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»Aha«, sagte Meadows, »Sie sind Unterwasserarchäologe.«

»Verwenden Sie auf diesem Schiff bloß nicht das Wort ›Archäologie‹«, erklärte der Schriftsteller scherzhaft. »Archäologen rangieren auf diesem Boot etwa auf der gleichen Stufe wie Nekrophile. Wir sind Abenteurer, Schatzsucher.«

»Tut mir Leid«, entschuldigte sich Meadows lächelnd. »Wissen Sie, wir versuchen, einen Diebstahl aufzuklären, der vor zwei Nächten hier im Hafen verübt wurde. Vermissen Sie irgendetwas?«

»Sie sind doch Amerikaner«, stellte der Autor fest, ohne die Frage zu beantworten. »Was haben Sie mit einem Raub zu schaffen, der in England verübt wurde?«

»Würden Sie mir glauben, wenn ich darauf erwidere, dass es um die nationale Sicherheit geht?«

»Aber immer doch«, sagte der Schriftsteller. »Wo waren Sie, als ich noch Bücher schrieb? Immer musste ich mir alles aus den Fingern saugen.«

»Ich meine es ernst«, sagte Meadows.

Der Schriftsteller dachte einen Moment lang nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nein, wir vermissen nichts. Auf diesem Schiff gibt es jede Menge Kameras. Unter Wasser, über Wasser, unten in den Kabinen, über den Instrumenten, verdammt noch mal, wahrscheinlich sogar auf dem Klo. Ich habe den Kahn von einem Filmteam gemietet.«

Meadows runzelte verblüfft die Stirn. »Haben Sie das den Engländern verraten?«

»Sie haben mich nicht gefragt«, sagte der Schriftsteller. »Sie schienen viel mehr daran interessiert zu sein, mir zu erklären, dass ich nichts gesehen hätte — was ich auch nicht habe.«

»Also haben Sie wirklich nichts gesehen?«

»Nicht wenn es spät in der Nacht passiert ist«, sagte der Schriftsteller. »Ich bin über siebzig Jahre alt — nach zehn Uhr müssen Sie schon mit einem Feuer oder einer nackten Frau kommen, um mich wachzubekommen.«

»Aber die Kameras?«, fragte Meadows.

»Die laufen die ganze Zeit«, sagte der Schriftsteller. »Wir drehen ein Fernsehfeature über die Schatzsuche — Videobänder sind billig, gutes Material ist wertvoll.«

»Würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die Bänder mal zu zeigen?«, fragte Meadows.

»Nur«, sagte der Autor, während er zur Kabinentür ging, »wenn Sie bitte, bitte sagen.«

Zwanzig Minuten später besaß Meadows das, weswegen er in den Hafen gekommen war.

32

Nebile Lababiti betrachtete die Atombombe, die auf dem Holzfußboden des Apartments lag, mit einer Mischung aus Erregung und Unbehagen. Es war ein unbelebtes Objekt — vorwiegend maschinell bearbeitetes Metall und ein paar Kupferdrähte — doch es erzeugte ein Gefühl der Furcht und der Gefahr. Die Bombe war mehr als nur ein Objekt — sie hatte ein eigenes Leben. Wie ein Gemälde oder eine Skulptur. Erfüllt mit der Lebenskraft seines oder ihres Schöpfers, war die Bombe nicht einfach nur ein Metallklumpen. Sie war die Antwort auf die Gebete seines Volkes.

Damit würden sie die Briten mitten ins Herz treffen.

Die verhassten Engländer, die Kunstgegenstände aus den Pyramiden gestohlen hatten, die die Bürger des Mittleren Ostens unterdrückten und Seite an Seite mit den Amerikanern Kriege ausfochten, in denen sie nichts zu suchen hatten. Lababiti befand sich mitten in der Höhle des Löwen. London pulsierte ringsum. Die Stadt, in der die Bankiers residierten, die all die Unterdrückung finanzierten. Die Kunstgalerien, Museen und Theater der Innenstadt waren in nächster Nähe zu finden. Number 10 Downing Street, das Parlamentsgebäude, der Buckingham-Palast.

Der Palast. Das Zuhause der Königin, dieses uralten Symbols all dessen, was er verabscheute. Den Pomp und das ganze Drumherum, die Rechtschaffenheit und die Feierlichkeit. Schon bald würde all das in dem Feuer verbrennen, das vom Schwert des Islam angefacht würde — und wenn es erst erloschen war, wäre die Welt nicht mehr so, wie sie einmal gewesen war. Der Bestie wäre das Herz aus der Brust gerissen worden. Der geheiligte geschichtsträchtige Boden wäre nur noch eine öde Wüste, wo die menschliche Seele nichts Tröstliches mehr fände.

