Falls es einen Universalschlüssel zum Erfolg einer Operation gibt, besteht er darin, sich niemals auf nur ein einziges System zu verlassen. Das Desert-One-Unternehmen während der iranischen Geiselaffäre im Jahr 1980 hatte die Richtigkeit dieser Doktrin bestätigt. Damals hatte der Präsident nur ein Minimum an Helikoptern einsetzen wollen, und sobald die ersten Maschinen ausfielen, endete die gesamte Mission in einem Desaster.
Wenn man vor der Wahl steht, eine Waffe oder tausend zur Verfügung zu haben, sollte man sich stets für die größtmögliche Anzahl entscheiden. Systeme versagen, Bomben können sich als Blindgänger entpuppen und Waffen einen mechanischen Defekt haben.
Sowohl Kasim als auch Skutter waren sich dieser Tatsache bewusst.
»Sir, die primäre Gefahr geht im Augenblick von den Schiffscontainern in Riad aus«, sagte Skutter. »Sie haben bereits feststellen können, dass sie angeliefert wurden. Und sobald sie geöffnet werden — was irgendwann vor Beginn des Haddsch geschehen wird, der unserer Meinung nach als Start für alles andere anzusehen ist –, könnte diese ganze Operation scheitern.«
»Sobald es zu ersten Virusinfektionen kommt, wird Saudi-Arabien mit aller Härte einschreiten«, pflichtete ihm Kasim bei.
Die beiden Männer standen vor einer Landkarte, die im Hangar an eine Pinnwand geheftet worden war. Auf einem Tisch in der Nähe lagen einige Stapel katarische Reisepässe und Pilgervisa für Kasim und jeden der siebenunddreißig Angehörigen seines Teams. Die Regierungsbeamten des Emirs hatten die ganze Nacht gearbeitet, um sie bereitzustellen. Da es keine Fälschungen waren, würden sie jeder Überprüfung durch saudische Behörden standhalten. Da saudische Visa Katarern ohne weitere Fragen ausgestellt werden, hatten die Männer so eine Möglichkeit, ungehindert in das Königreich einreisen zu können.
»Dann schicken wir zwei Teams von jeweils vier Mann rein«, fuhr Kasim fort. »Damit bleiben uns dreißig Mann, die wir in Mekka einsetzen können.«
Skutter deutete auf eine Luftaufnahme, die die NSA Hali Kasim nach Katar gefaxt hatte. Das Foto zeigte den Frachthof des Flughafens in Riad. »Dank der Registrierungsnummern der Lieferung, die Ihre Leute in England ermittelt haben, können wir die Container identifizieren.«
Skutter umkreiste die drei Container mit einem Leuchtmarker.
»Gott sei Dank«, sagte Hali Kasim, »schreiben sie Identifizierungsnummern auf die Oberseite aller Container, damit die Kranführer sie erkennen können. Andernfalls hätten wir in diesem Durcheinander eine Menge Zeit mit der Suche verloren.«
»Wenn wir die beiden Teams in Position gebracht haben«, sagte Skutter, »wie wollen Sie dann weiter verfahren?«
»Sichern und entfernen«, antwortete Kasim. »Sobald wir wissen, dass die Container noch verschlossen sind, müssen wir sie auf Lkws laden und in die Wüste hinausfahren, bis wir entschieden haben, was mit ihnen geschehen soll — entweder zerstören wir sie an Ort und Stelle, oder wir bringen sie an einen sicheren Ort.«
»Ich bin mal die Personalakten durchgegangen«, sagte Skutter. »Wir haben einen Offizier der Army im Rang eines Stabsfeldwebels namens Colgan. Er kommt vom Geheimdienst der Army und hat undercover gearbeitet.«
»Colgan?«, fragte Kasim. »Das klingt irisch.«
»Er ist auf dem College zum Islam konvertiert«, erklärte Skutter. »Seine Akte enthält beste Beurteilungen und weist ihn als kühlen Kopf und äußerst kompetent aus. Ich denke, er ist der richtige Mann für diese Operation.«
»Dann sollten Sie sich ihn schnappen, ihm erklären, um was es geht«, entschied Kasim, »und ein Team für ihn zusammenstellen. Danach sollten sie alle schnellstens nach Riad fliegen. Wie ich von den Leuten des Emir weiß, startet hier in Katar gegen achtzehn Uhr die nächste Maschine.«
»In Ordnung, Sir«, sagte Skutter.
