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Sein Schreibtisch war mit Papieren und Gesetzbüchern übersät.

«Guten Tag. Ich bin Inspektor Lodge. «Er deutete auf einen Stuhl, setzte sich und begann, seine Papiere zu kleinen Stößen zu ordnen.

«Sie sind wegen eines Todesfalles hier?«Meine eigenen Worte kamen mir jetzt ein wenig albern vor, aber seine Stimme blieb völlig sachlich.

«Es geht um Major Davidson. «begann ich.

«Ach ja. Wir haben einen Bericht bekommen. Er starb gestern im Krankenhaus nach einem Sturz auf der Rennbahn.«

«Dieser Sturz ist mit Absicht herbeigeführt worden«, erklärte ich rundheraus.

Inspektor Lodge starrte mich eine Weile an, dann nahm er ein Blatt Papier aus seiner Schublade, schraubte die Hülse von seinem Füllfederhalter und notierte Datum und Zeit, wie ich sehen konnte. Ein methodischer Mann.

«Wir fangen wohl am besten ganz vorne an«, sagte er.»Wie heißen Sie?«

«Alan York.«

«Alter?«

«Vierundzwanzig.«

«Anschrift?«

Ich nannte Davidsons Adresse und erklärte ihm, daß ich dort die meiste Zeit wohnte.

«Und wo ist Ihr eigentlicher Wohnsitz?«

«In Südrhodesien«, erwiderte ich.»Eine Ranch in der Nähe eines Dorfes mit dem Namen Induna, ungefähr fünfzehn Meilen von Bulawayo entfernt.«

«Beruf?«

«Ich arbeite für meinen Vater in seiner Londoner Niederlassung.«»Welche Firma besitzt Ihr Vater?«

«Die Bailey-York Handelsgesellschaft.«

«Womit handeln Sie?«erkundigte sich Lodge.

«Mit Kupfer, Blei, Schlachtvieh. Mit allem möglichen. Wir führen vor allem Transporte durch.«

Er schrieb alles nieder.

«Also dann«, er legte den Füllfederhalter weg,»worum geht es eigentlich?«

«Worum es geht, weiß ich nicht«, erwiderte ich.»Aber geschehen ist folgendes. «Ich erzählte ihm alles der Reihe nach. Er hörte mir zu, ohne mich zu unterbrechen, dann meinte er:»Wie kamen Sie überhaupt auf den Verdacht, daß es sich nicht um einen normalen Sturz gehandelt haben kann?«

«>Admiral< ist das beste Sprungpferd im ganzen Land. Ihm unterlaufen keine Fehler.«

Aber ich konnte an seinem Gesicht ablesen, daß er, wenn überhaupt, nur sehr wenig vom Rennsport verstand und seiner Meinung nach ein Pferd ebenso leicht stürzen konnte wie das andere.

Ich versuchte es noch einmal.»>Admiral< ist an Hindernissen einfach ein Genie. Er stürzt bei einer so leichten Hürde nicht, zumal er nicht gedrängt wurde. Der Sprungansatz war ideal, ich habe es gesehen. Nichts konnte unnatürlicher sein als dieser Sturz. Ich hatte sofort den Eindruck, als sei er irgendwie behindert worden. Ich ging später zu der Hecke, um nachzusehen, und ich fand den Draht. Das ist alles.«

«Hm. Hätte das Pferd gewinnen können?«erkundigte sich Lodge.

«Ganz sicher sogar«, sagte ich.

«Und wer hat dann gewonnen?«

«Ich«, gab ich zurück. Lodge schwieg eine Weile und kaute an seinem Federhalter.

«Wie kommen die Rennbahnaufseher zu ihren Posten?«fragte

er.

«Das weiß ich nicht genau. Ich nehme an, daß man sie nur für das jeweilige Rennen einstellt«, erwiderte ich.

«Warum sollte ein solcher Mann den Wunsch haben, Major Davidson etwas anzutun?«murmelte er nachdenklich, und ich sah ihn scharf an.

«Sie glauben wohl, daß ich alles erfunden habe?«brauste ich auf.

«Nein. «Er seufzte.»Das nicht. Vielleicht hätte ich sagen sollen, daß es für eine Person, die Major Davidson etwas antun wollte, doch schwierig gewesen sein müßte, sich als Rennbahnaufseher anstellen zu lassen?«

«Es wäre sogar sehr einfach gewesen.«

«Das müssen wir klären. «Er dachte nach.»War das nicht eine sehr unsichere Art, einen Menschen zu ermorden?«

«Wer das geplant hat, kann nicht vorgehabt haben, ihn zu töten«, meinte ich.

