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«Ich fragte ihn, ob er Major Davidson oder den Aufseher habe sehen können, während er auf die beiden zurannte. Er meinte, das sei wegen der scharfen Kurve und der Hecken erst aus nächster Nähe möglich gewesen. Er lief wohl um die Bahn, statt den kürzesten Weg zu wählen, der ihn durch das hohe, nasse Gras geführt hätte.«

«Ich verstehe«, sagte ich niedergeschlagen.»Und was tat der Aufseher, als Russell ankam?«

«Er stand neben Major Davidson und starrte auf ihn hinunter;

angeblich habe er ein erschrockenes Gesicht gemacht. Das überraschte Russell, weil ihm Major Davidson nur leicht verletzt zu sein schien. Er winkte mit seiner weißen Flagge, der nächste Sanitäter sah es und gab das Signal weiter.«

«Und was trieb der Aufseher dann?«

«Nichts Besonderes. Er blieb am Hindernis stehen, nachdem der Krankenwagen Major Davidson abgeholt und Russell erklärt hatte, daß er dort gewesen sei, bis das letzte Rennen abgeblasen wurde.«

Ich versuchte, mich an einen Strohhalm zu klammern und sagte:»Ist er mit den andern Aufsehern zum Tribünenbau gegangen, um sich auszahlen zu lassen?«

Lodge sah mich interessiert an.»Nein«, sagte er.»Das hat er nicht getan.«

Er nahm sich das nächste Blatt vor.»Diese Aussage stammt von Peter Smith, Pferdebursche im Stall Gregory, wo >Admiral< trainiert wird. Er gibt an, daß >Admiral< davongelaufen sei und versucht habe, eine Schwarzdornhecke zu überspringen. Das Pferd schaffte es nicht; es stand zitternd und blutend davor. Man fand zahlreiche Schürfwunden. «Er sah auf.»Wenn der Draht irgendeine Spur hinterlassen hatte, so ist sie jetzt jedenfalls nicht mehr zu finden.«

«Sie haben sehr schnell und gründlich gearbeitet«, meinte ich.

«Ja. Glücklicherweise waren alle Leute gleich aufzutreiben.«

Ein Blatt blieb noch übrig. Lodge nahm es zur Hand und sagte:»Das ist der Obduktionsbericht. Als Todesursache wurde angegeben >multiple innere Verletzungen<. Man stellte einen Leberund Milzriß fest. «Er lehnte sich zurück und betrachtete seine Hände.»Nun, Mr. York, man hat mich angewiesen, Ihnen einige Fragen zu stellen, die«- er sah mich plötzlich an —,»die Ihnen nicht angenehm sein werden. Ich muß Sie trotzdem bitten, sie mir zu beantworten. «Er lächelte freundlich.»Schießen Sie los«, sagte ich.

«Lieben Sie Mrs. Davidson?«

Ich fuhr hoch.»Nein«, sagte ich.

«Aber Sie wohnen bei ihr?«

«Ich wohne mit der ganzen Familie zusammen«, gab ich zurück.

«Warum?«

«Ich habe in England kein Zuhause. Als ich Bill Davidson kennenlernte, lud er mich übers Wochenende in sein Haus ein. Es gefiel mir dort sehr gut, und anscheinend mochte man mich. Jedenfalls wurde ich oft eingeladen. Bill und Scilla schlugen mir schließlich vor, ich solle ganz zu ihnen ziehen. Ein- oder zweimal wöchentlich übernachte ich in London.«

«Wie lange wohnen Sie schon bei den Davidsons?«fragte Lodge.

«Etwa sieben Monate.«

«Kamen Sie mit Major Davidson gut aus?«

«Natürlich, sehr gut sogar.«

«Und auch mit Mrs. Davidson?«

«Allerdings.«

«Aber Sie lieben sie nicht?«

«Ich habe sie sehr gern. Wie eine ältere Schwester«, sagte ich mit zusammengebissenen Zähnen.»Sie ist zehn Jahre älter als ich.«

Lodges Gesichtsausdruck besagte deutlich, daß es hier nicht aufs Alter ankam. Erst jetzt bemerkte ich, daß der Wachtmeister in der Ecke meine Antworten niederschrieb.

«Sie hatte nur Augen für ihren Mann und er für sie.«

Lodges Mundwinkel zuckten. Irgendwie schien ihn das zu amüsieren.

«Soviel ich gehört habe, war Major Davidson der beste Amateur im Hindernisrennsport?«

«Ja.«

«Und Sie lagen vor einem Jahr hinter ihm an zweiter Stelle, nachdem Sie erstmals eine Saison lang in England geritten waren?«

Ich starrte ihn an.»Sie sind aber plötzlich sehr gut unterrichtet.«

«Waren Sie im vergangenen Jahr zweitbester Amateur hinter Major Davidson? Wären Sie nicht diesmal wieder Zweiter geworden? Ist es nicht ebenfalls wahrscheinlich, daß Sie in Zukunft die Rangliste der Amateur Jockeys anführen?«

«Ja zu eins, ja zu zwei und hoffentlich zu Nummer drei«, meinte ich. Der Sinn dieser Fragen war nur allzu deutlich, aber ich dachte gar nicht daran, ungebeten meine Unschuld zu beteuern. Ich wartete ab.

