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Hazel lag auf dem Rücken. Sie hatte den Mund in einer wilden Geste hilflosen Schmerzes und rasender Wut verzerrt, und ihre leeren Hände öffneten und schlossen sich krampfhaft. Alle drei kämpften sie gegen die Auswirkungen der Gedankenbombe und rannten damit ins Leere, und so beschloß Owen, den Kampf aufzugeben. Er zog sich tief in sein innerstes Selbst zurück und schaltete all seine vom Labyrinth des Wahnsinns erhaltenen Fähigkeiten ab. Sie konnten ihm in dieser Situation nicht helfen. Sie waren schließlich die Ursache dafür, daß die Gedankenbombe ihn überhaupt quälte.

Es war schwer, sich selbst bewußt zu blenden und die Ohren zu verschließen, während der Halbe Mann mit Mord im Sinn gegen ihn vorrückte; aber irgendwie wußte Owen, daß seine einzige Chance auf Rettung tief in ihm selbst lag und nicht außerhalb. Die Gedankenbombe war für den Einsatz gegen Menschen geschaffen, und obwohl Owen kein Esper war, war er auch kein Mensch im eigentlichen Sinne mehr. Und wenn seine Gedanken noch menschlich waren, dann nur, weil er es so wollte. Es gab auch andere Wege zu denken, und noch während ihm diese Idee kam, schlug sein Verstand bereits eine andere Richtung ein, und er dachte in neuen Dimensionen und Bahnen, weit außerhalb aller menschlichen Grenzen.

Und so verfolgte er diese neue Richtung, diesen Weg, der mehr war als nur ein Weg, und schlagartig waren seine Gedanken wieder klar . Er öffnete die Augen und erblickte den Halben Mann über sich . Er hatte das Schwert zum Schlag erhoben, und die Gedankenbombe baumelte an seinem Gürtel. Und plötzlich war es für Owen die leichteste Sache der Welt, mit dem Schwert auszuholen und die Schnur zu zerschneiden, die die Bombe am Gürtel seines Gegners hielt. Das kleine Metallkästchen polterte auf den Bahnsteig, und Owen zerschmetterte es mit einem einzigen Hieb seiner goldenen Hadenmannfaust.

Von einem Augenblick zum anderen erlosch das psionische Signal der Bombe, und Owen war wieder er selbst. Der Halbe Mann brachte sich mit einem raschen Sprung in Sicherheit, und in seinem halben Gesicht standen deutlich sichtbar Überraschung und Schock. Hazel und Giles kamen wieder zu sich und rappelten sich auf. Sie schüttelten benommen die Köpfe. Der Teil von Owens Verstand, der kurz zum Leben erwacht war, schaltete sich bereits wieder ab, nun, da er nicht länger gebraucht wurde. Auf einer sehr fundamentalen Ebene wußte Owen, daß er nicht mehr in diesen Bahnen weiterdenken durfte, wenn er Mensch bleiben wollte, und so wandte er sich be-wußt von dieser neuen Art zu denken ab, die bereits aus seiner Erinnerung verblaßte . Er war wieder Owen Todtsteltzer und nur Owen, und das war vollauf genug . Er grinste den mißtrauisch dastehenden Halben Mann an, und der Humor in diesem Grinsen war unendlich dunkel. Der Halbe Mann hob sein Schwert ein wenig.

»Ich bin wirklich beeindruckt, Todtsteltzer«, sagte er tonlos.

»Aber überrascht? Nein. Man hat mir zwar gesagt, daß diese neue und verbesserte Gedankenbombe Eure Gehirne rösten würde, aber ich habe nicht einen Augenblick daran geglaubt.

Nicht nach all den erstaunlichen Dingen, die Ihr vollbracht habt. Wißt Ihr, daß Ihr im Begriff sieht, zu einer Legende zu werden? Ganz genau wie ich. Es wird Euch nicht gefallen. Die Men sehen werden Euch Geschichten andichten und Lieder über Euch schreiben, und sie werden Euer Bild auf den Holoschirmen verehren; aber sie werden niemals erfahren , wie Ihr wirklich wart. Sie werden einen Riesen aus Euch machen, und sie werden außer sich geraten, wenn Ihr sie enttäuscht, weil Ihr nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher Mensch seid. Trotzdem, macht Euch darüber keine Gedanken. Ich sorge dafür, daß Eure Geschichte hier endet, und Ihr müßt Euch niemals die Lügen anhören, die man sich über Euch erzählen wird.«

»Ihr seid schon vor langer Zeit gestorben«, sagte Owen und trat gelassen vor. »Der Augenblick ist gekommen, daß Ihr Euch endlich hinlegt und es eingesteht.«

»Ich kann nicht sterben«, erwiderte der Halbe Mann. »Meine Energiehälfte läßt es nicht zu. Kommt her, Todtsteltzer, und ich verspreche Euch, ich mache es schnell und sauber.«

»Haltet die Klappe und kämpft«, sagte Owen.

Sie prallten aufeinander. Der Halbe Mann bewegte sich mit der Erfahrung und Geschwindigkeit mehrerer Lebensspannen.

