat.

»Renella war das Kindermädchen meiner Frau und ein sehr geschätztes Mitglied des Haushaltes ihres Vaters Cedric Canderre. Madeleine hat nach ihr geschickt, als unser Sohn Malcolm erwartet wurde, und sie hat auch ihm als Kindermädchen gut gedient. Sie ist eine Gouvernante ohnegleichen und kann wunderbar mit Kindern umgehen. Ich habe sie Euch mitgebracht, damit Ihr ihre Fähigkeiten nutzen könnt, wenn Rhapsody Euer Kind zur Welt bringt.« Er deutete auf die jüngere Frau. »Amitia ist eine Amme, und wie Ihr gesehen habt, ist Malcolm durch ihre Hilfe groß und stark geworden.« Er warf einen Blick über die Schulter auf die jüngste der drei Frauen.

»Und Portia ist Stubenmädchen.«

Ashe sah die drei Frauen misstrauisch an. »Bitte, meine Damen, esst zu Abend. Der Ochse ist angeschnitten und ihr seid heute lange gereist«, sagte er und entließ sie in das Fest. Sobald sie außer Hörweite waren, wandte er sich wieder an den Herrn von Roland. »Ich danke Euch, Tristan, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir ihre Dienste in Anspruch nehmen werden. Rhapsody will das Kind selbst nähren, vor allem im Hinblick auf die Besonderheit seiner Abstammung. Wir wissen nicht, was wir von einem Drachenkind zu erwarten haben, das von einer lirinischen und menschlichen Mutter geboren wird. Wenn sie Hilfe bei der Pflege braucht, wird sie sicherlich selbst ein Kindermädchen aussuchen wollen. Und wir haben auf Haguefort genug Stubenmädchen.«

»Zweifellos«, meinte Tristan träge und sah einem Magier zu, der farbenfrohe Pulver in das gewaltige Feuer schüttete, worauf zur Freude der Menge grelle Explosionen Bilder in die Nachtluft bliesen. »Aber Ihr zieht bald nach Hochanger. Vielleicht war es dumm von mir zu glauben, dass Ihr erfahrene Diener bei dem gewaltigen Umzug von Rhapsodys Hausstand brauchen könntet. Mein Fehler.«

Ashe hielt seinen Krug einem der Diener entgegen, der ihn wieder füllte.

»Das ist sehr freundlich von Euch«, sagte er unbeholfen. »Ich entschuldige mich, falls ich undankbar gewirkt habe. Ich werde morgen früh mit Rhapsody reden und in Erfahrung bringen, wie sie darüber denkt.«

»Kann ich sie nicht in Eurem Haushalt lassen, bis das Kind da ist?«, schlug Tristan vor. »Jetzt ist noch nicht abzusehen, wie anstrengend und anspruchsvoll ein Kind – auch ein königliches Kind – sein kann. Wartet ab, ob Ihr eine oder alle drei brauchen könnt. Wenn nicht, schickt sie mit der bewachten Karawane zurück nach Bethania. Ansonsten könnt Ihr sie so lange behalten, wie es Euch beliebt.«

»Vielen Dank«, sagte Ashe, leerte seinen Krug und stellte ihn auf das Tablett des Dieners. »Ich weiß Eure Freundlichkeit zu schätzen. Nun wünsche ich Euch eine gute Nacht. Genießt das Fest.«

»Allerdings«, bemerkte Tristan, als der Herr der Cymrer von der Feier fort- und hin zur Bettkammer seiner Frau eilte. »Auch du genießt das Fest.«

Entgegen Ashes Vermutung schlief Rhapsody noch nicht. Sie teilte die Bettkammer mit einem anderen Mann. Der junge Herr Cedric Andrew Montmorcery Canderre, in seiner Familie als Bobo bekannt, der dreijährige Enkel Cedric Canderres, stürmte freudig durch ihre Räume, spielte im Ankleidezimmer, zog die Kissen von den Stühlen, versteckte sich zwischen den Bettvorhängen und jagte eifrig die getigerte Katze, wodurch er seine verwitwete junge Mutter Jecelyn Canderre in höchste Verlegenheit und die Herrin der Cymrer zum Lachen brachte.

»Es tut mir furchtbar Leid, Herrin«, sagte Jecelyn und versuchte das kleine Kraftbündel zu erwischen. Endlich hatte sie ihn mitten im Lauf eingefangen und warf ihn sich über die Schulter, worauf er ein wütendes Protestgeheul anstimmte. »Er hat den ganzen Weg von Canderre bis hierher im Wagen geschlafen und ist nun so ausgeruht, dass er bis nach Hause laufen könnte. Er wird noch all Eure Gäste in ihren Quartieren aufwecken.«

»Ich freue mich, ihn zu sehen«, sagte Rhapsody und streckte die Hand nach dem kämpfenden Bengel aus. »Ich habe ihn furchtbar vermisst. Falls schon viele Gäste schlafen sollten, haben wir ihnen keinen guten Karneval geboten.« Sie griff in eine Schachtel auf dem Nachttisch, als Jecelyn das Kind neben sie auf das Bett legte, holte ein Ingwerplätzchen heraus und hielt es hoch, um zuerst die Einwilligung der Mutter zu erhalten. Jecelyn nickte, und Bobo sprang auf ihren Schoß, griff sich das Plätzchen und verspeiste es schnell, wobei er die Krümel über die Laken verstreute. Rhapsody fuhr mit der Hand über seine schwarzen, glänzenden Locken; er hatte das gleiche Haar wie sein Vater Andrew. Dann sang sie leise ein Beruhigungslied. Er setzte sich auf ihren Schoß und aß ruhiger. Sie klopfte auf das Bett neben ihr und bedeutete Jecelyn, sie möge sich dorthin setzen. Die müde junge Mutter seufzte und sank erleichtert auf die Matratze.