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»Das war der Name des Katers, der in der Höhle von Dunmore wohnte und alle Krieger des Königs von Laigin besiegte, die gegen ihn ausgesandt wurden. Erst als eine Kriegerin gegen ihn antrat, unterlag er.«

Der Junge sah sie verwundert an.

»Von so einem Kater habe ich noch nie gehört.«

»Es ist eine alte Sage. Wer hat ihm den Namen Luchtighern gegeben?«

»Der Kapitän. Er kennt alle die Geschichten, aber ich kann mich nicht erinnern, daß er mir diese erzählt hat.«

»Eine Katze hätte er vermutlich Baircne genannt, Schiffsheldin, nach der ersten Katze, die mit der Bark von Bresal Bec in Eireann landete.«

»Es ist aber ein Kater«, wandte der Junge ein.

»Ich weiß«, versicherte sie ihm. »Na, dann wollen wir den Mäuseherrn nicht länger stören,«

Als Wenbrit gegangen war, legte sich Fidelma vorsichtig wieder auf die Koje. Der Kater hatte sich behaglich zu ihren Füßen zusammengerollt, und seine warme, schnurrende Anwesenheit war seltsam tröstend. Fidelma schloß einen Moment die Augen und versuchte ihre wirren Gedanken zu ordnen. Woran hatte sie gedacht, bevor der Kater kam? Ach ja - an Cian. Ihr Mund wurde schmal. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Nur ihre Jugend und ihre Unerfahrenheit entschuldigten sie.

Sie hatte geglaubt, Cian sei für immer aus ihrem Leben verschwunden, als sie achtzehn Jahre alt war, und habe nur schmerzliche Erinnerungen hinterlassen.

Jetzt war er wieder da, und sie mußte ihn in dem engen Raum des Schiffes mindestens eine Woche lang ertragen. Ihre Emotionen machten ihr Sorge. Warum hatte sie so heftig reagiert, wenn sie die Erfahrungen ihrer Jugend überwunden hatte - wenn sie sie nicht seit den Tagen von Tara verfolgt hatten? Vielleicht lag es daran, daß sie sich nie richtig mit diesen Erfahrungen auseinandergesetzt hatte, wenn sie nun solchen Zorn empfand, als sie ihn wiedersah.

Cian! Wie hatte sie nur so naiv sein können! Wie konnte sie es zulassen, daß er sie so täuschte und ihre Seele zerriß?

Sie hatte ihm sein Verhalten mehrmals verziehen, selbst gegen den Rat ihrer besten Freundin Grian, die ihr empfahl, sie solle Cian wegschicken und ihn vergessen. Doch sie hatte ihn nicht weggeschickt, und sooft er sie betrog, schnitt es ihr ins Herz. Darunter litten ihre Leistungen im Studium, bis sie schließlich vor den alten Brehon Morann zitiert wurde.

An diese Szene erinnerte sie sich noch lebhaft und an das, was sie damals empfunden hatte.

Brehon Morann sah Fidelma streng, aber mitfühlend an.

»Du hast dir heute keine Ehre gemacht, Fidelma«, hatte er begonnen. »Anscheinend hast du die Fähigkeit verloren, dich auf den einfachsten Stoff zu konzentrieren.«

Trotzig blickte Fidelma zu ihm auf.

»Warte!« Brehon Morann hob die schmale Hand, als kenne er schon die Entschuldigungen, die ihr auf der Zunge lagen. »Sagt man nicht, daß der, der nicht tanzen kann, sich über die Unebenheit des Fußbodens beschwert?«

Fidelma lief rot an.

»Ich weiß, aus welchem Grunde du dich nicht auf deine Arbeit konzentriert hast«, fuhr der Alte in festem, ruhigem Ton fort. »Es geht mir nicht darum, dich zu verurteilen. Aber ich will dir die Wahrheit sagen.«

»Und was ist die Wahrheit?« fragte sie immer noch verärgert, obwohl ihr klar war, daß sie sich am meisten über sich selbst ärgerte.

Brehon Morann sah sie mit seinen furchtlosen grauen Augen an.

»Die Wahrheit ist, daß du herausfinden mußt, was die Wahrheit ist, und zwar bald. Sonst wirst du in deinem Studium keinen Erfolg haben.«

Fidelma preßte die Lippen zusammen.

»Heißt das, daß du mich durchfallen läßt?« fragte sie. »Daß du meine Arbeit verwirfst?«

»Nein. Du wirst dich selbst durchfallen lassen.«

Fidelma atmete tief aus. Einen Moment starrte sie Brehon Morann zornig an, dann wandte sie sich zum Gehen.

»Warte!«

Unwillig drehte sie sich wieder um. Brehon Morann hatte sich nicht gerührt.

