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»Ihr habt Angst vor mir, Leutnant. Das ist gut. So soll es auch sein. Falls Ihr auch nur ein Wort über meine fortbeste-hende Verbindung zum Chojiro-Clan verliert, ganz egal zu wem, dann werde ich Euch töten. Glaubt Ihr mir, Leutnant?«

Razors Schwert ritzte ganz schwach die Haut von Ffolkes’ Hals, und ein einzelner Bluttropfen rann über die Haut in den Kragen des Offiziers. Ffolkes wagte nicht zu nicken, doch er brachte ein gestammeltes »Ja« hervor. Razor grinste, nahm das Schwert vom Hals seines Opfers und trat einen Schritt zurück.

»Nur, damit wir uns recht verstehen. Und jetzt macht, daß Ihr wegkommt, Wendehals! Falls ich Euch brauchen sollte, werde ich Euch finden. Und wenn Ihr mich dazu zwingt, nach Euch zu suchen, dann bin ich das letzte, was Ihr in Eurem Leben sehen werdet.«

Er öffnete die Tür, und Ffolkes schoß an ihm vorbei hinaus auf den Gang. Der Sicherheitsoffizier rannte durch den Korridor davon, so schnell er konnte – zur Hölle, ob jemand ihn dabei beobachtete oder nicht! Keine noch so hohe Bezahlung war soviel Ärger wert. Nichts auf der Welt war soviel Arger wert.

Die Pinassen der Herausforderung fielen aus dem frühen Abendhimmel über der Nebelwelt wie silberne Raubvögel in eine blutigrote Nacht. Sie trugen die Imperialen Truppen hinab zur Oberfläche des Rebellenplaneten.

Die Esper von Nebelhafen sahen und hörten nichts von alledem. Sie wußten nicht einmal, daß das Imperium bereits so nah war. Legion weitete seine Fähigkeiten unablässig aus und er-probte sie. Theoretisch hätte Legion die Pinassen auch aus viel größerer Entfernung abschirmen können, doch wie mit so vielen seiner Kräfte lernte es durch Übung. Hunderte silberner Schiffe landeten eins nach dem anderen auf einer weiten, von Schnee und Eis bedeckten Ebene unterhalb der letzten Ausläufer der Totenkopf-Berge. Die Landestelle lag noch ein gutes Stück von Nebelhafen entfernt, doch relativ nah bei einer kleinen vorgeschobenen Siedlung namens Hartsteinfels. Abgesehen von ein paar einsam liegenden Farmen war es der einzige bewohnte Ort neben der Hauptstadt: ein kleines, bedeutungsloses Städtchen mit etwas mehr als zweitausend Einwohnern, wenn man den Informationen des Imperiums vertrauen konnte.

Keine Verteidigungsanlagen, sehr wenig Technologie. Ein gutes Testgelände, bevor der Hauptangriff stattfand.

Männer und Frauen rannten aus ihren flachen Steinhäusern und starrten ungläubig auf die Pinassen, die aus dem Abendhimmel fielen. Legion mochte vielleicht imstande sein, Esper und Sensoren an der Nase herumzuführen; doch selbst eine solch gewaltige psionische Begabung vermochte nicht, das Donnern der Maschinen vor den Leuten unten am Boden zu verbergen. Noch nicht jedenfalls.

Die Einwohner von Hartsteinfels versammelten sich hinter den hohen Steinmauern ihrer kleinen Stadt und beobachten und unterhielten sich aufgeregt, während die Schiffe immer tiefer sanken. Es dauerte nicht lange, bis sie sich ausmalen konnten, was die silbernen Schiffe zu bedeuten hatten. Sie hatten den größten Teil ihres Lebens damit verbracht, auf eine Invasion zu warten und sich darauf vorzubereiten – auf jenen Tag, an dem das Imperium zur Nebelwelt zurückkehren und sie als sein Eigentum beanspruchen würde.

Männer und Frauen rannten in die Häuser, um ihre Kinder zu verstecken und die Waffen hervorzuholen.

Soldaten strömten aus den langen schlanken Pinassen. Sie trugen schwer an ihren Kampfrüstungen und der dicken Win-terkleidung, und sie waren mit Schwertern, Energiewaffen und persönlichen Schutzschirmen ausgerüstet. Die Pinassen besaßen Disruptorkanonen, doch sie würden erst bei der Erstürmung von Nebelhafen eingesetzt werden.

Infanteristen beeilten sich, einen Verteidigungsring rings um das Landefeld zu errichten. Im Augenblick ignorierten sie die kleine Stadt noch. Imperiale Sturmtruppen formierten sich und warteten auf ihren Einsatzbefehl. Sie waren kalte, disziplinierte und erfahrene Killer, die nur darauf warteten, von der Leine gelassen zu werden. Unteroffiziere bellten Befehle; Offiziere nahmen ihre Positionen ein, und noch immer landeten weitere Schiffe und weitere Truppen marschierten aus den Schleusen auf die Ebene aus Schnee und Eis.

