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»Sie sind betrunken«, stellte Cabrillo fest.

»Ich achte nur darauf, meinen Pegel zu halten«, sagte Campbell, »aber bisher haben Sie mir nicht widersprochen. Also scheine ich mit meiner Vermutung gar nicht so weit danebenzuliegen.«

Cabrillo sagte nichts.

»Militär?«, fragte Campbell und blieb beim Thema.

»CIA, aber das ist schon eine Weile her.«

»Ich wusste doch, dass Sie kein Archäologe sind.«

»Bei der CIA gibt es auch Archäologen«, gab Cabrillo zurück.

In diesem Augenblick klopfte es an der Tür. Cabrillo bedeutete Campbell, er solle sitzen bleiben, und ging zur Tür. Ein Inuit in einem Wärmeoverall stand vor der Tür. Er hatte eine Tüte in der Hand.

»Ist das der Whiskey?«, fragte Cabrillo.

Der Mann nickte. Cabrillo griff in die Tasche und holte eine Geldklammer hervor. Er pellte einen Hundert-Dollar-Schein von der Rolle, reichte ihn dem Mann und nahm die Flasche entgegen.

»Ich kann nicht rausgeben«, sagte der Inuit.

»Reicht das für diese Flasche und eine weitere später«, fragte Cabrillo, »und einen Bonus für Ihre Mühe?«

»Ja«, sagte der Inuit, »aber ich darf Woodman immer nur eine Flasche pro Tag bringen.«

»Dann kommen Sie morgen mit der anderen Flasche und behalten Sie den Rest«, sagte Cabrillo.

Der Inuit nickte, und Cabrillo schloss die Tür. Er ging mit der Flasche Whiskey zu Campbell und gab sie ihm. Campbell nahm die Flasche aus der Tüte, knüllte das Papier zusammen, warf es in Richtung Abfalleimer und verfehlte ihn, dann öffnete er die Flasche und füllte seine Tasse.

»So gefällt es mir«, sagte er.

»Das sollte es aber nicht«, riet ihm Cabrillo. »Sie sollten damit aufhören.«

»Kann ich nicht«, erwiderte Campbell und betrachtete die Flasche. »Ich hab’s versucht.«

»Quatsch. Ich habe mit Typen gearbeitet, die waren viel schlimmer dran als Sie — heute sind sie trocken.«

Campbell zuckte die Achseln. »Na schön, Mr. CIA«, meinte er schließlich, »lassen Sie sich was einfallen, wie Sie mich trockenlegen, und die Schneekatze gehört Ihnen. Ich hab sie seit Monaten nicht mehr benutzt — ich komm nicht aus dem Haus.«

»Sie haben in der Armee gedient«, sagte Cabrillo.

»Wer zum Teufel sind Sie?«, fragte Campbell. »Niemand auf Grönland weiß das.«

»Ich habe eine ganz spezielle Firma, die im Spionage- und Sicherheitsbereich tätig ist — ein privates Unternehmen. Wir kriegen alles raus.«

»Tatsächlich?«

»Tatsächlich«, bestätigte Cabrillo. »Welchen Job hatten Sie während Ihrer Dienstzeit? Das habe ich meine Leute nicht gefragt.«

»Ich war bei den Green Berets, danach beim Phoenix Project.«

»Sie haben ebenfalls bei der Firma gearbeitet?«

»Indirekt«, gab Campbell zu, »aber sie ließen mich im Regen stehen. Sie haben mich ausgebildet, mir eins über den Schädel gegeben und mich ausgemustert. Als ich nach Hause zurückkam, hatte ich ein Heroinproblem, das ich ganz allein geregelt habe. Und einen Haufen schlimmer Erinnerungen.«

»Auch wenn das kein Trost für Sie ist, aber da sind Sie nicht der Einzige«, sagte Cabrillo. »Und wo ist jetzt die Schneekatze?«

»Draußen.« Campbell deutete auf eine Tür, die hinters Haus führte.

»Ich sehe sie mir mal an«, sagte Cabrillo und ging zur Tür. »Überlegen Sie sich in der Zwischenzeit, ob Sie wirklich aufhören wollen. Wenn ja und wenn die Schneekatze in Ordnung ist, dann habe ich vielleicht einen Vorschlag. Wenn nicht, dann können wir uns darüber unterhalten, dass ich Ihnen genug zahle, um Sie mit Jack Daniels zu versorgen, bis Ihre Leber sich verabschiedet. Einverstanden?«

Campbell nickte, während Cabrillo hinausging.

