Выбрать главу

Flynn zuckte die Schultern. »So ist das Leben, Tobias. Jedenfalls unser Leben. Wir sagen unseren Gastgebern jetzt besser auf Wiedersehen und machen uns auf den Weg. Wir können schließlich nicht wissen, wie nah die Truppen schon sind.«

Sie gingen in die Küche zurück. Die Hunde liefen aufgeregt durcheinander. Die Katzen hatten sich auf hohe Regale zurückgezogen und beobachteten das Geschehen unter sich aus wach-samen, erfahrenen Augen. Adrian Daker hatte den schweren Tisch zur Seite geschoben und eine bis dahin verborgene Fall-tür im Boden geöffnet. Eine Holztreppe führte in einen geheimen Kellerraum. Adrian kehrte soeben mit einem Arm voller Waffen aus dem dunklen Loch zurück . Er ruckte Flynn und Tobias ruhig zu und legte die Waffen auf den Tisch zu den anderen, die er bereits nach oben geschafft hatte. Es waren Unmengen von Waffen, größtenteils Projektilwaffen und Berge von Munition, aber auch ein paar Disruptoren. Auf dem Tisch einer einfachen Bauernfamilie sah der Waffenberg beeindruk-kend aus; doch Tobias wußte, daß sie damit nichts gegen eine anrückende Armee auszurichten vermochten, die zudem noch von Kriegsmaschinen unterstützt wurde.

»Besser, Ihr verschwindet jetzt von hier, Jungs«, sagte Adrian. »Wahrscheinlich wird es hier bald ziemlich laut. Sieht ganz danach aus, als hätte die Rebellion ein wenig zu früh angefangen.«

»Werdet Ihr hier denn sicher sein?« fragte Tobias.

»So sicher wie überall«, antwortete Adrian, während er mit schnellen, geübten Bewegungen die Schutzhüllen von den Waffen streifte. »Sie brauchen eine Armee, um dieses Haus zu stürmen, und mit Mutter und den Jungs bei mir wird das Imperium mit Blut und Leid für den Versuch bezahlen, uns das Land zu nehmen. Dieses Land hier ist seit unzähligen Generationen im Besitz der Dakers, und sie werden uns nicht von hier verjagen, solange noch eine Kugel in einem Gewehrlauf steckt und es einen Daker gibt, der die Waffe abfeuern kann. Geht jetzt, solange noch alles ruhig ist. Haltet Euch genau in Richtung Norden, dann kommt Ihr zur Festung. Im Stall hinter der Scheune findet Ihr einen Flieger . Die Energiekristalle sind ein wenig schwach, aber sie sollten für den größten Teil der Strek-ke reichen. Bleibt tief unten und haltet Euch in Deckung. Die Einheimischen wissen schließlich nicht, wer Ihr seid, und am Ende schießen noch beide Seiten auf Euch. Viel Glück, Jungs, und auf Wiedersehen.«

Die Tür flog krachend auf, und Diana stürmte herein. Ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie gestikulierte aufgeregt mit dem Kommunikator in der Hand. »Ich kann die Jungs nicht erreichen! Der Kanal ist offen, aber keiner antwortet!«

Weit in der Ferne erklang das Geräusch einer Explosion, unmittelbar gefolgt von einer zweiten . Alles rannte nach draußen.

Adrian riß eine Waffe vom Tisch und folgte. Draußen wurde es dunkel . Das Donnern von Energiewaffen durchschnitt klar und deutlich die Stille. Draußen auf dem von Erika überwucherten Moor rannte das Vieh verwirrt durcheinander, und etwas weiter weg schrie irgend jemand. Diana Daker trat zu ihrem Mann, der das Gewehr an die Brust drückte wie einen Talisman.

»Meine Jungs!« flüsterte Adrian Daker. »Meine armen Jungs!«

David Todtsteltzer und Kit Sommer-Eiland, die beiden brand-gefährlichen Kämpfer, lagen schlafend auf dem Boden der Stiefmütterchen-Taverne. Eine freundliche Seele hatte sie mit ihren Umhängen zugedeckt; doch sie waren zu betrunken gewesen, um dies zu bemerken. Der Todtsteltzer murmelte leise vor sich hin und knirschte im Schlaf mit den Zähnen. Vielleicht machte ihm ein Traum zu schaffen. Der Sommer-Eiland schlief friedlich, und sein Gesicht sah so unschuldig aus wie das eines Kindes. Nicht weit von den beiden entfernt saßen zwei gutaus-sehende junge Frauen an einer langen hölzernen Theke und klammerten sich an ihre nahezu leeren Bierkrüge. Sie musterten die schlafenden Gestalten mit gutmütiger Toleranz. Sie waren die Freundinnen der beiden schlummernden Freier, Alice Daker und Jenny März. Alice war ein großer, schlanker Rot-schopf mit einem wunderbaren Busen – oder, wie David zu sagen pflegte, mit einem Balkon, von dem herab man Shake-speare rezitieren konnte . Sie besaß ein breites Lächeln, fun-kelnde Augen und genug Geduld für den Humor des Todtsteltzers, der hin und wieder ein wenig… derb sein konnte. Sie trug die hübschesten und teuersten Seidenkleider, genug Schmuck und Juwelen, um damit ein eigenes Geschäft eröffnen zu können und war nach der neuesten Mode geschminkt und frisiert, und das alles verdankte sie dem Todtsteltzer. Sie war eine gute Zuhörerin, eine unermüdliche Tänzerin und kannte sämtliche Trinklieder, ganz besonders die zotigen.

