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Obwohl zukünftige Anwendungen von großem Interesse waren, galt Dwyers Aufmerksamkeit nicht diesem Bereich. Ihm ging es mehr um die Gegenwart. In der Natur vorkommende Bucky Balls waren in Meteoritenkratern gefunden worden. Als diese Proben untersucht wurden, war man in den Hohlräumen der Kugelkörper auf Spuren von Argon und Helium gestoßen.

Einen Moment lang dachte Dwyer über dieses Phänomen nach.

Zuerst stellte er sich vor, dass zwei geodätische Dome zusammengefügt wurden und eine Kugel von der Größe eines Fußballs oder der des Meteoriten auf dem Foto bildeten. Dann stellte er sich den Hohlraum als mit Gasen gefüllt vor. Und wie dieser Kugelkörper entweder mit einer Nadel angestochen oder seine Spitze mit einem Schwert abgeschlagen wurde. Das Gas, das sich darin befand, würde ausströmen. Was dann? Helium und Argon waren harmlos und kamen in der Natur reichlich vor. Aber wenn diese Gase nun noch etwas anderes enthielten? Etwas, das nicht von dieser Welt stammte?

Er öffnete das Telefonverzeichnis in seinem Computer, fand eine Nummer und befahl dem Computer, sie zu wählen. Sobald er ihm anzeigte, dass die Anwahl vollzogen war und das Rufzeichen ertönte, griff Dwyer nach dem Hörer.

Drei Zeitzonen weiter, auf der anderen Seite des Erdteils, reagierte ein Mann auf das Klingeln seines Telefons.

»Nasuki«, meldete sich eine Stimme.

»Mike, du Gauner, hier ist TD.«

»TD, alter Mensa-Versager, wie läuft das Spionagespiel?«, fragte Nasuki.

»Ich würde es dir gern erzählen, aber es ist so geheim, dass ich mich anschließend selbst umbringen müsste.«

»Das ist wirklich geheim«, pflichtete ihm Nasuki bei.

»Ich muss dich um einen Gefallen bitten«, sagte Dwyer.

Miko »Mike« Nasuki war Astronom bei der National Oceanographic and Atmospheric Administration, kurz NOAA. Die NOAA ist eine Abteilung des Handelsministeriums. Die Behörde betrieb auf breiter Basis wissenschaftliche Forschung, allerdings konzentrierte sie sich vorwiegend auf hydrographische Probleme.

»Gehört zu dieser Gefälligkeit, dass niemand etwas von diesem Gespräch erfahren darf?«

»Genau«, bestätigte Dwyer. »Alles ist rein hypothetisch und absolut inoffiziell.«

»Na schön«, sagte Nasuki, »dann lass mal hören.«

»Ich beschäftige mich gerade mit Meteoriten und in diesem Zusammenhang speziell mit Bucky Balls.«

»Genau mein Fachgebiet«, sagte Nasuki, »wenn auch eher ein Randbereich.«

»Weißt du von irgendwelchen Theorien hinsichtlich der Beschaffenheit von Gasen innerhalb der Kugelkörper?«, fragte Dwyer vorsichtig. »Zum Beispiel weshalb man dort vorwiegend Helium und Argon findet?«

»Der wesentliche Grund ist, dass diese Gase auch auf anderen Planeten vorkommen.«

»Demnach«, sagte Dwyer, »besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Hohlräume der Bucky Balls auch mit anderen Substanzen gefüllt sein können, zum Beispiel mit Stoffen, die man nicht auf unserer Erde antrifft. Ist das richtig?«

Nasuki überlegte kurz. »Klar, TD. Ich habe vor einigen Monaten an einem Symposium teilgenommen, bei dem jemand eine Arbeit vorlegte, in der er die Behauptung aufstellte, dass die Dinosaurier von einem Virus aus dem Weltraum ausgelöscht wurden.«

»Einem Virus, der von einem Meteoriten transportiert wurde?«, fragte Dwyer.

»Genau«, bestätigte Nasuki. »Jedoch gibt es hier ein Problem.«

»Und welches?«

»Ein Meteorit, der fünfundsechzig Millionen Jahre alt ist, muss erst noch entdeckt werden.«

»Kannst du dich noch an irgendwelche Einzelheiten dieser Theorie erinnern?«

Nasuki kramte in seinem Gedächtnis. »Der Hauptpunkt war, dass im Helium enthaltene extraterrestrische Mikroben beim Aufprall freigesetzt wurden und dass diejenigen, die nicht beim Eintritt in die Erdatmosphäre verbrannten, Lebensformen, die zu dieser Zeit existierten, vergifteten. Es gab noch zwei andere wichtige Punkte«, fuhr Nasuki fort.

