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Owen trat zurück und zog das Schwert. Er holte schwungvoll aus und ließ es mit all seiner Zorn-verstärkten Kraft auf den Schreibtisch niederkrachen. Die Klinge zerteilte das hölzerne Möbel sauber in der Mitte, und die beiden Hälften fielen polternd rechts und links der Sekretärin um. Chance schüttelte langsam den Kopf. Owen steckte das Schwert wieder ein, als sei nichts geschehen. Die Sekretärin räusperte sich vorsichtig.

»Ich denke, Ihr könnt direkt zu Herrn Neeson hinein, Lord Todtsteltzer. Ich bin sicher, Herr Neeson wird ein paar Minuten für Euch erübrigen können. Ich werde dafür sorgen, daß man Euch nicht stört. Mag einer der Herren vielleicht einen Tee oder Kaffee?«

»Bringt einen Brandy«, antwortete Owen. »Einen großen, bitte. Herr Neeson wird ihn sicher gebrauchen können.« Grinsend wandte er sich an Chance. »Man muß eben wissen, wie man mit diesen Leuten zu reden hat. Meine Familie hat seit Jahrhunderten Übung in diesen Dingen. Was mich angeht, ich habe schon immer gewußt, daß ich das Zeug zu einem großartigen Diplomaten in mir habe.«

»Noch seid Ihr nicht drin«, widersprach Chance. »Das hier ist nur das äußere Büro. Hinter dieser Tür befindet sich ein weiteres Vorzimmer. Dort drinnen erwarten uns die eigentlichen Wachhunde.«

»Schön, wenn sie bissig werden, werfe ich ihnen einen Knochen hin. Welchen würdet Ihr am wenigsten vermissen, Chance?«

Sie gingen durch die Verbindungstür und fanden sich in einer kleinen, leeren Kammer wieder. Zwischen ihnen und der gegenüberliegenden Tür standen drei große, muskulöse Burschen.

Jeder der drei hielt eine mächtige Axt in den Pranken. Die Männer erweckten einen ruhigen und äußerst professionellen Eindruck, und ihre Äxte sahen ganz danach aus, als seien sie häufig im Einsatz gewesen. Chance blickte zu Owen.

»Ein interessantes taktisches Problem, nicht wahr? Kein Raum zum Ausweichen, und es ist vollkommen sinnlos, mit ihnen zu reden. Einen könntet Ihr vielleicht mit Eurem Disruptor ausschalten, doch die beiden anderen wären über Euch, bevor Ihr das Schwert auch nur ziehen könntet . Außerdem ist ein Schwert gegen eine Axt sowieso zwecklos. Wie Ihr Euch sicher denken könnt, bin ich außerstande, Euch zu helfen. Ich muß meine strikte Neutralität wahren. Das versteht Ihr sicher.«

»Selbstverständlich. Normalerweise wäre ich genauso neutral und unbeteiligt, wenn ich mich drei Neandertalern wie diesen gegenübersähe. Unglücklicherweise jedoch bin ich in ziemlicher Eile – unglücklicherweise für die drei, meine ich –, ganz zu schweigen von meiner sich ständig verschlechternden Laune. Sie kommen mir gerade recht, um mich ein wenig abzureagieren. Also paßt auf, mein guter Chance. Paßt auf und lernt.«

Owen trat mit leeren Händen vor, und die drei Wachen kamen ihm mit erhobenen Äxten entgegen. Es dauerte kaum eine Sekunde. Owen schlug den ersten Gegner mit der Faust be-wußtlos, wirbelte auf einem Bein herum und trat dem zweiten in den Unterleib. Und während der dritte noch immer mit der Axt ausholte, machte Owen einen Schritt nach vorn, packte den Mann mit beiden Händen am Kragen und stieß ihm den Kopf ins Gesicht.

Chances Kiefer klappte herab. Owen stand ungerührt da und schaute sich mit stiller Befriedigung um. Er atmete nicht einmal schneller. Die drei Wachen saßen oder lagen stöhnend auf dem Boden und sahen insgesamt ausgesprochen schlecht aus.

»Ihr hattet recht«, bemerkte Chance. »Ihr würdet tatsächlich einen großartigen Diplomaten abgeben. Niemand würde es wagen, anderer Meinung zu sein. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der sich so unglaublich schnell bewegt hat. Was zur Hölle seid Ihr?«

»Ich bin ein Todtsteltzer. Vergeßt das nie wieder.« Owen trat zur gegenüberliegenden Tür und betätigte die Klinke. Die Tür war verschlossen.

Owen rief eine laute Warnung und warf sich mit der Schulter gegen das Holz, und die Tür gab mit lautem Krachen nach.

