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„Bis auf das eine Mal, Maria, kannst du dich erinnern? Als sie bei dieser Autofirma war.“

„Du hast recht, Hans, da hat sie sich wohl ein paar Mal mit einem Kollegen getroffen.“

John konnte das Glitzern in den Augen des Superintendenten sehen. „Bei welcher Firma war das?“

Herr Feldmann nannte den Namen eines bekannten deutschen Autoherstellers.

„Sie war dort direkt in der Konzernzentrale.“

Whittington wühlte sichtlich erregt in seinen Unterlagen und zog dann ein Foto heraus.

„Hat Ihre Tochter je den Namen Markus von Düntzen erwähnt?“ Verwirrt schüttelten beide Feldmanns den Kopf.

„Nein. Sie dürfen mir glauben, wenn Julia den Namen eines Mannes erwähnt hat, dann habe ich mir das gemerkt.“, sagte Frau Feldmann ein wenig verlegen. Whittington sah enttäuscht aus. Nun zeigte er den beiden das Foto, das er in der Hand gehalten hatte.

„Das ist der Mann – haben Sie ihn oder ein Bild von ihm je bei Julia gesehen?“

„Nein, tut mir leid. Wer ist das?“ Bevor der Superintendent Mrs. Feldmanns Frage beantworten konnte, war John mit einem Mal klar, wer dieser Mann war: Mr. Wichtig! Nun fiel ihm auch wieder ein, dass dieser ihm erzählt hatte, er wäre CFO bei just jenem Autobauer, bei dem Julia Feldmann ein Praktikum absolviert hatte. Bevor John diesen Gedanken weiter verfolgen konnte, ließ Whittington die nächste Bombe platzen.

„Wir haben im Rucksack Ihrer Tochter Spuren von MDMA – also Ecstasy – gefunden. Hat sie Ihres Wissens je Drogen konsumiert?“

John zog scharf die Luft ein. Nach einem vernichtenden Blick seines Cousins beeilte er sich, zu übersetzen. Die Feldmanns sahen ihn an, als wäre er von einem anderen Stern. Dann erhob sich Mr. Feldmann unvermittelt.

„Ich weiß zwar nicht, was das ist, das Sie da gefunden haben wollen. Aber meine Tochter hat mit Sicherheit nie Drogen oder sonst ein Teufelszeug genommen. Und wir werden uns auch nicht länger anhören, wie Sie ihr so etwas unterstellen. Maria, wir gehen.“ Damit zog er seine Frau von ihrem Stuhl hoch.

Whittington schaute einen Augenblick verdutzt, dann nickte er dem Sergeant zu, der Protokoll geführt hatte. „Murdoch, lassen Sie die Limousine bereitstellen und bringen Sie diese Herrschaften zum Flughafen.“ Mit einem versöhnlichen Ausdruck wandte er sich an das Ehepaar, das unschlüssig im Raum stand.

„Wenn ich Sie schockiert haben sollte, bitte ich um Entschuldigung. Sie werden verstehen, dass ich allen Hinweisen nachgehen muss, wenn ich den Mord an Ihrer Tochter so schnell wie möglich aufklären soll. Wir werden Ihnen Bescheid geben, wenn wir noch Fragen haben. Einstweilen wünsche ich Ihnen eine gute Heimreise.“ Er signalisierte John, das Ehepaar hinaus zu bringen.

John bemühte sich nach Kräften, die aufgebrachten Eltern ein wenig zu beruhigen. Beide bedankten sich höflich noch einmal für seine Hilfe und stiegen in den Wagen. John sah ihnen lange nach, auch als die Limousine aus seinem Blickfeld verschwunden war.

„Obwohl wir alles tun, was in unserer Macht steht, bleibt doch angesichts einer solchen Tragödie immer das Gefühl von …. Unzulänglichkeit, nicht wahr?“

John konnte nicht glauben, dass Simon Whittington diese Worte ausgesprochen hatte. Langsam drehte er sich um. Sein Cousin stand, eine Zigarette in der Hand, an einen Pfeiler gelehnt.

„Ja“, erwiderte er schließlich schlicht. Simon hatte ihm aus der Seele gesprochen. „Nichts, was wir tun, wird diesen Eltern ihre Tochter zurückbringen können.“

„Das Mindeste, was wir tun können, ist ihren Mörder zu finden. Und das werde ich.“ Damit drückte Simon entschlossen seine Zigarette aus und wandte sich um. „Komm noch einen Augenblick herein, John.“ Sie gingen nicht zurück in das Vernehmungszimmer, sondern in das Büro des Superintendenten.

