Выбрать главу

„Da, sehen Sie. Das sind meine Damen.“ Die Aufnahme zeigte eine rund zwanzigköpfige Frauengruppe, die stolz einen Tisch mit Basteleien präsentierte, sowie zu Johns Erstaunen auch einen seiner Beefeater-Kollegen.

„Oh ja, George Denham ist unser Hahn im Korb. Er schnitzt leidenschaftlich gern. Von ihm sind auch einige der Weihnachtsfigürchen hier.“

„Er hat wirklich Talent“, lobte John. „Ich denke, von diesen Engeln hier werde ich einige nehmen. Dann bräuchte ich noch einen schönen Türkranz…“ Als John schließlich die Wohnung der Dunders´ verließ, hatte sein Bauch deutlich an Umfang zugenommen, der Inhalt seines Geldbeutels war im Gegenzug jedoch stark geschrumpft. Dennoch war er mit der Ausbeute des Nachmittags sehr zufrieden. Er deponierte seine Schätze vorerst in der kleinen Abstellkammer neben der Küche und setzte sich dann mit seinem Laptop an den Tisch.

In seinen früheren Gesprächen mit den Rat suchenden Truppenangehörigen hatte er sich stets voll auf sein Gegenüber konzentrieren wollen. Daher hatte er sich vor langer Zeit angewöhnt, alle Informationen, die er erhielt, im Gedächtnis abzuspeichern und erst nach der Sitzung festzuhalten. Dies kam ihm nun zugute, hatte ihm Edwina doch, hocherfreut über sein Interesse, eine Fülle von Geschichten über „ihre Damen“ erzählt.

Besonders genüsslich hatte sie sich über die kleinen und großen Missetaten einiger Sprösslinge der Beefeater ausgelassen. Mit verschwörerischer Miene und geröteten Wangen hatte sie schließlich auch noch Andeutungen über ein, zwei Liebschaften gemacht, die der kleinen Tower-Gemeinschaft in den letzten Jahren Gesprächsstoff geliefert hatten.

„Wie nett, dass Sie Bonnie Sedgwick heute zum Mittagessen eingeladen haben.“, bemerkte sie abschließend mit einem Glitzern in den Augen. „Sie ist wirklich apart, finden Sie nicht? Auch wenn ihr Blondschopf natürlich gefärbt ist. Und sie dürfte in Ihrem Alter sein.“

Sprachlos angesichts der Schnelligkeit, mit der sich Neuigkeiten innerhalb des Towers herumsprachen, hatte John beschlossen, dass es nun an der Zeit wäre, den Rückzug anzutreten.

Kapitel 6

Eine Stunde später hatte er eine Tabelle, in der er methodisch alles, was er erfahren hatte, aufgeführt hatte. Bis auf Ellinor Burns, Rachel Armstrong und Marcia Campbell waren letzten Dienstag alle Frauen von neunzehn bis zweiundzwanzig Uhr bei dem Treffen gewesen, ebenso George Denham.

Die Gruppe hatte gerade begonnen, aufzuräumen und alle Materialien zu verstauen, als einer der Beefeater, die an der Suche nach der vermissten Studentin beteiligt gewesen waren, in den Raum geplatzt war und alle mit der schrecklichen Nachricht schockiert hatte.

Ebenso wie die Gruppe um Richard Campbell waren sie gebeten worden, bis zur Befragung durch die Polizei an Ort und Stelle zu bleiben. Die Handarbeitsgruppe hatte eine ganze Weile warten müssen, war aber dann von den Ermittlern nach kurzer Befragung entlassen worden.

John starrte nachdenklich auf seine Aufzeichnungen. Hätte es eine Möglichkeit gegeben, dass jemand den Raum für kurze Zeit hätte verlassen können, ohne Mrs. Dunders mit ihren Argusaugen aufzufallen? Da die Cafeteria im Innenhof des Towers und damit nicht weit vom Verrätertor entfernt lag, wären wenige Minuten ausreichend gewesen. Seine vorsichtige Frage, ob die fleißigen Helfer denn keine Pause bei ihren Treffen einlegen würden, hatte Edwina entschieden verneint.

„Gerade jetzt müssen wir jede Minute nutzen, wenn wir rechtzeitig zum Basar fertig werden wollen. Außerdem gestatte ich grundsätzlich keine Unterbrechungen, um etwa zum Rauchen nach draußen zu gehen.“, hatte sie bekräftigt. Zudem führten unmittelbar von dem Nebenzimmer Türen zum Toilettenbereich. Dank Edwinas eisernem Regiment war John sich daher ziemlich sicher, dass er die fünfundzwanzig Frauen und George Denham von der Liste der Verdächtigen streichen konnte.

