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Und so schlurfte Finlay durch die Straßen der Hauptstadt, schoß auf alles, das eine Uniform trug und überlegte die ganze Zeit über angestrengt, was zur Hölle er unternehmen würde, wenn sie endlich beim Bunker angekommen waren. Zweifellos war ihm bis dahin eine Idee gekommen, wie man die Insassen richtig ärgern konnte. Wahrscheinlich durch den massiven Einsatz explosiver Substanzen. Schließlich hatte Finlay eine Mission zu erfüllen. Aber irgendwie beschlich ihn das ungute Ge-fühl, daß der Bunker nicht so einfach zu knacken sein würde.

Und diesmal hatte er keinen jener unglaublichen Kämpfer bei sich, die im Labyrinth des Wahnsinns gewesen waren, sondern nur einen möglicherweise wiedererstarkten Esper namens Julian Skye. Andererseits wurden sie von dem legendären Jung Jakob Ohnesorg angeführt, dem Helden und Erlöser der Menschheit, dem man nachsagte, daß er niemals einen Fehler machte. Nach den Berichten zu urteilen hatte er die Invasion der Nebelwelt praktisch ganz allein abgewehrt. Vielleicht wür-de ihm ja etwas einfallen.

Finlay wußte nicht so recht, was er von Jung Jakob Ohnesorg halten sollte. Der Mann war tapfer und mutig und ein großartiger Kämpfer, das stand fest. Er war heroisch bis zum Geht-nichtmehr, und er fand offensichtlich stets genau die richtigen Worte, um seine Anhänger zu motivieren, aber…

Aber. Vielleicht war der Mann einfach nur zu vollkommen.

Selbst die größten aller Helden hatten ihre Schwachpunkte.

Und Jung Jakob Ohnesorg rülpste nicht einmal nach einem guten Essen. Finlay grinste unwillkürlich. Er war noch nie auf einen anderen Menschen eifersüchtig gewesen. Als Maskierter Gladiator war er in der Arena unbesiegbar gewesen. Alle hatten ihn bewundert. Und jetzt stand er hier und folgte wie alle anderen auch dem jungen Jakob Ohnesorg, ein anonymer, vergessener Kämpfer unter vielen im Schatten des berühmten Rebellen. Finlay zuckte die Schultern. Er konnte damit leben. Für den Augenblick jedenfalls. Schließlich wartete Arbeit auf ihn.

Auch Evangeline war tief in Gedanken versunken. Sie war zurück auf Golgatha, zurück in der Hauptstadt und gar nicht weit entfernt von ihrem Vater – von ihrem verachteten, gehaßten Vater, der seine Tochter als Frau und nicht als Kind liebte.

Evangeline war zu Shannons Welt geflohen; doch jetzt war sie zurückgekehrt. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis der Shreck Wind davon bekam, und dann würden die Drohungen wieder von vorn anfangen, daß er ihre Freundin Penny foltern oder töten würde. Evangeline verzog das Gesicht. Sie nahm die Menge ringsum kaum noch wahr. Vielleicht sollte sie die Führer des Untergrundes bitten, dem Shreck Sicherheit zu garantieren, wenn er als Gegenleistung Penny unverletzt freiließ. Die Führer schuldeten ihr einen Gefallen, nach allem, was Evangeline für sie getan hatte. Falls Penny noch am Leben war… sie schloß nicht aus, daß der jähzornige Shreck sie in ihrer Abwe-senheit umgebracht hatte. Zuzutrauen war es ihm. Doch dann… sie würde ihn finden und töten, und zur Hölle mit den Konsequenzen. Finlay würde sie verstehen. Er wußte alles über Rache.

Auch Julian Skyes Gedanken drehten sich um Rache. Rache gegen den Schwarzen Block im allgemeinen und SB Chojiro im besonderen. Er hatte sie von ganzem Herzen geliebt, und sie hatte ihn an die Folterknechte und Hirntechs verraten. Manchmal schien es Julian, als lebe er nur noch für seine Rache an SB Chojiro. Und nun endlich waren sie wieder in der gleichen Stadt. Sobald die Rebellion vorüber war, würde Julian sie suchen, ganz gleich, wo sie sich versteckte, und dann würde sie genauso leiden, wie er gelitten hatte. (Vielleicht würde er auch auf die Knie fallen und ihr das Blaue vom Himmel versprechen, wenn sie ihn nur wieder liebte. Manchmal träumte er noch immer davon. In seinen schlimmsten Alpträumen.) Julian verstärkte den Griff um sein Schwert, und das Grinsen, das seinen Mund umspielte, hatte nichts Freundliches an sich. An erster Stelle kam jedenfalls die Rebellion, die Sache, der er sein Leben geweiht hatte. Später war immer noch Zeit für seine ganz persönliche Rache.

