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Schwester Kathleen führte ihr Schwert beidhändig und bahnte sich mit schierer Entschlossenheit einen Weg durch die Reihen ihrer Feinde. Sie wich deren Angriffen mit raschen Bewegungen aus, war so schwer zu greifen wie Quecksilber, und ließ tote Hadenmänner hinter sich zurück.

Oberst Wilhelm Hand warf sich den Hadenmännern mit grimmiger Entschiedenheit und einiger Befriedigung entgegen, froh darüber, endlich wieder zu tun, was seine Bestimmung war und was er so gut tat. Er brüllte und sang alte Schlachtrufe, während sein Schwert stieg und fiel, ein Akt simpler Metzelei, und war froh im Herzen. Die Aufgerüsteten versuchten, ihm in Überzahl zu begegnen, aber Otto war stets zur Stelle und hielt ihm den Rücken frei, hackte den Hadenmännern die langen Beine ab und brachte sie so zu Fall, damit er die Hälse und Gesichter mit dem Messer angreifen konnte. Er lachte und kicherte beim Töten und ergötzte sich an der Zerstörung solch perfekter Gestalten.

Und überall, sowohl innerhalb der Mission wie außerhalb, kämpften die Leprakranken nach besten Kräften, mit Schußwaffen und Schwertern und geschärften landwirtschaftlichen Geräten, mit allem, was ihnen unter die grauen, verfaulenden Hände geraten war. Jeder, der aufrecht stehen konnte, war zum Kampf gekommen, und alle warfen sich mit der stillen Verzweiflung derjenigen gegen den Feind, die wußten, daß sie ohnehin starben. Und vielleicht auch, weil sie entschlossen waren, das wenige zu behalten, was in ihrem Leben immer noch von Wert und Bedeutung war – die Station, ihre Heime und die Heilige, die gekommen war, um ihnen Hoffnung zu geben, wo sie doch schon gedacht hatten, sie wäre ihnen für immer verlorengegangen.

Sie waren bereit, für die Mission zu kämpfen, aber sie waren auch bereit, für Sankt Bea zu sterben.

Langsam wurden die Hadenmänner aus der Missionsstation hinaus- und auf die Lichtung zurückgetrieben, und auf beiden Seiten starben viele dabei. Der zusätzliche Freiraum begünstigte die Hadenmänner, gab ihnen mehr Platz und Gelegenheit, ihre Kraft und Schnelligkeit auszunutzen, also hielten sich die Verteidiger dicht an die Palisade, bewachten die Löcher darin und lehnten es ab, sich weiterlocken zu lassen. Und immer noch strömten Hadenmänner aus dem umgebenden Dschungel hervor, Hunderte und aber Hunderte, groß und vollkommen und vollkommen tödlich.

Eine Gruppe Hadenmänner fällte mit ihren Strahlenwaffen einen Baum und setzte ihn als Rammbock gegen das Haupttor der Mission ein. Solange das Tor hielt, waren die Leprakranken vor der Hauptmasse des Feindes geschützt, und beide Seiten wußten das. Das schwere Holztor erbebte unter jedem Stoß, und die großen Metallangeln ächzten laut. Die Wachleute auf den Türmen schossen fortlaufend Pfeilsalven auf die sich abmühenden Hadenmänner, aber selbst wenn einer fiel, war sofort ein anderer da und trat an seine Stelle. Das Tor beulte sich allmählich nach innen aus. Die Hadenmänner hatten jedoch durch das ständige Hin und Her den Boden zu dickem Matsch aufgewühlt, und sie rutschten unter dem Gewicht des Stamms in dem tückischen Morast aus. Und dann trafen Owen und Hazel ein und rettete ihre Seite.

Sie rannten durch die verstreuten Gruppen von Kämpfenden und hieben jeden nieder, der ihnen in die Quere kam. Die Aufgerüsteten ließen den Stamm fallen, wandten sich mit summenden Servomotoren dem neuen Gegner zu und empfingen Owen und Hazel mit Schwerthieben, die so schnell ausgeführt wurden, daß man nur verwaschene Bewegungen im Regen sah.

Owen und Hazel hielten dem jedoch mühelos stand und griffen ihrerseits die Hadenmänner an. In dem Gedränge wurden sie schnell getrennt, und alle rutschten im Schlamm aus und mußten sich oft an dem Baumstamm festhalten, während sie um sich schlugen.

Hazel griff einen riesigen Hadenmann im Zweikampf an.

Schläge und Paraden und Gegenschläge folgten mit unmenschlicher Schnelligkeit aufeinander, und bei jedem Zusammenprall flogen Funken von den Schwertern. Der Regen prasselte rings um sie hernieder und lief ihnen über die konzentrierten Gesichter. Letztlich schlug Hazel mit ihrer überlegenen Kraft die Klinge des Hadenmanns zur Seite und rammte ihm ihr Schwert so fest in die Brust, daß es am Rücken wieder austrat. Er fiel auf die Knie, und das goldene Licht seiner Augen erlosch langsam. Hazel riß das Schwert wieder heraus, begleitet von einem letzten Blutschwall, und sah sich nach frischer Beute um.