Er stand niemals still und umkreiste seinen Gegner endlos, während er Owens Talent aufs äußerste herausforderte. Owen bewegte sich mit ihm und beschränkte sich einzig und allein auf die Defensive. Er suchte die Schwachstellen und wunden Punkte des Halben Mannes; doch es dauerte nicht lange, bis Owen erkennen mußte, daß sein unheimlicher Gegner keine besaß. Die Energiehälfte versorgte ihn mit einem unendlichen Vorrat an Kraft und Ausdauer, so daß er niemals ermüdete, und er wußte mehr über die Kunst des Schwertkampfs, als Owen jemals lernen würde. Owen beschwor den Zorn herauf und wurde augenblicklich stärker und schneller, und dann startete er seinen eigenen Angriff. Der Halbe Mann hielt mit ihm mit und wehrte gelassen alles ab, was Owen gegen ihn schleudern konnte. Die Kraft brannte in Owens Armen, und er verschärfte das Tempo erneut, als er seinen Zorn bis zu den Grenzen beanspruchte. Sein Schwert bewegte sich jetzt so schnell, daß es nur noch als Flirren zu erkennen war, und zum ersten Mal wich der Halbe Mann einen Schritt zurück.

Owen bedrängte seinen Gegner und bearbeitete das Schwert des Halben Mannes wie ein wütender Holzfäller einen wider-spenstigen Baum. In jenen Augenblicken repräsentierte der Halbe Mann alles, was Owen am Imperium so haßte, und er lachte laut auf und stürzte sich auf seinen Feind. Der Halbe Mann hatte aufgehört zu grinsen; doch er hielt Owens Angriffen stand und wich nicht mehr weiter zurück. Und schließlich dämmerte Owen, daß sein Zorn nicht ewig anhalten würde, während der Halbe Mann auf einen unendlichen Vorrat an Energie zurückgreifen konnte. Was bedeutete, daß Owen einen Weg finden mußte, um den Kampf bald zu beenden, wollte er das Ende überhaupt erleben. Und so legte er seine gesamte Kraft und Schnelligkeit in einen einzigen Angriff hinein, einen hämmernden Schlag, der, von all seinen vom Labyrinth ge-schenkten Talenten unterstützt, die Verteidigung des Halben Mannes glatt durchbrach und auf seinen menschlichen Schädel herunterkrachte.

Für einen endlosen Augenblick schien Owens Schwert in der Luft zu verharren, als wäre es von einer unsichtbaren energeti-schen Barriere aufgehalten worden, und dann konzentrierten sich noch einmal alle Kräfte und Begabungen des Labyrinths in Owens Schlag, und mit einer übermenschlichen Wucht, die sich durch nichts und niemanden aufhalten ließ, fuhr die Klinge in den Schädel des Halben Mannes. Die schwere, breite Klinge sank tiefer und tiefer. Sie ging direkt neben der Energiehälfte des Halben Mannes durch sein Gesicht und tiefer, direkt an der Grenzlinie zur Energiehälfte entlang durch den gesamten Leib, bis sie purpurn und blutig in einem Schwall von Eingeweiden und Innereien unten am Rumpf wieder austrat.

Owen stolperte nach hinten, als sein Schwert wieder freikam.

Er beendete den Zorn, und alle Kraft schien ihn zu verlassen.

Hazel und Giles fingen ihn auf, sonst wäre er gestürzt. Zu dritt standen sie da und beobachteten, wie der Halbe Mann zuckend und um sich schlagend am Boden lag und verblutete. Die Energiehälfte stand wie angewachsen da und rührte sich nicht.

»Wie zur Hölle hast du das gemacht?« fragte Hazel.

»Ich will verdammt sein, wenn ich das wüßte«, erwiderte Owen.

Sie traten vor und schlugen einen weiten Bogen um die Energiehälfte; dann standen sie über der zuckenden menschlichen Hälfte. Sie starb Stück für Stück, aber sie starb. Eingeweide und Organe waren aus der klaffenden Wunde an der Seite gefallen, und ein Blutschwall ergoß sich über den Bahnsteig, rann über die Kante und tropfte auf die darunter liegenden Schienen. Owen sah das Sterben des Halben Mannes mit gemischten Gefühlen. Er war sein Feind gewesen und das genaue Gegenteil von allem, an das Owen inzwischen glaubte, und es fiel Owen schwer, den Mann in ihm zu sehen, der von unaufhaltsamen äußeren Kräften in seine Rolle gedrängt und zu einer Legende gemacht worden war, die er niemals hatte sein wollen. Owen wußte genau, wie der Halbe Mann sich gefühlt haben mußte. Sein Leben war genauso verlaufen. Er kniete neben dem halben Körper nieder und nahm die zitternde Hand in die seine. Das Auge in dem halben Kopf war tief in die Höh-le eingesunken, doch jetzt öffnete es sich ein wenig und sah Owen an. Der Halbe Mann bemühte sich verzweifelt, etwas zu sagen, doch aus seinem halben Mund drang kein Ton. Owen beugte sich über das halbe Gesicht, aber da war der Halbe Mann bereits tot. Sanft löste er seine Hand aus dem Griff des Toten und stand wieder auf.