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Mitternacht stieg durch das Loch und entdeckte die Überreste von Bonnie Chaos ein Stück weit innerhalb der Mission. Es handelte sich überwiegend um Knochen, versengt und geschwärzt von den entsetzlichen Energien des Disruptorstrahls, aber immer noch von Strängen blutigen Fleisches irgendwie zusammengehalten. Fetzen von Organen pulsierten weiterhin unter den gebrochenen Rippen und dem eingedrückten Brustbein. Es war schrecklich, aber dieses Ding lebte noch und litt.

Mitternacht stolperte vor und kniete neben Bonnie nieder. Der Schädel grinste sie mit zerbrochenen Zähnen an, aber unglaublicherweise war eines der Augen noch intakt. Während Mitternacht hinsah, bildete sich in der zweiten Augenhöhle ein neues Auge. Muskelstränge entstanden aus dem Nichts, krochen wie Würmer über die Knochen und zogen den Unterkiefer wieder an Ort und Stelle zurück. Weiter unten reparierten sich die Organe. Mitternacht richtete den Blick wieder auf den Kopf. Haut bildete sich neu, und Lippen schlossen sich langsam über den Zähnen. Der Mund öffnete sich, und der Atem fuhr zischend ein und aus.

»Hab dir ja gesagt, daß ich das wegstecke«, flüsterte Bonnie Chaos und lächelte schmerzlich. »Wir haben schon einmal den direkten Treffer einer Kanone überlebt, damals auf Nebelwelt, weißt du noch? Natürlich war damals Owen bei uns. Zusammen waren wir immer stärker.«

»Jesus, bist du vielleicht in einem Zustand!« sagte Mitternacht, unschlüssig, ob sie lachen oder weinen sollte. »Ich bringe dich in die Krankenstation.«

»Keine Zeit. Bewache du das Loch in der Palisade, während ich zusehe, daß ich mit der Regeneration fertig werde. Und solltest du sehen, wie sie eine zweite Disruptorkanone aufstellen, heb mich auf und renne wie der Teufel, weil ich einen weiteren Treffer dieser Art auf keinen Fall überleben würde.«

»Klarer Fall«, sagte Mitternacht. »Sollte jemand an mir vorbeikommen, beiße ihm in die Knöchel.«

Sie kehrte zur Lücke zurück und versagte den Hadenmännern jeden Zutritt zur Mission. Sie stand dort, die Axt in Händen, entschlossen, hier standzuhalten, bis die Schlacht vorüber war oder sie fiel oder die Hölle gefror, was auch immer zuerst geschah.

Die beiden Ruhmreichen Schwestern waren scheinbar überall zugleich, führten ihre leprakranken Schützlinge an, taten dies aus der ersten Reihe und sangen Kirchenlieder und Psalmen, während sie sie jeden niederstreckten, der sich ihnen entgegenstellte. Die Kolonisten kämpften mit dem Mut von Kriegern und wehrten die Hadenmänner ab, solange sie konnten. Ungeachtet ihrer Kraft und Schnelligkeit, ihrer implantierten Panzerungen und Stahlgewebe hielten die Aufgerüsteten einem Gegner nicht stand, der sich ins Getümmel warf und nicht darum scherte, ob er überlebte oder starb. Ein Leprakranker klammerte sich jeweils an den Schwertarm eines Hadenmanns, während ein anderer dessen Hals angriff. Andere akzeptierten, daß ihnen ein Schwert in den Bauch gerammt wurde, so daß es feststeckte, während andere den Mörder zu Boden brachten. Die Hadenmänner waren tüchtig, die Leprakranken aber inspiriert. Die Schlacht wogte hin und her, mal zur Missionsstation hin, mal davon weg, und keine Seite konnte ihren Vorteil jeweils lange wahren.

Schwester Kathleen erblickte die Bombe als erste. Kathleen befand sich im Augenblick an einer ruhigen Stelle, blickte sich nach einem neuen Gegner um und entdeckte sechs Hadenmänner, die langsam eine schwere Bombe zum Haupttor der Mission schleppten. Eine Leibwache aus sechs weiteren Hadenmännern schützte den Transport und bahnte ihm mit Disruptoren den Weg. Kathleen erkannte, womit sie es bei diesem Apparat zu tun hatte, denn sie hatte im Bergbau gearbeitet, ehe sie zur Kirche kam. Sie machte Marion auf sich aufmerksam und informierte sie über die neue Gefahr, und gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durchs Schlachtgetümmel auf die Bombe zu.