«Warum nicht?«

«Weil es äußerst unwahrscheinlich war, daß er dabei umkommen würde. Ich glaube, daß das Ganze nur dazu dienen sollte, seinen Sieg zu verhindern.«

«Warum ist es so unwahrscheinlich, daß sein Sturz zum Tode führt?«fragte Lodge.»Mir kommt es äußerst gefährlich vor.«

«Es mag wohl sein, daß man darauf hoffte, er würde sich verletzen. Wenn ein Pferd sehr schnell läuft und gegen ein Hindernis prallt, wenn man es nicht erwartet, wird man aus dem Sattel geworfen. Man fliegt durch die Luft und stürzt weit vor jener Stelle zu Boden, an der das Pferd zu Fall kommt. Das kann zwar zu schweren Verletzungen führen, aber Todesfälle gibt es dabei kaum. Bill Davidson dagegen ist nicht nach vorne geschleudert worden. Möglicherweise blieb er in den Bügeln hängen, obwohl ich das nicht glaube. Vielleicht wickelte sich der Draht um sein Bein und hielt ihn zurück. Jedenfalls fiel er kerzengerade herunter, und sein Pferd stürzte auf ihn. Selbst so war es unglaubliches Pech, daß der Sattelbogen ihn in den Magen traf. Die Chance, mit Absicht einen Menschen auf diese Weise umzubringen, ist minimal.«

«Ich verstehe. Offensichtlich haben Sie sich darüber Gedanken gemacht.«

«Allerdings.«

«Fällt Ihnen niemand ein, der den Wunsch gehabt haben könnte, Major Davidson etwas anzutun?«fragte Lodge.

«Nein«, erwiderte ich.»Er war sehr beliebt.«

Lodge stand auf und streckte sich.»Wir wollen uns Ihren Draht einmal ansehen«, sagte er. Er machte die Tür auf und rief hinaus:»Wright, sehen Sie mal nach, ob Hawkins da ist, und sagen Sie ihm, daß ich einen Wagen brauche.«

Kurze Zeit später fuhr ein Wagen vor. Hawkins steuerte, ich saß mit Lodge im Fond. Die Haupteingänge der Rennbahn waren immer noch geschlossen, aber es gab andere Möglichkeiten, wie ich feststellen konnte. Mit einem der Polizei zur Verfügung stehenden Schlüssel ließ sich ein anderes Tor im Holzzaun öffnen.

«Für den Fall eines Brandes«, sagte Lodge erklärend.

Hawkins fuhr über die Bahn zur Mitte der Anlage, dann holperten wir zur Gegenkurve. Lodge und ich stiegen aus.

Ich führte ihn an der Hecke vorbei zum Seitenteil des Geländers.

«Der Draht liegt da drüben«, sagte ich.

Aber ich irrte mich.

Da war der Pfosten, das Geländer, das lange Gras, die Birkenhecke. Aber kein Draht.

«Sind Sie sicher, daß das die richtige Stelle ist?«fragte Lodge.

«Ja«, erwiderte ich.»Man springt zuerst über dieses Hindernis da drüben«, erklärte ich und deutete auf die etwa dreihundert Meter entfernte Hürde.»Dann kommt ein langes Flachstück, wie Sie selber sehen können. Zwanzig Meter nach dieser Hecke geht es scharf links zur Geraden. Das nächste Hindernis ist ziemlich weit entfernt, damit die Pferde nicht sofort springen müssen, wenn sie um die Kurve gekommen sind. Eine sehr gut angelegte Rennbahn.«

«Sie können sich im Nebel nicht getäuscht haben?«

«Nein. Das ist das richtige Hindernis«, sagte ich.

Lodge seufzte.»Na, dann müssen wir uns eben alles ein bißchen näher ansehen.«

Aber wir fanden nichts als eine schmale Rinne an dem früher weißlackierten Innenpfosten und eine tiefere Rinne am Außenpfosten, wo der Draht sich ins Holz eingegraben hatte. Sie fielen aber nicht besonders auf.

«Das beweist leider sehr wenig«, erklärte Lodge. Stumm fuhren wir nach Maidenhead zurück. Jetzt wußte ich, daß ich tags zuvor irgendeinen Zeugen gebraucht hätte, selbst wenn es der Hausmeister gewesen wäre. Ich hätte den Betreffenden dazu bringen müssen, mit mir zum Hindernis zu gehen und sich den Draht anzusehen. Ich versuchte mich mit dem Gedanken zu trösten, daß der Aufseher wohl mit der Drahtschere zu dem Hindernis zurückgekehrt war, als ich wieder zu den Tribünen ging. Und selbst wenn ich sofort mit einem Zeugen hätte aufwarten können, wäre es wahrscheinlich zu spät gewesen.

Vom Polizeirevier aus rief ich Sir Creswell Stampe an. Diesmal sei er beim Dessert gestört worden, meinte er. Die Nachricht, daß der Draht verschwunden sei, bereitete ihm ebenfalls wenig Vergnügen.