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Er brauchte den Geruch von Blut und Tod und das Gefühl, wie seine Klinge tief in lebendes Fleisch eindrang und von Knochen abprallte. Und so schlug er Becketts Warnungen und Ratschläge in den Wind und landete mit der nächsten abgehen-den Pinasse mitten in der Hölle.

Er liebte es. Er schwang das Schwert mit einem Arm, der niemals zu ermüden schien, und niemand konnte ihm widerstehen. Er war der Oberste Krieger, der Witwenmacher, und er war alles, was das Original gewesen war und noch mehr. Er blieb an der Spitze seiner Truppen, überrannte Widerstandsnester der Rebellen mit Disruptoren und Granaten, und er führte seine Männer von einem glorreichen Sieg zum nächsten.

Ringsum gingen Häuser in Flammen auf; überall lagen toten Rebellen, und die Überlebenden flüchteten – und Dram hatte sich noch nie in seinem erst kurzen Leben so sicher gefühlt wie in diesen Augenblicken der Schlacht.

Das Herz hämmerte ihm in der Brust; sein Atem ging rauh und schnell, doch er fühlte sich, als könne er für immer so weiterkämpfen und sich niemals nach etwas anderem sehnen. Hin und wieder dämmerte ihm, daß er nicht gegen einen gesichtslo-sen Feind kämpfte, sondern daß die Leute, die er tötete, Seelen und Leben und ihre ganz persönlichen Geschichten hatten, daß Eltern oder Kinder um sie trauern würden; doch selbst das machte ihm nichts aus. Sie hatten ihn und seine Imperatorin herausgefordert, und das war die einzig mögliche Antwort darauf . Hätten sie sich ergeben , würde er sie verschont haben . Er war sicher, daß er sie verschont hätte. Sie wären vor Gericht gestellt worden. Viele wären zwar ohnehin exekutiert worden; doch für das jetzt stattfindende Gemetzel und Blutvergießen trugen sie ganz allein die Verantwortung, nicht Dram.

Und so marschierte er durch die engen kopfsteingepflasterten Straßen der Städte und tötete Menschen, weil er das Recht auf seiner Seite wußte – jedenfalls die meiste Zeit über; aber darauf gab er sowieso einen verdammten Dreck. Und das Wichtigste: Er amüsierte sich königlich dabei.

Hin und wieder ertönte General Becketts Stimme in Drams Komm-Implantat, die ihm riet, daß er genug getan habe, und daß er sich zurückziehen solle, während die Truppen den Rest erledigten; aber Dram hörte nicht darauf. Er wußte, daß er dort war, wo man ihn brauchte. Und als Becketts Stimme rauh wurde und Drams Handlungsweise und seine Motive in Frage stellte, da lachte der Hohe Lord nur und lud Beckett ein, selbst nach unten zu kommen und sich die Hände blutig zu machen. Beckett weigerte sich, und Dram lachte erneut. Nach der Unter-werfung dieses Dorfes hier würde es weitere geben, und dann kamen die Städte an die Reihe. Es gab noch jede Menge Arbeit, und Dram konnte kaum erwarten, damit anzufangen .

Irgendwann fragte er sich, ob sein Original genau das gleiche gespürt hatte, wenn er in den Kampf gezogen war. Er genoß die Vorstellung. Er war mehr als nur ein Schatten des ursprünglichen Hohen Lords Dram. Der erste Dram lebte in ihm weiter, geführt und geformt durch das Vermächtnis seiner Tagebücher und das Feuer, das in Dram dem Klon brannte. Jetzt war er der Oberste Krieger durch Volkes Wahl, der Echte Lord Dram und Witwenmacher , und das Schicksal hatte ihn seiner Bestimmung zugeführt.

Er marschierte vorwärts, durch Blut und Tod und die Feuer der Hölle, und niemand vermochte auch nur, sich ihm zu nähern. Es war, als wäre er… gesegnet. Und nicht ein einziges Mal stellte er sich die Frage, von wem oder warum.