Eine Angel war aus dem massiven hölzernen Rahmen gerissen worden. Owen hielt die Tür fest, richtete sie vorsichtig wieder hochkant auf und lächelte dann das halbe Dutzend erschrockener Männer an, das sich an einem langen Tisch versammelt hatte. »Klopf klopf«, sagte er fröhlich. »Mein Name ist Owen Todtsteltzer, und Ihr befindet Euch in ernsten Schwierigkeiten.

Gibt es Fragen dazu?«

»Kommt herein, Lord Todtsteltzer«, sagte der Mann am Kopf der Tafel. »Wir haben Euch bereits erwartet.«

»Ja«, erwiderte Owen. »Jede Wette, daß Ihr das habt.« Er blickte über die Schulter zu Chance. »Sucht Euch einen Stuhl, setzt Euch und haltet den Mund. Ich will nicht, daß Ihr mich ablenkt.«

»Das paßt mir ausgezeichnet«, erwiderte Chance. »Ich möch-te diese Schau um nichts in der Welt versäumen. Aber Ihr seid ganz auf Euch allein gestellt, Todtsteltzer, das wißt Ihr.«

Die sechs Männer funkelten Chance wütend an, als er sich einen Stuhl heranzog und dann in einer Ecke des Zimmers Platz nahm, wo er alles sehen konnte, ohne in die Schußlinie zu geraten.

Owen trat an das Ende des langen Tisches, und aller Augen richteten sich wieder auf ihn.

Er ließ sich Zeit, während er ein wütendes Gesicht nach dem anderen in sich aufnahm. Er kannte keinen der Sechs; doch er erkannte Männer mit Macht und Einfluß, wenn er sie sah – nicht an ihren perfekt geschneiderten Garderoben oder an ihrem Übergewicht, sondern an ihrem Verhalten.

Sie waren verärgert über seine Ankunft, aber nicht besorgt.

Sie empfanden keine Furcht vor ihm. Sie waren schon so lange reich und geborgen, daß sie sich nicht mehr vorstellen konnten, wie das war, sich vor jemandem zu fürchten. Owen grinste kurz. Das zumindest würde er ändern.

Vielleicht fühlte er sich durch sie ein klein wenig an sich selbst erinnert, an den Owen Todtsteltzer auf Virimonde, bevor er wachgerüttelt worden war – und falls das zutraf, dann um so schlimmer für sie.

»Möchtest du vielleicht, daß ich diese Leute für dich identifiziere?« erkundigte sich Ozymandius in seinem Ohr. »Ich habe in meinen Datenbänken sämtliche Einzelheiten über sie.«

»Gern, warum nicht?« flüsterte Owen unhörbar. »Mach dich endlich mal nützlich . Moment mal – Datenbänke? Wo steckt deine Hardware? Du bist schließlich tot!«

»Werde bitte nicht persönlich. Und paß auf, was ich zu sagen habe. Ich werde mich nicht wiederholen. Wir fangen links an und gehen im Uhrzeigersinn weiter. Der erste ist Artemis Daley. Ein Händler. Er besorgt alles, vorausgesetzt, der Preis stimmt. Legal oder illegaclass="underline" Um solche Kleinigkeiten hat er sich nie gekümmert. Wer sich mit der Bezahlung verspätet, kriegt es mit seinen Knochenbrechern zu tun.

Neben Daley haben wir Timothy Neeson, Bankier. Ihm ge-hört dieses Gebäude, ebenso wie viele andere hier in Nebelhafen. Er ist die Nummer eins in seinem eng begrenzten Gebiet, und das bedeutet, daß er in Nebelhafen sehr viel Macht besitzt.

Kein Geschäft in Nebelhafen, an dem er nicht mitverdient.

Der nächste in der Reihe ist Walt Robbins, der größte Grundbesitzer der Stadt. Ihm gehört fast alles, was nicht der Bank gehört. Seine Spezialität sind billige Arbeitskräfte und Slums, weil damit das meiste Geld zu verdienen ist.

Auf der anderen Seite des Tisches haben wir Thomas Stacey.

Er ist der Rechtsanwalt für die anderen Anwesenden – und für jeden sonst, der über genügend Geld verfügt , um seinen hohen Maßstäben zu entsprechen. Er hat noch nie einen Prozeß verloren; aber das hat nichts mit seinen anwaltlichen Fähigkeiten zu tun.

Schließlich sind da noch Matthew Conelly und Padraig McGowan. Conelly ist der Besitzer der Docks , angefangen beim Raumhafen bis hin zu den Landestellen im Autumnusfluß , und McGowan ist der Boß der Dockarbeitergewerkschaft. Sie mau-scheln untereinander , ganz gleich, wer dafür zahlen muß. Zusammen sind sie diejenigen, die in Nebelhafen bestimmen, wo es langgeht. Sieh sie dir gut an, in all ihrer anrüchigen Pracht.