Выбрать главу

Billy Joe Shea fuhr in einem schwarzen 1947er MG TC am Ostufer des Loch Ness entlang. Shea war Händler für Bohrschlamm aus der Ölförderung und stammte aus Midland, Texas. Er hatte den Oldtimer nur wenige Tage zuvor in einer Werkstatt in Leeds gekauft. Sein Vater hatte früher ein ähnliches Fahrzeug besessen, darin hatte Billy Joe das Autofahren erlernt. Fast dreißig Jahre war es her, seit Sheas Vater den Wagen verkauft hatte, und Shea hatte seitdem schon immer den geheimen Wunsch gehabt, sich eines Tages selbst ein solches Modell zuzulegen.

Eine Suche im Internet, eine zweite Hypothek auf sein Haus und die drei Wochen Urlaubszeit, die er zusammengespart hatte, führten schließlich zur Verwirklichung seines Traums. Shea hatte beschlossen, zwei Wochen lang in Schottland und England herumzureisen, bis er den Wagen nach Liverpool bringen musste, von wo aus er in die Vereinigten Staaten verschifft würde. Selbst bei geschlossenem Verdeck drang der Regen durch die fensterlose niedrige Seitentür ins Wageninnere. Shea nahm seinen Cowboyhut von der Beifahrerseite der Sitzbank und klopfte die Regentropfen ab. Dann warf er einen Blick auf die Anzeigeinstrumente und setzte seine Reise beruhigt fort. Er passierte einen Lieferwagen am Straßenrand, danach lag die Straße wieder frei vor ihm.

Alles schien ruhig und friedlich, die Luft war mit dem Geruch von feuchtem Torf und regennassem Asphalt getränkt.

»Ich habe die Kampfjets auf dem Radar«, meldete der Pilot der Challenger Hanley per Satellitentelefon.

»Wie weit sind Sie von der Cessna entfernt?«, fragte Hanley.

»Nicht sehr weit«, antwortete der Pilot. »Wir treffen Vorbereitungen, um das Ostufer von Süden nach Norden zu überfliegen. Dabei gehen wir so nahe wie möglich an ihn heran.«

Bennett hatte den Abwurfpunkt fast erreicht. Er lehnte sich zur Seite und entriegelte die Tür. Gleichzeitig begann er, die Cessna um die Längsachse zu kippen. Aus den Augenwinkeln bemerkte er ein altmodisches Auto, das auf der Uferstraße unterwegs war. Dann konzentrierte er sich aber darauf, die Kiste möglichst auf der Höhe des Lieferwagens abzuwerfen.

In diesem Moment erschien der Privatjet in der Windschutzscheibe.

»Auf der Straße am Ostufer steht ein Lieferwagen«, sagte der Pilot der Challenger zu Hanley, während er in niedriger Höhe über Bennett hinwegraste.

»Was soll –«, wollte Hanley gerade sagen, ehe er unterbrochen wurde.

»Da ist der Robinson«, rief der Pilot.

»Kann er den Lieferwagen sehen?«, fragte Hanley.

»Wahrscheinlich«, antwortete der Pilot, brach den Überflug ab und zog die Maschine hoch, »aber er ist immer noch ziemlich weit entfernt.«

»Drehen Sie ab und verschwinden Sie«, befahl Hanley.

»Wir haben soeben von den englischen Behörden die Information erhalten, dass die Kampfjets in wenigen Minuten dort sind. Sie können alles Weitere erledigen.«

»Verstanden«, meldete der Pilot der Challenger.

Unten am Seeufer verfolgten die beiden Männer in der Nähe des Lieferwagens, wie sich die Cessna näherte.

»Ich glaube, ich kann weiter hinten den Hubschrauber erkennen«, sagte einer der Männer.

Der andere Mann starrte in den Dunst. »Das bezweifle ich«, widersprach er. »Wenn er so nah wäre, könnten wir doch seinen Motor und die Rotorflügel hören.«

Dann sahen sie, dass die Seitentür der Cessna offen stand.

Die beiden Männer hätten den Motor des Hubschraubers hören können — wenn er noch in Gang gewesen wäre. Stattdessen war es im Cockpit des Robinson gespenstisch still geworden, nur das Pfeifen der Luft war zu vernehmen, die am Rumpf entlangpfiff, während Adams auf Autorotation schaltete. Er hielt auf das Festland zu und betete, dass sie nicht vorher ins Wasser plumpsten.

Cabrillo erhaschte soeben noch einen Blick auf den Lieferwagen und das flackernde Blaulicht, während sie rasant zu sinken begannen.