Owen lief flink zwischen den Hadenmännern umher. Mit seinem leichteren Körperbau konnte er sich unter den matschigen Bedingungen besser bewegen. Sein Schwert blitzte immer wieder auf, stets ein klein wenig zu schnell für die Aufgerüsteten, die ihn einzuschließen versuchten. Er schien stärker und schneller zu werden, je länger er kämpfte, als würde etwas in ihm erwachen – bis er schließlich mehr war als nur ein Kämpfer oder Krieger. Er fühlte sich unbesiegbar, empfand sich mehr als Naturgewalt, vor die Aufgabe gestellt, den Hadenmännern zu demonstrieren, daß sie den falschen Weg beschatten. Er stampfte herum und machte einen Ausfall – und er rutschte im Matsch aus und stürzte.

Er schlug ungeschickt auf, prallte mit dem rechten Ellbogen auf etwas Massives, und das Schwert fiel ihm aus den Fingern, die für einen Moment taub geworden waren. Sofort waren Hadenmänner überall um ihn herum und stachen in einem fort auf ihn ein, und nur ihr unsicherer Stand gab Owen die Möglichkeit, sich wieder aufzurappeln. Er schoß einem Hadenmann aus kürzester Distanz in die Brust, und die anderen wichen zurück.

Owen griff nach dem Messer, das er im Stiefel stecken hatte, und fluchte und lästerte, während er sich verzweifelt nach seinem Schwert umsah.

Und dann blickte er gerade rechtzeitig auf, um das stumpfe Ende des riesigen Rammbocks heranzucken zu sehen. Vier Hadenmänner hatten sich aus dem Getümmel ringsherum entfernt, um den Stamm mit laut summenden Servomotoren aufzuheben, und mit schierer Entschlossenheit stürmten sie mit ihrer Last durch Regen und Matsch vor. Owen fand gerade noch die Zeit, seinen Tod kommen zu sehen, dann erwischte ihn der riesige Baumstamm voll und rammte ihn an das Haupttor.

Für einen Augenblick war es wie im Traum. Das Ende des Stamms sperrte das Licht aus, als wäre speziell für Owen die Nacht hereingebrochen. Dann wurde er von vorne schwer getroffen und einen Augenblick später noch einmal von hinten, und er hatte das Gefühl, die Last der ganzen Welt würde ihn niederdrücken. Er spürte, wie sein ganzer Körper, Knochen und Organe, regelrecht flachgedrückt wurde, schon bevor irgend etwas tatsächlich zerbrach. Dann spürte er den Schmerz, und es war gar nicht mehr wie im Traum.

Die Rippen brachen, gaben unter dem Druck nach, spießten Lungen und Herz auf. Blut spritzte ihm aus Mund und After.

Der Rammbock schwenkte zurück, aber Owen blieb, wo er war, klebte im eigenen Blut fest. Der Schmerz war so schlimm, daß er nicht mal mehr denken konnte, in der Agonie des Augenblicks gefangen wie eine Fliege in Bernstein. Langsam glitt er jetzt hilflos am Tor herunter und hinterließ eine Spur aus dunklem Blut auf dem Holz, das unter der Gewalt des Einschlags gebrochen und zersplittert war.

Owen lag reglos im Schlamm und hörte nicht einmal, wie Hazel vor Entsetzen und Wut schrie, sah nicht, wie sie über die Hadenmänner herfiel und alle umbrachte. Er lag im Matsch, während der Regen langsam das Blut aus seinem verwüsteten Gesicht spülte, und dachte: Was für eine dumme Art zu sterben! So vieles bliebe noch zu tun. Und dann kam ihm der Gedanke: Nein! Ich werde nicht sterben! Ich weigere mich. Nicht hier und nicht jetzt, wo ich noch gebraucht werde.

Er tastete mit den Gedanken nach innen, in den geheimnisvollen Winkel seines Unterbewußtseins, der seine besonderen Kräfte enthielt, und erweckte sie mit schierer Willenskraft. Er zerrte sie aus jenem dunklen Ort hervor und lenkte sie in den zerstörten, sterbenden Körper. Heilende Energie lief knisternd durch ihn hindurch, und er hätte am liebsten geschrien, als neuer Schmerz auftrat von den gebrochenen Knochen, die sich langsam wieder zusammenfügten. Erst als jedoch auch die Lungen wiederhergestellt waren und Luft aufnehmen konnten, brachte er auch nur die Spur eines Wimmerns zustande. Das Herz heilte sich innerhalb eines Augenblicks und schlug von neuem fest und kräftig. Die Knochen wurden stark, die Organe gesund, und all das schmerzte wie im Schlund der Hölle. Und dann zogen sich die Labyrinthkräfte wieder in die Tiefe zurück.