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Und es dauerte Jahre, bis dieser Wunsch in Erfüllung ging.

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Die Oregonlag in Reykjavik an einem Kai, fest vertäut an den Pollern. Die Schiffe im Hafen bildeten ein Sammelsurium von Arbeits- wie auch Vergnügungsbooten, Fischerbooten und Fabriktrawlern, kleinen Passagierschiffen und — ungewöhnlich für Island — einigen größeren Jachten. Die Fischerboote versorgten die bedeutendste Industrie Islands, und die Jachten lagen im Hafen, weil hier zur Zeit der arabische Friedensgipfel tagte.

Die Oregonwürde niemals einen Schönheitswettbewerb gewinnen. Der gut fünfhundert Fuß lange Frachtdampfer schien vorwiegend von Rost zusammengehalten zu werden. Die oberen Decks waren mit Abfall übersät, der obere und der untere Rumpf stellten ein Mischmasch nicht zueinander passender Farben dar, und der mittschiffs aufragende Ladebaum sah aus, als würde er jeden Moment ins Wasser kippen.

Doch die äußere Erscheinung der Oregonwar eine reine Illusion. Der Rost war eine sorgfältig aufgebrachte Farbe, die Radarstrahlen absorbierte und dem Schiff erlaubte, wie eine Geistererscheinung von Radarschirmen zu verschwinden. Und hinter dem Abfall und Gerümpel an Deck steckten lediglich besonders echt wirkende Attrappen. Die Ladebäume funktionierten einwandfrei. Zwei arbeiteten wie vorgesehen, ein paar dienten als Funkantennen, und die restlichen ließen sich wegklappen und gaben so Rohre frei, aus denen Raketen abgefeuert werden konnten. Die Einrichtung unter Deck entsprach der von Luxusjachten. Opulent ausgestattete Kabinen, ein Kommunikations- und Kommandozentrum modernsten Zuschnitts, ein Helikopter, Beiboote und eine komplett eingerichtete Fälscherwerkstatt befanden sich dort. Der Speisesaal machte den elegantesten Restaurants Konkurrenz. Das Sanitätszentrum glich eher einer teuren Krankenhausstation. Angetrieben von zwei magnetohydrodynamischen Rückstoß-Einheiten, war das Schiff so schnell wie ein Gepard und wendig wie ein Autoscooter. Das Schiff entsprach ganz und gar nicht dem, was seine äußere Hülle vermuten ließ.

Die Oregonwar eine bewaffnete, hochtechnisierte Spionagebasis, und zwar mit bestens trainierten Leuten bemannt.

Die Corporation, der die Oregongehörte und die sie betrieb, setzte sich aus ehemaligen militärischen und dem Geheimdienst angehörenden Agenten zusammen, die sich an alle Nationen und Einzelpersonen vermieteten, die ganz besondere Dienstleistungen in Anspruch nehmen mussten. Alles in allem waren sie eine kleine Söldnerarmee mit hohen moralischen und ethischen Prinzipien. Häufig von der amerikanischen Regierung in Anspruch genommen, um Missionen auszuführen, da sie außerhalb der Kontrolle durch den Kongress operieren konnten, existierten sie in einer Schattenwelt ohne diplomatischen Schutz oder die offizielle Kenntnis der Regierung.

Zwar war die Corporation eine Streitmacht, die man mieten konnte — doch suchte sie sich ihre Klienten äußerst sorgfältig aus.

Während der vergangenen Woche hatten sie sich in Island aufgehalten, um für den Schutz und die Sicherheit des Emirs von Katar zu sorgen, der an der Gipfelkonferenz teilnahm. Island war aus einer Vielzahl von Gründen für derartige Treffen ausgesucht worden. Das Land war klein, Reykjavik hatte eine Bevölkerung von gerade mal 100000 Menschen, was den Sicherheitsbestrebungen entgegenkam. Die Bevölkerung war ziemlich homogen, so dass Fremde sofort wie bunte Hunde auffielen, was die Chance erheblich verbesserte, Terroristen zu identifizieren, die die Absicht hatten, den Friedensprozess zu stören. Und außerdem konnte Island für sich in Anspruch nehmen, das älteste gewählte Parlament zu besitzen. Das Land war seit Jahrhunderten mit demokratischen Gepflogenheiten vertraut.

Auf der Tagesordnung der sich über einen Zeitraum von einer Woche hinziehenden Treffen standen unter anderem die Besetzung des Irak, die Lage in Israel und Palästina sowie die Ausbreitung des fundamentalistisch motivierten islamischen Terrorismus. Und während das Gipfeltreffen weder von den Vereinten Nationen noch von irgendeiner anderen weltumspannenden Institution gebilligt wurde, waren sich die teilnehmenden Staatsoberhäupter darüber einig, dass entscheidende politische Richtlinien festgelegt und Handlungsweisen beschlossen würden.

