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»Es ist gefährlich, eine neue Waffe einzusetzen, ohne vorher das Kleingedruckte zu lesen. Sie könnte Nebeneffekte haben, die uns noch nicht aufgefallen sind. Vielleicht verbrauchen wir unsere Lebenskraft. Verbrennen all die Jahre, die wir sonst noch hätten. Die Energie, die unsere Kräfte antreibt, muß schließlich aus irgendeiner Quelle stammen. Die Kerze, die doppelt so hell brennt, hält nur halb so lange durch. Und wir haben heller gebrannt als Sonnen.«

»Mein Gott, du bist heute aber in einer morbiden Stimmung!

Ich fühle mich prima. Ich fühle mich besser als prima. Vielleicht leben wir ewig.«

»Und noch etwas: Warum sind wir alle mit unterschiedlichen Kräften aus dem Labyrinth hervorgegangen?«

»Warum nicht?« fragte Hazel vernünftig. »Wir alle waren verschiedene Menschen.«

»Ja, aber… Manches von dem, was wir tun, ähnelt ESP. Jakob und Ruby sind Zünder, und Giles konnte teleportieren. Ich habe so etwas wie Psychokinese. Aber wie zum Teufel stellt Ihr das an, was Ihr tut? Was sind diese verschiedenen Versionen Eurer selbst, die Ihr in einem Kampf heraufbeschwören könnt?«

»Ich will verdammt sein, wenn ich das wüßte«, antwortete Hazel. »Ich rufe sie einfach, und sie tauchen auf. Keine von ihnen ist nachher jemals lange genug geblieben, um Fragen zu beantworten. Giles dachte, es wären Versionen meiner selbst von anderen Zeitschienen – also Personen, zu denen ich mich hätte entwickeln können, wäre das Leben anders verlaufen.«

»Schon, aber Zeitschienen sind reine Theorie«, gab Owen zu bedenken. »Niemand hat je beweisen können, daß verschiedene Dimensionen existieren, geschweige denn Kontakt mit ihnen aufgenommen. Vielleicht sind Eure anderen Ichs nur Produkte Eurer Vorstellungskraft, denen die Kraft in Euch Wirklichkeit verleiht.«

»Auf keinen Fall«, erwiderte Hazel mit Bestimmtheit. »Ich habe einige dieser anderen Ichs gesehen. Eine so gute Vorstellungskraft habe ich nicht.«

»Ja, aber…«

»Owen, ich weiß es nicht! Und weder ist jetzt die Zeit noch ist hier der Ort für eine Diskussion! Hör jetzt auf, Fragen zu stellen, und bring deinen Hintern in Schwung, oder ich trete dir den Arsch den ganzen Hang hinauf.«

Owen dachte darüber nach. »Das tätet Ihr wirklich, nicht wahr?«

»Verdammt richtig. Und jetzt los!«

Den restlichen Weg legten sie schweigend zurück, und schließlich erreichten sie die große runde Öffnung in der Granitwand, die zu den gewaltigen, unter der Burg ausgehobenen Höhlen führte. Owen hatte hier seine persönlichen Flieger und sonstigen Fahrzeuge geparkt, als er noch in der Burg wohnte.

Ihm erschien die Annahme vernünftig, daß auch Valentin und seine Kumpane ihre Schiffe in diesen Höhlen angedockt hatten, was bedeutete, daß die Öffnung nach wie vor passierbar sein würde. Und Owen kannte einen Geheimgang, der direkt von der Haupthöhle ins große Schlafzimmer führte.

»Ein Geheimgang?« hatte Hazel gefragt.

»O ja. Über ihn bin ich aus der Burg geflüchtet, als sich meine Leute damals gegen mich wandten.«

»Und niemand außer dir kennt ihn?«

»Es ist ein Familiengeheimnis. Nur David habe ich davon erzählt, und er ist jetzt tot.«

Lautlos stiegen sie bis an die Unterkante der Öffnung und hielten sich reglos wie Kletten am kalten Gestein fest, während sie danach lauschten, ob nicht irgendwo ein Zeichen davon zu hören war, daß man sie entdeckt hätte. Nach einer Weile gab Owen Hazel mit einer Handbewegung zu verstehen, daß er über die Kante in die Höhlenöffnung klettern wollte. Sie nickte, und er holte tief Luft und machte sich bereit. Theoretisch konnten bewaffnete Posten in beliebiger Zahl zugegen sein, die die geparkten Schiffe bewachten, aber das erschien ihm unwahrscheinlich. Nach allen normalen Begriffen hätten die Höhlen unerreichbar sein müssen. Pech für Valentin, daß Owen und Hazel schon seit längerer Zeit nicht mehr in Rufweite des Normalen lebten. Owen packte den Granitsims fest und zog sich mit einer raschen, fließenden Bewegung in die Höhle hinauf. Innerhalb einer Sekunde war er auf den Beinen, den Disruptor in der Hand, und suchte nach einem Ziel, aber alles blieb ruhig. Vier Luxusjachten mit abgestellter Energie standen hier nebeneinander, ebenso eine Handvoll Einmannflieger, aber ansonsten waren die Höhlen verlassen. Kein einziger Posten in Sicht. Owen tapste verstohlen weiter hinein und lauschte angestrengt nach dem leisesten Geräusch, hörte aber nur den eigenen Atem. Er senkte die Waffe und atmete etwas leichter.

