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SB Chojiro und Gregor Shreck hatten den Turm Chojiro verlassen, um ihren Leuten die gute Nachricht zu verkünden. Ru-by Reise, Alexander Sturm und Jakob Ohnesorg waren allein zurückgeblieben. Jakob Ohnesorg hatte sich bereits mit dem Untergrund in Verbindung gesetzt und sie über seine Vereinbarung mit den Familien informiert, und jetzt dachte er angestrengt über all die möglichen Fußangeln nach, um sicherzugehen, daß er am Ende nicht doch noch einen schrecklichen Fehler begangen hatte.

Ruby stapfte voll stiller Wut auf und ab. Sie trat gegen das Mobiliar und stopfte sich alles Helle und Glitzernde in die Taschen, das einigermaßen wertvoll aussah. Sturm beobachtete die beiden eine Weile und schwieg. Schließlich drehte Jakob Ohnesorg sich zu ihm um und entdeckte einen merkwürdigen Ausdruck auf Alexanders Gesicht.

»Was ist los, alter Freund?« fragte er. »Die Rebellion ist vorbei, trotz aller Unkenrufe.«

»Nein«, widersprach Sturm. »Die Rebellion ist nicht vorbei, solange die Imperatorin noch auf dem Eisernen Thron sitzt. Sie hat jede nur erdenkliche Unterstützung. Waffen, Menschen, Geheimnisse, von denen der Untergrund noch nicht einmal etwas ahnt. Sie kann noch immer alles zu ihren Gunsten entscheiden, und die Menschen in den Straßen würden ihren Sieg genauso laut bejubeln, wie sie jetzt nach ihrem Kopf schreien.

Die Löwenstein wußte von Anfang an, daß ein Tag wie dieser irgendwann kommen konnte. Glaubst du allen Ernstes, die Familien wären die einzigen, die den vollständigen Untergang herbeiführen können?«

»Wenn die Eiserne Hexe noch irgendwelche letzten häßlichen Überraschungen für uns hätte, wären sie längst zum Einsatz gekommen«, sagte Ruby Reise.

»Ist es das, was dich so aus der Fassung bringt?« fragte Ohnesorg. »Vergiß es, Alexander. Ruby hat recht. Nun mach schon ein fröhlicheres Gesicht. Ich habe dich noch nicht ein einziges Mal lächeln sehen, seit wir hier sind.«

»Sie kamen zu dir, um den Waffenstillstand auszuhandeln«, sagte Sturm. »Nicht zu mir. Und das, obwohl ich offiziell den Untergrund vertrete. Sie vertrauten deinem Wort, nicht meinem. Mag sein, daß das nur eine Kleinigkeit ist, aber sie bringt das Faß endgültig zum Überlaufen.« Er bedachte Ohnesorg mit einem fast hilflosen Blick. »Und trotzdem wird es schwerer, als ich ursprünglich gedacht habe.«

»Wovon redest du?« fragte Ohnesorg. »Sieh mal, wenn du irgendwas zu sagen hast, dann spuck es aus! Ich habe keine Zeit, mir auch noch über deine verletzten Gefühle Gedanken zu machen!«

»Zeit«, sagte Sturm. »Das alles hat etwas mit Zeit zu tun. Die Zeit stiehlt uns unser Leben, Tag um Tag, und wir erkennen erst, wieviel wir verloren haben, wenn es zu spät ist. Wir beide, du und ich, wir kämpften viele Jahre lang Seite an Seite, und wofür? Für nichts. Wir gaben unsere Jugend auf, alle Chancen auf eine Frau und Kinder und ein Zuhause und ein ganz normales glückliches Leben, und alles für einen Traum, der niemals Wirklichkeit wurde. Als wir anfingen, da hast du mir Macht und Erfolg und den Sieg über unsere Feinde und Gerechtigkeit für alle versprochen, und ich habe niemals auch nur einen Teil von alledem gesehen. Nur harte Kämpfe und ein noch härteres Leben, kaltes Essen und schlechter Schnaps und eine verlorene Schlacht nach der anderen. Wir sind von Welt zu Welt geflohen, und wir hatten nichts vorzuweisen außer immer mehr toten Freunden und neuen Narben auf der Haut. Und das war mein ganzes Leben mit Jakob Ohnesorg.«

»Aber das ist jetzt vorbei!« sagte Jakob. »Wir sind weitergezogen. Die Dinge haben sich verändert. Wir haben uns verändert…«

»Genau«, sagte Sturm. »Wir sind alt geworden, und du bist wieder jung. Das hat mir den Rest gegeben, Jakob. Ich hätte es ertragen, wenn die Zeit uns beiden gleichermaßen mitgespielt hätte; aber du hast ein neues Leben geschenkt bekommen und ich nicht. Du hattest recht, Jakob. Es ist immer Zeit für eine kleine persönliche Vendetta. Ich danke dir, daß du mir geholfen hast, diese Sache zu durchdenken. Du hast es mir damit sehr viel leichter gemacht, Jakob. Und jetzt, Jakob: Kode Null Null Rot Zwo.«