»Eins will ich dir sagen, Fidelma von Cashel. Ab und zu geschieht es, daß ein alter Lehrer wie ich einen Schüler findet, dessen Fähigkeiten, dessen geistige Beweglichkeit so hervorragend sind, daß sein Beruf als Lehrer plötzlich gerechtfertigt erscheint. Die mühsame tägliche Arbeit, tausend widerstrebenden Köpfen Wissen einzuhämmern, findet eine mehr als ausreichende Belohnung darin, daß er einen Kopf entdeckt, der begierig und in der Lage ist, Wissen aufzunehmen und zu verarbeiten und dieses Wissen zur Besserung der Menschheit anzuwenden. Alle Jahre vergeblicher Mühen bekommen auf einmal ihren Sinn. Ich sage es nicht leichtfertig, wenn ich gestehe, daß ich glaubte, mein Entschluß, Lehrer zu werden, habe seine Rechtfertigung in dir gefunden.«

Fidelma starrte den alten Mann verblüfft an. So hatte er noch nie zu ihr gesprochen. Einen Augenblick ging sie wieder in Abwehrstellung: Ihr schneller Verstand sagte ihr, der Alte werde für dieses Kompliment eine Gegenleistung verlangen.

»Hast du nicht einmal gesagt, wer seinen Ehrgeiz durch Ausnutzung anderer befriedigt, der enthüllt damit die Schwäche seines eigenen Charakters und seiner eigenen Fähigkeiten?« gab sie verletzt zurück.

Brehon Morann verzog keine Miene, seine Lider senkten sich nur leicht.

»Fidelma von Cashel«, mahnte er leise, »du hast hervorragende Aussichten und Fähigkeiten. Verbaue dir deinen Weg nicht selbst. Erkenne dein Talent und verschwende es nicht.«

Fidelma wußte nicht, wie sie auf diese Worte reagieren sollte, denn sie paßten überhaupt nicht zu ihm.

Niemals hatte er ihres Wissens eine Schülerin um etwas gebeten, und nun empfand sie seinen Ton als bittend, als eine Bitte an sie.

»Ich muß mein eigenes Leben führen«, erwiderte sie trotzig.

Die Miene des Alten wurde hart, und er entließ sie mit einer abrupten Handbewegung.

»Dann geh fort und führe es. Komm erst wieder in meinen Unterricht, wenn du wirklich etwas lernen willst. Wenn du nicht Frieden mit dir selbst findest, hat es keinen Zweck, daß du zurückkehrst.«

Fidelma stürmte aus dem Zimmer.

Drei Monate vergingen, bis sie wieder vor Brehon Morann erschien, drei lange bittere Monate voller Herzeleid und Einsamkeit.

Kapitel 5

Fidelma erwachte plötzlich und fragte sich, was sie gestört hatte. Es war das helle, klagende Läuten einer Glocke. Einen Moment überlegte sie, wo sie sich befand. Bei der Bewegung des Schiffes unter ihr fiel es ihr ein. Sie war eingeschlafen, während sie über Cian nachdachte. Kein Wunder, daß sie meinte, einen abscheulichen Alptraum zu haben! Ihre Gedanken waren zu den unglücklichen Erlebnissen in ihrer Beziehung zu ihm zurückgekehrt. Diese Erlebnisse hatten sich in ihr Gedächtnis eingegraben, auch wenn sie schon zehn Jahre zurücklagen.

Die Glocke fuhr beharrlich zu läuten fort, es mußte wohl Wenbrits Ruf zum Mittagessen sein. Eilig erhob sich Fidelma von ihrem Lager. Der Kater war verschwunden. Hastig fuhr sie sich mit dem Kamm durchs Haar und zog ihre Kleidung zurecht.

Sie verließ die Kajüte und ging über das Hauptdeck. Die Bewegung des Schiffes war nicht unangenehm, die See schien ziemlich ruhig. Sie blickte nach oben. Die Sonne stand im Zenit und warf nur kurze Schatten. Der Wind hatte sich anscheinend gelegt. Das Segel hing schlaff und füllte sich nur ab und zu, wenn eine schwache Brise es erfaßte. Trotzdem machte das Schiff noch Fahrt, wenn auch langsam. Ein paar Matrosen saßen mit gekreuzten Beinen auf dem Deck und nickten Fidelma freundlich zu, als sie vorbeiging, und einer begrüßte sie in ihrer eigenen Sprache.

Sie kletterte den Niedergang am Heck des Schiffes hinunter und erinnerte sich an Wenbrits Beschreibung des Messedecks, wie er es nannte. Sie ging auf das trübe Licht und den Geruch des engen Raumes zu.

Ein halbes Dutzend Leute saßen an einem langen Tisch in der breiten Kajüte, die sich von einer Seite des Schiffes zur anderen erstreckte. Der Tisch befand sich hinter dem Großmast, den sie wie einen Baum durch die Decks aufragen sah. Murchad stand breitbeinig am Kopfende. Hinter ihm beugte sich Wenbrit über einen Nebentisch und schnitt Brot.