Triumphierend trug er in eine Spalte seiner Tabelle neben deren Namen jeweils ein X ein. Auch die Frau des Pastors und Mrs. Hunter, die Frau des Arztes, waren dabei. John druckte die verbleibende Liste aus und überlegte, wo er weitermachen sollte. In der Stille seiner Wohnung vernahm er ein leises, aber durchdringendes Pfeifen. Nun wusste er, wen er als nächstes aufsuchen würde: Doc Hunter.

Glücklicherweise war kein anderer Patient in der kleinen Praxis. So hatte der Doktor Zeit, sich mit John zu unterhalten, nachdem er ihn an eine weitere Infusion angeschlossen hatte.

„Nun, Mackenzie, ich hoffe, Sie lassen es nun ruhig angehen und erholen sich gut?“

„Danke, Doc, es geht mir schon viel besser. Heute habe ich gemütlich mit Edwina Dunders Tee getrunken. Ihre Frau engagiert sich auch bei der Handarbeitsgruppe, wie ich gehört habe.“, lenkte John geistesgegenwärtig das Gespräch auf das Thema, das ihn interessierte. Der Doktor lächelte verschmitzt.

„Jaja, das ist wirklich eine gute Sache. Vor allem für uns geplagte Männer. So haben wir immerhin einen freien Abend pro Woche.“ John grinste zurück.

„Und wie nutzen Sie Ihren freien Abend, Doc? Sehen Sie sich auch Fußball an?“

„Aber nein“, wehrte Hunter ab. Dann zog er ein Päckchen Karten aus seiner Schreibtischschublade. „Poker, Mackenzie, Poker! Es gibt nichts Anregenderes.“ Er rieb sich die Hände.

„Am Dienstag habe ich unserem guten Pastor zwei Pfund abgeluchst. Hah, den hätten Sie fluchen hören sollen.“

„Unser Pastor pokert?“

„Natürlich, warum nicht? So lange er nicht den Inhalt des Klingelbeutels verspielt.“ Hunter lachte dröhnend. „Ein paar von uns alten Kämpen nutzen die Zeit, in der unsere Frauen beschäftigt sind für ein paar Spielchen. Wir treffen uns hier bei mir, trinken einen gepflegten Whisky, schmauchen die eine oder andere Zigarre und zocken drei Stunden lang. Für mich das Highlight der Woche, sage ich Ihnen.“

Wieder zurück in seiner Wohnung strich John vier weitere Namen von seiner Liste; außer dem Arzt und dem Pastor noch zwei seiner älteren Kollegen, die auch letzten Dienstag bei der Pokerrunde gewesen waren. Nun umfasste die Liste noch sechsundzwanzig Beefeater, die drei Frauen, die nicht beim Treffen der Handarbeitsgruppe gewesen waren und Richard Campbell mit seinen Gästen.

Zufrieden klappte John sein Notebook zu. Zu seinem Erstaunen bemerkte er, dass er trotz Edwinas zahlreichen Leckereien allmählich Hunger bekam. Nach all den süßen Sachen verspürte er Appetit auf etwas Herzhaftes. Mit einem Blick in den Kühlschrank beschloss er, sich aus allerlei Resten ein Omelett zu braten. Gerade hatte er alle Zutaten bereitgelegt, als das Telefon klingelte.

Mit einem unwilligen Stöhnen griff er zum Hörer – und hörte eine tönende Stimme, die seit Jahrzehnten nicht nur über die Versammlungen des örtlichen Gartenbauvereins regierte.

„John, mein Liebling, wie geht es dir?“

„Hallo, Mum – “ Weiter kam er nicht.

„Du hättest wirklich einmal anrufen können. Stattdessen mussten wir von diesem schrecklichen Mord direkt vor deiner Haustür aus der Zeitung erfahren. Wie gut, dass Simon die Ermittlungen führt. Bestimmt wird er den Mörder finden, bevor dieses Monster euch alle abschlachtet.“

John schnitt eine Grimasse.

„Ich glaube nicht, dass wir in Gefahr sind, Mum. Mach dir keine Sorgen. Ist bei dir und Dad alles in Ordnung?“ Als Emmeline Mackenzie daraufhin anhob, ihren Sohn auf den neuesten Stand der Ereignisse in seinem Heimatort Kew zu bringen, wusste John, dass dies ein längeres Telefonat werden würde. Er schaltete die Freisprecheinrichtung ein und machte sich ans Werk.

Während er Zwiebeln, Paprika und Champignons hackte, dazu etwas Käse und Schinken würfelte und sich schließlich ein riesiges Omelett briet, schwatzte seine Mutter unaufhörlich. Johns Gesprächsbeitrag beschränkte sich auf ein gelegentliches Brummen.