Alle drei hatten sich freiwillig zu der Armada der Antigravschlitten gemeldet, aus den unterschiedlichsten Gründen, und die Führer der Untergrundbewegung hatten alle drei abgelehnt mit der Begründung, daß wichtigere Aufgaben auf sie warteten . Und so kam es, daß sie jetzt durch die überfüllten Straßen stapften und Jung Jakob Ohnesorg folgten – und sich im übrigen die größte Mühe gaben, ihren inneren Aufruhr auf Armeslänge von sich zu halten, bis sie wieder Zeit dafür hatten.

Sie kämpften sich durch das Chaos und nahmen es mit Sturmtruppen, Sicherheitsleuten und allem und jedem auf, was das Imperium ihnen entgegenschleuderte. An jeder Straßenbie-gung warteten neue Truppen. Mit zunehmender Verzweiflung bemühten sich die Imperialen, die auf das Kommandozentrum vorrückenden Rebellen aufzuhalten. Energiewaffen blitzten; Granaten rissen breite Löcher in die dicht gedrängten Reihen der Kämpfer auf beiden Seiten, und Schwerter und Äxte wurden in blutigen Bögen geschwungen. Tote und Verwundete fielen und wurden ohne Unterschied von den Überlebenden zertrampelt. Niemand hatte die Zeit, sich um Verletzte zu kümmern. Es gab nichts außer dem endlosen, beinahe hysterischen Vormarsch der Rebellen und dem langsamen, von Panik begleiteten Rückzug der Imperialen. Langsam, aber sicher rückte das Kommandozentrum immer näher.

Und an der Spitze seiner Leute stand stolz Jung Jakob Ohnesorg. Er schwang das breite Schwert mit beiden Händen, und niemand vermochte ihm zu widerstehen. Kein Schwert konnte ihn berühren; kein Schwert konnte die Imperialen vor seinem Zorn retten, und die Männer hinter ihm riefen seinen Namen als Schlachtruf.

Finlay und Evangeline hielten sich dicht hinter Ohnesorg, und sie waren zu sehr beschäftigt, um eifersüchtig zu sein. Finlay kämpfte mit all seinem Talent, ein verblüffendes Schauspiel der Schwertkunst, das bei seinen alten Anhängern in der Arena hellen Jubel ausgelöst hätte. Und seine Gegner wandten sich tatsächlich lieber zur Flucht, als sich zu stellen. Finlay grinste sein Wolfsgrinsen und tötete sie trotzdem. Er tat genau das, wozu er geboren war, und er genoß jede Minute davon.

Evangeline hielt ihm den Rücken frei. Sie kämpfte mit beharrlicher Ausdauer und Effizienz. Finlay hatte sie gelehrt, das Schwert zu führen; doch sie verspürte nicht seine dunkle Freude beim Töten. Sie kämpfte, um ein Ziel zu erreichen, weiter nichts. Und manchmal regte sich in ihr der Verdacht, daß Finlays Ziel sein Ende war.

Die Esperkräfte Julian Skyes knisterten in der Luft ringsum und schirmten die drei vor Disruptorschüssen und den hin und wieder geschleuderten Granaten ab. Bisweilen benutzte er seine Kräfte auch, um einen PSI-Sturm heraufzubeschwören, der die bewaffneten Gegner hilflos davonschleuderte; doch den größten Teil der Zeit standen die Truppen auf beiden Seiten zu dicht gedrängt, als daß Julian viel erreicht hätte. Er war mit Schwert und Disruptor bewaffnet und benutzte beide mit steifer Effizienz. Die Kämpfe dauerten an und erstreckten sich scheinbar endlos, bis beide Seiten vor Erschöpfung am liebsten auf der Stelle zu Boden gesunken wären. Und noch immer spornte der junge Jakob Ohnesorg seine Leute an, rief sie zu Sieg oder Tod auf und zur Zerstörung des Imperiums.

Die Rebellen drängten Zoll um Zoll vor und bezahlten jeden Bodengewinn mit Blut und Tod, bis endlich der Bunker des Kommandozentrums am Ende der Straße in Sicht kam. Der Anblick erfüllte die Rebellen mit neuer Kraft, und sie schrien ihren Triumph heraus, während sie, geführt von Jung Jakob Ohnesorg, voranstürmten und die demoralisierten Verteidiger immer weiter zurückdrängten. Allein die enge Straße und die Tatsache, daß die Imperialen Truppen nicht wußten, wohin sie sich wenden sollten, verhinderten eine heillose Flucht. Und so kämpften sie verbissen auf verlorenem Posten wie in die Enge getriebene Ratten, und die schiere Verzweiflung der Verteidiger brachte den Vormarsch der Rebellen wieder einmal fast zum Stillstand.