Russland, Frankreich, Deutschland, Ägypten, Jordanien und eine Reihe nahöstlicher Staaten nahmen an der Konferenz teil. Israel, Syrien und der Iran hatten ihre Teilnahme abgesagt. Die Vereinigten Staaten, Großbritannien und Polen waren als die alliierten Befreier des Irak ebenso zugegen wie mehrere kleinere Nationen. Fast zwei Dutzend Nationen und ihre Botschafter, Sicherheits- und Geheimagenten wie auch Helfer waren in Islands Hauptstadt eingefallen: ein Schwarm Moskitos bei Nacht. Angesichts der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl der Stadt fielen die zahlreichen Spione und Sicherheitsleute den Bürgern von Reykjavik so deutlich ins Auge, als liefen sie in dem eisigen Wetter in spärlicher Badekleidung herum. Isländer hatten helle Haut, blondes Haar und blaue Augen — eine Kombination, die nur schwer imitiert werden kann, wenn man versucht, sich unerkannt unter den Einheimischen zu bewegen.

Reykjavik war eine Stadt der niedrigen Gebäude und bunt gestrichenen Häuser, die in der schneebedeckten Landschaft wie der Schmuck an einem Weihnachtsbaum wirkten. Das höchste Gebäude, die Hallgrimskirkja-Kirche, war nur wenige Stockwerke hoch, und die Dampfschwaden, die aus den geothermalen Quellen aufstiegen, verliehen der Landschaft eine geheimnisvolle Ausstrahlung. Der Geruch von Hydrosulfid — aus den heißen Quellen — durchsetzte die Luft mit dem Gestank fauler Eier.

Reykjavik drängte sich um den zu allen Jahreszeiten eisfreien Hafen, der auch die Fischereiflotte, die Grundlage der isländischen Wirtschaft, beherbergte. Überhaupt waren die durchschnittlichen Wintertemperaturen in der Stadt deutlich milder als in New York. Die Bürger von Island gelten als außerordentlich gesund und wirken glücklich. Das Glücklichsein lässt sich auf eine positive Lebenseinstellung zurückführen, die Gesundheit auf den Überfluss an heißen Quellbecken in der näheren und weiteren Umgebung.

Die arabischen Gipfeltreffen fanden im Hofoi statt, dem großen Haus, das mittlerweile für städtische Veranstaltungen benutzt wurde und außerdem 1986 Schauplatz der Begegnung zwischen Mikhail Gorbatschow und Ronald Reagan gewesen war. Das Hofoi war weniger als zwei Kilometer vom Liegeplatz der Oregonentfernt, ein Vorteil, der die Sicherheitsmaßnahmen erheblich erleichterte.

Katar hatte die Corporation schon früher benutzt — und sie unterhielten eine Partnerschaft, die von gegenseitiger Hochachtung geprägt war.

Aus Respekt vor den christlichen Teilnehmern am Gipfeltreffen hatte man für den ersten Weihnachtstag keine Konferenzen angesetzt. Daher waren unter Deck in der Küche der Oregondrei Köche damit beschäftigt, die letzten Vorbereitungen für das bevorstehende große Festmahl zu treffen.

Der Hauptgang befand sich bereits im Ofen — zwölf große Turducken. Die Turducken waren das Lieblingsgericht der Mannschaft — es handelte sich um entbeinte Hühner mit einer Füllung aus Maismehl und Salbei, die in entbeinte Enten mit einer sparsameren Füllung aus Knoblauchbrot gestopft worden waren. Letztere wanderten dann in ebenfalls entbeinte Truthähne, die man mit einer Füllung aus Austern und Kastanien versehen hatte. Wenn die Vögel angeschnitten würden, enthielten die Scheiben drei verschiedene Arten Fleisch.

Tabletts mit Hors d’œuvres befanden sich bereits auf den Tischen: geeiste Möhren, Sellerie, Schalotten, Meerrettich und Zucchini. Daneben standen Schüsseln mit Nüssen, Früchten, Käse und mit Kräckern sowie Platten mit Krabbenscheren, frischen Austern und Hummerfleisch. Drei verschiedene Suppen; Waldorf- und grüner Salat; ein Fischgang; ein Käsegang; Minze-, Kürbis-, Apfel- und Blaubeerkuchen; Sherry; Liköre und Jamaican-Blue-Mountain-Kaffee.

Niemand von der Besatzung würde hungrig vom Tisch aufstehen.

In seiner geräumigen Kabine frottierte Juan Cabrillo seine nassen Haare, dann rasierte er sich und benetzte seine Wangen mit einem pimentölhaltigen Aftershave. Sein blonder Bürstenhaarschnitt bedurfte nur geringer Pflege, doch in den letzten Wochen hatte er sich einen Spitzbart stehen lassen, den er nun mit einer kleinen Schere sorgfältig stutzte. Angetan von seinem Werk blickte er in den Spiegel und lächelte. Er sah gut aus — ausgeruht, gesund und zufrieden.