Er verzichtete darauf, Adams übers Headset zu informieren — sein Freund hatte im Augenblick alle Hände voll zu tun.

Bennett stieß gegen die Kiste — sie rutschte durch die offene Tür. Dann richtete er die Cessna wieder aus und machte kehrt, um Kurs auf den Flughafen von Inverness zu nehmen. Er stieg, um die Berge am Ende des Sees zu überfliegen, als er den Helikopter knapp zweihundert Meter über Land entdeckte.

Sobald er die Cessna stabilisiert hätte und auf Kurs wäre, würde er sich melden und Bericht erstatten.

Ein Stein in einer Kiste ging in freiem Fall auf die Erde herunter. Der Meteorit schlug auf und landete auf einem Bett aus nassem Torf, ohne zu zerschellen. Die beiden Männer rannten zum Aufschlagsort und waren gerade damit beschäftigt, die Kiste aus dem Morast zu ziehen, als das schrille Pfeifen der Düsen zweier Kampfjets lauter wurde. Sie hoben die Köpfe und verfolgten, wie die Düsenjäger vorbeirasten.

»Sehen wir zu, dass wir hier schnellstens verschwinden«, sagte der erste Mann, sobald er die Kiste aufs Trockene gezerrt hatte.

Der zweite rannte vor, um den Motor des Lieferwagens anzulassen, während der andere mit der Kiste folgte.

»Ich glaube, ich schaffe es bis zur Straße«, rief Adams über das Helmmikro.

Der Robinson folgte einer abwärts gerichteten Kurve, nur getragen von der Luft, die durch die Rotorblätter zischte und sie in Drehung versetzte. Adams lenkte den Helikopter zu Boden — aber er verlor rapide an Geschwindigkeit.

Das Seeufer und die Straße kamen rasend schnell näher, und er bemühte sich, jeden noch so geringen Auftrieb auszunutzen.

Die Düsenjäger tauchten so schnell hinter Bennett und der Cessna auf, als wären sie dorthin gezaubert worden. Sie passierten fast auf Tuchfühlung auf beiden Seiten und gingen sofort in eine enge Kehre. Gleichzeitig meldete sich sein Sprechfunkgerät.

»Hier ist die Royal Air Force«, drang eine Stimme aus dem Lautsprecher, »nehmen Sie sofort Kurs auf den nächsten Flugplatz und landen Sie. Falls Sie sich weigern oder zu flüchten versuchen, werden Sie zur Landung gezwungen. Bestätigen Sie, dass Sie die Aufforderung verstanden haben.«

Die beiden Jets hatten die Kehre beendet und kamen frontal auf Bennett zu.

Er wackelte mit den Tragflächen — dann griff er nach dem Satellitentelefon.

So nah und doch so fern.

Cabrillo blickte aus dem Seitenfenster, ehe der Helikopter hinter einem Hügel wegtauchte. Der Lieferwagen und die Abwurfstelle waren keine anderthalb Kilometer weit entfernt. Selbst wenn es Adams schaffen sollte, sie lebendig auf festen Grund zu bringen, hätten sie außer heilen Knochen nichts gewonnen. Wenn sie aus dem Robinson gestiegen und zur Abwurfstelle gesprintet wären, würde der Lieferwagen — und mit ihm der Meteorit — längst über alle Berge sein.

Er presste das Telefon schützend an seine Brust und wappnete sich für eine harte Landung.

Der Fahrer des Lieferwagens legte den Gang ein und rammte den Fuß aufs Gaspedal. Die Hinterräder drehten auf dem morastigen Untergrund durch und schleuderten dicke Torfbrocken in die Luft. Schlingernd erreichte der Wagen den Asphalt und entfernte sich nach Süden.

Der Fahrer warf einen Blick in den Rückspiegel und stellte fest, dass die Straße hinter ihnen leer war.

George Adams dirigierte den Robinson mit dem Feingefühl eines Geigenvirtuosen. Indem er den Sinkflug genau berechnete, zog er in der letzten Sekunde den Steuerknüppel zurück, als die Maschine sich nur noch wenige Meter über dem nassen Untergrund befand. Das Pfeifen der Rotorblätter veränderte sich abrupt, als der letzte Rest aufgestauter Luft an ihnen vorbeischoss, und der Robinson blieb regelrecht in der Luft stehen, fiel dann die letzten Meter zu Boden und landete auf seinen Kufen. Der Rumpf wurde durchgeschüttelt, wenn auch nicht besonders heftig. Adams sah Cabrillo von der Seite an und stieß erleichtert die Luft aus.