»Alles frei, Hazel.«

Es dauerte nur einen Augenblick, bis sie über den Keramikboden gerannt kam und neben Owen stand, die Projektilwaffe in einer Hand, eine Granate in der anderen. Argwöhnisch blickte sie sich um. »Eigentlich müßte jemand hier sein. Es ergibt doch keinen Sinn, teure Schiffe wie diese unbewacht herumstehen zu lassen.«

»Wer sollte sie schon stehlen?« fragte Owen vernünftig.

»Nur Valentin und seine Privatarmee halten sich hier auf.«

»Was ist mit Überwachungskameras?«

»Oz kennt immer noch geheime Zugriffscodes für alle Sicherheitslektronen der Burg. Zur Zeit bearbeitet er die übermittelten Signale, damit wir nicht zu erkennen sind. Bei den Einsatzbesprechungen wurde das alles behandelt, Hazel. Ich wünschte wirklich, Ihr hättet daran teilgenommen.«

»Um dir den Spaß daran zu verderben, mir alles zu erklären?

Das hättest du mir nie verziehen.« Sie drehte sich langsam einmal völlig herum und kontrollierte die Ecken und Schatten.

»Mir gefällt es immer noch nicht. Es ist zu leicht. Hätte ich mir so viel Scheußliches zuschulden kommen lassen wie Valentin, würde ich mir alle Ein- und Ausgänge stark bewacht wünschen.«

»Er verläßt sich wahrscheinlich auf die Sicherheitssysteme.

Ich habe wirklich die allerbesten installiert. Und seine aufgemotzten Satelliten würden jedes normale Schiff abwehren.«

»Darüber habe ich nachgedacht«, sagte Hazel. »Was, wenn sie gemeldet haben, daß sie das Feuer auf uns eröffneten?«

»Was schon? Nach dem, was sie auf uns abgefeuert haben, sind sie wahrscheinlich davon ausgegangen, daß wir aufgrund der eingesteckten Schäden beim Landeanflug verbrannt sind.«

»Du benutzt das Wort ›wahrscheinlich‹. An Valentin Wolf ist überhaupt nichts besonders wahrscheinlich. Er ist höllisch paranoid; er denkt anders als wir anderen.«

»Hazel, vertraut mir. Hier bin ich zu Hause; ich weiß, was ich tue. Steckt jetzt bitte diese Waffe und die Granate weg, ehe Ihr einen unglücklichen und sehr lauten Unfall habt. Ich möchte mich mal umsehen.«

»Was gibt es hier schon zu sehen?« fragte Hazel. »Es ist nur eine Höhle.«

»Die erste von mehreren Höhlen«, sagte Owen und sah bewußt nicht hin, als Hazel die Schußwaffe und die Granate irgendwo an sich versteckte. »Als ich hier noch verantwortlich war, haben wir in den Zusatzhöhlen all die Sachen gelagert, für die wir in der eigentlichen Burg keinen Platz fanden. Ihr wärt erstaunt zu sehen, wieviel Schrott sich ansammelt, wenn eine Familie so alt ist wie meine. Und natürlich wagt man nicht, etwas davon wegzuwerfen, weil man fürchtet, künftige Generationen könnten einen als Barbaren beschimpfen. Weil man nie weiß, wann irgendein jahrhundertealter Mist wieder in Mode kommt oder sich als praktisch erweist, um eine alte Familienfehde oder einen alten Streit beizulegen. Ich habe die besten Stücke in der Burg ausgestellt und den Rest hier unten gelagert.

Alles ist sorgfältig katalogisiert. Irgendwo. David sagte, er würde nach seinem Einzug ordentlich aufräumen, aber ich denke nicht, daß er genug Zeit hatte. Wie auch immer, ich fühle mich besser, wenn ich nachgesehen habe. Ich mag keine Überraschungen.«

Er ging auf die Rückwand zu. Hazel verdrehte kurz die Augen, bis sie an die polierte Decke blickte, und folgte ihm, wobei sie den abgestellten Jachten weiträumig auswich, nur für den Fall, daß sie mit Alarmsystemen ausgestattet waren, die auf Annäherung reagierten. Owen kam allerdings nicht weit. Er blieb vor dem Eingang zur nächsten Höhle stehen, der mit einem leuchtenden Kraftfeld blockiert war. Er stand ganz reglos, und Hazel konnte seiner angespannten Haltung entnehmen, daß irgend etwas ganz und gar nicht stimmte. Sie beeilte sich, zu ihm zu gelangen, die Schußwaffe wieder in der Hand. Sie trat neben ihn und erstarrte, das Gesicht vor Abscheu verzerrt. Hinter dem durchsichtigen Kraftfeld war die Höhle von Wand zu Wand und vom Boden bis zur Decke mit Leichen vollgepackt.