Выбрать главу

Kapitel 17

Wieder in Rath Raithlen, hatte Fidelma eine Unterredung mit Becc. Sie sagte ihm, daß sie die Absicht habe, am nächsten Tag zur Mittagsstunde eine Gerichtsverhandlung einzuberufen.

Noch vor dem Abendessen wurde ihr klar, daß sie eine weitere Person befragen mußte. So schlüpfte sie, ohne Eadulf davon zu unterrichten, aus ihrer Unterkunft und begab sich geradewegs zu Gobnuids Schmiede. Der Schmied stand über seinen Amboß gebeugt.

»Gobnuid, du arbeitest heute aber lange.«

Der Schmied blickte mit einem Brummen auf, doch ob er besonders verärgert war oder das seine Art war, jemanden zu begrüßen, ließ sich schwer beurteilen.

»Hast du denn deine Felle sicher abgeliefert?« fuhr Fidelma lächelnd fort.

Der Schmied sah sie mit aufgerissenen Augen an.

»Warum fragst du mich das?«

»Nun, weil du so schnell wieder da bist. Du kannst unmöglich so früh vom Fluß Bandan zurück sein.« Sie setzte sich auf einen kleinen Holzstuhl, der in der Nähe des Schmiedefeuers stand, und entspannte ihre Glieder wohlig in der Wärme.

Gobnuids Blick verfinsterte sich. »Wenn du es so genau wissen willst, ein Rad meines Wagens ist gebrochen. Ich mußte es provisorisch reparieren und alles bei einem Freund lassen. Ich bin hier, um Ersatz zu holen.« Er zeigte auf ein Rad in der Ecke seiner Werkstatt.

»Du scheinst dir Zeit zu lassen, zu deinem Wagen zurückzukehren«, stellte Fidelma fest.

»Du weißt doch sehr wohl, daß die Ui Fidgente uns überfallen haben und ein jeder hier gebraucht wird. Jetzt erklärt mir der Tanist auch noch, daß ich zu diesem Treffen kommen muß, daß du für morgen in Beccs Halle anberaumt hast. Also kann ich mich erst danach meinen Angelegenheiten widmen.«

»Arbeitest du oft für den Tanist?«

»Weshalb fragst du?«

»Du erwähntest, daß du die Felle für Accobran auslieferst. Wie oft machst du das?«

»Na, wenn ich Zeit habe, übernehme ich eben irgendwelche Aufträge für ihn. Was ist dagegen einzuwenden?« fragte Gobnuid ein wenig unsicher.

»Ganz und gar nichts. Ich finde nur, daß für einen so begabten Handwerker wie dich der Transport von Fellen nicht gerade eine angemessene Beschäftigung ist.«

»Ich beschlage häufig seine Pferde und schärfe seine Waffen«, erwiderte Gobnuid.

»Der Tanist handelt offenbar mit größeren Mengen von Fellen. Woher bezieht er die denn?«

»Das solltest du ihn lieber selbst fragen. Ich schätze, er kauft sie von den Bauern der Gegend. Das erspart ihnen, sich selbst um ihren Verkauf zu kümmern.«

»Ich würde meinen, daß Lesren als Gerber das selbst am besten hätte erledigen können«, meinte Fidelma. »Aber heutzutage gibt es für dich nicht mehr genug zu tun in der Schmiede. Wo doch die Erzminen hier alle stillgelegt sind. Führst du auch Aufträge für die Abtei aus, zum Beispiel für die Aksumiter, die sich dort aufhalten?«

Sie bemerkte, wie Gobnuid erstarrte.

»Was willst du, Lady?« fragte er und funkelte sie an.

»Früher wurde in dieser Gegend viel Bergbau betrieben«, fuhr Fidelma fort, ohne weiter auf seine Frage einzugehen. »Hast du jemals in einer Mine gearbeitet?«

Der Schmied wandte sich von ihr ab und beugte sich wieder über den Schmiedeherd, stocherte in der Holzkohle herum und ließ Funken aufstieben. »Die Minen sind stillgelegt worden, als ich ein junger Bursche war.«

»Weißt du, daß einer der Aksumiter, Bruder Dangi-la, einst in den Goldminen seiner Heimat gearbeitet hat? Du kennst doch Bruder Dangila?«

»Ich habe ihn schon mal gesehen«, erwiderte Gob-nuid mürrisch.

Langsam stand Fidelma auf. Sie wußte, daß Gobnu-id starrköpfig war und sie nichts weiter aus ihm herausbekommen würde.

