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Hier kam wieder Grella ins Spiel, sie hielt Salbach auf dem laufenden. Grella war inzwischen die Seelenfreundin von Schwester Eisten in Rae na Scrine geworden. Durch einen der Zufälle, wie sie nur zu oft im Leben vorkommen, war Eisten genau die Person, in deren Obhut die Söhne Illans gegeben worden waren, nachdem man sie von Sceilig Mhichil fortgeholt hatte. Man hatte sie in das Waisenhaus in Rae na Scrine geschickt. Schwester Eisten beging den größten Fehler ihres Lebens. Sie vertraute das Geheimnis ihrer Seelenfreundin Schwester Grella an.

Triumphierend berichtete Grella Salbach davon. Er wollte Eisten eine Falle stellen, indem er sie und ihre Waisenkinder in seine Burg einlud. Wenn er ihre Schützlinge erst einmal kannte . Nun, Eisten begleitete Grella, aber sie brachte die Kinder nicht mit. Im Dorf war die Gelbe Pest ausgebrochen, und sie wollte die Kinder nicht unnötig umherreisen lassen. Mit dieser Entscheidung rettete sie den Söhnen Illans das Leben, aber sie beschwor die Vernichtung des Dorfes herauf.

Salbach gab Intat den Befehl, nach Rae na Scrine zu reiten und die Kinder umzubringen. Das Problem war, daß Intat nicht genau wußte, wer sie waren. Brutal wie er war, entschied er sich, das ganze Dorf zu vernichten. Als ich und Cass dazukamen, versuchte er sein Verbrechen dadurch zu vertuschen, daß er behauptete, die Gelbe Pest herrsche im Dorf und er und seine Männer wären besorgte Nachbarn, die die Pest ausbrennen wollten. Schwester Eisten und einige Kinder überlebten.

Eisten stand unter Schock. Ich glaubte, der Tod der Dorfbewohner und besonders eines Babys, das sie zu retten versuchte, hätten sie so tief getroffen. In Wirklichkeit aber hatte sie den wahren Grund für das Morden erkannt. Sie wußte sogar, wer sie verraten hatte. Sie fragte mich, ob eine Seelenfreundin das Vertrauen brechen könne. Ich hätte ihr besser zuhören sollen, dann wäre sie vielleicht nicht getötet worden. Ich hätte sie retten können. Kannst du mir bis hierher folgen, Salbach?«

Salbach schwieg. Er war offensichtlich entsetzt über ihre Kombinationsgabe und wußte, daß ihm wenig zu sagen blieb, außer der Wahrheit.

»Du besitzt einen scharfen Verstand, Fidelma. Ich hätte dich nicht unterschätzen dürfen. Ja, du hast recht. Es stimmt, was du bisher erzählt hast.«

»Als du in die Abtei kamst und feststelltest, daß Schwester Eisten mit mehreren Kindern überlebt hatte, konntest du es nicht wagen, es dabei zu belassen. Zweifellos auf deinen Befehl fing Intat Eisten ab, als sie unten am Hafen war. Er folterte sie, um herauszubekommen, wohin man die Söhne Illans gebracht hatte. Sie verriet nichts, also erschlug er sie und warf ihre Leiche ins Meer.

Wieder kam dir Grella zu Hilfe und fand heraus, daß einige der Kinder aus Rae na Scrine zum Haus Moluas gebracht worden waren. Die Leichen von drei Frauen und einem Mann und von zwanzig Kindern und die verkohlten Ruinen ihrer Häuser sind stumme Zeugen von Intats Besuch.«

»Ich leugne nichts. Aber ich erkläre bei meiner Ehre als Fürst, daß mein Vetter Scandlan von Osraige nichts von meinen Plänen wußte, die Königsherrschaft von Osraige für unsere Familie zu sichern. Auch Grella wußte das nicht. Sie trägt keine Schuld an dem Blut, das auf meine Anweisung vergossen wurde.«

Fidelma betrachtete Salbach mit unverhohlenem Abscheu. Es war für sie schwer zu begreifen, daß ein Mann die Verantwortung für soviel Tod und Verderben auf sich nahm und zugleich versuchte, aus einer pervertierten Auffassung von Ehre und Liebe heraus andere zu schützen. Aber es war eine seltsame Welt, und die Menschen waren die seltsamsten Geschöpfe darin.

Grella schluchzte jetzt ganz offen und rief: »Davon wußte ich nichts! Das wußte ich nicht!«

Fidelma sah sie ohne Mitleid an.

