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Valentin lächelte und richtete die Aufmerksamkeit auf Pieter Romanow, diesen fetten, rotbackigen Mann, der sich in ein zerrissenes Meisterwerk gewickelt hatte. Pieter hegte die Auffassung, daß man einen Mann an der Breite und der Verwirklichung seiner Gelüste erkennen sollte, und er schwelgte in der Befriedigung seiner Sinne, bis sie unter der Last seines Willens ächzten. Er verspürte einen Hunger in sich, der nicht zu stillen war, so sehr er sich auch bemühte. Seine Leute gehorchten jeder seiner Launen, oder er ließ sie umbringen und durch andere ersetzen, die dazu bereit waren. Pieter war der Inbegriff eines Aristokraten, und Ohnesorgs Abkommen hatte ihn besonders hart getroffen. Für ihn waren verringerte Macht und die Profite aus bloßer Geschäftstätigkeit nichts. Also suchte er nach einem Bundesgenossen, einem großen Mann voller Macht und Einfluß, der alles wieder so richtete, wie es früher gewesen war und wie es sein sollte. Einen Mann mit Visionen, mit einer Bestimmung. Leider fand er nur Valentin. Der Wolf hatte jedoch wenigstens einen Plan, was mehr war, als man von den meisten behaupten konnte, und Pieter sah sich genötigt, einen Mann zu bewundern, dessen Sinn für Genuß tatsächlich noch seinen übertraf. Also schloß er mit Valentin einen Pakt, und wenn der Romanow die Art ihrer Machtbasis auch etwas erschreckend fand, so stöberte er doch stets eine weitere Mahlzeit und eine weitere Flasche aus dem exzellenten Weinkeller des Todtsteltzers auf, um sich abzulenken.

Und schließlich war da noch Athos Kartakis. Ein kleiner und dunkelhäutiger Mann mit strahlendem Lächeln und einem Temperament, das in einer Sekunde vom hellsten Tag zur finstersten Nacht umspringen konnte. Er sammelte Beleidigungen und betrachtete Duelle als Sport. Er akzeptierte nie das erste Blut als Siegbedingung, sondern war stets auf den Tod des Gegners aus. Die Leute achteten meist sorgfältig auf das, was sie in Gesellschaft des jungen Lord Kartakis sagten.

Sein Clan war nie mehr gewesen als ein eher kleines Haus und hatte das Geld seit Generationen schneller ausgegeben, als es hereinkam. Kartakis hatte viele Schulden geerbt und sich unverzüglich darangemacht, eigene hinzuzufügen. Die Gläubiger vergaßen ihre Rechnungen auch lieber, als das Risiko eines Duells einzugehen, aber trotzdem kannte alle Welt die tatsächliche Lage, und Kartakis wußte seinerseits, daß alle anderen sie kannten. Das Abkommen, das der Schwarze Block mit Ohnesorg geschlossen hatte, war der letzte Sargnagel gewesen. Man nehme Kartakis die Lordschaft, und es blieb nichts. Als Geschäftsmann hätte er nie überlebt. Sei es auch nur, weil er sich so viele Feinde in der Geschäftswelt gemacht hatte. Und so verpfändete er das, was von seiner Seele übrig war, an Valentin.

Valentin betrachtete seine Leute, wie sie herumspielten, und dachte voller Vorfreude an den Tag, an dem er sie nicht mehr benötigte und sie auf langsame und interessante Weise töten konnte. Er hatte gerade damit begonnen, die Methoden zu numerieren und sich für die Lieblingsmethode zu entscheiden, da läutete der Bildschirm an der Wand höflich. Valentin zog eine aufgemalte Braue hoch. Er hatte dem Dienstpersonal zu verstehen gegeben, daß er beim Essen auf keinen Fall gestört zu werden wünschte, es sei denn, es lag ein wichtiger Notfall vor, und nachdem er einen Lakaien von der Hüfte abwärts hatte häuten lassen, hatten sie die Lektion verstanden und gehorchten seinen Anweisungen buchstabengetreu. Also nahm er den Anruf entgegen und wies seine Kumpane an, still zu sein. Auf dem Bildschirm tauchte dieser finstere Fettkloß auf, der ehemalige Lord Gregor Shreck. Der Shreck saß hinter einem häßlichen, aber funktionellen Holztisch voller Papiere und Berichte. Er nickte Valentin kurz zu, was seine größte Annäherung an höfliches Verhalten war, und kam zur Sache, ohne weitere Umstände zu machen.