Ihre Freundin Jenny war ein großer, geisterhaft blasser Typus mit rabenschwarzen Haaren, scharfen Gesichtszügen und einer noch schärferen Zunge. Sie besaß eine schlanke, fast knaben-hafte Figur und genügend nervöse Energie für eine kleinere Stadt. Auch sie war nach der neuesten Mode gekleidet und geschminkt, dank ihres Freundes, dem Sommer-Eiland. Jenny lächelte häufig , lachte fast nie und war immer auf der Suche nach dem ganz großen Los. Und im Augenblick sah alles ganz danach aus , als wäre Kit Sommer-Eiland dieses Los.

Es war früh am Morgen, beinahe drei Uhr. Das Ende eines weiteren langen Abends mit soviel Spaß und Alkohol, wie der Körper nur vertragen konnte. Und da der Todtsteltzer alles zahlte, fehlte es auch nicht an Freunden, die ihnen bei ihrem Gelage Gesellschaft leisteten. Schließlich jedoch hatte einer nach dem anderen aufgegeben und war in Richtung Heimat aus der Taverne gewankt. Der Inhaber der Taverne hatte gegen zwei Uhr morgens ebenfalls aufgegeben, hatte die Tür abgeschlossen und war zu Bett gegangen. Sollten die verbliebenen Zecher doch sehen, wie sie zurechtkamen. Es war schließlich nicht das erste Mal, daß dies geschehen war, und es war auch nicht so, daß er sich Gedanken machen müßte, sie würden seine Destille leer trinken. Irgendwann hatte auch die Konstitution des Todtsteltzers und des Sommer-Eilands nicht mehr durch-gehalten und nach Schlaf verlangt. Also hatten sie sich, anstatt sich auf den langen Weg nach Hause zu machen, einfach auf dem Boden der Taverne ausgestreckt und waren eingeschlafen.

Alice und Jenny, durch lange Erfahrung klug geworden, hatten nur langsam getrunken und befanden sich nun in jenem fröhlichen, kontemplativen Stadium der Trunkenheit, wo das Hinlegen und Schlafengehen einfach zuviel Anstrengung bedeutete.

Und so saßen sie einfach nur da und unterhielten sich leise über dem letzten Rest in ihren Gläsern.

Und vielleicht waren sie ein wenig offener als gewöhnlich.

»Gott, bin ich hungrig«, sagte Alice. »Meinst du, hinter der Theke gibt es noch irgendwas zu essen?«

»Und wenn schon. Ich würde nichts davon anrühren«, erwiderte Jenny. »Ich weiß nicht, was er in seine Fleischkuchen tut; aber ich finde es erstaunlich, daß man in dieser Taverne nie eine Ratte sieht. Sein Brot hüpft wie Gummi, in der Suppe schwimmen merkwürdige Brocken, und die Snacks gehören zu der Sorte, die Kriege auslösen. Ich glaube, er züchtet sie in irgendwelchen dunklen Ecken, wo niemand hinsieht.«

»Aber das Bier ist gut. Und der Wein. Und der Brandy auch.«

»Das ist auch besser so. Bei den Preisen hier!«

»Was kümmert’s dich?« fragte Alice grinsend. »Du mußt doch nichts davon bezahlen.«

»Zugegeben«, gestand Jenny. »Ja, zugegeben. Ich schätze, die Jungs sind doch zu etwas gut.«

Die beiden Frauen musterten das schlafende Paar. Alice liebevoll, Jenny ungerührt. Kit furzte im Schlaf. Keine der Frauen zuckte auch nur zusammen.

»David ist in Ordnung«, sagte Alice nach einer Weile. »Ja, wirklich. Er ist ganz in Ordnung. Er sieht gut aus, prahlt nicht damit herum, und er ist reich wie die Hölle. Und er ist immer für mich da. Er redet nicht andauernd über die nächsten Wahlen oder über die Rebellion, als würde beides irgend etwas hier am Arsch der Welt verändern. Er besteht nicht nur aus Arbeit, Pflichterfüllung und Politik. Er ist meistens gut gelaunt und lacht gerne, und hin und wieder ist er richtig amüsant. Warum sind die einheimischen Jungs nicht so?«