Kapitän Schwejksam, Investigator Frost und Sicherheitsoffizier K. Stelmach stolperten aus den Trümmern ihrer abgestürzten Pinasse und rannten in den unvollkommenen Schutz eines ausgebrannten Gebäudes. Die Kriegsmaschinen waren überall, große und kleine, und sie zerstörten mit erbarmungsloser, unmenschlicher Präzision das, was einmal eine mittelgroße, von Menschen bewohnte Stadt gewesen war. Energiestrahlen blitzten in alle Richtungen, zerfetzten Mauerwerk und setzten Balken und strohgedeckte Dächer in Brand. Eben solch ein Strahl hatte auch die Pinasse getroffen, trotz der Sicherheitskodes, die Schwejksam ununterbrochen ausgestrahlt hatte. Investigator Frost hatte das Schiff und seine Insassen wiederholt über die Kommunikationsanlage angekündigt; doch niemand hatte ihnen zugehört. Die Disruptorstrahlen waren weiterhin aus dem dichten Rauch über der Stadt in den Himmel gezuckt und hatten immer und immer wieder die schwachen Schutzschirme des kleinen Schiffs durchschlagen. Die Maschinen waren nicht mehr rund gelaufen, und in der Kabine war Feuer ausgebrochen. Schwejksam hatte keine andere Wahl mehr gehabt, als eine Notlandung durchzuführen. Sie waren durch den Rauch-vorhang gebrochen und zwischen hohen Gebäuden und noch höheren Kriegsmaschinen hindurchgeschlittert. Schwejksam hatte die breiteste Straße in der unmittelbaren Umgebung ausgewählt und die Pinasse gelandet. Nur um Haaresbreite waren sie einem richtigen Absturz entgangen. Das Schiff war allerdings verdammt hart aufgeprallt und über die halbe Straße ge-rutscht, bevor es mit der Nase in eine Mauer gekracht war.

Aber die Pinasse hatte gehalten, und die Maschinen waren nicht explodiert. Und Schwejksam besaß genug Verstand, um seinem Schöpfer dankbar dafür zu sein.

Die drei kauerten sich in den Überresten des Gebäudes zusammen, die wenig mehr waren als nur ein halbes Dutzend feuer- und rußgeschwärzter Mauern, durchlöchert von unzähligen Disruptorstrahlen, sowie einem halben Dach, das noch immer leise vor sich hin schwelte. Schwejksam und Frost spähten abwechselnd durch das zersplitterte Fenster nach draußen.

Die Kriegsmaschinen donnerten hin und her und stampften die verbliebenen Gebäude in Grund und Boden. Feuer loderten; Menschen schrien, und Roboter in Menschengestalt trieben die Überlebenden zusammen und töteten sie mit schrecklicher Effizienz. Überall ertönten die Geräusche einer sterbenden Stadt und des Triumphs der Maschinen.

Schwejksam überprüfte die Ladung seines Disruptors und brummte wütend etwas über Köpfe, die bei seiner Rückkehr an Bord der Elegance rollen würden. Investigator Frost war gelassen wie immer und schätzte ihre Chancen mit professionellem Blick ab. Ohne die Sicherheitskodes, die Drams Bodentruppen verwendeten, würden die Kriegsmaschinen in den drei Notge-landeten legitime Ziele sehen, weiter nichts. Stelmach lehnte mit dem Rücken gegen eine Wand. Er weigerte sich, den Kopf aus dem Fenster zu stecken. Sein Herz klopfte wild, und er hatte Mühe zu atmen, aber die Waffe lag ruhig in seiner Hand.

Die Gegenwart von Schwejksam und Frost hatte ihn härter gemacht, als er selbst es für möglich gehalten hatte. Schwejksam wechselte einen Blick mit Frost.

»Wie weit sind wir von unserem geplanten Einsatzort entfernt?«

»Nach den letzten Anzeigen der Pinasse zu urteilen nicht besonders weit. Vielleicht eine halbe Meile. Unter normalen Um-ständen ein Spaziergang.«

»Das hier sind definitiv keine normalen Umstände.«

Schwejksam schnitt eine Grimasse, während er ihre Chancen abwog. »Wie die Dinge stehen, ist eine halbe Meile verdammt weit. Selbst für uns. Investigator, versucht noch einmal, die Todtsteltzer-Festung anzufunken.«

Frost betätigte ihr Komm-Implantat und schüttelte den Kopf.

»Keine Antwort. Die Kriegsmaschinen blockieren sämtliche Frequenzen außer ihren eigenen, und ich kenne ihre Sicherheitskodes nicht. Wir können nicht mit ihnen in Kontakt treten.

Sieht ganz danach aus, als müßten wir es aus eigener Kraft bis zur Festung schaffen.«

»Wir werden sterben«, murmelte Stelmach.

»Ein Spaziergang durch den Park«, erwiderte Schwejksam steif. »Also schön. Dort draußen läuft eine höllische Menge von Kriegsmaschinen herum; aber ihre Hauptaufgabe besteht in der Zerstörung der Stadt, und die Androiden sind nur damit beschäftigt, jeglichen Widerstand zu brechen. Solange wir die Köpfe unten halten und uns nicht einmischen, sollten wir halbwegs sicher sein.«