Überraschenderweise befand sich die Schneekatze in einwandfreiem Zustand. Es war eine Thiokol Spryte 1202B-4. Angetrieben von einem Sechszylinder Ford-Motor mit 3 Litern Hubraum und Vierganggetriebe, erinnerte die Karosserie an einen Pick-up mit Ladepritsche. Das Fahrzeug verfügte über eine Lampenleiste auf dem Dach des Führerhauses und einen zusätzlichen Treibstofftank auf der Ladefläche — und die Raupen sahen aus wie neu. Cabrillo öffnete die Tür. Im Führerhaus waren zwischen den Sitzen ein stählerner Buckel mit dem seltsam gebogenen Schalthebel sowie zwei Hebel vor dem Fahrersitz zu sehen, die die panzerähnliche Lenkung darstellten. Cabrillo wusste, dass die Thiokol bei entsprechender Bedienung der Hebel auf der Stelle wenden konnte. Das Armaturenbrett war ebenfalls aus Stahl und wies eine Reihe von Anzeigeinstrumenten vor dem Fahrersitz und Heizungsöffnungen auf, die auf den Fußraum gerichtet waren. Hinter dem Sitz und in einer Halterung vor dem Rückfenster fixiert, erblickte Cabrillo ein großkalibriges Gewehr. Hinzu kamen Notfackeln, ein Werkzeugkasten mit Ersatzteilen und ein Stapel wasserfester Landkarten.

Alles war mit einem frischen Farbanstrich versehen, geölt und bestens gepflegt.

Cabrillo beendete seine Inspektion und kehrte ins Haus zurück. Hinter der Tür hielt er inne, klopfte sich den Schnee von den Stiefeln, dann begab er sich wieder ins Wohnzimmer.

»Wie sieht es mit der Reichweite aus?«, wollte er von Campbell wissen.

»Mit dem Zusatztank und einigen Kanistern kommen Sie damit bis zum Mount Forel und wieder zurück, sogar inklusive einer Sicherheitsreserve von hundert Meilen, falls Sie sich verfahren oder eine Lawine den Weg versperrt«, sagte Campbell. »Ich hätte keine Hemmungen, damit wer weiß wohin zu fahren — sie hat mich nie im Stich gelassen.«

Cabrillo stellte sich neben einen Ölofen. »Sie sind am Zug.«

Campbell schwieg. Er starrte die Flasche an, dann blickte er zur Decke, senkte den Blick, studierte den Fußboden und dachte nach. Wenn er so weitermachte, dann schaffte er höchstens noch einen Sommer. Danach würde sein Körper nach und nach den Geist aufgeben — oder er machte in seiner Trunkenheit einen Fehler, und das in einer Gegend, in der Fehler tödlich sein konnten. Er war siebenundfünfzig Jahre alt und fühlte sich wie hundert. Er war wirklich am Ende.

»Ich bin erledigt«, sagte Campbell.

»Leicht wird es nicht«, sagte Cabrillo. »Vor Ihnen liegt ein harter Kampf.«

»Ich will’s versuchen«, entschied Campbell.

»Als Gegenleistung für die Pistenraupe holen wir Sie hier raus und legen Sie trocken. Haben Sie noch irgendwelche Angehörigen?«

»Zwei Brüder und eine Schwester in Colorado«, gestand Campbell, »aber mit denen habe ich schon seit Jahren nicht mehr geredet.«

»Sie haben die Wahl«, sagte Cabrillo, »entweder Sie gehen nach Hause und lassen sich behandeln — oder Sie sterben hier.«

Zum ersten Mal seit Jahren lächelte Campbell. »Ich denke, ich versuche es mit Zuhause.«

»Während der nächsten Tage müssen Sie sich zusammenreißen«, sagte Cabrillo. »Zuerst müssen Sie mir auf der Karte die Route durch die Berge zeigen und bei den Vorbereitungen helfen. Dann lasse ich Ihnen mein zweites Satellitentelefon hier, damit ich Sie anrufen kann, wenn ich in Schwierigkeiten gerate. Meinen Sie, das schaffen Sie?«

»Den Turkey werde ich wohl kaum aufhalten können«, sagte Campbell ehrlich. »Entweder zittere ich mich zu Tode, oder ich kriege furchtbare Krämpfe.«

»Das sollen Sie nicht, und das erwarte ich auch nicht von Ihnen«, sagte Cabrillo. »Sie brauchen medizinische Hilfe. Sie sollen lediglich nüchtern genug bleiben, um meinen Anruf zu empfangen und mir Ratschläge zu geben, falls sich Probleme ergeben sollten, mit denen ich nicht zurechtkomme.«

»Das kann ich tun.«

»Dann reißen Sie sich zusammen«, verlangte Cabrillo, während er das Telefon hervorholte und die Nummer der Oregon wählte, »und lassen Sie mich alles in die Wege leiten.«

Campbell hielt die Nase witternd in den Wind und blickte nach Norden. Ein paar Schritte entfernt stand die Pistenraupe mit laufendem Motor. Das Ladepritsche war mit zusätzlichen Treibstoffkanistern und mit Gerätekisten beladen, die Cabrillo vom Flughafen geholt hatte. Andere Kisten mit Lebensmitteln und Gegenständen, die nicht einfrieren sollten, packte er auf und unter den Beifahrersitz. Die Tür des Führerhauses stand offen, die heiße Luft aus der Heizung erzeugte Dampfschwaden.