Lababiti zündete sich eine Zigarette an.

Es würde nicht mehr lange dauern. Irgendwann im Laufe des Tages würde der junge jemenitische Krieger, der sich bereit erklärt hatte, die Sprengladung ans Ziel zu bringen, in der Stadt eintreffen. Lababiti würde den jungen Mann zu Wein und einem vorzüglichen Essen einladen, ihn mit Huren und Haschisch und exquisiten Köstlichkeiten versorgen. Es wäre das Mindeste, was er für jemanden tun konnte, der bereit war, sein Leben für die Sache hinzugeben.

Sobald sich der junge Mann eingewöhnt hatte und den Weg kannte, den er nehmen musste, würde sich Lababiti schnellstens zurückziehen.

Eine Führungspersönlichkeit zu sein, bedeutete nicht, dass man für sein Land starb — sondern dass man dafür sorgte, dass andere für sein Land starben. Und Nebile Lababiti hatte nicht die geringste Absicht, selbst zum Märtyrer zu werden. Wenn die Bombe explodierte, säße er sicher auf der anderen Seite des Kanals — in Paris.

Er fragte sich nur, weshalb er so lange nichts von Al-Khalifa gehört hatte.

»Keine Ahnung, wie sie uns durch die Lappen gehen konnte«, sagte Rodgers.

»Macht nichts«, sagte Bob Meadows, »jetzt haben Sie eine Autonummer, die zu dem Truck gehört. Suchen Sie den Wagen, und wenn Sie ihn gefunden haben, dürfte die Bombe ganz in der Nähe sein.«

»Kann ich das Band haben?«, fragte Rodgers.

Meadows behielt wohlweislich für sich, dass er den Schriftsteller gebeten hatte, zwei Kopien anzufertigen, und dass eine davon wohlbehalten und geschützt in dem geliehenen Range Rover lag. »Klar«, sagte er.

»Ich denke, ab jetzt können wir übernehmen«, sagte Rodgers und pochte auf seine Autorität. »Ich sorge dafür, dass mein Boss die Führung des amerikanischen Geheimdienstes daran erinnert, Sie für Ihren Beitrag zu loben.«

Der ständige Streit zwischen Akteuren und Agenturen konnte einem auf die Dauer auf die Nerven gehen, Rodgers musste von seinen Vorgesetzten instruiert worden sein, dass ganz gleich, was geschah, dem MI5 am Ende das Verdienst zukommen müsse, die Bombe geborgen zu haben. Nun, da er besaß, was ihn seiner Meinung nach in die Lage versetzen würde, die Bombe in Sicherheit zu bringen, versuchte er, die Corporation in den Hintergrund zu drängen.

»Ich verstehe«, sagte Eddie Seng. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir den Rover noch für ein paar Tage behalten?«

»Nein, bitte bedienen Sie sich«, sagte Rodgers.

»Und wäre es auch in Ordnung, wenn wir den Inhaber der Bar verhören?«, fragte Meadows. »Nur damit wir unsere Akten vervollständigen und die Angelegenheit abschließen können?«

»Wir haben den Mann bereits ausgiebig verhört«, erwiderte Rodgers und ließ sich die Bitte einige Sekunden lang durch den Kopf gehen, »daher wüsste ich nicht, inwieweit es schaden könnte.«

Rodgers griff nach seinem Mobiltelefon, um das Kennzeichen des Lieferwagens durchzugeben, dann sah er die beiden Amerikaner erwartungsvoll an.

»Vielen Dank«, sagte Seng und gab Meadows ein Zeichen, mit ihm zum Range Rover zu kommen.

Rodgers deutete einen militärischen Salut an.

Meadows öffnete die Tür und schob sich hinter das Lenkrad, während Seng es sich auf dem Beifahrersitz bequem machte.

»Warum hast du ihm das Band überlassen?«, wollte Seng wissen, sobald die Türen geschlossen waren.

Meadows deutete auf die Kopie, die auf dem Boden im Fußraum lag, dann ließ er den Motor des Range Rovers an und wendete.

»Statten wir dem Barbesitzer einen Besuch ab«, sagte er, »und sehen wir, was wir rauskriegen können.«

»Denkst du das Gleiche, was ich denke?«, fragte Seng ein paar Minuten später, während Meadows vor der Bar parkte.