»Wenn du Bruder Dangila kennst, so frage ich mich, warum du mitgemacht hast, als dein Cousin Brocc die Abtei angreifen wollte?«

Der Schmied blickte sie finster an. »Fremde sind Fremde, und Familie ist Familie. Ich habe doch bereits zugegeben, daß ich an dem Aufruhr gegen die Abtei beteiligt war.«

»Ich wünsche dir eine gute Nacht, Gobnuid«, sagte Fidelma ein wenig resigniert. »Morgen sehen wir weiter.«

Damit verließ sie ihn, doch sie spürte seinen neugierigen Blick im Rücken. Gobnuid war in der Tat sehr eigensinnig. Die Wahrheit würde er nie preisgeben, doch sie hatte das Gefühl, trotzdem genug von ihm erfahren zu haben.

Die Gästeunterkünfte lagen am anderen Ende der Festung. So mußte sie an einer Reihe von Häusern vorbei, in denen sich die Handwerksstuben und die Läden der Händler befanden. Jetzt war dort alles dunkel und still. Nur Gobnuid hatte in dieser düsteren und kalten Nacht noch gearbeitet.

Fidelma betrat beschwingt die dunkle Straße. Sie war nicht besonders lang, und an ihrem Ende, wo es zu den Ställen auf der Rückseite der Halle des Fürsten ging, konnte sie ein paar brennende Fackeln erkennen. Auf halber Strecke hatte sie plötzlich das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte. Sie war sich sicher, daß sie aus dem Dunkel beobachtet wurde. Begründen konnte sie das nicht, aber Fidelma nahm ihre Umgebung stets sehr intensiv wahr, das war lebenswichtig für sie. Schon als Kind hatte sie immer wieder geübt, alles Ungewöhnliche um sich herum einzuordnen, und sie bewunderte Menschen - wie etwa den alten Liag -, die sich diesen Instinkt bewahrt hatten.

Sie war auf der Hut und lief mit gleichmäßigen Schritten weiter. Aus dem Augenwinkel nahm sie im Dunkel der Gebäude einen Schatten wahr, eine winzige Bewegung. Da war etwas - oder eine Person. Sie ging weiter, ganz aufrecht, doch ihre Augen waren wachsam. Sie war nur noch wenige Meter von der beleuchteten Stelle bei den Stallungen entfernt. Da bemerkte sie, wie der Schatten rasch auf sie zuglitt.

Sie drehte sich blitzschnell um. Der Schatten wuchs zu der Gestalt eines stämmiges Mannes, der sich ihr mit erhobenem Arm näherte. Das schwache Licht von den Fackeln am Ende der Gasse fiel auf einen Gegenstand in seiner Hand, der kurz aufblitzte.

Schon zu vorchristlicher Zeit und auch jetzt als Christen begaben sich die Gelehrten von Eireann häufig auf lange Reisen. Oft wurden sie dabei Opfer von Überfällen durch Diebe und Banditen. Waffen zu ihrem Schutz lehnten sie jedoch ab, denn die Anwendung von Gewalt widersprach ihren Lehren. So sahen sie sich gezwungen, eine Methode der Selbstverteidigung zu entwickeln, die sie troid-sciathagid nannten und die auf jegliche Waffen verzichtete. Fidelma war, wie andere Nonnen und Mönche auch, die sich auf Wanderschaft begaben, damit bestens vertraut.

Im Bruchteil einer Sekunde hatte sie die Gefahr erkannt. Sie stand da und wartete. Als der Mann auf sie zustürzte, griffen ihre Arme blitzschnell nach der erhobenen Hand, packten das Handgelenk und rissen es nach hinten, wobei der Mann, noch in der Wucht seines Angriffs, nach vorn stolperte. Er schlug auf dem Boden auf.

Der Mann war stark, und es gelang ihm, das Messer mit eisernem Griff festzuhalten. Als Fidelma klar wurde, daß sie es ihm nicht entreißen konnte, ließ sie das Handgelenk los, denn sie wollte nicht von ihm auf den Boden gezogen werden. Sie trat ein paar Schritte nach hinten und rief: »Wache! Wache! Hilfe!«

Der Mann sprang auf die Beine und kam mit erhobenem Messer noch einmal auf sie zu.

Doch da tauchten am Ende der Gasse zwei Wachmänner mit Schwertern in den Händen auf. Einer rief Fidelma etwas zu, während sie auf sie zurannten.

Für einen Moment schien der Angreifer verwirrt.

Das nutzte Fidelma, stellte sich seitlich zu ihm und versetzte ihm einen heftigen Fußtritt in die Genitalien. Der Mann schrie laut auf und fiel auf die Knie. Da waren auch schon die beiden Wachleute da und hielten dem Attentäter ein Schwert in den Nacken.

»Rühr dich nicht, sonst bist du tot«, sagte einer der Wachmänner.

Der andere hatte Fidelma offensichtlich erkannt. »Bist du verletzt, Lady?« fragte er.