»Du warst so blind von deiner Liebe zu Salbach, daß du die Wahrheit nicht sahst. Ich gebe zu, daß das möglich ist, wenn auch schwer zu verstehen. Du wolltest nicht glauben, daß dein Liebhaber dazu fähig war, die Ermordung kleiner Kinder zu befehlen. Ich denke, in Wirklichkeit wolltest du gar nicht wissen, was um dich herum vor sich ging.«

An einer der Türen entstand Bewegung. Fidelma lächelte bitter, als sie sah, daß Scandlans Platz leer war. Der Oberrichter hatte es auch bemerkt, winkte ein Mitglied der fianna heran und erteilte ihm leise Anordnungen.

»Dein Vetter kommt nicht aus der Abtei heraus«, erklärte er Salbach.

»Was spielt das jetzt noch für eine Rolle?« Salbach zuckte die Achseln. »Ich habe meine Schuld in dieser Angelegenheit zugegeben. Ich bin bereit, das Urteil auf mich zu nehmen. Wahrscheinlich werde ich meinen Reichtum und meinen Fürstentitel verlieren und ins Exil gehen müssen. Dazu bin ich bereit. Ihr könnt das Urteil auch sofort fällen.«

In dem Tumult, der ausgebrochen war, hatte sich Forbassach erhoben. Er lächelte schief.

»Wir sind Schwester Fidelma dankbar dafür, daß sie uns den Schuldigen entdeckt hat. Doch ich muß darauf hinweisen, daß Salbach als Fürst der Corco Loigde im Treueverhältnis zu Cashel steht. Fidelma hat bewiesen, daß die Verantwortung für den Tod Dacans bei Cashel liegt. Unser Anspruch auf Osraige als Sühnepreis dafür ist also nach wie vor gerechtfertigt.«

»Das stimmt anscheinend«, stellte Oberrichter Bar-ran fest. »Oder ist das noch nicht alles, was du uns zu berichten hast, Schwester Fidelma?«

»Allerdings«, bestätigte Fidelma. »Denn ich beschuldige Salbach nicht der Ermordung Dacans. Er ist nur verantwortlich für den Mord an all den Kindern, für den Tod der Menschen, die ich genannt habe. Weder er noch Grella haben den Ehrwürdigen Dacan umgebracht.«

Ein erregtes Murmeln ging durch die Bänke von Mu-man, als Schwester Fidelma das sagte. Colgü hatte schon ein langes Gesicht gemacht. Ihm war klar gewesen, welche Schlußfolgerung Forbassach zwangsläufig ziehen würde. Jetzt schaute er seine Schwester verblüfft an.

»Wenn es nicht Salbach war, der Dacan umbrachte«, fragte der Oberrichter, »willst du dann dieser Versammlung endlich verraten, wer es war?«

»Dazu kommen wir auf ganz logischem Wege«, erwiderte Fidelma. »Doch kehren wir zuerst noch einmal zu dem Tag zurück, an dem Dacan beim Studium der hier in der Bibliothek vorhandenen Genealogien entdeckte, wo sich die Erben Illans aufhielten. Wie ich schon sagte, setzte er sich hin und schrieb einen Brief an seinen Bruder Noe.«

Noe beugte sich vor und sprach schnell auf Forbas-sach ein.

Wieder einmal sprang der hitzige Anwalt auf.

»Es gibt keinen Beweis dafür, daß Dacan, selbst wenn er mit einer solchen Nachforschung beschäftigt war, dem Abt Noe darüber berichtete; es gibt keinen Beweis dafür, daß er überhaupt darum gebeten wurde, dem Abt zu berichten. Angesichts dessen ist diese Behauptung eine Beleidigung des Abts und des Königs Fianamail von Laigin.«

»Das bestreite ich«, erklärte Fidelma mit Entschiedenheit. »Ich habe beantragt, Assid von den Ui Dego zu der Verhandlung vorzuladen. Ist er anwesend?«

Ein wohlgebauter Mann mit dem wiegenden Gang eines Seemanns kam nach vorn. Sein Gesicht war gebräunt und sein Haar von der Sonne gebleicht.

»Ich bin Assid«, erklärte er in beinahe trotzigem Ton. »Ich erscheine vor dieser Versammlung auf Befehl des Oberrichters, doch gegen meinen Willen, denn ich habe nicht die Absicht, meinem König zu schaden.«

Er stand mit gekreuzten Armen vor dem cos-na-ddla und starrte Fidelma feindselig an.

»Das möge im Protokoll festgehalten werden«, wies der Oberrichter seinen Sekretär an.

»Möge es festgehalten werden, daß Assid in der Tat ein treuer Untertan Fianamails von Laigin ist«, fügte Fidelma lächelnd hinzu.

»Das bestreite ich nicht«, erklärte Assid mißtrauisch.

»Bist du Kapitän und Eigner eines Küstenhandelsschiffs?«