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Gehetzte Stimmen sprudelten aus den Lautsprechern laut, schrill, beinahe hysterisch. Von Hunderten verschiedener Welten gleichzeitig trafen Nachrichten über die Rebellion ein, und die Nachrichtensender überschlugen sich fast, um am Ball zu bleiben. Die Löwenstein musterte einen Schirm nach dem anderen in dem Bemühen, einen Überblick über die Lage zu gewinnen. Sie vertraute nicht einmal mehr den Berichten ihrer eigenen Sicherheitsleute.

Die Bildschirme waren voll von Blutvergießen und von Ge-bäuden und ganzen Straßenzügen, die in Flammen aufgingen.

Die Bilder wurden nur hin und wieder von Reportern und gehetzten Kommentatoren unterbrochen. Ihre Gesichter waren hektisch, und sie redeten zu schnell. Keiner von ihnen hatte je eine Geschichte wie diese hier erlebt, und weil soviel zur gleichen Zeit geschah und das meiste davon auch noch live ausgestrahlt wurde, gab es nur noch wenig oder gar keine Zensur mehr. Berauscht von der erschreckenden Wahrheit schlugen die Nachrichtenredaktionen jegliche Vorsicht in den Wind und brachten alles, was an Meldungen einging, ganz gleich, was sie besagten oder aus welchen Quellen sie stammten . Kommentatoren sagten zum ersten Mal im Leben das, was sie wirklich dachten, und wie es schien, konnten sie gar nicht genug davon kriegen. Genausowenig wie die Zuschauer, wenn man den letzten Erhebungen glauben durfte.

Es sah aus, als würde jeder, der nicht draußen in den Straßen war und an den Kämpfen teilnahm, zu Hause am Bildschirm kleben und die Geschehnisse von dort aus verfolgen . Das hier sei erlebte Geschichte, sagten die Nachrichtensender, und zum ersten Mal übertrieben sie nicht damit . Löwenstein erblickte ein vertrautes Gesicht und stolzierte zu dem Schirm, auf dem es zu sehen war. Tobias Shrecks fettes, schwitzendes Gesicht starrte auf sie herab. Hinter ihm herrschte Chaos. Menschen mit Waffen in den Händen rannten hin und her. Dichter fetter Rauch hing in der Luft. Er stammte aus einem halbzerstörten, verrußten Gebäude im Hintergrund. Eine Gruppe von Soldaten in zerrissenen, blutigen Uniformen rannte in wilder Flucht vorüber und brachte die Kamera zum Schwanken. Das Gesicht des Shrecks war rußverschmiert, und seine Kleidung war ruiniert.

Er mußte schreien, um sich über all dem Lärm ringsum verständlich zu machen.

»Hier ist Tobias Shreck für die Imperialen Nachrichten. Ich berichte aus dem Zentrum von Parade der Endlosen, der Hauptstadt Golgathas. Rebellenstreitkräfte stehen im Begriff, die gesamte Stadt zu überrennen, und sie treiben dezimierte und demoralisierte Imperiale Truppen vor sich her. Das Gemetzel ist unbeschreiblich. Überall liegen Leichen. Die Verwundeten bleiben auf den Straßen liegen und sterben, weil in den Krankenhäusern kein Platz mehr ist. Zivilisten und Unbeteiligte rennen um ihr Leben. Es sieht so aus, als wäre es nirgendwo mehr sicher. Die Imperialen und die neu hinzuge-kommenen Kriegsmaschinen behandeln jeden als Feind, der nicht zu ihnen gehört. Sicherheitskräfte zerren Zivilisten auf die großen Plätze und exekutieren sie als Warnung für andere, die Rebellion nicht zu unterstützen, und wenn überhaupt, dann erreichen sie damit nur das Gegenteil. Die Rebellen werden überall als Befreier begrüßt. Die Imperatorin hat erst vor kurzem eine ganze Horde der schrecklichen Grendels auf die Straßen losgelassen. Niemand weiß, wie viele Zivilisten durch sie den Tod gefunden haben. Die Leichenteile sind zu beschädigt, um eine Zählung zu ermöglichen. Heldenhafte Esper der Untergrundbewegung haben die Fremdwesen schließlich gestellt und sie besiegt. Dieses wahnsinnige Blutvergießen auf Geheiß der Imperatorin scheint auf zunehmende Verzweiflung hinzu-deuten, aber was noch erschreckender ist: Die Sicherheit ihrer Untertanen bedeutet Löwenstein offensichtlich überhaupt nichts mehr.«

»Dieser fette Verräter!« keifte die Löwenstein und schaltete den Sender ab. Ihre Augen drohten vor Wut aus den Höhlen zu quellen. »Das kostet ihn den Kopf! Wie kann er es wagen?«