Eine ganze Minute verging. Dann grinste Lodge.»Nun, ich glaube, das wäre alles, Mr. York. Man wird Ihre gestrige Aussage und diese Vernehmung abtippen. Ich möchte Sie bitten, das Ganze dann zu lesen und zu unterschreiben. «Der Polizist mit dem Notizbuch stand auf und ging in das andere Büro.

«Die gerichtliche Untersuchung über Major Davidsons Tod wird am Donnerstag abgehalten«, sagte Lodge.»Man wird Sie als Zeugen brauchen; ebenso Mrs. Davidson, wegen der Identifizierung. Wir setzen uns mit ihr in Verbindung.«

Er unterhielt sich mit mir über den Rennsport, bis die Niederschrift fertig war. Ich las sie sorgfältig durch und unterschrieb.

Er stand auf, streckte mir die Hand entgegen, und ich schüttelte sie. Er war mir sympathisch. Ich fragte mich nur, wer ihn angewiesen hatte, festzustellen, ob ich für das Verbrechen, das ich gemeldet hatte, selbst die Verantwortung trug.

Kapitel 3

Zwei Tage später ritt ich in Plumpton.

Die Polizei und auch Sir Creswell waren bei ihren Nachforschungen sehr vorsichtig zu Werke gegangen, denn im Wiegeraum wurden über Bills Tod keine Mutmaßungen angestellt.

Clem gab mir meine Breeches, ein dünnes Unterhemd, einen frischen, weißen Schal und ein Paar Nylonstrümpfe. Ich zog mich an. Mit Hilfe der Nylonstrümpfe konnte ich leicht in die weichen, hellen Reitstiefel schlüpfen. Clem reichte mir den dicken, weißbraun karierten Wollpullover und die braune, seidene Mütze. Ich zog den Pullover über und stülpte die Mütze auf meinen Sturzhelm.

«Nur das eine Rennen heute, Sir?«fragte Clem. Er nahm zwei breite Gummibänder aus der Tasche und streifte sie über meine Handgelenke. Damit wurden die Ärmel festgehalten, so daß der Wind nicht hineinblasen konnte.

«Ja«, sagte ich.»Bis jetzt jedenfalls.«

«Wollen Sie sich einen leichten Sattel ausleihen? Sie überschreiten sonst am Ende die Gewichtsgrenze.«

«Nein«, sagte ich.»Ich möchte lieber meinen eigenen Sattel nehmen. Ich lasse gleich einmal feststellen, wieviel Übergewicht ich habe.«

«Gut.«

Ich ging mit Clem hinüber, nahm meinen Sattel mit und wog mich. Ich hatte vier Pfund mehr, als die Rennleitung bei meinem Pferd für gut hielt. Clem trug den Sattel zurück, und ich legte den Helm auf die Bank.»Ich nehme das Übergewicht in Kauf,

«In Ordnung. «Er eilte davon, um einen anderen Jockey zu bedienen.

Ich hätte durch Verwendung eines leichteren Sattels und dünnerer Kleidung das verlangte Gewicht erhalten können, aber da ich mein eigenes Pferd ritt, konnte ich tun, was mir beliebte, und außerdem vertrug es keine kleinen Sättel.

>Forlorn Hopec, meine jüngste Neuerwerbung, war ein kräftiger, brauner Wallach, erst fünf Jahre alt. Er schien sich gut zu entwickeln, aber er brauchte eben noch Erfahrung.

Seine Unzuverlässigkeit als Sprungpferd hatte Scilla am Abend zuvor veranlaßt, mich zu bitten, ich solle ihn doch nicht in Plumpton reiten, weil die Bahn für junge Pferde zu gefährlich sei.

«Tu’s nicht, Alan«, meinte sie.»Nicht in Plumpton. Du weißt, daß es mit >Forlorn Hope< zu riskant ist. Du mußt es doch nicht. Warum bist du so eigensinnig?«

«Es macht mir Spaß.«

«Laß einen anderen reiten, bitte.«

«Wozu schaffe ich mir ein Pferd an, wenn ich es nicht selber reite? Deswegen bin ich doch überhaupt nach England gekommen. Du weißt es genau.«

«Es wird dir wie Bill gehen. «Sie begann zu weinen, hilflos, erschöpft.

«Nein, ganz bestimmt nicht. Wenn Bill bei einem Autounfall ums Leben gekommen wäre, würdest du auch nicht erwarten, daß ich nie mehr einen Wagen steuere. «Ich machte eine Pause, aber sie weinte immer noch.»Auf den Straßen kommen weitaus mehr Menschen ums Leben als auf der Rennbahn«, sagte ich.