Tobias Shreck und sein Kameramann Flynn hatten sich in dichte Pelze gehüllt. Sie stolperten hinaus in die Kälte, fluchten leise und begannen mit den Dreharbeiten. Man hatte ihnen befohlen, alles zu dokumentieren, und Leutnant Ffolkes stand unmittelbar hinter ihnen, um sicherzustellen, daß die beiden ihrem Befehl auch Folge leisteten. Er beobachtete, wie die Armee sich formierte, und seine Brust schwoll vor Stolz. Es waren Tage wie dieser, die einen glücklich machten, zur Imperialen Flotte zu gehören.

Aus dem letzten der Landungsschiffe trat schließlich der Kommandant der Imperialen Angriffsmacht: Investigator Razor. Er hatte sich weder mit isolierter Kampfrüstung noch mit Pelzen geschützt; er trug nichts weiter als die offizielle Uniform der Investigatoren. Razor spürte die Kälte nicht – aber natürlich wußte jeder, daß Investigatoren nicht ganz menschlich waren. Die Imperatorin persönlich hatte Razor das Kommando über sämtliche Bodentruppen übertragen. Zum Teil deswegen, weil er schon früher Invasionsstreitkräfte geführt hatte, aber sicherlich auch deswegen, weil sie ihm zeigen wollte, daß sie ihm voll und ganz vertraute, trotz seines Alters und seiner Verbindungen zum Chojiro-Clan.

Razors Stabsoffiziere versammelten sich um ihren Kommandanten und berichteten über die Fortschritte der Operation. Razor nickte knapp. Er hatte noch nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, daß etwas schieflaufen könnte. Der Anfang war immer leicht zu planen. Sein persönlicher Adjutant reichte ihm ein Fernglas, und Razor betrachtete die Stadt und das umgebende Land. Normalerweise hätte er sich via Komm-implantat in die Schiffslektronen eingeloggt und die Sensoren ausgelesen, doch Legion blockierte sämtliche elek-tromagnetischen Frequenzen. Razor und seine Verbände mußten sich also mit primitiven Hilfsmitteln begnügen. Abgesehen von der Stadt gab es nichts zu sehen außer Schnee und Eis, soweit das Auge reichte. Die weiße Fläche erstreckte sich bis hin zu den Totenkopf-Bergen, die kalt und ungerührt in den Himmel ragten, als wäre das, was zu ihren Füßen geschah, vollkommen bedeutungslos. Razor grinste flüchtig.

Schließlich wandte er sich der zehn Fuß hohen Steinmauer zu, hinter der die Stadt lag. Es war eine massive Konstruktion aus Stein und Mörtel, die sicherlich einiges aushielt. Ein paar Salven aus den Energiewaffen würden das erledigen. Männer und Frauen waren auf Laufstegen hinter der Mauerkrone in Stellung gegangen. Die meisten trugen nichts als Schwerter, Äxte oder ein paar Speere; doch einige besaßen auch Energiewaffen, allerdings bei weitem zuwenig, und beide Seiten wußten es. Die Stadtbewohner waren schon so gut wie tot. Sie hatten sich nur noch nicht hingelegt. Razor sog die kalte Luft ein und konzentrierte sich auf die vor ihm liegende Aufgabe. So weit oben auf dem Plateau gab es kaum Nebel, und die Luft war klar und sauber. Er gab den Angriffsbefehl, und eine Hundertschaft Marineinfanteristen eröffnete das Feuer aus ihren Disruptoren.

Die Stadtmauer explodierte, und Steintrümmer und blutige Fetzen flogen in alle Richtungen.

Rauchwolken stiegen auf, und ein Regen scharfkantiger Splitter und zerrissener Körperteile prasselte blutigem Hagel gleich in den weißen Schnee. Schreie erklangen, und die Überlebenden zogen sich von der großen Bresche in ihrer Stadtmauer zurück. Ein paar blieben und versuchten, die Verwundeten zu bergen, doch die Marineinfanteristen schossen sie ab wie die Fliegen. Auf der gegenüberliegenden Seite von Hartsteinfels waren weitere Truppen in Stellung gegangen, und auch dort wurde ein Loch in die Mauer gesprengt. Die Bewohner der Stadt waren zwischen den beiden vorrückenden Verbänden eingeschlossen, und es gab keine Weg aus der Falle. Razor nickte seinen Stabsoffizieren zu, zog Schwert und Disruptor und führte seine Truppen in die Stadt hinein.