»Bleiben noch die Moscheen in Mekka und in Medina«, stellte Kasim fest. »Ich werde das Team in Mekka führen, während Sie Medina übernehmen. Jeder von uns hat vierzehn Mann zur Verfügung. Unsere Hauptaufgabe wird darin bestehen, die höchstwahrscheinlich von Hickman deponierten Sprengsätze zu suchen und unschädlich zu machen. Wir gehen rein, erledigen unsere Aufgabe und ziehen uns unbemerkt wieder zurück.«
»Und was ist, wenn Hickman die Meteoriten bereits vertauscht hat?«
»Daran arbeiten meine restlichen Leute zurzeit«, sagte Kasim.
Der indische Anführer blickte aus dem Fenster des Hauses in Rabigh. Die Sonne stand tief am Himmel, gleich würde die Nacht hereinbrechen. Von Riad bis Medina waren es gut dreihundert Kilometer, was einer Fahrzeit von fast vier Stunden entsprach. Dort angekommen, würden sie ein paar Stunden brauchen, um sich zu orientieren, den Zugang zum unterirdischen Tunnel außerhalb der Moschee zu suchen, den Hickman auf dem Lageplan eingezeichnet hatte, um dort einzudringen.
Weniger als eine Stunde würde es dauern, die Sprengladungen anzubringen und den Tunnel wieder zu verlassen.
Dann folgte die vierstündige Rückfahrt nach Rabigh. Wenn die Hindus bis zum Anbruch des nächsten Tages, des 6. Januar, das Schiff nach Ägypten erreichen wollten, müssten sie sich sputen.
Nach einer letzten Überprüfung der Kiste mit dem Sprengstoff gab der Anführer Befehl, die Kiste auf den Lastwagen zu laden. Wenige Minuten später waren sie unterwegs auf der Straße nach Medina.
Max Hanley stellte fest, dass das Wort Overholts diesmal Gold wert war. Er bekam, was immer er verlangte. Und er bekam es schnell.
»Wir sind sendebereit«, sagte Overholt am Telefon zu Hanley. »Öffnen Sie die Verbindung und überprüfen Sie die Bildqualität.«
Hanley gab Eric Stone ein Zeichen, gleich darauf holte dieser die Bilder auf einen Monitor. Kameras an der Einfahrt und an der Ausfahrt des Suezkanals zeigten die vorbeifahrenden Schiffe so deutlich, als stünden die Männer leibhaftig am Ufer des Kanals.
»Wunderschön«, schwärmte Hanley.
»Was brauchen Sie sonst noch?«, wollte Overholt wissen.
»Hat die Agency einen muslimischen Agenten in Saudi-Arabien?«
»Wir haben dort ein halbes Dutzend«, antwortete Overholt.
»Wir müssen in Erfahrung bringen, ob der Meteorit bereits ausgetauscht wurde«, sagte Hanley.
»Nicht mal unsere Leute schaffen es durch den Vorhang bis an den Schrein«, sagte Overholt. »Vier Wächter bewachen ihn rund um die Uhr.«
»Aber sie kommen in die Al-Haram-Moschee«, sagte Hanley. »Ihr Mann soll mit einem Geigerzähler so dicht wie möglich an den Schrein herangehen und sich dann verbeugen und beten. Falls sich der Grönland-Stein hinter dem Vorhang befindet, müsste der Geigerzählen radioaktive Strahlung anzeigen.«
»Gute Idee«, sagte Overholt. »Wir leiten sofort alles Nötige in die Wege und melden uns, sobald wir mehr wissen. Sonst noch etwas?«
»Wir brauchen möglichst detaillierte Satellitenfotos von beiden Moscheen sowie technische Diagramme, Lagepläne und was immer Sie beschaffen können.«
»Ich lasse so bald wie möglich ein Paket zusammenstellen und schicke es per Satellitenfunk und zur Sicherheit auch noch per Kurier«, versprach Overholt.
»Gut«, sagte Max Hanley. »Die Corporation wird versuchen, sich in Hickmans Rolle zu versetzen und seine Aktivitäten nachzuvollziehen. Sobald uns die Pläne vorliegen, stellen wir unser Team zusammen und überlegen, wie wirvorgehen würden, wenn wir die Moscheen zerstören müssten.«
»Ich werde für die Dauer der Mission in meinem Büro bleiben«, sagte Overholt. »Falls Sie irgendetwas hören oder brauchen, können Sie mich jederzeit anrufen.«
»Vielen Dank im Voraus«, sagte Hanley. »Wir werden das Kind schon schaukeln.«
Nach der Landung in Tel Aviv mietete Juan Cabrillo einen Wagen und fuhr zum Felsendom. Er betrat den Komplex durch den Eingang in der Nähe der Al-Aksa-Moschee und trat dann in den Innenhof, in dem sich der Felsendom befand. Der gesamte Bereich hatte eine Grundfläche von zwölf Hektar und bestand aus Gärten, Brunnen und verschiedenen Schreinen — und war mit Touristen und Gläubigen bevölkert.