»Ihr steckt in Schwierigkeiten, Wolf. Das Parlament hat eine Einsatzgruppe geschickt, die untersuchen soll, was Ihr auf Virimonde im Schilde führt.«

»Tatsächlich?« fragte Wolf, ungerührt wie immer. »Und wie groß genau ist die Armee, die es entsandt hat?«

»Es ist etwas Schlimmeres als eine Armee. Es hat den Todtsteltzer und D’Ark geschickt.«

Die drei Aristokraten sahen einander kurz an und plapperten bestürzt los. Valentin gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, daß sie ruhig sein sollten, und sie waren es. Der Wolf lächelte den Shreck bedächtig an, und der breite scharlachrote Spalt breitete sich über das totenhafte Gesicht aus. »Der liebe Owen.

Ich freue mich schon die ganze Zeit so darauf, ihm zu begegnen. Ich kann gar nicht erwarten, seine Meinung zu dem zu erfahren, was ich aus seinem alten Zuhause gemacht habe.

Wann kann ich mit dem illustren Helden und seiner kriegerischen Begleiterin rechnen?«

»Verdammt, er und das Miststück sind wahrscheinlich schon gelandet. Meine Verbindungen sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Nachrichten brauchen heute länger, bis sie mich erreichen.«

»Der Todtsteltzer kann nicht hier sein«, meinte der Kartakis.

»Die Sicherheitssysteme hätten sein Schiff vernichtet. Oder die Sensoren hätten uns gewarnt…«

»Seid nicht albern«, versetzte Valentin. »Wir sprechen hier über Owen Todtsteltzer.« Er wandte sich wieder dem Shreck zu. »Habt Ihr ansonsten bei Euch noch alles im Griff?«

»Natürlich. Liefert Ihr nur das Produkt. Ich habe arrangiert, daß es auch befördert wird.« Gregor runzelte betrübt die Stirn.

»Hätte nie erwartet, noch mal als Drogenkurier arbeiten zu müssen.«

»Ich hätte gedacht, eine solche Beschäftigung wäre geradezu ideal für Euch«, warf der Silvestri ein, der sich müßig mit einem seiner Messer die Fingernägel schnitt. »Aber schließlich erhebt sich jeder letzten Endes auf das ihm gebührende Niveau.«

»Wenigstens bin ich nicht auf der Flucht vor dem, was heute als Justiz durchgeht!« schnauzte der Shreck. »Ich habe nach wie vor meinen Turm und meine Leute.«

»Aber Ihr seid kein Lord mehr«, stellte der Romanow fest und saugte sich zwischendurch Hühnerfett von den Fingern.

»Wir haben nicht zugelassen, daß uns der Schwarze Block und dieser Verräter Ohnesorg unser rechtmäßiges Erbe rauben.«

»Und wir werden wieder Lords sein«, sagte der Kartakis kategorisch. »Selbst, wenn wir erst jeden im Imperium töten müßten, der etwas anderes behauptet.«

»Große Worte von einem kleinen Mann«, erwiderte Gregor und wiegte sich dabei in der Gewißheit, daß der Kartakis Lichtjahre entfernt war. »Wir haben versucht zu kämpfen. Wir haben verloren. Unser einzige Hoffnung ruht jetzt auf dem Plan des Wolfs. Und Gott helfe uns, falls alles schiefgeht.«

»Falls es gelingt, mache ich Euch alle zu Göttern«, sagte Valentin ruhig. »Wir werden ruhmreich heimkehren und eine Macht erfahren, die sogar über das hinausgeht, was Löwenstein früher hatte. Aber das liegt in der Zukunft. Erzählt mir von der Gegenwart, Gregor. Wie läuft das Komplott?«