Jakob Ohnesorg zuckte zusammen. Sein Rücken bog sich durch, als wäre er von hinten getroffen worden. Er sank in die Knie und versuchte, etwas zu sagen; doch sein Mund zuckte nur unkontrolliert. Ruby hastete zu ihm und kniete vor ihm nieder . Sie hielt seine zitternden Hände in den ihren. »Jakob, was ist los? Jakob!«

»Er kann dich nicht hören«, sagte Sturm mit leisem Bedauern in der Stimme. »Als die Hirntechs ihn in ihren widerlichen Fingern hatten, vor noch gar nicht allzu langer Zeit, da ergriffen sie die Vorsichtsmaßnahme, bestimmte Kontrollworte in sein Unterbewußtsein einzupflanzen. Nur für den Fall, verstehst du, daß ihm jemals die Flucht gelingen sollte. Und als ich mich damit einverstanden erklärte, als Spion für das Imperium zu arbeiten, mitten im Herzen der Untergrundbewegung, da gaben sie mir diese Kontrollworte. Sie waren überzeugt, daß Jakob und ich uns eines Tages wieder begegnen würden. Und wie sie recht behalten haben! Seit diesem Tag war es immer nur eine Frage des richtigen Zeitpunkts. Ich schob es immer und immer wieder hinaus, weil ich darauf hoffte, daß der alte Kameradschaftsgeist wieder zurückkehren würde, der uns früher einmal verbunden hat. Ich hoffte auf eine Gelegenheit, wieder ein Held zu sein. Aber Jakob hat mir nicht einmal die Chance dazu gegeben. Und so wurde ich zum Agenten der Imperatorin. Und jetzt bringe ich ihr den legendären Rebellen.«

»Aber du warst ein Held!« sagte Ruby. »Das hat jeder gesagt!«

»Und heute bin ich ein Verräter. Und wenn die Imperatorin gewinnt, werde ich wieder der Held sein und er der Verräter .

Alles nur eine Frage des Blickwinkels, Ruby Und wer bist du schon, um ein Urteil über mich zu fällen? Du hast selbst immer gesagt, daß du nur wegen der Beute dabei bist . Schön, ich auch

»Du verdammter Bastard!« kreischte Ruby. Sie ließ Ohnesorg los, rappelte sich auf und griff nach ihrem Schwert.

»Ich konnte dich noch nie ausstehen«, sagte Sturm. »Jakob, bring diese Hexe zum Schweigen.«

Ohnesorg sprang auf. Ruby drehte sich zu ihm um, das Schwert gezückt und Verzweiflung im Gesicht. Ohnesorg schlug ihr Schwert beiseite und versetzte ihr einen Kinnhaken, der ihren Kopf nach hinten warf. Sie knickte ein und sank zu Boden, wo sie reglos liegenblieb. Sturm ging zu ihr und trat ihr in die Rippen. Rubys Kopf rollte haltlos hin und her. Sturm nickte zufrieden. »Sehr schön, Jakob. Und jetzt nimm sie hoch und folge mir. Die Löwenstein wartet schon darauf, daß wir uns zu ihr gesellen.«

Und so verließen sie den Turm Chojiro und bahnten sich einen Weg durch die allgemeine Verwirrung in den Straßen, dann hinab unter die Oberfläche und durch geheime, verborgene Gänge zum Imperialen Palast. Sie näherten sich der Dunkelheit, hinter der die Hölle wartete.

An einer anderen Stelle in den chaotischen Straßen der Hauptstadt führte Jung Jakob Ohnesorg eine kleine Armee von Rebellen und Anhängern der Untergrundbewegung gegen das Kommandozentrum der Imperialen Bodentruppen. Finlay Feldglöck, Evangeline Shreck und Julian Skye folgten ihm. Im Kommandozentrum hatten sich die wichtigsten strategischen und taktischen Köpfe des Militärs auf Golgatha verschanzt, und trotz aller Bemühungen der Rebellen, sie von ihren Streitkräften abzuschneiden, hatten sie die Lage noch immer im Griff. Und so blieb den Rebellen nichts anderes übrig, als das Kommandozentrum auf die harte Tour auszuschalten: durch den Einsatz roher Gewalt. Unglücklicherweise war das eine unlösbare Aufgabe, denn das Kommandozentrum befand sich in einem massiven Stahlbetonbunker und war durch praktisch jedes der Menschheit bekannte Waffensystem geschützt – was auch der Grund dafür war, daß die Führer der Untergrundbewegung Jung Jakob Ohnesorg und die anderen für diesen Auftrag ausgesucht hatten. Das hatte man nun von seinem Ruf, Unmögliches möglich zu machen.