»Der erste war, dass es sich bei den Mikroben um einen sich schnell ausbreitenden Virus — wie den einer Supergrippe, SARS oder AIDS — handelte, der die Dinosaurier auf direktem Weg attackiert haben müsste.«

»Und was war der zweite Punkt?«

»Dass das, was im Helium gebunden war, die Atmosphäre insgesamt veränderte«, sagte Nasuki, »und vielleicht sogar die Molekularstruktur der Luft angriff.«

»In welcher Form, zum Beispiel?«

»Indem es ihr sämtlichen Sauerstoff entzog.«

»So dass die Dinosaurier regelrecht erstickten?«, fragte Dwyer ungläubig.

Nasuki kicherte verhalten. »TD«, sagte er, »immer mit der Ruhe — es ist nur eine Theorie.«

»Was wäre denn, wenn ein Meteorit existierte, der vorwiegend aus Iridium bestünde und noch völlig intakt wäre?«, fragte Dwyer. »Der also nicht beim Aufprall zerschellt wäre?«

»Wie du weißt, ist Iridium extrem hart und relativ radioaktiv«, erklärte Nasuki. »Es wäre ein nahezu perfektes Transportmittel für einen im Gas enthaltenen Krankheitserreger. Möglicherweise könnte das Gas sogar die Mutation des Virus auslösen und ihn verändern. Ihn zum Beispiel stärker, virulenter werden lassen.«

»Demnach«, schlussfolgerte Dwyer, »könnte in den Molekülen ein mutierter Virus enthalten sein, der einige Millionen Jahre alt ist und von einer Milliarden Kilometer weit entfernten Welt stammt?«

»Absolut, so verrückt es auch klingen mag«, bestätigte Nasuki.

»Ich glaube, ich muss sofort Schluss machen«, sagte Dwyer schnell.

»Irgendwie«, erwiderte Nasuki, »habe ich jetzt damit gerechnet, dass du das sagen würdest.«

20

Etwa zur gleichen Zeit, als Cabrillo auf Grönland gelandet war, trafen eine halbe Welt entfernt zwei Männer in einem verlassenen Lagerhaus im Hafen von Odessa, Ukraine, zusammen. Im Gegensatz zu den von Hollywood inszenierten Übergabeaktionen, in deren Verlauf sich Trupps bewaffneter Männer an irgendeinem Ort einfinden, um Geld gegen Munition zu tauschen, erschien diese Begegnung entschieden weniger aufregend. Zu sehen waren lediglich zwei Männer, eine große Holzkiste und ein schwarzer Nylonsack, der die Bezahlung enthielt.

»Der Betrag ist gemischt, wie Sie es verlangt haben«, erklärte einer der Männer auf Englisch, »Dollars, englische Pfund, Schweizer Franken und Euros.«

»Danke«, sagte der zweite Mann. Sein Englisch hatte einen deutlichen russischen Akzent.

»Und Sie haben die Daten so ändern lassen, dass aus ihnen hervorgeht, dass diese Waffe 1980 heimlich an den Iran verkauft wurde?«

»Ja«, antwortete der zweite Mann. »Von der alten kommunistischen Regierung an die radikale Khomeini-Fraktion, die den Schah stürzte, wobei der Erlös aus dem Verkauf dazu diente, die russische Besetzung Afghanistans zu finanzieren.«

»Und was ist mit dem Zünder?«

»Wir haben ein neues Exemplar in die Kiste gepackt.«

»Verdammt anständig von Ihnen«, sagte der erste Mann lächelnd. »Sie haben diese Nummer, die Sie anrufen können, falls es Probleme gibt.«

»Das werde ich ganz bestimmt tun«, sagte der zweite Mann.

»Sie verlassen die Ukraine, nicht wahr?«, fragte der erste Mann, während er die Kiste über eine Rampe in einen Ein-Tonner-Lastwagen schob.

»Heute noch.«

»Ich würde an Ihrer Stelle so weit wie möglich von hier verschwinden«, sagte der erste Mann, während er die Heckklappe des Lastwagens schloss und verriegelte.

»Ist Australien weit genug?«

»Australien wäre genau richtig«, sagte der erste Mann, dann ging er zum vorderen Ende des Lastwagens, kletterte ins Führerhaus, schloss die Tür und ließ den Motor an. Weniger als eine Stunde später wurde an einem anderen Kai die Kiste für den Transport durchs Schwarze Meer in ein altes Frachtschiff umgeladen — es sollte die erste Etappe einer viel längeren Reise sein.