Sie rannte von Schirm zu Schirm und funkelte die Bilder an, als könnte sie sie auf diese Weise zwingen, gute Nachrichten zu verkünden . Doch es war überall das gleiche. Menschen kämpften in anonymen Straßen, und im Hintergrund immer nur Rauch und Feuer. Schreie und Flüche und sich widersprechen-de Befehle allerorten, blitzende Schwerter und Äxte, und überall spritzte Blut. Energieschirme summten, Disruptoren brüllten. Schnelle Schwenks auf Trümmerhaufen, die einmal Häuser gewesen waren, und auf wildäugige Kinder voller Entsetzen, die in ihrem eigenen Blut und in dem anderer lagen. Frauen, die über reglosen, zerfetzten Körpern weinten. Schlaffe Gestalten, die an Laternenmasten baumelten, einige davon in Uniformen, andere in Zivilkleidung.

Die Nachrichtensprecher wurden von den Geschehnissen mitgerissen, und sie hatten jeden Versuch aufgegeben, ruhig und gelassen zu klingen. Ihre Aufregung und Fassungslosigkeit nahm von Minute zu Minute zu, während sie an Wassergläsern nippten, um die heiseren, überanstrengten Stimmen zu schmieren. Die ersten Berichte von größeren Siegen der Rebellen kamen herein. Anfangs waren es nur Städte, dann Kolonien und schließlich ganze Welten, die sich vom Imperium lossagten oder ihm entrissen wurden. Es fing an den Rändern an und breitete sich von dort zum Zentrum hin aus. Einige noch immer regierungstreue Sender schalteten lieber ab, als derartige Nachrichten zu zeigen. Andere wurden von den siegreichen Rebellen übernommen. Die Löwenstein schaltete die von ihnen ge-sendeten Nachrichten aus; doch es wurde von Minute zu Minute schwieriger, Nachrichten zu finden, die das berichteten , was sie hören wollte. Schließlich schaltete sie sämtliche Bildschirme aus und kreischte in ihr Komm-Implantat nach General Beckett. Sein Bild erschien auf einem Schirm, der unmittelbar vor Löwensteins Gesicht schwebte. Er sah erschöpft aus. Die obersten Knöpfe seiner Uniform standen offen.

»Was wollt Ihr, Löwenstein? Ich bin beschäftigt

»Wage Er nicht, auf diese Weise mit Uns zu reden!« fauchte sie ihn an. »Er spricht mit seiner Imperatorin! Wir haben neue Befehle für Ihn, die augenblicklich in Kraft treten . Er hat alle Planeten zu finden, die von rebellischen Kräften kontrolliert werden, und sie zu sengen! Einen nach dem anderen. Er ist nicht autorisiert, Kapitulationen anzunehmen. Wir wollen diese Welten tot und ohne jegliches Leben.«

Beckett starrte sie reglos vom Schirm her an. »Und die Milliarden von Unschuldigen, die sterben würden?«

»Sie sind entbehrlich. Sie hätten härter gegen die Rebellen kämpfen sollen. Bestätige Er seine Befehle, General!«

»Ich bedaure, aber das kann ich nicht, Euer Hoheit. So leid es mir tut. Die Überreste der Flotte werden ununterbrochen von den Hadenmännern angegriffen. Viele meiner Schiffe wurden vernichtet oder geentert. Die wenigen Überlebenden sind viel zu weit verstreut, um sie zurückzurufen. Wir haben nirgendwo genügend Schiffe, um auch nur eine einzige Welt zu sengen.

Wir müssen mit allem kämpfen, was wir besitzen, um wenigstens zu überleben, Majestät. Ich schätze, daß mehr als vierzig Prozent Eurer Flotte entweder zerstört wurden oder in die Hän-de des Feindes gefallen sind.«

Die Löwenstein verlor die Fassung. Sie schrie und tobte und schleuderte Flüche in Becketts ungerührte Gesicht. Sie drohte ihm mit Degradierung und Arrest und standrechtlicher Erschießung, falls er sich weigerte, ihre Befehle auszuführen, und er schwieg einfach. Schließlich gewann sie ihre Selbstbeherrschung teilweise wieder und stand schwer atmend und mit ge-ballten Fäusten vor den Schirmen. Beckett wartete geduldig, bis sie wieder zu Atem gekommen war. Die Löwenstein fixier-te ihn mit einem eiskalten Blick.

»Also schön, General. Erneut werden Wir von denen enttäuscht, denen zu vertrauen Wir gezwungen sind. Neue Befehle, General. Sämtliche Sternenkreuzer haben augenblicklich zurückzukehren, um die Heimatwelt zu schützen. Keine Ausreden, keine Entschuldigungen. Wir verlangen einen Schild von Schiffen rings um Golgatha. Niemand darf passieren. Was auch immer geschieht, die Heimatwelt darf unter keinen Um-ständen fallen. Hat Er verstanden, General?«