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»Ich nehme Alice! Du siehst zu, daß du Jenny befreist.«

Kit tauchte im Rauch auf und packte David am Arm. »David!

Sie ist…«

»Ich schaffe Alice hier raus! Du kümmerst dich um Jenny!«

Kit warf einen Blick auf Alice und die roten und purpurnen Eingeweide, die aus ihrer Seite baumelten; dann nickte er und kniete bei Jenny nieder. David stolperte zur Notschleuse, trat die Tür auf und sprang hinaus. Kit zerrte an dem gezackten Metall, das Jenny am Boden festhielt. Es war ein breites, schweres Stück, und die scharfen Kanten schnitten in Kits ungeschützte Hände. Er zog und zerrte mit all seiner Kraft, aber das Metall gab nicht einen Zoll nach. Jenny hatte inzwischen ihre Benommenheit abgeschüttelt und blickte ihn aus verzweifelten Augen an. Sie konnte ihm nicht helfen. Das Metallstück hatte ihre Arme an die Seiten gefesselt. Schweiß rann über beider Gesichter, hervorgerufen durch die unerbittliche Hitze der sich rasch nähernden Flammen. Kit gab seine Bemühungen auf und dachte angestrengt nach. Das Feuer kam näher, und die Flammen wurden heißer, während sie die Kabine Stück für Stück verschlangen. Wenn es ihm nicht bald gelang, Jenny zu befreien, würden die Flammen den Notausgang versperren .

Jenny sah ihm an, was er dachte.

»Kit! Laß mich nicht zurück! Bitte, laß mich nicht einfach verbrennen!«

»Nein«, sagte Kit. »Das wäre unmenschlich.«

Er zog das Messer und stieß es ihr durchs Auge. Er wollte, daß es schnell ging. Jenny bäumte sich kurz auf und lag still.

Kit zog das Messer wieder heraus, steckte es ein und ging zum Notausgang. Er hatte alles getan, was er tun konnte. Er sprang aus der Luke und eilte über das kurze ungedeckte Stück Feld, um zwischen den Bäumen Deckung zu suchen. Sie würden ihn zwar nicht vor Disruptorfeuer schützen; aber sie würden die Sensoren täuschen. Er mußte David finden. David würde wissen, was als nächstes zu tun war.

Er fand seinen Freund ein kurzes Stück tiefer im Wald. Er kauerte neben Alice am Boden. Er hatte sie an einen Baumstumpf gelehnt und war damit beschäftigt, die heraushängenden Eingeweide durch die klaffende Wunde in ihrer Seite zu-rückzuschieben. Seine Hände waren rot vor Blut und seine Kleidung an jenen Stellen damit vollgesogen, wo er Alice an sich gedrückt hatte. Er sah hoch, als Kit sich näherte. David weinte, und die Tränen zogen schmale Spuren durch das Blut, das ihm aus einer Wunde in der Stirn übers Gesicht rann.

»Sie ist tot«, sagte er zu Kit, und in seiner Stimme lag aller Schmerz der Welt. »Sie hat mir ihr Leben anvertraut, und ich habe sie im Stich gelassen. Ganz genau so, wie ich auch jeden anderen im Stich gelassen habe.«

»Es tut mir leid«, sagte Kit.

»Ich bin schuld an ihrem Tod, weißt du? Sie ist tot, weil sie bei mir war.«

»Mach dir keinen Vorwurf deswegen«, entgegnete Kit. Davids Tränen verwirrten ihn. Er wußte nicht, was er dagegen unternehmen sollte. »Sie töten jeden auf dieser Welt. Du hast versucht, Alice zu retten. Du hast getan, was du tun konntest.

Du hast dein Bestes gegeben.«

David nickte zögernd. Er war nicht überzeugt. Er wischte sich mit dem Handrücken das Blut und die Tränen aus dem Gesicht, schniefte ein paarmal und sah dann wieder hoch zu seinem Freund.

»Wo ist Jenny?«

»Tot. Sie starb an ihren Wunden, während ich versuchte, sie zu befreien.« Normalerweise hätte sich Kit nicht die Mühe gemacht zu lügen, aber er wollte seinen Freund nicht noch mehr aus der Fassung bringen. Er sah sich um. »Weißt du, wo wir sind?«

»Ja. Ich kenne die Gegend. Die Festung liegt keine fünf Minuten zu Fuß von hier. Auf der anderen Seite des Waldes. Wir hätten es fast geschafft, Kit! Wir waren so nah. Nur noch ein paar Minuten, und wir wären in Sicherheit gewesen. Wir alle.«

Kit kniete neben David nieder. »Das ist alles das Werk der Löwenstein. Sie allein trägt die Schuld. Und jetzt laß uns von hier verschwinden. Sie werden bald kommen und nach uns suchen.«

David nickte und stand auf. Kit stellte sich neben ihn. David sah auf Alice hinab. »Ich hasse den Gedanken, sie hier liegen zu lassen.«

»Sie ist tot, David. Sie hat keine Schmerzen mehr. Wir werden sie später rächen.«

»Ja. Wir werden sie rächen. Später.«

David wandte sich ab und stapfte los, tiefer in den Wald hinein, und Kit folgte ihm. Es war kühl und still unter den großen Bäumen, ein dunkler, geheimnisvoller Ort, der irgendwie weitab vom Rest der Welt zu liegen schien. Das Chaos war noch nicht bis hierher vorgedrungen. Die Luft war voll vom Geruch nach Gras und Humus und lebenden Dingen. Kit ging neben David einher, und er genoß die Ruhe und den Gesang der Vögel. David marschierte brütend und mit dunklen Augen über den schmalen Waldweg. Der Frieden ringsum erreichte ihn nicht. Kit überlegte ununterbrochen, was er zu seinem Freund sagen konnte, doch ihm wollte nichts einfallen.