Dieses entlockte John ein Schmunzeln: Hinter dem Schreibtisch hatte Simon nicht nur eine ganze Reihe Pokale aufgereiht – im Tennis und Golf war er immer schon ein Ass gewesen – sondern auch unzählige, liebevoll gerahmte Fotos aufgestellt. Bis auf eines, auf dem seine Frau Patricia an der Reling eines Schiffes zu sehen war, stand auf jedem Bild eine Person im Mittelpunkt: Simon Whittington. Simon mit dem Bürgermeister, Simon mit diversen weniger bekannten Angehörigen des Königshauses, immer wieder Simon auf Siegerpodesten von Sportwettkämpfen, Simon mit – John riss die Augen auf: Elton John! Sein Cousin hatte ihn mit einem überlegenen Lächeln beobachtet.

„Das ist auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung für die Aids-Hilfe entstanden. Patricia hatte eine große Tombola dafür organisiert.“

Beide setzten sich. Angesichts der chronisch klammen Finanzen der Metropolitan Police musste Simon wohl selbst für die stilvolle Einrichtung seines Büros mit den dunklen Holzmöbeln und den breiten Ledersesseln gesorgt haben, dachte John bei sich, als er den Blick durch das Zimmer schweifen ließ.

„Patricias Innenarchitekt hat den Raum hier eingerichtet.“, beantwortete Whittington Johns unausgesprochene Frage. Dann wurde er wieder geschäftsmäßig.

„Schildere mir bitte den Besuch der Feldmanns im Tower von Anfang bis Ende. Jede Information kann wichtig sein.“

John überlegte ein wenig und bemühte sich dann, seine Gespräche mit dem Ehepaar möglichst vollständig wiederzugeben.

„Ihre Mutter sagte noch, dass Julia in den letzten Wochen seltener mit ihnen Kontakt aufgenommen hätte und dass sie dann oft übermüdet geklungen hätte.“, schloss er. Nachdenklich spielte Whittington mit seinem edlen Füller.

„Auch wenn ihre Eltern das nicht glauben können: Vielleicht hat das Mädchen ja doch auf chemische Substanzen wie MDMA zurückgegriffen, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhöhen.“ John nickte zustimmend.

„Das ist durchaus vorstellbar. Beim Militär werden teilweise immer noch „Müdigkeitskontrollpillen“ eingesetzt, zum Teil mit fatalen Folgen. Amphetamine, Ecstasy, Speed… in einer Kaserne findest du alles, ob legal oder illegal. Oft sind es gerade die besonders leistungsorientierten und ehrgeizigen Soldaten, die der Verführung, tagelang fit zu bleiben erliegen. Auch wenn sie zuvor keine Drogenkonsumenten gewesen sind.“

Simon sah ihn mit zusammengezogenen Brauen an.

„Hm. Das Labor hat keine aktuellen Hinweise auf einen Konsum gefunden. Aber das heißt ja nur, dass sie während der letzten paar Tage nichts zu sich genommen hat. Wir warten jetzt noch auf das Ergebnis der Haaranalyse, um einen womöglich länger zurückliegenden Konsum zu überprüfen. Allerdings wird dies noch einige Tage dauern.“ Er klappte die Akte zu.

„Was ist mit diesem Deutschen? Denkst du, er hat etwas damit zu tun?“, bemühte sich John hastig, noch ein paar Informationen zu ergattern, bevor ihn sein Cousin hinauskomplimentierte. Simons Gesicht erhellte sich.

„Das könnte eine vielversprechende Spur sein. Da die Eltern bestätigt haben, dass Miss Feldmann ihr Praktikum in der Konzernzentrale absolviert hat, in der auch von Düntzen beschäftigt ist, werde ich nun die deutsche Polizei um Amtshilfe bitten. Wenn ich Belege bekomme, dass die beiden sich kannten, kann ich ihn zum Verhör einfliegen lassen.“ In seinen Augen glitzerte es triumphierend.

„Wenn ich ihm nun noch nachweisen kann, dass er früher schon im Tower war und die örtlichen Gegebenheiten kannte, dann ist er dran.“

„War er aber nicht, genauso wenig wie die anderen, die am Mordabend bei der Schlüsselzeremonie waren. Wir haben das für alle Besucher geprüft. Mein Kollege Michael Conners hat die Aufzeichnungen der letzten fünfzehn Jahre durchgesehen, seit wir die Namen im Computer erfassen.“ Misstrauen keimte in Whittingtons Blick auf.