Die beiden Schwestern erreichten die Ehrengarde der Bombe gemeinsam und stürzten sich auf die ahnungslosen Hadenmänner. Da ihre Waffen erschöpft waren, wehrten sich diese mit blankem Stahl und wollten nicht weichen. Die Ruhmreichen Schwestern fochten wild, aber sie hatten schon einen langen Kampf hinter sich und waren schließlich auch sehr krank, da die Lepra an ihrer Kraft und Ausdauer ebenso fraß wie an allem anderen. Die Servomotoren in den Armen der Hadenmänner dagegen ermüdeten nie. Der Bombentransport war unweit des Randes der Lichtung gestoppt, aber die Schwestern konnten den Sprengsatz selbst nicht erreichen.

Sie kämpften weiter, und ihr Glaube trieb sie über den Punkt hinaus, an dem jeder andere aufgegeben hätte oder vor Erschöpfung zusammengebrochen wäre, aber schließlich war es allein Kathleen, die erkannte, worauf es ankam. Sie sprach ein letztes Gebet zu Gott und erzwang sich den Weg zwischen zwei Hadenmänner, indem sie alles in einen Angriff warf, der sie selbst schutzlos zurückließ. Sie brach durch, nahm Kurs auf die Bombe, und zwei Schwerter trafen sie gleichzeitig von hinten, durchbohrten Rücken und Nieren. Sie schrie einmal auf, wobei ihr Blut aus dem Mund spritzte, setzte aber ihren Weg fort und erreichte die Bombe mit dem Impuls, den ihr der letzte heftige Angriff verschafft hatte. Sie schlug wild mit dem Schwert um sich und tötete einen der Hadenmänner, die die Bombe trugen, und der Sprengsatz fiel zu Boden. Und dann war es für Kathleen das einfachste auf der Welt, die Hand auszustrecken und die auf fünf Minuten eingeschaltete Zeitzündung zu aktivieren.

Schwester Marion sah, was ihre Gefährtin getan hatte, und schrie hilflos auf, als Kathleen sich auf die Bombe warf und entschlossen daran festhielt, so daß die Hadenmänner nicht herankamen und die Zündung nicht rückgängig machen konnten. Schwester Marion drehte sich um und lief zur Missionsstation hinüber, schrie dabei den übrigen Leprakranken zu, sie sollten sich zurückziehen. Andere griffen den Ruf auf, vertrauten ihrer Entscheidung, und bald hatten sich alle Verteidiger von Sankt Beas Mission aus der Schlacht gelöst und liefen über die Lichtung zum Haupttor und den großen Löchern in der Palisade. Zuerst setzten die Hadenmänner ihnen nach, aber sie erkannten rasch, daß etwas nicht stimmte. Sie blieben stehen, argwöhnten eine Falle oder irgendeinen Trick.

An der Bombe hackten die Hadenmänner auf Kathleen ein, damit sie endlich losließ, aber sie klammerte sich mit letzter Kraft daran, schrie über die furchtbaren Schmerzen ihrer Wunden, weigerte sich aber, den Griff zu lockern. Sie hatte ihre Position sehr sorgfältig gewählt. Die Hadenmänner mußten sich überlegen, wo sie zuschlugen, um nicht die Bombe zu beschädigen. Schließlich starb Kathleen, obwohl die Aufgerüsteten einige Zeit brauchten, bis sie es bemerkten. Sie lösten die Hände der toten Nonne von dem Sprengsatz, wozu sie die Finger brechen mußten, und warfen die Leiche zur Seite. Erst in diesem Augenblick sahen sie die Schaltuhr und erkannten, was Kathleen mit ihrem trotzigen Tod erkauft hatte. Die Hadenmänner wandten sich zur Flucht, und die Bombe explodierte.

Die Detonation tötete jeden Hadenmann, der noch auf der Lichtung war, riß einige Bäume an der Peripherie um und erschütterte die Palisade der Mission. Die Leprakranken hatten es rechtzeitig geschafft, in die Station zurückzukehren und das Haupttor zu sichern, und obwohl einige Schäden an den kleineren Häusern auftraten, überlebten die Kolonisten und ihre Helden. Nachdem das letzte Beben der Explosion vorüber war und Wände und Boden nicht mehr wackelten, öffnete Schwester Marion das Haupttor und blickte hinaus. Von der angreifenden Armee war nichts weiter geblieben als ein paar verstreute, halbgeschmolzene Metallgestalten. Die Streitmacht der Hadenmänner war verschwunden, als hätte sie nie existiert. Von Schwester Kathleen war keine Spur mehr zu erkennen. Schwester Marion seufzte und zog laut die Nase hoch.