Er hatte keine Erfahrung in diesen Dingen. Also stapfte er schweigend neben David her, die Hände auf den Waffen, und überließ den Freund seinen Gedanken. David würde früher oder später irgend etwas einfallen. Ihm war noch immer irgend etwas eingefallen.

Kit war von Natur aus wachsam und mißtrauisch; doch er bemerkte erst, daß sich nicht mehr allein im Wald unterwegs waren, als drei Gestalten ihnen den Weg versperrten. Eine der Gestalten trug die Uniform eines Imperialen Sternenflottenka-pitäns, die zweite war offensichtlich ein Investigator, und die dritte stand ein Stück zurück und hielt einen Disruptor in der Hand, allerdings nicht auf David und Kit gerichtet. Die beiden Freunde blieben unvermittelt stehen, und für eine lange Zeit geschah überhaupt nichts. Alle standen einfach nur da und musterten ihre Gegenüber. Die Wälder waren wie eine einzige große grüne Arena, ein Ort, an dem Schicksale entschieden wurden und alles mögliche geschehen konnte. Wirklich alles.

»Ich bin Kapitän Johan Schwejksam«, stellte sich der Mann in der Kapitänsuniform vor. Er hielt ein Schwert in der Hand.

»Das dort sind Investigator Frost und Sicherheitsoffizier K.

Stelmach. Ihr seid festgenommen, Mylords. Übergebt Eure Waffen und folgt uns.«

»Das glaube ich kaum«, erwiderte David. »Ich bin der Todtsteltzer, und meine Leute brauchen mich. Tretet beiseite und laßt mich passieren, oder sterbt an Ort und Stelle.«

»Gut gesprochen«, sagte Kit. Er grinste Frost an. »Ich wollte schon immer wissen, wie ich mich gegen einen leibhaftigen Investigator machen würde.«

»Ihr würdet sterben, Junge«, erwiderte Frost. »Werft Eure Waffen weg, und Ihr werdet bis zur Eurer Gerichtsverhandlung leben.«

»Geht aus dem Weg«, sagte David. »Ihr werdet mich nicht aufhalten.«

Der Kapitän zuckte die Schultern. »Tut, was Ihr tun müßt, Mylord. Am Ende heißt es immer Stahl gegen Stahl, nicht wahr?«

Er trat vor, und David zückte sein Schwert, um ihm zu begegnen. Ihre Klingen prallten aufeinander, Funken stoben, und das Krachen von Stahl auf Stahl durchdrang schmerzhaft laut die Stille. Kit Sommer-Eiland grinste sein berüchtigtes Totenkopfgrinsen und tänzelte leichtfüßig vor, um Frost zu begegnen. Sie umkreisten einander und suchten in den Augen des anderen nach Schwächen. Stelmach senkte seinen Disruptor und trat zurück. Er wußte, daß er nur die Rolle des Zuschauers innehatte.

David rief den Zorn herbei, das Erbe der Todtsteltzer, und neue Kraft und Energie wogte in ihm und vertrieb Müdigkeit und Erschöpfung. Doch auch das würde ihm nicht lange helfen, und er wußte es. Es war noch nicht lange her, da hatte er in der Stiefmütterchen-Taverne einen ganzen Abend getrunken und gefeiert. Fast lächelte er. Ihm schien, als sei es eine Ewigkeit her, doch sein Körper kannte die Wahrheit. Zuviel Alkohol und zuwenig Schlaf hätten ihn ohne den Zorn unendlich langsam gemacht, und selbst mit ihm bezweifelte er, lange genug durchhalten zu können. Also drängte er vor, verstärkte die Wucht seines Angriffs und legte seine ganze nicht unbeträchtliche Körperkraft in die Schläge. Schwejksam wich Schritt um Schritt zurück, aber er begegnete jedem Hieb des Todtsteltzers mit gleicher Wucht, was eigentlich unmöglich hätte sein müssen. Sie hieben und stießen, finteten und parierten und block-ten, und ihre Klingen bewegten sich mit solcher Geschwindigkeit, daß das menschliche Auge ihren Bewegungen nicht folgen konnte. Und dann blieb Schwejksam mit einemmal stehen und wich nicht mehr weiter zurück. Er begegnete den wilden Angriffen des Todtsteltzers mit ruhiger Gelassenheit und großem Geschick. Er ließ sich einfach nicht mehr weiter in die Defensive treiben.